Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. September 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 403/03

(BPatG: Beschluss v. 14.09.2004, Az.: 27 W (pat) 403/03)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 24. September 2003 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle des Patentamts hat durch den angegriffenen Beschluss die Anmeldung der Marke

"MODE, DIE MICH ANZIEHT"

für die Waren

"Bekleidungsstücke, einschließlich gewirkte und gestrickte, nämlich Kleider, Kostüme, Mäntel, Hosenanzüge, Damenpullover, Damenwesten, Damenhosen, Damenblusen, Damenröcke, Badebekleidungsstücke, Unterbekleidungsstücke; Kopfbedeckungen, Putz, Strumpfwaren, Krawatten; Stiefel, Schuhe, Hausschuhe; Lederwaren, nämlich Handtaschen, Gürtel und Modeschmuck; Regenschirme, Handschuhe"

wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwar unterlägen Werbeslogans keinen strengeren Schutzvoraussetzungen als andere Markenanmeldungen, sie müssten insbesondere keine Originalität aufweisen. Die angemeldete Bezeichnung sei den angesprochenen Verkehrskreisen in ihrem Bedeutungsgehalt aber unmittelbar verständlich, weshalb die Bezeichnung vom Verkehr ohne weiteres Nachdenken lediglich als beschreibender und werbender Hinweis für die angemeldeten Waren aufgefasst werde. Dass dem Slogan zwei verschiedene Bedeutungen zukämen, nämlich zum einen "Modeartikel, die die angesprochenen Verkehrskreise im weitesten Sinne bekleiden" und zum anderen "Modeartikel, die eine starke Anziehungskraft auf die angesprochenen Verkehrskreise ausüben bzw. das Interesse der Verbraucher finden", begründe die Unterscheidungskraft nicht, weil beide Interpretationsmöglichkeiten einen warenbeschreibenden Inhalt hätten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Auffassung, die von der Markenstelle vorgenommene Ergänzung der Wortes "Mode" zu "Modeartikel" sei nicht gerechtfertigt, denn mit dem Wort "Mode" werden nicht die in Anspruch genommenen Waren beschrieben, vielmehr werde mit dem Begriff "Mode" der sich wandelnde Geschmack in allen Lebensbereichen umschrieben und daher eine allgemeine Angabe zum Geschmack und der Entwicklung der Stile gegeben. Die Bedeutung des Slogans, dass der Zeitgeschmack anziehen solle, sei merkwürdig und ungewöhnlich und daher als Herkunftshinweis geeignet.

Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Marke einzutragen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Vorschriften des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Markengesetz stehen der Eintragung der angemeldeten Marke nicht entgegen.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Ware erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Zutreffend ist die Markenstelle davon ausgegangen, dass dies auch für Werbeslogans gilt. Diese weisen ein ausreichendes Mindestmaß an Unterscheidungskraft dann auf, wenn sie keinen eindeutigen und rein produktbeschreibenden oder allgemein werbenden Inhalt haben. Indizien für die Unterscheidungskraft können Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz der Wortfolge sowie die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit der Werbeaussage sein (vgl. BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier; GRUR 2000, 323, 324 - Partner with the Best; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft).

Nach diesen Grundsätzen ist die Unterscheidungskraft der hier zur Frage stehenden Wortmarke "Mode, die mich anzieht", zu bejahen. Die Aussage des Slogans besteht zwar in der - von der Markenstelle als solche zutreffend dargelegten - Doppeldeutigkeit einerseits über den Verwendungszweck der dergestalt gekennzeichneten Waren ("Modeartikel, die die angesprochenen Verkehrskreise im weitesten Sinne bekleiden") und andererseits als personalisierter Werbeappell ("Modeartikel, die eine starke Anziehungskraft auf die angesprochenen Verkehrskreise ausüben bzw. das Interesse der Verbraucher finden"). In ihrer erstgenannten Bedeutung ist die beanspruchte Wortfolge aber im Widerspruch zu den üblichen Sprachregeln gebildet und daher ungewöhnlich. Zunächst weist der Anmelder zutreffend darauf hin, dass in dem Slogan nicht das Wort "Modeartikel", eine Sachbezeichnung, sondern das Wort "Mode", also ein abstrakter Begriff, verwendet wird. Ein solcher abstrakter Begriff kann jedoch nicht "jemanden anziehen" im Sinne von ankleiden bzw. bekleiden. Zwar gehört bei Fragen der Bekleidung die Redewendung "Damit ist man doch angezogen" zur Umgangssprache. Jedoch beinhaltet diese Redewendung unter grammatikalischen Gesichtspunkten eine passivische Wendung. Um aber jemanden im Sinne der fraglichen Wortfolge "anzuziehen", bedarf es nach der Semantik einer gegenüber einem Dritten aktiv handelnden (natürlichen) Person. Eine solche ist in der Wortfolge aber nicht in Bezug genommen. Als in diesem Sinne aktiv handelnd wird vielmehr ein abstrakter Begriff, nämlich die "Mode" angesprochen. Ein abstrakter Begriff kann jedoch den angesprochenen Verbraucher nicht "anziehen" im Sinne von "ankleiden", wie es die angemeldete Wortfolge wie erörtert nahe legt. Dieser in dem Slogan verborgene semantische Widerspruch verleiht der angemeldeten Marke eine gewisse Originalität, die dem durchschnittlich interessierten und aufmerksamen Verbraucher auch nicht entgeht und ihn zum Nachdenken anregt. Unter diesen Umständen liegt für ihn der Schluss nahe, es handele sich bei der doppeldeutigen, ersichtlich als Wortspiel gestalteten Wortfolge nicht nur um eine allgemeine Werbeaussage, sondern um einen Herkunftshinweis. Damit entfällt aber das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Ein Freihaltungsbedürfnis, das der Eintragung der Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

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Beschluss v. 14.09.2004
Az: 27 W (pat) 403/03


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