Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Dezember 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 214/03
(BPatG: Beschluss v. 07.12.2005, Az.: 32 W (pat) 214/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. April 2003 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
Gründe
I.
Die am 11. August 2000 für die Dienstleistungen 36: Vermittlung von Lotterien und von Wettspielen 41: Unterricht und Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Fernsehunterhaltung; Glücksspiele; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Information über Veranstaltungen; Musikdarbietungen (Orchester); Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, von Kongressen und von Symposien; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Ordensvergaben und von Ordensverleihungen; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Preisvergaben und von Preisverleihungen; Produktion von Shows; Rundfunkunterhaltung; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle Zwecke oder für Unterrichtszwecke; Veranstaltung von Bällen; Veranstaltung von Lotterien und von Wettspielen; Veranstaltung von Schönheitswettbewerben; Veranstaltung von sportlichen Wettkämpfen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; Veranstaltung von Wettbewerben; Veröffentlichung von Büchern 42: Verpflegung; Beherbergung von Gästenangemeldete Wortmarke First Lady of Germanyist seitens der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts nach vorangegangenen Beanstandungsbescheiden mit Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom 10. April 2003 teilweise, nämlich bezüglich der Dienstleistungen Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Fernsehunterhaltung; Musikdarbietungen (Orchester); Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, von Kongressen und von Symposien; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Ordensvergaben und von Ordensverleihungen; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Preisvergaben und von Preisverleihungen; Produktion von Shows; Rundfunkunterhaltung; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle Zwecke oder für Unterrichtszwecke; Veranstaltung von Bällen; Veranstaltung von Schönheitswettbewerben; Veranstaltung von sportlichen Wettkämpfen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; Veranstaltung von Wettbewerben; Veröffentlichung von Büchernwegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden.
Mit der englischsprachigen Wortfolge "First Lady of Germany" werde u. a. eine Frau bezeichnet, die in Deutschland auf einem bestimmten Gebiet führend bzw. als Repräsentantin oder Oberhaupt einer Gruppe anerkannt sei. In diesem Sinne werde die im Alltag auf den verschiedensten Gebieten bereits verwendete Bezeichnung (unter Hinweis auf beigefügte Belegstellen aus dem Internet, auch zu ähnlich gebildeten Wortfolgen wie "Queen of Germany") auch vom angesprochenen Verkehr ohne weiteres verstanden. Für die versagten Dienstleistungen liege durchweg eine themen- und inhaltsbeschreibende Sachangabe vor, der kein Herkunftshinweis auf einen bestimmten Anbieter entnommen werde.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie hat das Verzeichnis bezüglich der versagten Dienstleistungen in Klasse 41 durch folgende Einschränkung ergänzt:
"alle vorgenannten Dienstleistungen mit Ausnahme solcher, die von einer "First Lady" veranstaltet und/oder initiiert und/oder mit deren Hilfe durchgeführt werden und/oder für eine "First Lady" bestimmt sind."
Im Übrigen ist sie der Ansicht, die angemeldete Bezeichnung sei mehrdeutig bzw. interpretationsbedürftig und werde für die versagten Dienstleistungen keinesfalls als themen- und inhaltsbeschreibende Sachangabe verstanden. Es fehle an einem unmittelbaren Bezug zu den betreffenden Dienstleistungen.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist, da sie vor dem 31. Dezember 2004 eingelegt wurde, ohne vorherige Erinnerung gemäß § 66, § 165 Abs. 4 MarkenG statthaft und auch sonst zulässig. In der Sache hat sie Erfolg, da einer Registrierung der angemeldeten Marke auch für die versagten Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.
Der Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen ist das ursprünglich eingereichte Dienstleistungsverzeichnis zugrunde zu legen. Der in der Beschwerdeinstanz hinzugefügte (einschränkende) sog. Disclaimer ist in dieser Form unzulässig (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Nr. 117).
Auch bezüglich der von der Markenstelle versagten Dienstleistungen in der Klasse 41 verfügt die Bezeichnung "First Lady of Germany" über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Dienstleistungen (und Waren) eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr. 59; Postkantoor, a. a. O., Nr. 123). Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich nicht um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortkombination) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE; 2004, 30 - Cityservice).
Zwar kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der englischsprachige Name für unser Land ("Germany") so gut wie jedermann bekannt und dass der Begriff "First Lady" - unübersetzt - in den deutschen Sprachschatz eingegangen ist. Er wird dort aber, wie sich auch aus den seitens der Markenstelle herangezogenen Eintragungen in Wörterbüchern ergibt, in erster Linie als Bezeichnung der Ehefrau eines Staatsoberhaupts oder Regierungschefs (vor allem, aber nicht nur, des Präsidenten der USA) verstanden. Von daher erscheint bereits fraglich, ob die von der Markenstelle zugrunde gelegte weitere (sekundäre) Bedeutung dieses Begriffs im Vordergrund des Verständnisses breiter inländischer Publikumskreise steht. Im Einzelfall mag dies zwar nicht völlig auszuschließen sein, für die vorliegend (noch) beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen liegt es aber nicht wirklich nahe, einen Bezug zu einer "First Lady of Germany" (im Sinne einer in Deutschland führenden Frau bzw. der Repräsentantin einer Gruppe) herzustellen. Die Verbindung zwischen Markenbegriff und jeweiliger Dienstleistung ist zu vage, als dass das Vorhandensein des - generell geringen - Mindestmaßes an Unterscheidungskraft verneint werden könnte.
Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG liegt für die beanspruchten Dienstleistungen ebenfalls nicht vor. Nach dieser Bestimmung sind nur solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung u. a. der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, des Wertes oder sonstiger Merkmale der Dienstleistungen dienen können. Es muss sich mithin um unmissverständliche Produktmerkmalsangaben handeln. Dass die betreffenden Dienstleistungen von einer "First Lady" in Deutschland - in jeder Bedeutung des Begriffs - erbracht oder für eine solche (ausschließlich oder vorwiegend) bestimmt sein sollten, liegt nicht wirklich nahe. So ist nicht zu erwarten, dass etwa die Ehefrau des Bundespräsidenten oder die Bundeskanzlerin bei der Vergabe von Orden und Preisen sich der angemeldeten englischsprachigen Bezeichnung bedient; die in der Produktwerbung verbreitete Vorliebe für englischsprachige Bezeichnungen gilt für das öffentliche Leben (noch) nicht in gleicher Weise. Es liegt auch nicht nahe, die "Veranstaltung von Schönheitswettbewerben" so zu beschreiben, weil in Verbindung mit diesen, soweit feststellbar, nur die Bezeichnung "Miss" (z. B. Miss World, Miss Germany usw.) gebräuchlich ist, nicht aber "Lady" (oder gar "First Lady" in Verbindung mit einem Ländernamen). Von einer dem Verkehr sich unmittelbar aufdrängenden Merkmalsangabe kann daher auch für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen nicht ausgegangen werden.
Der Beschluss der Markenstelle kann somit im Ergebnis keinen Bestand haben und ist im angegriffenen Umfang aufzuheben.
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BPatG:
Beschluss v. 07.12.2005
Az: 32 W (pat) 214/03
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