Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Oktober 2004
Aktenzeichen: 14 W (pat) 25/03
(BPatG: Beschluss v. 18.10.2004, Az.: 14 W (pat) 25/03)
Tenor
Der Antrag des Anmelders, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens 14 W (pat) 25/03 Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I Der Anmelder hat am 17. Mai 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Patentanmeldung mit der Bezeichnung
...
eingereicht. Auf seinen Verfahrenskostenhilfeantrag vom 5. Juni 2000 ist ihm durch Beschluß vom 10. August 2000 für das Patenterteilungsverfahren mit Wirkung vom 6. Juni 2000 Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Mit Beschluß vom 16. Januar 2003 wurden dem Anmelder ferner für die im Erteilungsverfahren fällig werdenden Jahresgebühren für die Patentanmeldung ... mit Wirkung vom 31. Mai 2002 Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Mit Beschluß vom 14. Januar 2003 hat die Prüfungsstelle für Klasse A61K des Deutschen Patent- und Markenamts, die Patentanmeldung gemäß § 48 PatG zurückgewiesen.
Dem Beschluß lagen die ursprünglichen Ansprüche 1 und 2 mit folgendem Wortlaut zugrunde:
"1. Das Präparat "Mikrozid" für ethiologische Behandlung des Infektions- und Geschwürprozesses, enthaltend den Polyvinylalkohol, wässrige Lösung des Präparates des Jods und ein Lösungsmittel, dadurch gekennzeichnet, daß das Präparat bei der folgenden Komponentenverhältnis auf 1 Liter Wasser Polyvinylalkohol 11 Ö 12 g, wässrige Lösung des Präparates des Jods 120 Ö 140 ml und Lösungsmittel als destilliertes Wasser - übrig enthält.
2. Verfahren zur Herstellung von dem Präparat "Mikrozid" nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Polyvinylalkohol im destillierten Wasser aufgelöst wird, dann bei Temperaturen T = 95¡ Ö 100¡C im Laufe von 1,5 bis 3,0 Stunden bis zu dem Erhalten durchsichtige Lösung aufgewärmt wird, die danach bis zur Zimmertemperatur gekühlt wird, und dann in ihn wässrige Lösung des Präparates des Jods und des destillierten Wasser bis zu 1 Liter insgesamt hinzugefügt wird."
Zur Begründung ist ausgeführt, die Bereitstellung des mit dem Patentanspruch 1 beanspruchten Präparates beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil aus der Entgegenhaltung
(4) JP 0006172192 AA in Patent Abstracts of Japan C 1994 bereits ein wäßriges Präparat mit antiviraler Wirkung bekannt sei, welches neben J2 und KJ im beanspruchten Mengenbereich (nämlich 0,01 bis 0,6 Gew.-% Jodkomponente) Polyvinylalkohol enthalte. Zwar gehe der Gewichtsanteil des Polyvinylalkohols aus dieser Druckschrift nicht explizit hervor, jedoch vermöge der Fachmann für pharmazeutische Technologie ohne weiteres, eine an sich bekannte Wirkstoffmenge, wie die oa J2/KJ-Menge, mittels eines üblichen Hilfsmittels, wie Polyvinylalkohol, für eine gewünschte Applikationsform optimal zuzubereiten, wobei er zwangsläufig zu dem gewünschten Mengenbereich gelange. Auch das Verfahren gemäß Patentanspruch 2 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn es belaufe sich lediglich auf Maßnahmen, die der Fachmann ohne weiteres anwenden werde, um zu der Polyvinylalkohol und KJ enthaltenden Lösung zu gelangen. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß - wie den nunmehr vorliegenden computerübersetzten Patentansprüchen zur Druckschrift (4) zu entnehmen sei - der Polyvinylalkoholgehalt gemäß (4) bei 1 bis 20 Gew.-%, also auch im beanspruchten Mengenbereich von 1,1 bis 1,2 Gew.-% liege.
Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß richtet sich der als Beschwerde anzusehende Schriftsatz des Patentanmelders vom 11. März 2003.
Nachdem der Zurückweisungsbeschluß nebst Rechtsmittelbelehrung an den Beschwerdeführer jedoch nicht förmlich zugestellt worden ist, wurde der Beschwerdeführer mit Feststellung vom 28. November 2003 von der Rechtspflegerin des Senats darauf hingewiesen, daß die Einlegung der Beschwerde und die Zahlung der Beschwerdegebühr innerhalb eines Jahres ab Zustellung des Beschlusses zulässig ist und ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe mit Wirkung der Hemmung der Zahlungsfrist gemäß § 134 PatG noch fristgerecht gestellt werden kann.
Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2003, eingegangen am 13. Januar 2004 hat er sodann einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gestellt.
Zur Begründung hat er dem Verfahrenskostenhilfeantrag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und den letzten Bescheid über die Grundsicherung beigelegt.
Wegen weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist zurückzuweisen, weil die mit der Beschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 130 Abs 1 Satz 1 PatG iVm § 114 ZPO).
1. Im Beschwerdeverfahren ist gemäß § 136 PatG iVm § 119 Satz 1 ZPO ein von der im Erteilungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt bewilligten Verfahrenskostenhilfe unabhängiges weiteres Verfahren durchzuführen. Die Bewilligung erfolgt für jeden Rechtszug besonders (vgl Schulte PatG 6. Aufl § 135 Rn 12).
2. Für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe fehlt es vorliegend an der weiteren Voraussetzung einer hinreichenden Aussicht auf Erteilung des Patentes, denn das Präparat nach Patentanspruch 1 ist gegenüber der Entgegenhaltung (4), ergänzt durch die von der Prüfungsstelle (wenn auch erst im Zurückwiesungsbeschluß) eingeführte Übersetzung der Ansprüche nicht mehr neu.
Mit diesem Dokument werden Desinfektionsmittel zur Behandlung der Schleimhaut auf wässriger Basis beschrieben, die 0,6 bis 0,01 Gew.-% einer Jod-Komponente, bei der es sich um molekulares Jod und Kaliumjodid handeln kann, sowie 1 bis 20 Gew.-% Polyvinylalkohol enthalten (vgl Abstract iVm den übersetzten Patentansprüchen 1 bis 3). In diesen Gewichtsbereichen bewegen sich aber auch die entsprechenden anmeldungsgemäß genannten Anteile. So liegen diese umgerechnet für J2/KJ bei 0,6 Gew.-% und für Polyvinylalkohol bei 1,1 bis 1,2 Gew.-% (vgl Patentanspruch 1 iVm den Beispielen 1 und 2). Damit wird das mit Patentanspruch 1 angegebene Mittel aber durch (4) neuheitsschädlich vorweggenommen.
Die vom Anmelder schriftsätzlich geltend gemachte Wirkungsweise und Verwendung des Präparates gemäß Patentanspruch 1, sind nicht dazu geeignet, die Neuheit zu begründen.
Zwar steht eine bereits bekannte Verwendung eines Arzneimittels einer Verwendung zur Behandlung einer anderen Krankheit nicht patenthindernd entgegen. Dieses trifft im vorliegenden Fall aber nicht zu, weil nach Auffassung des Senates nicht unterschiedliche Krankheitsbilder behandelt werden. Sowohl patentgemäß als auch gemäß (4) stellt nämlich J2/KJ den Wirkstoff dar, den der Fachmann als in erster Linie für die desinfizierende Wirkung verantwortlich ansehen wird. So werden beide in Rede stehenden Präparate auch zur Desinfektion eingesetzt, dh zur Bekämpfung der gleichen Krankheitsverursacher und damit zur Erzielung der gleichen technischen Wirkung. So finden die beiden in Rede stehenden Präparate auch ua im gleichen Anwendungsbereich Verwendung, nämlich sowohl im Rahmen einer äußerliche Anwendung als auch im Rahmen einer Anwendung zur Behandlung von Schleimhäuten, zB der Spülung des Mundraumes. Damit führt die Bereitstellung des mit Patentanspruch 1 beanspruchten Präparates nicht zu einer weiteren technischen Anwendung, mit der die Neuheit gegebenenfalls begründet werden könnte.
Auch das Argument des Patentanmelders, das mit dem Patentanspruch 1 beanspruchte Präparat werde im Unterschied zum Stand der Technik innerlich angewendet, ist nicht dazu geeignet, dem an sich bekannten Präparat Neuheit zu verleihen. Die Zugabe von J2/KJ stellt nämlich ein übliches Verfahren zur Desinfektion von Trinkwasser dar (vgl zB auch die im Prüfungsverfahren genannte (1) DE 195 27 714 A1 S 4 Z 62 bis 66), weshalb der Fachmann weiß, daß jodhaltige Lösungen auch innerlich verabreicht werden können. Da es jedoch auch in diesem Fall die desinfizierende Wirkung ist, die diese Behandlungsmaßnahme begründet, liegt der innerlichen Applikationsform gleichfalls keine andere technische Wirkung zugrunde, als sie bereits aus (4) bekannt ist.
3. Auch der Bereitstellung des Verfahrens gemäß Patentanspruch 2 fehlt es an der erforderlichen Patentfähigkeit. Die dort genannten Maßnahmen zur Herstellung einer Lösung stellen nämlich für den mit der Formulierung von Arzneimitteln befassten Fachmann an sich bekannte Verfahrensschritte dar, die anzuwenden keine Überlegungen erfinderischer Art erfordern.
4. Angesichts der vorliegenden Sachlage werden die Aussichten für eine Patenterteilung somit als nicht gegeben erachtet (§ 130 Abs 1 PatG), so dass die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg besitzt.
5. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war daher zurückzuweisen.
6. Die Entscheidung ergeht gemäß § 127 Abs 1 Satz 1 ZPO iVm § 136 Satz 1 PatG ohne mündliche Verhandlung.
Schröder Wagner Harrer Proksch-Ledig Na
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Az: 14 W (pat) 25/03
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