Amtsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 18. August 2009
Aktenzeichen: 57 C 14613/08
(AG Düsseldorf: Urteil v. 18.08.2009, Az.: 57 C 14613/08)
Tenor
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 07.07.2009
durch den Richter am Amtsgericht X
für Recht erkannt:
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 27.01.2009 in dieser Sache wird aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach diesem Urteil richtet.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die andere Partei aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Fotograf, der - nach insoweit bereits streitigem Vortrag - insbesondere wegen seiner Starfotografie bekannt ist.
Im Juni 2008 bot die Beklagte beim Internet-Auktionshaus XXX eine Autogrammkarte mit einer Fotografie der Schauspielerin X an. Wegen der Einzelheiten wird auf den entsprechenden Ausdruck (Anlage K 1, Bl. 11 ff. GA) Bezug genommen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.006.2008 (Anlage K 2, Bl. 14 ff. GA) mahnte der Kläger die Beklagte daraufhin ab und forderte neben der Abgabe einer Unterlassungserklärung die Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 638,- €.
Der Kläger behauptet, er sei Lichtbildner des streitgegenständlichen Bildes. Seiner Ansicht nach sei die Beklagte daher zur Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 638,- € sowie zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 390,- € verpflichtet.
Ursprünglich hat er beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 1.028,- € zu verurteilen. In der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2009 hat er seinen Antrag insoweit zurückgenommen, als er bei den Abmahnkosten statt einer 1,3- eine 1,5-Gebühr sowie beim Schadenersatz einen Betrag ausgehend von einer Bildnutzung von bis zu drei Monaten statt von bis zu einem Monat angesetzt hat; dies hat einem Betrag von 212,40 € entsprochen. Er hat nunmehr noch beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an ihn 815,60 € nebst Zinsen zu zahlen.
Mit Versäumnisurteil vom 27.01.2009, der Beklagten zugestellt am 05.02.2009, ist diese antragsgemäß verurteilt worden. Hiergegen ist am 19.02.2009 Einspruch eingelegt worden.
Der Kläger beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie rügt zunächst, dass der Abmahnung des Klägers durch dessen Bevollmächtigten keine Originalvollmacht beigefügt war. Des Weiteren bestreitet sie, dass der Kläger Lichtbildner der streitgegenständlichen Fotografie ist. Zudem könne sie sich ihrer Ansicht nach auf den Gesichtspunkt der Erschöpfung berufen. Zuletzt seien die angesetzte Gebühr sowie der Gegenstandswert übersetzt. Auch der Lizenzschaden sei zu hoch berechnet worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme von Diapositiven.
Gründe
I.
Das Verfahren ist durch den Einspruch der Beklagten wieder in den Stand vor ihrer Säumnis versetzt worden, § 342 ZPO. Der Einspruch ist am 19.02.2009 bei Gericht eingegangen; da das Versäumnisurteil der Beklagten am 05.02.2009 zugestellt worden ist, war dies innerhalb der Frist des § 339 Abs. 1 ZPO.
II.
Das Versäumnisurteil war aufrechtzuerhalten. Die zulässige Klage ist, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist, vollumfänglich begründet.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 555,60 € gemäß § 97 Abs. 1 UrhG a.F.
a)
Die Abmahnung vom 23.06.2008 ist berechtigt gewesen.
So ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger tatsächlich Lichtbildner des streitgegenständlichen Fotos von der Schauspielerin X ist. Es liegt bei Berücksichtigung aller Indizien zumindest ein Anscheinsbeweis dahingehend vor, dass der Kläger der Urheber des Fotos war.
Ein gewichtiges Indiz ist die Vorlage der Original-Negative zu zahlreichen Fotos mit X. Deren Inaugenscheinnahme hat ergeben, dass es sich um eine große Zahl von Lichtbildern handelt, die erkennbar alle einer bestimmten Serie, also offensichtlich einem konkreten Foto-Shooting entstammen. Dies folgt aus dem identischen Hintergrund, dem vergleichbaren Bildausschnitt sowie Blickwinkel und auch aus dem übereinstimmenden Styling der Abgebildeten. Wenn nun der Kläger als Fotograf in der Lage ist, eine Vielzahl von Original-Negativen von einem Shooting vorzulegen, deutet dies zumindest bei gewöhnlichem Lauf der Dinge darauf hin, dass er bei diesem Shooting der Fotograf war.
Weiterhin hat die Inaugenscheinnahme der Negative der entsprechenden Bilderserie ergeben, dass fast sämtliche Dia-Positive mit dem Vermerk © B xxxx versehen waren. Die gesetzliche Vermutung des § 10 Abs. 1 UrhG, wonach derjenige, der auf dem Original eines Werkes in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber gilt, greift zwar nicht unmittelbar ein, da das streitgegenständliche Lichtbild selbst einen solchen Aufdruck nicht aufwies. Dies wurde jedoch nachvollziehbar damit erklärt, dass die entsprechenden Bilder mit einer anderen Kamera angefertigt wurden und demnach eine abweichende technische Ausführung des Positivs aufwiesen. Es war zweifelsfrei erkennbar, dass das streitgegenständliche und mehrere der mit dem Vermerk versehenen Lichtbilder aus derselben Fotoserie stammten; insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
Weiterhin ist gerichtsbekannt, dass es sich bei dem Kläger um einen Fotografen handelt, der in den Vereinigten Staaten Foto-Shootings mit mehreren Prominenten durchgeführt hat. Diese Kenntnis beruht auf anderen Verfahren, die hier wegen der unerlaubten Verwendung solcher Fotos geführt worden sind. Zudem spricht für diese Tatsache die eingereichte Anlage K5 (Bl. 70 f.), aus der hervorgeht, dass der Kläger eine hier nicht streitgegenständliche Starfotografie vermarktet hat.
Bei einer Gesamtwürdigung aller Indizien ist bei fehlendem Vortrag zu Aspekten, die gegen die Urheberschaft sprechen, eine hinreichende Überzeugung des Gerichts im Sinne des § 286 ZPO von der Aktivlegitimation des Klägers gegeben (vgl. hierzu auch LG München MMR 2008, 622, welches den Anscheinsbeweis sogar bei Digitalfotos, also ohne Original-Negative/Positive, anerkannt hat). Demgegenüber hat sich die Beklagte nur auf ein einfaches Bestreiten der Lichtbildnereigenschaft und somit der Aktivlegitimation beschränkt, ohne den Beweis des ersten Anscheins entkräften zu können.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf Erschöpfung nach § 17 Abs. 2 UrhG berufen. Die Darlegungs- und Beweislast diesbezüglich liegt bei ihr (Dreier/Schulze, § 17 Rn. 31). Sie hat bereits nicht substantiiert dargelegt, dass gerade das konkrete Vervielfältigungsstück des hier streitgegenständlichen Lichtbildes, also die streitgegenständliche Autogrammkarte, mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gebracht worden ist. Auch ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte selbst in den Besitz der Autogrammkarte gelangt ist, so dass nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass sie auf ordnungsgemäßem Weg in den wirtschaftlichen Verkehr gelangt ist. Soweit sich die Beklagte auf die Bescheinigung des Autogrammhändlers Txxxx beruft, fehlt jeder Ansatzpunkt dazu, dass dieser tatsächlich zur Veräußerung des Fotos auf der Autogrammkarte berechtigt war.
b)
Die Höhe der geltend gemachten Abmahnkosten ist nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger ursprünglich von einer höheren als einer 1,3-Gebühr ausgegangen ist, ist dies seit der Teilrücknahme der Klage nicht mehr streitgegenständlich. Der angesetzte Gegenstandswert von 8.000,- € ist nicht zu beanstanden. So handelt es sich - anders als in der zitierten Entscheidung des LG Düsseldorf - nicht um ein Produktfoto, sondern um die Ablichtung einer bekannten Persönlichkeit aus dem Fernsehen. Die Erstellung solcher Bilder ist regelmäßig deutlich aufwändiger und für den Fotografen auch kostspieliger als das Ablichten eines leblosen Gegenstands. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Verhinderung unberechtigter Nutzungen seiner Werke ist in diesem Fall also deutlich höher anzusetzen.
c)
Eine Kostenerstattung scheitert auch nicht an dem Umstand, dass der Abmahnung keine Originalvollmacht des Klägers beigefügt war. Es kann dabei dahinstehen, ob die Abmahnung ein einseitiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 174 BGB darstellt. Zumindest fehlt es an einer unverzüglichen Zurückweisung dieses Geschäfts durch die Beklagte. Alleine die Tatsache, dass sie die Kostenerstattung abgelehnt hat, ist nicht als solche Zurückweisung auszulegen, da aus Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers zahlreiche Ursachen für die Weigerung gegeben sein können und gerade die fehlende Vollmachtsurkunde nicht als naheliegender Grund anzusehen ist. Im vorliegenden Fall gilt dies erst recht, da die Beklagte die strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat und damit dem Hauptanliegen des Klägers, welches mit der Abmahnung verfolgt wurde, auch ohne Vorlage einer Vollmacht nachgekommen ist.
2.
Des Weiteren hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 97 UrhG in Höhe von 260,- €.
a)
Ein Verschulden der Beklagten liegt vor, da ihr Verhalten jedenfalls den Vorwurf der Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB begründet. Wie im Wettbewerbsrecht werden auch im Urheberrecht strenge Anforderungen an die Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gestellt (BGH GRUR 1998, 568, 569). Verwerter müssen sich grundsätzlich umfassend und lückenlos nach den erforderlichen Rechten erkundigen. Dies ist vorliegend nicht der Fall gewesen.
b)
Dem Kläger steht nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie eine angemessene und übliche Vergütung bei der Verwertung von Lichtbildern zu (vgl. BGH, NJW-RR 1990, 1377; NJW-RR 1999,194). In derartigen Fällen können im Rahmen der Schadensbemessung gemäß § 287 ZPO bei der Ermittlung der üblichen Vergütung die Honorarempfehlungen der MFM zu Grunde gelegt werden (BGH, NJW-RR 1999, 194). Demnach ist der Kläger so zu stellen, als wäre die Handlung, durch die seine Rechte verletzt worden sind, Gegenstand eines Lizenzvertrages gewesen. Als angemessen gilt die Lizenzgebühr, die verständige Vertragspartner vereinbart hätten (vgl. Schricker/Wild, UrhR-Komm. § 97 Rd. 61); zu Grunde zu legen ist der Zeitpunkt des Eingriffs.
Ausgehend von diesen Grundlagen hat die Beklagte nach der Lizenzanalogie einen Betrag von 260,- € zu zahlen.
Bei der Nutzungsdauer ist von dem Wert auszugehen, der für eine Nutzung bis zu einem Monat angesetzt worden wäre, hier also 100,- € pro Bild. Zwar ist es zutreffend, dass die Bilder bei XXX 90 Tage lang abgerufen werden. Eine gewöhnliche Auktion dauert dagegen nur ein bis zwei Wochen; ein Abrufen nach Auktionsende erfolgt in der Regel nur noch einmal durch den Käufer zwecks Abwicklung der Bezahlung, während sich Kaufinteressenten gewöhnlich nur laufende Versteigerungen ansehen. Der wirtschaftliche Vorteil, den der Lizenznehmer durch die Präsentation seines Produktes mit Hilfe der Fotos erlangt, beschränkt sich also auf die Laufzeit des Angebots, nicht dagegen auf die 90 Tage, in denen die Fotos theoretisch weiter abrufbar sind. Es ist davon auszugehen, dass verständige Partner eines Lizenzvertrages diesem Umstand bei der Findung einer angemessenen Gebühr, der beide Seiten zugestimmt hätten, Rechnung getragen hätten.
Hinzu kommt ein Aufschlag von 30 %, da das Foto eine bekannte Schauspielerin zeigt. Die Anwendbarkeit für Fotomodelle ist auch auf diesen Fall zu übertragen, da eine vergleichbare wirtschaftliche Interessenlage vorliegt. So stellen sich sowohl Fotomodelle als auch Schauspieler zumindest für solche Fotoserien regelmäßig nicht uneigennützig zur Verfügung, sondern erhalten dafür eine Vergütung. Auch der Aufwand der Lichtbilderstellung ist höher als beispielsweise bei Produkt- oder Landschaftsfotografien.
In der Rechtsprechung ist zudem anerkannt, dass im Fall der unterlassenen Urheberbezeichnung ein Zuschlag auf die übliche Lizenzgebühr von 100 % geschuldet wird. Dies ist rechtlich als Vertragsstrafe einzuordnen, so dass die Erhöhung neben die fiktive Lizenzgebühr tritt, ohne dass eine Verquickung von Schadensberechnungen gegeben wäre. Gemäß § 13 S. 1 UrhG hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem Werk. Das Recht auf Anbringung der Urheberbezeichnung gehört zu den wesentlichen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Berechtigungen, die ihren Grund in den besonderen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk haben (BGH GRUR 1995, 671, 672). Dem Lichtbildner im Sinne von § 72 UrhG ist eine gleiche Rechtsposition zuzuerkennen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999 S. 196).
Soweit der Kläger vorher einen höheren Betrag verlangt hat, ist dieser seit der Teilrücknahme nicht mehr streitgegenständlich.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Streitwert:
bis zum 27.01.2009: 1.028,- €
ab dem 28.01.2009: 815,60 €
AG Düsseldorf:
Urteil v. 18.08.2009
Az: 57 C 14613/08
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