Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. September 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 202/02

(BPatG: Beschluss v. 10.09.2003, Az.: 26 W (pat) 202/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Juli 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Waren

"Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel;

Alufolien;

Papier- und Papierwaren; Karton und Waren daraus; Photographien, Filme; Schreibwaren; Klebstoffe (für Papier und Schreibwaren), Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Spielkarten; Backpapier, Butterbrotpapier, Butterbrotbeutel (aus Papier), Küchentücher, Toilettenpapiere, Taschentücher (aus Papier), Filter (aus Papier);

Gefrier- und Frischhaltefolien (aus Kunststoff), Gefrier-, Butterbrot-, Müllbeutel (aus Kunststoff);

kleine Haus- und Küchengeräte sowie tragbare Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme; Gummihandschuhe für den Haushalt; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmaterial, Reinigungsgeräte und Putzzeug; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten;

Tücher aus textilem Material"

angemeldete Wortmarke Solidoals beschreibende und nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Markenwort sei eine Bezeichnung der spanischen und italienischen Sprache, die markenrechtlich der deutschen Sprache gleichgesetzt werde, und habe die Bedeutung von "dicht, fest, gediegen". Damit weise die angemeldete Marke im Hinblick auf die beanspruchten Waren lediglich auf deren Art und Beschaffenheit hin. Zugunsten der am Im- und Export beteiligten Kreise, aber auch für die entsprechend sprachkundigen inländischen Kreise bestehe daran ein Freihaltebedürfnis. Auch Waren, die nicht "dicht" oder "fest" sein könnten, würden von dieser Bezeichnung beschrieben, da "solido" - oder zu deutsch "solide" - im übertragenen Sinne auch die Bedeutung "verläßlich, bewährt" habe.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, die sie nicht begründet hat. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung als Marke stehen die in § 8 MarkenG aufgeführten Schutzhindernisse nicht entgegen, wenn dies auch - jedenfalls im Hinblick auf einige der beanspruchten Waren - als Grenzfall anzusehen ist.

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich letztlich nicht um eine Angabe, die gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen kann. Zwar hat die Markenstelle im Ausgangspunkt zutreffend darauf hingewiesen, daß es sich bei dem angemeldeten Wort "Solido" um ein Wort der spanischen und italienischen Sprache handelt, das letztendlich dem deutschen Wort "solide" in seinem Bedeutungsgehalt gleicht. Fremdsprachige Marken dürfen jedoch nicht schematisch ihren jeweiligen deutschen Übersetzungen gleichgestellt werden. Vielmehr ist eine markenrechtliche Gleichbehandlung nur dann gerechtfertigt, wenn die beschreibende Bedeutung des fremdsprachigen Ausdrucks von den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres verstanden wird oder der angemeldete fremdsprachige Ausdruck im Hinblick auf den Im- oder Export der einschlägigen Waren benötigt wird (BGH Mitt 1994, 78 - rigidite III). An beiden Voraussetzungen fehlt es im vorliegenden Fall. Trotz der Beliebtheit Spaniens oder Italiens als Ferienländer sind Begriffe der spanischen und italienischen Sprache den inländischen Verkehrskreisen im allgemeinen zu wenig geläufig, als daß ihre Bedeutung bei einer Begegnung im heimischen Umfeld ohne weiteres erkannt würde. Als ohne weiteres geläufig können in diesem Zusammenhang allenfalls allgemeine Schlagwörter gewertet werden, die von Touristen leicht und schnell erlernt und benutzt werden. Dabei ist nämlich auch zu berücksichtigen, daß bei einem Erwerb der beanspruchten Waren in Deutschland eine fremdsprachige Bezeichnung nicht automatisch als solche wahrgenommen wird. Zudem werden die beanspruchten Waren nach ihrer Art wegen ihres regelmäßig geringen Preisniveaus grundsätzlich mit einer gewissen Eile und Flüchtigkeit erworben, ohne daß eine eingehende Analyse des Bedeutungsgehalts der markenmäßig verwendeten Bezeichnung stattfindet. Deshalb kann nicht unterstellt werden, daß ein rechtserheblicher Teil des deutschen Durchschnittsverkehrs die angemeldete Bezeichnung ohne weiteres in dem von der Markenstelle angenommenen beschreibenden Sinne verstehen wird. Die Markenstelle hat auch keine tatsächlichen Umstände dargelegt, die die Feststellung zuließen, daß die angemeldete fremdsprachige Bezeichnung aktuell oder zukünftig als beschreibender Sachhinweis für den Im- oder Export der beanspruchten Waren benötigt wird. Auch der erkennende Senat hat keine Anhaltspunkte dafür gefunden, daß derzeit ein entsprechendes Bedürfnis an einer Verwendung als warenbeschreibende Angabe besteht. Dabei musste für die Beurteilung der Schutzfähigkeit außer Betracht bleiben, dass ein derartiger Begriff innerhalb eines (fremdsprachigen) Fließtextes auftauchen könnte, weil dieser Umstand kein Freihaltebedürfnis zu begründen vermag.

Der angemeldeten Bezeichnung fehlt auch nicht die zur Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Angesichts des dargelegten Umfangs der Kenntnis der spanischen und italienischen Sprache in den inländischen Verkehrskreisen sowie des deutschsprachigen Umfelds beim Erwerb der beanspruchten Waren reicht die durch den Vokal "o" am Wortende bewirkte Veränderung des Sprachcharakters der angemeldeten Bezeichnung gegenüber der deutschen Bezeichnung "solid(e)" gerade noch aus, um diese als "sprechende" Marke bzw als Phantasiebegriff erscheinen zu lassen. Dies gilt um so mehr, als ein an eine beschreibende Angabe angehängter Vokal der klassische Fall einer Markenbildung ist. Diejenigen Verkehrskreise, die den begrifflichen Inhalt der angemeldeten Bezeichnung ohnehin nicht verstehen, werden diese als Marke hinnehmen. Diejenigen Verkehrskreise, die der spanischen und italienischen Sprache mächtig sind, werden diese im deutschsprachigen Umfeld regelmäßig nicht analysieren, wenn sie markenmäßig verwendet wird.

Der Beschwerde der Anmelderin war daher stattzugeben.

Reker Kätker Eder Bb






BPatG:
Beschluss v. 10.09.2003
Az: 26 W (pat) 202/02


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