Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juni 2007
Aktenzeichen: 24 W (pat) 360/03
(BPatG: Beschluss v. 21.06.2007, Az.: 24 W (pat) 360/03)
Tenor
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die Schutzerstreckung der am 22. Juli 1999 veröffentlichten Wortmarke MANIA, die international für die Waren
"3 Produits de parfumerie"
registriert ist, hat die Inhaberin der prioritätsälteren Wortmarke Nr. 397 62 094 Pania, die am 12. Februar 1998 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden ist und deren Warenverzeichnis nach einem gegen sie gerichteten, am 7. Januar 2000 abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens nur noch die Waren
"Parfumerien; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Kosmetikseifen; Haarwässer; Zahnputzmittel"
umfasst, Widerspruch erhoben.
Mit Beschluss vom 3. Januar 2002 hat die Markenstelle für Klasse 03 IR des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Markenprüfer im gehobenen Dienst, aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 397 62 094 der IR-Marke den Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verweigert. Die beiderseitigen Marken seien bis auf den ersten Buchstaben identisch. Zur Gefahr von Verwechslungen trage auch die Identität der Vergleichswaren bei. Die Entscheidung sei ferner gerechtfertigt durch die gleiche Wortlänge der Marken, ihre identischen Buchstaben- und Silbenzahl sowie durch die in beiden Marken identische Vokalfolge "a - i - a", woraus sich ein identischer Klangrhythmus ergebe.
Mit Beschluss vom 9. September 2003 hat dieselbe Markenstelle, nunmehr besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes, die Erinnerung der Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke zurückgewiesen. Begründet hat die Markenstelle ihre Entscheidung damit, der Erstprüfer sei zu Recht davon ausgegangen, dass sich die beiderseitigen Marken auf identischen Waren begegnen könnten, wobei die Widerspruchsmarke über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfüge. Unter diesen Umständen müssten an den Abstand der Marken strenge Anforderungen gestellt werden, die vorliegend jedoch nicht erfüllt seien. Die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben, nämlich die Verschlusslaute "M" und "P", verliehen den Vergleichsmarken kein deutlich unterschiedliches Klanggepräge. Dieses werde entscheidend durch den innerhalb der Markenworte identischen jeweils an zweiter Stelle stehenden Vokal "a" bestimmt, der über die jeweilige Anfangssilbe das Klangbild der beiderseitigen Marken stärker beeinflusse. Zwar sei auch der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass Wortanfänge vom Verkehr im Allgemeinen stärker als die übrigen Markenteile beachtet würden; im vorliegenden Fall werde jedoch dieser Effekt durch die weitgehenden Übereinstimmungen innerhalb der Marken wieder aufgewogen, zumal es sich bei den beiderseitigen Marken auch um keine Kurzworte mehr handele. Entgegen der Auffassung der Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke werde zudem keine Reduzierung der Übereinstimmungen im Wort- und Klangbild der Vergleichsmarken über einen abweichenden Begriffsinhalt erreicht. Dem überwiegenden Teil des Verkehrs sei der Begriff "Mania" nicht im Sinne von "Manie" oder "manisch" geläufig, weshalb er sich in dieser Bedeutung auch nicht aufdränge. Nach alledem sei daher zwischen den Vergleichsmarken "MANIA" und "Pania" eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat diese mit Schriftsatz vom 9. Januar 2006 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben und mit Schriftsatz vom 9. Februar 2007 im Wege eines Teilverzichts das Warenverzeichnis ihrer Marke auf die Ware "Parfums" eingeschränkt.
Die Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke ist der Auffassung, dass unabhängig von der Benutzungslage der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken - auch im Falle von Warenidentität - ausgeschlossen sei. "Haarpflegemittel" und "Parfums" seien zudem nur entfernt ähnlich. Beispielsweise seien Haarpflegemittel regelmäßig nicht in Körper- und Schönheitspflegeserien enthalten. Grund hierfür sei wohl, dass mit Haarpflegemitteln nicht in erster Linie ein Wohlgeruch bezweckt werde. Körper- und Schönheitspflegeserien umfassten daher regelmäßig nur Duschgel, Körperlotion und Deodorant.
Sowohl die jüngere Marke als auch die Widerspruchsmarke seien verhältnismäßig kurze Marken, die sich zudem an einer exponierten Stelle, nämlich am Wortanfang, der bestens zum Wiedererkennen und Auseinanderhalten von Markenwörtern geeignet sei, unterschieden. Der Anfang eines Zeichens werde vom Verkehr regelmäßig mit sehr viel Aufmerksamkeit aufgenommen, weshalb im Falle einer Begegnung mit der Schutz suchenden IR-Marke "MANIA" keine gedankliche Assoziation des Verkehrs an die Widerspruchsmarke "Pania" zu erwarten sei. Parfums würden regelmäßig erst nach einer Geruchsprobe und sorgfältigem Abwägen gekauft. Dementsprechend mache sich der Verbraucher die jeweilige Marke genau bewusst. Die Buchstaben "M" und "P" klängen deutlich hörbar unterschiedlich. Dies zeige sich auch anhand des Beispieles von "Mama" und "Papa". Selbst bei Kleinkindern würden hierbei kaum Verwechslungen auftreten.
Entgegen der von der Markenstelle vertretenen Auffassung sei in der jüngeren Marke sehr wohl der Bezug auf die Begriffsinhalte "Manie" oder "manisch" zu erkennen. Zwischen einem Parfum und dem Begriff "manisch" bestehe zudem ein deutlicher Sachbezug. "Manisch" sei ein heftige Gefühle bezeichnendes Eigenschaftswort, was im Zusammenhang mit einem Parfum auf einen betörenden Duft hinweise. Dieser Begriffsinhalt trage ebenfalls zur Unterscheidung der beiderseitigen Marken bei.
Die Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke beantragt (sinngemäß), die beiden Beschlüsse der Markenstelle insoweit aufzuheben, als mit diesen der Schutz für die IR-Marke 713 011 verweigert wurde, und den Widerspruch aus der Marke 397 62 094 zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Widersprechende hat auf die erhobene Einrede der Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke zur Glaubhaftmachung der Benutzung farbige Abbildungen von Haarpflegeprodukten vorgelegt. Im Einzelnen handelt es sich bei den Produkten um ein "PFLEGE-SHAMPOO", eine "SHAMPOO & PFLEGESPÜLUNG 2 IN 1", eine "INTENSIV HAARKUR", eine "PFLEGE-SPÜLUNG" und eine "DIRECT-REPAIR HAARKUR", die jeweils mit dem Schriftzug "PANIA", der durch horizontale Balken begrenzt wird, gekennzeichnet sind. Ferner hat die Widersprechende mittels zweier eidesstattlicher Versicherungen eines Herrn A... vom 20. März 2006 und vom 11. Oktober 2006 vorgetragen, dass die dargestellten Produkte im Zeitraum 2001 bis 2004 unter der Widerspruchsmarke verkauft worden seien. Im Jahr 2002 seien unter der Marke "Pania" Produkte in einer Stückzahl von über einer Viertelmillion verkauft worden, wobei es sich bei 2/3 der verkauften Produkte um die in den vorgelegten Abbildungen dokumentierten Haarpflegemittel gehandelt habe. Im Jahr 2003 seien noch 50.000 Stück dieser Produkte unter der Marke "Pania" verkauft worden; hierbei seien 80 % auf die in den vorgelegten Abbildungen dargestellten Haarpflegemittel entfallen. Zunächst sei die Benutzung der Widerspruchsmarke von der Widersprechenden als Lizenznehmerin der Firma B... GmbH & Co. KG erfolgt, die neben einem anderen in Deutschland ansässigen Unternehmen auch die "PANIA-Produkte" für die Widersprechende hergestellt habe. Seit Oktober 2003 sei die Widersprechende selbst Inhaberin der Widerspruchsmarke.
Die Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke hat im Zusammenhang mit den von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungsunterlagen bemängelt, den beiden vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen könne nicht zweifelsfrei entnommen werden, dass die dargestellten Produkte in Deutschland vertrieben worden seien. Es könne daher unterstellt werden, dass von den genannten Stückzahlen auch Produkte umfasst seien, die die Widersprechenden konzernweit im europäischen Ausland vertrieben habe.
Die Widersprechende ist der Auffassung, dass zwischen der angegriffenen Ware "Parfums" und der Ware "Haarpflegemittel" eine hochgradige Warenähnlichkeit bestehe. Große Parfumhersteller würden vermehrt "um das Parfum herum" Schönheits-, Haar- und Körperpflegeserien auflegen, die in jeder Parfümerie vertrieben würden. Im Zusammenhang mit der Markenähnlichkeit gelte, dass die Aussage, Wortanfänge würden bei der Markenverwechslung mehr ins Gewicht fallen als Endungen, sich nicht auf die Anfangsbuchstaben, sondern auf die Anfangssilben von Vergleichsmarken bezögen. Vorliegend stünden sich in erster Linie die beiden Wortanfänge "Pa" und "Ma" gegenüber. Diese machten die Vergleichsmarken miteinander verwechselbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Wie die Markenstelle in ihren angefochtenen Beschlüssen vom 3. Januar 2002 und 9. September 2003 zu Recht angenommen hat, ist eine Verwechslungsgefahr zwischen der international registrierten Wortmarke Nr. 713 011 "MANIA" und der prioritätsälteren Widerspruchsmarke Nr. 397 62 094 "Pania" im Sinne von §§ 107, 114, § 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG i. V m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegeben.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Markenrechtsrichtlinie, die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den dabei maßgebenden Umständen gehören insbesondere die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der Grad der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. Die Bewertung der Verwechslungsgefahr impliziert auch eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) "PICASSO"; BGH GRUR 2005, 513, 514 "MEY/Ella May"; GRUR 2006, 859, 860 (Nr. 16) "Malteserkreuz"). Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend die Gefahr von Verwechslungen zu befürchten.
Die Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke hat im Beschwerdeverfahren am 10. Januar 2006 gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 26 Abs. 5 MarkenG in zulässiger Weise die Einrede mangelnder Benutzung erhoben. Die Widersprechende konnte sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf die fünfjährige Benutzungsschonfrist berufen, da das gegen ihre Widerspruchsmarke seinerseits anhängig gewesene Widerspruchsverfahren bereits am 7. Januar 2000 abgeschlossen war. Bezogen auf den gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG maßgeblichen Benutzungszeitraum vom 27. Februar 2002 bis 27. Februar 2007 hat die Widersprechende eine Benutzung der Marke Nr. 397 62 094 "Pania" in hinreichendem Umfang glaubhaft gemacht.
Die beiden von der Widersprechenden vorgelegten, vom 20. März 2006 und 11. Oktober 2006 stammenden eidesstattlichen Versicherungen sind nicht zu beanstanden. Aussteller ist ein Herr A..., der bei der Widersprechenden für die Betreuung von Markenangelegenheiten zuständig ist. Seine beiden eidesstattlichen Versicherungen beziehen sich auf die vorgelegten Abbildungen von Produkten, mit denen die Widersprechende anhand eines "PFLEGE-SHAMPOO", eines "SHAMPOO & PFLEGESPÜLUNG 2 IN 1", einer "INTENSIV HAARKUR", einer "PFLEGE-SPÜLUNG" und einer "DIRECT-REPAIR HAARKUR" die konkrete Form der Markenbenutzung dokumentiert hat. Insgesamt ergibt sich aus den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen, dass diese im Jahr 2002 etwa 165.000 Stück und im Jahr 2003 immerhin noch etwa 40.000 Stück Haarpflegemittel in Deutschland vertrieben hat, die mit dem Schriftzug "PANIA" gekennzeichnet waren.
Als unwahrscheinlich muss es dagegen angesehen werden, dass - wie von der Markeninhaberin unterstellt und von der Widersprechenden bestritten - unter den genannten Stückzahlen in größerem Umfang auch Waren eingerechnet sind, die von der Widersprechenden im europäischen Ausland vertrieben wurden. Die von der Widersprechenden in Bezug genommenen Abbildungen zeigen Produkte, bei denen die Warenbezeichnung in deutscher Sprache hervorgehoben ist und deren Aufmachung insgesamt als für den Vertrieb in Deutschland bestimmt erscheint. Anhand der von der Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke in der mündlichen Verhandlung überreichten, aus verschiedenen Ländern stammenden Internet-Seiten der Widersprechenden ergibt sich zudem, dass der Konzern der Widersprechenden in der Schweiz überhaupt nicht vertreten ist und in Deutschland über annähernd zehnmal so viele Filialen, nämlich ca. 10.800, wie in den Ländern Österreich und Luxemburg zusammen verfügt. Selbst wenn man daher die von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungszahlen um jene Beträge reduzieren müsste, die anteilig auf einen Vertrieb der dargestellten Haarpflegemittel in Österreich und Luxemburg entfielen, so würde zu Gunsten der Widerspruchsmarke aus den verbleibenden Stückzahlen nach wie vor ein bezogen auf den deutschen Markt ausreichender Benutzungsbeleg ableitbar bleiben. Dahinstehen kann deshalb, ob nicht zu Gunsten der Widersprechenden - was naheliegt - auch vom Vorliegen einer Exportmarke im Sinne von § 26 Abs. 4 MarkenG ausgegangen werden muss. Hierbei wäre es für einen glaubhaften Vortrag einer ausreichenden Markenbenutzung entbehrlich, ein weiteres inländisches Inverkehrbringen von gekennzeichneten Waren - d. h. über den Vortrag hinaus, dass die Widerspruchsmarke im Inland auf der Ware angebracht worden sei - darzulegen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 26 Rn. 124 f.).
Der Feststellung einer hinreichenden und ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke steht vorliegend auch nicht im Wege, dass die frühere Inhaberin der Widerspruchsmarke, die Firma B... GmbH & Co. KG, im maßgeblichen Zeitraum ihre Marke durch die Widersprechende als Lizenznehmerin nutzen ließ (vgl. § 26 Abs. 2 MarkenG); ebenso wenig wird die Feststellung einer ausreichenden Benutzung der Widerspruchsmarke durch den Umstand in Frage gestellt, dass die Benutzung im Gegensatz zur eingetragenen Schreibweise der Marke unter Verwendung von Großbuchstaben und unter Hinzufügung von horizontalen, die Schrift begrenzenden Balken geschah. In dieser Benutzungsform ist kein relevanter Unterschied zur eingetragen Form der Widerspruchsmarke zu sehen ist, da diese Abweichungen offensichtlich zu gering sind, um den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke zu verändern (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rn. 96 f.).
Die zu den abgebildeten Haarpflegeprodukte glaubhaft gemachte Benutzung der Widerspruchsmarke rechtfertigt es auch, bei der Entscheidung über den Widerspruch im Wege einer Integration den speziellen Warenbegriff "Haarpflegemittel" als Teilbereich des Oberbegriffs "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" zu Grunde zu legen (vgl. BGH GRUR 2002, 59, 63 "ISCO"; GRUR 2002, 65, 67 "Ichthyol"; BGH MarkenR 2006, 409, 410 f. (Nr. 21, 22) "Ichthyol II"). Über die Ware "Haarpflegemittel" hinaus hat die Widersprechende allerdings eine Benutzung für weitere Waren weder behauptet noch glaubhaft gemacht hat (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG).
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist ferner davon auszugehen, dass zwischen den von der Schutz suchenden IR-Marke - nach erklärtem Teilverzicht - nur noch umfassten Ware "Parfums" und den bei der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Ware "Haarpflegemittel" ohne weiteres Ähnlichkeit gegeben ist (vgl. BPatG PAVIS PROMA, 27 W (pat) 114/95, 21.01.97). Bei diesen sich gegenüber stehenden Waren handelt es sich um einander ergänzende Produkte, deren Anwendung sich überschneiden kann. Wie die Widersprechende zutreffend ausgeführt und zudem mit aussagekräftigen Anlagen zu ihrer Beschwerdeerwiderung belegt hat, sind mittlerweile zahlreiche Parfumhersteller dazu übergegangen, Schönheits- und Körperpflegeserien aufzulegen, welche in der Regel Haarpflegeprodukte in Form von Duschgels für Körper und Haar umfassen. Viele bieten auch parfümierte Sprays für das Haar an. Dies hat mittlerweile auch dazu geführt hat, dass "Parfums" und "Haarpflegemittel" nicht nur im Internet, sondern auch in herkömmlichen Verkaufsstätten in unmittelbare Nähe zueinander angeboten werden.
Bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "Pania" ist zum einen zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um eine Fantasiewortbildung handelt, der keine erkennbaren beschreibenden Anklänge zu dem hier relevanten Warenteilbereich der "Haarpflegemittel" entnommen werden kann. Zum anderen ist die Marke offensichtlich seit mehreren Jahren im Markt eingeführt. Als benutzte Marke muss ihre Kennzeichnungskraft daher als im oberen Bereich des Durchschnitts liegend angesetzt werden.
Im Ergebnis schließt sich der Senat der Auffassung der Markenstelle an, dass die Unterschiede der beiderseitigen Marken "MANIA" und "Pania" vor dem Hintergrund der beachtlichen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und der beschriebenen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht ausreichend sind, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken ist im Rahmen einer umfassenden Beurteilung auf den Gesamteindruck der Marken abzustellen, den diese jeweils hervorrufen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 23) "Sabèl/Puma"; GRUR Int. 1999, 734, 736 (Nr. 25) "Lloyd"; GRUR Int. 2004, 843, 845 (Nr. 29) "MATRATZEN"; BGH GRUR 2006, 60, 62 (Nr. 17) "coccodrillo"). In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass bei den Vergleichsmarken im maßgeblichen klanglichen Gesamteindruck der notwendige Abstand nicht mehr eingehalten ist.
Der Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke ist zwar insoweit zuzustimmen, als sich die beiderseitigen Marken am Wortanfang und damit an einer für den Verkehr grundsätzlich prägnanten Stelle unterscheiden. Die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben "M" und "P" bedeuten aber vorliegend keinen Umstand, der so gewichtig wäre, dass mit ihm die Bejahung einer Verwechslungsgefahr stehen oder fallen würde. Die am Anfang der Vergleichsmarken platzierten unterschiedlichen Konsonanten "M" und "P" besitzen als Verschlusslaute von Hause aus nicht die gleiche klangliche Auffälligkeit wie Vokale. Dies zeigt sich auch anhand der von der Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke beispielhaft herausgestellten Worte "Mama" und "Papa", bei denen wohl jeweils erst die Verdoppelung der Silben "ma" und "pa" dazu führt, dass kaum Verwechslungen auftreten.
Die beiderseitigen Marken weisen vielmehr in klanglicher Hinsicht insoweit eine sehr beachtliche Gemeinsamkeit auf, als sie - vom jeweils unterschiedlichen Anfangskonsonanten abgesehen - in der weitaus überwiegenden restlichen Lautfolge "-ANIA" identisch sind. Hieraus folgt wiederum, dass die beiderseitigen Marken - wie von der Markenstelle zutreffend ausgeführt - die gleiche Wortlänge besitzen, ihre Buchstaben- und Silbenzahl dieselbe ist und beide Marken einen identischen Klangrhythmus aufweisen, der durch die jeweils gleiche Vokalfolge "a - i - a" hervorgerufen wird. In Anbetracht des gemeinsamen Lautfolge "-ANIA" ist damit zu rechnen, dass bei Wiedergabe im mündlichen und insbesondere fernmündlichen Geschäftsverkehr der bei den Kollisionsmarken vorhandene Unterschied akustisch nicht hinreichend deutlich hervortritt und daher eine Gefahr, dass die Wörter irrtümlich füreinander gehalten werden, handgreiflich gegeben ist. Dies folgt auch aus dem Erfahrungssatz, dass Kennzeichen der vorliegenden Art vom Verbraucher normalerweise nicht in einer Sprechweise wiedergegeben werden, bei der jeder Laut - einschließlich ggf. am Wortanfang befindlicher Konsonanten - deutlich hervorgehoben werden.
Der Schutz suchenden IR-Marke "MANIA" kann bezogen auf die Ware "Parfums" auch kein erkennbarer warenbeschreibender Sinnanklang entnommen werden, der zu einer - wie die Inhaberin der Schutz suchenden IR-Marke meint - deutlichen Verminderung einer Verwechslungsgefahr führen müsste. Einem derartigen Effekt steht bereits der vorstehend geschilderte Umstand entgegen, dass der Verkehr die beiden Vergleichsmarken oft unzulänglich artikulieren wird. Um die Gefahr einer Markenkollision nachhaltig vermindernden zu können, muss eine Kennzeichnung in der Wahrnehmung der maßgebenden Verkehrskreise darüber hinaus eine so eindeutige und bestimmte Bedeutung haben, dass die Verkehrskreise sie ohne weiteres erfassen können (vgl. EuGH GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 23) "PICASSO"; GRUR 2006, 413, 414 (Nr. 49) "ZIRH/SIR"). Diese Voraussetzung ist vorliegend ebenfalls nicht gegeben. Dem überwiegenden Teil der einschlägigen Verkehrskreise dürfte nämlich die Bedeutung des Markenwortes "MANIA" als altgriechischen Ursprungs der Begriffe "Manie" und "manisch" - wie die Markenstelle in ihrer Entscheidung zu Recht ausgeführt hat - nicht hinreichend geläufig sein.
Es bestand kein Anlass, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
BPatG:
Beschluss v. 21.06.2007
Az: 24 W (pat) 360/03
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