Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 22. Februar 1996
Aktenzeichen: 18 W 57/95
(OLG Köln: Beschluss v. 22.02.1996, Az.: 18 W 57/95)
Tenor
Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde wird der angefochtene Beschluß teilweise abgeändert:Der Gegenstandswert wird für den Rechtsstreit auf 79.500,00 DM und für den Vergleich auf 354.400,00 DM festgesetzt. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin - nach
Klageänderung - Zahlung von 79.500,00 DM nebst Zinsen, Zug um Zug
gegen Óbereignung eines Kranes, begehrt und hilfsweise Herausgabe
desselben Kranes. Die Beklagte hat angekündigt, den
Zahlungsanspruch in Höhe von 63.600,00 DM anzuerkennen und hat für
den Fall, daß eine "Rückübertragung der Sache" erfolgen müsse,
Widerklage auf Zahlung von 254.400,00 DM nebst Zinsen, Zug um Zug
gegen Herausgabe des Kranes, erhoben. In der mündlichen Verhandlung
vor dem Landgericht haben sich die Parteien dahin verglichen, daß
die Beklagte sich zur Zahlung von 79.500,00 DM (ohne Zinsen), Zug
um Zug gegen Óbereignung des Kranes, verpflichtete und die Kosten
des Rechtsstreits sowie des Vergleichs übernahm.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das
Landgericht den Streitwert für den Rechtsstreit und für den
Vergleich auf je 433.400,00 DM festgesetzt; dabei hat es die
Gegenstandswerte des Hauptantrags von 79.000,00 DM (richtig:
79.500,00 DM), des Hilfsantrags von 100.000,00 DM und der
Hilfswiderklage von 254.400,00 DM addiert (richtig: 433.900,00
DM).
Gegen die Ansätze des Gegenstandswerts
zur Hilfswiderklage und zum Vergleich richtet sich die Beschwerde
der Beklagten. Nach ihrer Auffassung wirkt sich die Hilfswiderklage
nicht streitwerterhöhend aus.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 25 Abs. 3
GKG zulässig und zum Teil begründet. Der Streitwert für den
Rechtsstreit beträgt lediglich 79.500,00 DM. Durch die nur
teilweise Anfechtung des Streitwertbeschlusses ist der Senat nicht
gehindert, den Streitwert entsprechend festzusetzen. Eine Bindung
an die Anträge besteht in diesem Verfahren nicht. Der Vergleich hat
hingegen einen Gegenstandswert von 354.400,00 DM.
1.
Maßgebend für den Streitwert des
Verfahrens ist im vorliegenden Fall ausschließlich der Hauptantrag
der Klage mit 79.500,00 DM. Der Wert des von der Klägerin außerdem
gestellten Hilfsantrags ist dabei dem Hauptsachewert ebensowenig
hinzuzurechnen wie der Gegenstandswert der gleichfalls nur
hilfsweise erhobenen Widerklage.
a)
Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG i.d.F. des
Kostenänderungsgesetzes vom 24.06.1994 wird ein hilfsweise geltend
gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch nur dann
zusammengerechnet, wenn eine Entscheidung über ihn ergeht. Bei
einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich ist diese
Vorschrift entsprechend anzuwenden (§ 19 Abs. 4 GKG n.F.). Eine
Entscheidung über den Hilfsantrag darf bei einem Urteil aber nur
erfolgen, wenn der Eventualfall eintritt, wenn also bei einem
echten Hilfsantrag der Hauptantrag abgewiesen wird. Erst für diesen
Fall stellt der Kläger seinen Hilfsanspruch im Rechtsstreit zur
Entscheidung. Nichts anderes kann sinngemäß bei einer
vergleichsweisen Beendigung des Verfahrens gelten, ohne Rücksicht
darauf, ob der Vergleich - wie regelmäßig, und so auch hier - zum
Ausgleich sämtlicher geltend gemachter Ansprüche bestimmt ist und
insoweit auch den Hilfsanspruch umfaßt und ob sich Gericht und
Parteien (vorsorglich) bereits mit diesem Hilfsantrag befaßt haben.
Die Gegenansicht (Anders/Gehle, Handbuch des Streitwertes, 2.
Aufl., Stichwort "Vergleich" Rdnr. 18) übergeht die für den
Gegenstand des Rechtsstreits, an den sich die Bemessung des
Gegenstandswertes anschließt, vom Kläger zulässigerweise gesetzte
Bedingung.
Entsprechendes gilt für eine
Hilfswiderklage. Auch sie wird nur für einen bestimmten
Eventualfall erhoben. Den Streitwert des Rechtsstreits kann sie
deswegen ebenfalls nur bei Bedingungseintritt erhöhen,
gleichgültig, ob der Rechtsstreit durch Urteil oder durch Vergleich
abgeschlossen wird (so OLG Köln JMBlNW 1975, 143, 144; OLG Bamberg
JurBüro 1994, 112; a.A. OLG Braunschweig JurBüro 1990, 912 f. mit
ablehnender Anmerkung Mümmler; Anders/Gehle, Stichwort "Vergleich"
Rdnr. 19, Stichwort "Widerklage" Rdnr. 8; siehe auch BGH LM § 5
ZPO Nr. 11; OLG Köln KostRspr § 19 GKG Nr. 163). Dabei verbietet
sich - entgegen der Meinung der Klägerin - auch eine
Differenzierung zwischen Gerichts- und Anwaltsgebühren (vgl. § 9
Abs. 1 BRAGO).
b)
Im Streitfall sind beide prozessualen
Bedingungen nicht eingetreten. Nach dem Inhalt des Vergleichs hat
sich die Beklagte schon zur Erfüllung des Hauptanspruchs der Klage
- Zahlung von 79.500,00 DM - bereitgefunden; damit entfiel die
Voraussetzung für ein Befassen mit dem Hilfsanspruch. Von dem
Erfolg des Hilfsanspruchs hatte die Beklagte aber wiederum ihre
Widerklage abhängig gemacht. Infolgedessen müssen bei der Bemessung
des Streitwerts für die Verfahrensgebühren beide Anträge außer
Betracht bleiben.
2.
Etwas anderes gilt indessen für den
Vergleich. Sein Gegenstand - und damit zugleich sein
Gegenstandswert - bestimmt sich grundsätzlich nach allen durch den
Vergleich erledigten streitigen Ansprüchen, selbst wenn sie nur
bedingt oder gar nicht in den Rechtsstreit eingeführt waren (vgl.
nur OLG Bamberg JurBüro 1994, 112), sofern nicht mehrere Ansprüche
denselben Gegenstand betreffen (§ 19 Abs. 1 Satz 3 GKG; vgl.
Anders/Gehle, Stichwort "Vergleich" Rdnr. 17) oder wirtschaftlich
identisch sind. Letzteres trifft hier für den Hauptantrag der Klage
und den von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten
Herausgabeanspruch zu; das Interesse der Klägerin konnte nur
entweder auf Erfüllung des Leasingvertrags oder Rückgabe des Kranes
gehen. Aus diesem Grunde ist es zwar nicht zu beanstanden, daß das
Landgericht beim Vergleichswert auch die Hilfswiderklage
berücksichtigt hat (254.400,00 DM). Für die Klageanträge richtet
sich der Wert indessen lediglich nach dem Wert des höheren
Anspruchs, mithin dem auf Herausgabe des Kranes (100.000,00
DM).
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 25
Abs. 4 GKG.
OLG Köln:
Beschluss v. 22.02.1996
Az: 18 W 57/95
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