Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 13. Januar 2011
Aktenzeichen: 21 W 16/11
(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 13.01.2011, Az.: 21 W 16/11)
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3. Mai 2010 unter Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin im Übrigen teilweise abgeändert und der Klarstellung halber wie folgt neu gefasst:
Es ist zu prüfen, ob die im Jahr 2008 erfolgte Aufstockung der Anteile der A an der B mit Sitz in Stadt1, eingetragen beim Amtsgericht Stuttgart unter HRB €, trotz der bei dieser vorhandenen erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die zu einer erheblichen Wertberichtigung auf den Beteiligungsansatz der B im Jahresabschluss 2008 geführt haben, noch mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensführung zu vereinbaren war, bzw. ob die Aufstockung der Beteiligung vor allem durch sachfremde eigene Interessen des Vorstandes, namentlich durch eine eigene Beteiligung des Vorstandes und/oder des Aufsichtsrates an der B, bzw. durch eine Beteiligung von Verwandten oder anderen nahestehenden Personen bestimmt war. Es ist zu prüfen, ob der Vorstand bzw. der Aufsichtsrat im Jahr 2008 im Rahmen der Aufstockung der Beteiligung somit eine Pflichtverletzung begangen hat und/oder ob dem Aufsichtsrat im Hinblick auf die Überwachung des Vorstandes im Jahre 2008 im Zusammenhang mit der Aufstockung der oben genannten Beteiligung, insbesondere im Hinblick auf die Überwachung möglicher Interessenkonflikte, ebenfalls eine solche Pflichtverletzung vorzuwerfen ist.
Es ist zu prüfen, ob der Aufsichtsrat durch Nichtverfolgung des vorgenannten Sachverhaltes gegenüber dem Vorstand bzw. durch Nichtverfolgung etwaiger aus diesem Sachverhalt resultierender Ansprüche im Geschäftsjahr 2008 gegenüber der A Pflichtverletzungen begangen hat.
Zum Sonderprüfer wird bestellt: Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dipl. Kfm. Dr. SV1, c/o D, €, Stadt1.
Im Übrigen wird der Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten und die Kosten der Sonderprüfung trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert wird auf 250.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Voraussetzungen für die Bestellung eines Sonderprüfers nach § 142 Abs. 2 AktG bei der Antragsgegnerin vorliegen.
Die Antragsteller, die zusammen über etwa 12,5 % des Grundkapitals in einem Nennbetrag von über 1,1 Mio. € verfügen, sind Aktionäre der Antragsgegnerin, einer juristischen Person in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Neben den Antragstellern sind maßgeblich deren Vorstand Herr E sowie deren Aufsichtsratsvorsitzender Herr F mit etwa 26 % an der Antragsgegnerin beteiligt.
Hervorgegangen ist die Antragsgegnerin aus einer Fusion der A Stadt3, deren ehemalige Aktionäre unter anderem die Antragsteller waren, sowie der G mit Sitz in Stadt4, deren Anteile teilweise von den jetzigen Organwaltern der Antragsgegnerin, Herrn E und Herrn F, gehalten wurden.
Gegenstand der Antragsgegnerin ist die Verwaltung, der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen. Ihrem Unternehmensgegenstand entsprechend hält sie unter anderem eine Beteiligung an der B mit Sitz in Stadt1 über 49,46 % zuzüglich weiterer, treuhänderisch gehaltener 1,61 %, eine Beteiligung in Höhe von 10 % an der H mit Sitz in Stadt4 sowie eine hundertprozentige Beteiligung an der K mit Sitz in Stadt2.
Auf der Hauptversammlung der Antragsgegnerin am 25. Juni 2009 stellte der Antragsteller zu 2) die streitgegenständlichen Sonderprüfungsanträge. Die Anträge, bezüglich deren Wortlautes auf Bl. 3 f. d. A. Bezug genommen wird, waren gerichtet auf die Vorgänge bei der Aufstockung der Beteiligung der Antragsgegnerin an der B, auf die Überwachung der H im Jahr 2008 durch den Vorstand der Antragsgegnerin, auf etwaige Provisionszahlungen im Jahr 2008 im Zusammenhang mit dem Verkauf von Immobilien der K sowie auf einen Forderungsverzicht der Antragsgegnerin ebenfalls im Jahr 2008.
Der Versammlungsleiter, der Aufsichtsratsvorsitzende F, ließ die Anträge nicht zur Abstimmung zu und führte hierzu aus, die Anträge seien rechtsmissbräuchlich und zudem bestehe der Verdacht eines Verstoßes gegen die nach dem Wertpapierhandelsgesetz bestehende Meldepflicht, wobei ergänzend auf das zu den Akten gereichte Protokoll der Hauptversammlung verwiesen wird (Bl. 30 ff. d. A.).
Dies hat die Antragsteller dazu veranlasst, die genannten Sonderprüfungsanträge nunmehr gerichtlich weiterzuverfolgen. Das Landgericht hat den Anträgen in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen dargelegt, die zulässigen Sonderprüfungsanträge zur Beteiligung an der B und der H hätten jeweils Geschäftsvorfälle zum Gegenstand, deren wirtschaftlicher Sinn sich aufgrund des Verlustes beider Gesellschaften nicht ohne Weiteres erschließe, und bei denen gleichzeitig eine persönliche Beteiligung des Vorstands an den vorgenannten Unternehmen vorliege. Das positive Jahresergebnis der K trotz Rückzugs aus dem operativen Geschäft habe von der Antragsgegnerin nicht ausreichend erklärt werden können, wobei zusätzlich der Umstand in den Blick zu nehmen gewesen sei, dass die Geschäftsführerin der K die Lebensgefährtin des Aufsichtsratsvorsitzenden sei. Ferner habe die Antragsgegnerin auch nicht überzeugend erklären können, ob der Verzicht auf die unbestrittene Forderung in Höhe von ca. 175.000 € geboten und vertretbar gewesen sei. Berücksichtige man schließlich, dass die Sonderprüfungsanträge jeweils zu Unrecht vom Aufsichtsrat nicht zugelassen worden seien, seien hinreichend Tatsachen gegeben, die den Verdacht rechtfertigten, dass es bei den Vorgängen zu Unredlichkeiten oder groben Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung gekommen sei.
Gegen diese Entscheidung, auf die ergänzend Bezug genommen wird, hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Mit ihrem Rechtsmittel macht sie vornehmlich geltend, ihr Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei verletzt worden, weil das Landgericht entgegen § 142 Abs. 5 AktG den Aufsichtsrat nicht gehört habe. Soweit es die Investition in die B anbelange, sei diese durch die bevorstehende Insolvenz der Gesellschaft bei gleichzeitigen, aussichtsreichen Ansprüchen gegen deren ehemalige Geschäftspartner M und N begründet gewesen. Eine unzureichende Überwachung der H komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Vorstand der Antragsgegnerin selbst Mitglied des Aufsichtsrates der H gewesen und aufgrund dieser Stellung genügend informiert gewesen sei. Die zur Überprüfung gestellte Provisionszahlung stehe in keinem nachvollziehbaren Zusammenhang zu dem angeblich nicht ausreichend erläuterten positiven Jahresergebnis trotz Fehlens einer Geschäftstätigkeit der K. Überdies sei auch von der betroffenen Person schriftlich versichert worden, dass im Jahr 2008 keine Provisionen gezahlt worden seien. Der ferner gerügte Umstand, dass gegenüber Herrn M im Wege eines Vergleichs die Antragsgegnerin auf eine Forderung in Höhe von ca. 175.000 € verzichtet habe, stelle einen normalen Vorgang dar und sei angesichts der schlechten Vermögenslage des betreffenden Schuldners wirtschaftlich sinnvoll gewesen. Schließlich habe die Kammer zu Unrecht einen Rechtsmissbrauch der Antragsteller abgelehnt.
Die Antragsteller verteidigen den angefochtenen Beschluss unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, wobei mit Blick auf den Vortrag beider Beteiligten ergänzend auf deren im Beschwerdeverfahren eingereichte wechselseitige Schriftsätze Bezug genommen wird.
Infolge der Rechtsmitteleinlegung hat das Landgericht das Rubrum des angefochtenen Beschlusses teilweise abgeändert. Im Übrigen hat es der Beschwerde jedoch nicht abgeholfen, sondern die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt, wobei mit Blick auf die im Nichtabhilfebeschluss genannte Begründung ergänzend auf Bl. 322 ff. d. A. verwiesen wird.
II.
Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist, soweit sie die Prüfungsaufträge zwei bis vier sowie den damit zusammenhängenden Teil des Auftrages fünf betrifft, begründet und führt insoweit unter teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zur Zurückweisung der betreffenden Anträge der Antragsteller. Im Übrigen bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt.
1. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin, das als Beschwerde nach § 142 Abs. 5 Satz 2, 8 AktG iVm §§ 58 ff. FamFG einzuordnen ist, ist zulässig. Insbesondere wurde die Beschwerde form- (§ 64 Abs. 2 FamFG) und fristgerecht (§ 63 FamFG) innerhalb von einem Monat nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung (vgl. Bl. 285 d. A.) beim Landgericht (Bl. 286 d. A.) eingelegt.
Soweit die Antragsgegnerin darüber hinaus geltend macht, das Verfahren sei wegen Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 44 FamFG fortzusetzen (Bl. 291 d. A.), ist damit € entgegen der Auffassung der Antragsteller - keine gesonderte Anhörungsrüge verbunden. Denn es kam der Antragsgegnerin erkennbar lediglich auf eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung an, und dies konnte sie € auch mit Blick auf eine etwaige Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG € nur im Wege der Beschwerde erreichen; eine Anhörungsrüge wäre demgegenüber unstatthaft (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FamFG). Für dieses Verständnis, von dem ebenfalls das Landgericht bei seiner Nichtabhilfeentscheidung ausgegangen ist, spricht bereits die regelmäßig anzustellende Vermutung, dass die Beteiligten nur ein statthaftes Rechtsmittel einlegen wollen. Zudem ist das Rechtsmittel nur als Beschwerde und nicht gleichzeitig auch als Anhörungsrüge bezeichnet worden.
2. Die sofortige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
a) Ohne Erfolg wendet sich die Antragsgegnerin gegen die landgerichtliche Entscheidung, soweit es die Bestellung eines Sonderprüfers zum erweiterten Beteiligungserwerb an der B im Jahr 2008 anbelangt.
aa) Die Anträge der jetzigen Antragsteller zu 1) bis 4) sind zulässig (vgl. zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen etwa OLG Düsseldorf, ZIP 2010, 28, 29 f.).
Die jetzigen Antragsteller sind antragsberechtigt. Das hierfür erforderliche Quorum in Höhe von zumindest 1/100 des Grundkapitals bzw. von einer anteiligen Beteiligung in Höhe von mindestens 100.000 € (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 1 AktG) wird nämlich unstreitig bereits durch die Antragsteller zu 1) bis 3) erreicht und ist ordnungsgemäß nachgewiesen worden. Zudem haben sich in den vorgenannten Bankbestätigungen die depotführenden Kreditinstitute verpflichtet, das Gericht sowie die Antragsgegnerin während der Dauer des Verfahrens über etwaige Bestandsveränderungen bei den nachgewiesenen Beteiligungen in Kenntnis zusetzen.
Eine besondere Frist ist bei der Antragstellung nicht einzuhalten, weswegen auch gegen den Antrag der nunmehrigen Antragstellerin zu 4), der O, deren Geschäftsführer der frühere Antragsteller zu 4), Herr P, war, keine Bedenken bestehen. Soweit es den Antrag des früheren Antragstellers zu 4) anbelangt, ist dieser konkludent zurückgenommen worden.
Eines ablehnenden Hauptversammlungsbeschlusses bedarf es nicht, sofern es € wie hier € trotz ordnungsgemäßer Antragstellung zu keiner Beschlussfassung über den Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers gekommen ist (Mock, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 142 Rdn. 117). Dabei ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass die Antragstellung in der Hauptversammlung ordnungsgemäß war und demgemäß zu Unrecht vom Versammlungsleiter nicht zur Abstimmung gestellt wurde.
Der während der Hauptversammlung vom Versammlungsleiter zur Begründung seiner Zurückweisung erhobene Vorwurf eines Verstoßes gegen die Meldepflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG iVm § 22 Abs. 1 Nr. 6 WpHG ist bereits im erstinstanzlichen Verfahren von der Antragsgegnerin nicht weiter verfolgt worden.
Soweit es den Vorwurf eines so genannten acting in concert im Sinne von § 22 Abs. 2 WpHG anbelangt, hat das Landgericht zutreffend den Vortrag der Antragsgegnerin hierzu für nicht ausreichend gehalten, um ein meldepflichtiges abgestimmtes Verhalten begründen zu können. Ein über den Einzelfall hinausgehendes abgestimmtes Verhalten in Form einer bindenden Absprache oder der Überlassung einer Stimmführerschaft (vgl. dazu OLG Frankfurt, NJW 2004, 3716, 3718 f.) ist von der Antragsgegnerin nicht überzeugend aufgezeigt worden, zumal sie bei den vorangegangenen Abstimmungen - etwa über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat - ebenfalls ein Ruhen der Stimmrechte nach § 28 WpHG wegen Verstoßes gegen die sich aus § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG iVm § 22 Abs. 2 WpHG ergebende Meldepflicht nicht geltend gemacht hat. Dem ist die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren zu Recht nicht mehr entgegen getreten.
Schließlich beruft sich der Aufsichtsrat ebenfalls ohne Erfolg im Rahmen seiner Anhörung darauf, der Beschlussantrag sei wegen offensichtlichen Rechtsmissbrauchs nicht zur Abstimmung zugelassen worden. Hierzu wird vornehmlich nur darauf verwiesen, die zur Begründung der Anträge herangezogenen Vorgänge seien bekannt gewesen und hätten das Begehren nicht rechtfertigen können. Dies zu beurteilen ist aber nicht Sache des Aufsichtsrates, sondern der Hauptversammlung. Entsprechend kann auch kein Anhalt für einen Rechtsmissbrauch aus dem weiteren Bemerken des Aufsichtsratsvorsitzenden in dessen Stellungnahme abgeleitet werden, die Nichtzulassung der Anträge sei bei den anderen Aktionären der Tendenz nach auf Verständnis gestoßen. Bei der Stellung von Anträgen in der Hauptversammlung handelt es sich um ein Recht zum Schutz einer qualifizierten Minderheit von Aktionären, das naturgemäß als solches nicht zur Disposition der Mehrheit steht (vgl. Hüffer, AktG, 8. Aufl. § 142 Rdn. 1). Demgemäß kann die skeptische Haltung der Mehrheit gegenüber dem Begehren der Minderheit den Vorwurf eines Rechtsmissbrauchs nicht begründen.
Die Anträge sind auf zulässige Gegenstände gerichtet. Gegenstand von Sonderprüfungen nach § 142 AktG können nämlich grundsätzlich alle nicht länger als fünf Jahre zurückliegenden Vorgänge bei der Geschäftsführung sein. Hierunter fällt der gesamte Verantwortungsbereich des Vorstands im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG ebenso wie die Tätigkeit des Aufsichtsrats bei der Überwachung des Vorstandes nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 2010, 28, 29). Von diesen beiden Bereichen sind die begehrten Prüfungen abgedeckt.
Schließlich ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin die Einleitung eines Gerichtsverfahrens zur Bestellung eines Sonderprüfers nicht rechtsmissbräuchlich. Zwar kommt ein Rechtsmissbrauch in Betracht, wenn mit dem Verfahren ein Lästigkeitswert aufgebaut und mit diesem Druckmittel Zahlungen an den Antragsteller durchgesetzt werden sollen (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 2010, 28, 29). Es sind aber vorliegend € ebenfalls unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Aufsichtsrates - keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden, dass die Antragsteller ausschließlich sachfremde Zwecke verfolgen (vgl. dazu für Spruchverfahren ausführlich OLG Stuttgart, AG 2010, 758). Der Umstand, dass sich in der Gesellschaft zwei unterschiedliche Aktionärsgruppen gegenüberstehen, von denen die eine die Verwaltungsorgane stellt, gegen die die andere Gruppe reges Misstrauen hegt, spricht nicht gegen, sondern für ein eigenständiges Aufklärungsinteresse der Antragsteller an den zur Prüfung gestellten Vorgängen. Dass aufgrund der Rivalität der Gruppen und damit zugleich durch die Antragstellung ein Lästigkeitswert geschaffen wird, ist für sich genommen nicht rechtsmissbräuchlich. Demgegenüber ist ein allein von einer Veräußerungsabsicht getriebenes Vorgehen der Antragsteller nicht erkennbar und fußt lediglich auf einer dahingehenden, nicht nachvollziehbar belegten Behauptung der Antragsgegnerin. Weder ist konkret eine Verkaufsabsicht der Antragsteller dargelegt worden noch gar eine beabsichtigte Verknüpfung einer bestehenden Verkaufsabsicht mit dem weiteren Verhalten der Antragsteller als Aktionäre der Antragsgegnerin durch Indizien belegt worden.
bb) Soweit es den Prüfungsantrag zum erweiterten Beteiligungserwerb an der B betrifft, ist der Antrag begründet.
aaa) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, ein Sonderprüfer sei dann zu bestellen, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind (§ 142 Abs. 2 Satz 1 AktG). Der Antragsteller muss hierfür die erforderlichen Tatsachen behaupten, wenngleich weder beweisen noch glaubhaft machen (vgl. OLG München, AG 2008, 33, 35). Sofern eine gewisse Möglichkeit für das Vorliegen der Tatsachen besteht, muss das Gericht gegebenenfalls in die Amtsermittlung eintreten (vgl. OLG München, AG 2008, 33, 35). Ergibt sich sodann aus den der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen ein Verdacht für eine Unredlichkeit oder eine grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung, ist ein Sonderprüfer zu bestellen, dessen Aufgabe es ist, den Sachverhalt zu untersuchen und dabei zu klären, ob es tatsächlich zu einer Unredlichkeit oder groben Pflichtverletzung gekommen ist.
Über den Wortlauf von § 142 Abs. 2 Satz 1 AktG hinaus ist aber nicht jeder Verdacht, sondern nur ein qualifizierter Verdacht ausreichend, um die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers entgegen der Mehrheit der Aktionäre begründen zu können. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass die Kosten und sonstigen negativen Auswirkungen einer Sonderprüfung für die Gesellschaft wie etwa eine negative Reputation regelmäßig erheblich sind (vgl. BT-Drucks 15/5092, S. 18; vgl. ebenfalls Trölzitsch/Gunßer, AG 2008, 833) und demgemäß hohe Anforderungen zu stellen sind, damit dem Begehren der antragstellenden Minderheit gegenüber der Mehrheit der Aktionäre gerichtlich zur Durchsetzung zu verhelfen ist. Entsprechend reicht die bloße Möglichkeit von Verfehlungen nicht aus (vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 717, 718; OLG Köln, AG 2010, 414). Erforderlich ist vielmehr ein hinreichender Verdacht (vgl. OLG München, AG 2010, 598, 599; MünchKommAktG/Schröer, 2. Aufl., § 142 Rdn. 62; Mock, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 142 Rdn. 127; aA scheinbar Trölzitsch/Gunßer, AG 2008, 833, 835, die dringenden Tatverdacht für erforderlich halten). Dieser ist dann gegeben, wenn bei Berücksichtigung aller der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen im Ergebnis mehr für als gegen das Vorliegen einer Unredlichkeit oder einer groben Pflichtverletzung spricht. Dies entspricht der Auffassung des Gesetzgebers, wonach hohe Anforderungen an die Überzeugung des Gerichts vom Vorliegen der Tatsachen zu stellen sind (vgl. BT-Drucks 15/5092, S. 18).
Schließlich ist weiterhin einschränkend zu fordern, dass die Bestellung eines Sonderprüfers in dem Sinne verhältnismäßig sein muss, dass der Bestellung keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls entgegenstehen (vgl. Mock, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 142 Rdn. 129).
bbb) Zu Recht hat das Landgericht einen solchen hinreichenden Tatverdacht für eine Unredlichkeit oder eine grobe Pflichtverletzung mit Blick auf die Vorgänge bei der substantiellen Erweiterung der Beteiligung an der B im Jahr 2008 ebenso bejaht wie die Verhältnismäßigkeit der Bestellung.
(1) Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob € wie die Antragsgegnerin rügt - das Landgericht den Aufsichtsrat ordnungsgemäß angehört hat oder ob nur dem Aufsichtsratvorsitzenden persönlich Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt wurde. Denn jedenfalls hat der zunächst mit dem Verfahren befasste 5. Zivilsenat eine etwaig verfahrensfehlerhaft unterbliebene Anhörung des Organs der Antragsgegnerin nachgeholt, ohne dass dies zu einer anderen Beurteilung der Sachlage geführt hätte.
(2) Mit Blick auf die Aufstockung der Beteiligung an der B im Jahr 2008 ist mit dem Landgericht unter Berücksichtigung aller Umstände und dabei insbesondere des hohen Risikos der Investition, der zumindest in Betracht zu ziehenden Möglichkeit eines bestehenden Interessenkonfliktes der Entscheidungsträger sowie der unzulässigen Behandlung des Sonderprüferantrags in der Hauptversammlung von einem hinreichenden Tatverdacht auszugehen.
Dabei liegen dem Begehren folgende Tatsachen zugrunde: Bei der 1999 gegründeten B handelt es sich um ein mittelständisches Unternehmen, das Softwarelösungen vor allem in den Bereichen Grafiksoftware und Druckersteuerung entwickelt. Im März 2001 beteiligte sich die Antragsgegnerin zunächst mit 8,2 %. Der Anteil wurde sukzessive in den Folgejahren erhöht und erreichte im April 2005 16,2 %. Allerdings entwickelten sich die Gewinne der Gesellschaft stark rückläufig, und zwar € der Analyse der Antragsgegnerin zufolge € weil das Management der B sich auf ein letztlich unprofitables Chinageschäft konzentriert hatte und dies bei Vernachlässigung des inländischen Marktes. Hierdurch bedingt drohte im Jahr 2007/2008 dem Unternehmen die Insolvenz. In dieser Situation entschloss sich die Antragsgegnerin, ein Sanierungskonzept der Gesellschaft durchzuführen. Es wurde der alte Vorstand eingesetzt, ein Kapitalschnitt durchgeführt und das Grundkapital um 500.000 € erhöht, von dem die Antragsgegnerin einen wesentlichen Teil übernahm und hiernach eine Beteiligung von knapp 50 % hielt.
Aufgrund der durchgeführten Neubewertung der Antragsgegnerin wurde der Unternehmenswert nicht mehr mit 20 Mio. €, sondern nur noch mit 600.000 € bewertet, allerdings wurde der B von ihrem Abschlussprüfer zum 31.12.2008 weiterhin eine positive Fortführungsprognose bescheinigt. Das neu eingesetzte Management der B meinte in der Folge erhebliche Schadensersatzansprüche gegen die Weltkonzerne N und M wegen angeblicher Lizenzrechtsverletzungen ausmachen zu können. Nachdem außergerichtliche Vergleichsverhandlungen zwischen den Unternehmen gescheitert waren, wurde eine entsprechende Schadensersatzklage in den USA erhoben. Dies führte zu einer weiteren Kapitalerhöhung im Jahr 2009, an der sich € den bestrittenen (Bl. 190 d. A.) Angaben der Antragsgegnerin zufolge (vgl. Bl. 104, 245) € erstmals mittelbar über die ihm zu 100% gehörende R deren Vorstand Herr E beteiligte (Bl. 107 d. A.). Ferner beteiligte sich die S an der B, die wiederum eine hundertprozentige Tochter der U war, wobei das Verhältnis der letztgenannten Gesellschaft zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Antragsgegnerin, Herrn F, ungeklärt ist, insoweit nur feststeht, dass im Jahr 2008 ein Herr T1 Vorstandsmitglied und ein Herr T2 stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft waren (vgl. Bl. 216 f. d. A.). Überdies gewährte die Antragsgegnerin der B im Jahr 2009 ein Darlehen über 150.000 €. Aufgrund der angeblich ausgemachten Schadensersatzansprüche soll sich der Wert der B mittlerweile wieder auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen (Bl. 107 d. A.). Gleichwohl versagte der Abschlussprüfer dem Jahresabschluss der Antragsgegnerin für das Geschäftsjahr 2009 mit Blick auf Zweifel an der Werthaltigkeit der Beteiligung an der B sowie einer Ausleihung an der vorgenannten Gesellschaft in Höhe von 198 TEUR und einer Darlehensforderung in Höhe von 232 TEUR ein uneingeschränktes Testat.
Die vorgenannten Tatsachen rechtfertigen in der Gesamtschau mit der Nichtzulassung des Antrags den hinreichenden Verdacht zumindest einer Unredlichkeit in Zusammenhang mit der Beteiligung an der B im Jahr 2008.
Zwar ist der Antragsgegnerin zuzubilligen, dass die Erhöhung der Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft im Zuge deren Sanierung für sich allein genommen kein Indiz für eine Pflichtverletzung ist, sondern eine unternehmerische Entscheidung darstellt, deren Sinnhaftigkeit sich erst im Nachhinein erweisen kann. Gleichwohl kann nicht außer Betracht bleiben, dass jedenfalls der Kapitalschnitt allein sowie die sich daran anschließende erhebliche Aufstockung der Beteiligung der Antragsgegnerin an der B nicht die erhoffte Sanierung der Gesellschaft herbeigeführt hat, sondern unstreitig bereits im Folgejahr weitere Investitionen notwendig machte. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin im Verfahren das Sanierungskonzept nicht im Einzelnen plausibel machen können. Stattdessen unterliegt - selbst nach den eigenen Angaben der Antragsgegnerin - der Wert der B extrem starken Schwankungen. Soll er zunächst bei 20 Mio. € gelegen haben, fiel er sodann auf 600.000 €, um noch im selben Jahr wieder im zweistelligen Millionenbereich zu liegen. Derartige Wertschwankungen sind zwingend mit einem sehr hohen Risiko der Investition verbunden. Das hier zu untersuchende massive finanzielle Engagement bei einem hohen unternehmerischen Risiko für die anlegende Gesellschaft, das jedenfalls selbst zwei Jahre später noch nicht den wirtschaftlichen Erfolg gezeitigt hat, sondern weiterhin ein Existenz bedrohendes Risiko birgt, lässt eine Verletzung kaufmännischer Sorgfaltspflichten bei der maßgeblichen Investitionsentscheidung jedenfalls nicht fernliegend erscheinen.
Hinzu kommt vorliegend aber insbesondere die denkbare Verquickung persönlicher Interessen der Organmitglieder mit der Investitionsentscheidung der Gesellschaft. Unstreitig ist nämlich, dass der Vorstand der Antragsgegnerin, Herr E, sich jedenfalls im Jahr 2009 mittelbar über die ihm zu 100% gehörende R ebenfalls an der riskanten Anlage beteiligte. Ob und wie diese spätere persönliche Investition des Vorstandes mit dem hier in Rede stehenden hohen Engagement der Antragsgegnerin in Zusammenhang steht, bedarf im Rahmen des hiesigen Verfahrens keiner Klärung. Vielmehr ist die Beantwortung dieser Frage gerade dem Sonderprüfer überlassen. Doch ist nicht von der Hand zu weisen, dass die zwar zeitlich versetzte, aber ansonsten parallele Investition in ein offensichtlich sehr riskantes Geschäft zumindest eines Organmitgliedes der Antragsgegnerin den Anschein eines zumindest subjektiv vorwerfbaren, sittlich anstößigen Verhaltens (vgl. dazu Mock, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 142 Rdn. 127) nahe legt.
Vor diesem Hintergrund kann schließlich € wie das Landgericht im Kern zutreffend ausgeführt hat € auch der Umgang mit dem Sonderprüfungsantrag der qualifizierten Minderheit in der Hauptversammlung 2009 nicht außer Betracht bleiben. Insoweit ist in den Blick zu nehmen, dass die Nichtzulassung der unstreitig vermutlich erfolgreichen Sonderprüfungsanträge offensichtlich zu Unrecht erfolgte. Angesichts des aus den vorgenannten Gründen ohnehin bestehenden Verdachts einer Pflichtverletzung verdichtet sich dieser vorliegend zu einem hinreichenden Moment. Denn der Umstand einer klar zu Unrecht erfolgten Verhinderung einer Entscheidung der hierfür zuständigen Hauptversammlung durch den Aufsichtsrat legt ein gesteigertes Interesse an der Verhinderung einer Aufklärung der Umstände nahe.
(3) Überdies ist die Bestellung eines Sonderprüfers mit dem in Rede stehenden Prüfungsauftrag nicht unverhältnismäßig. Die Beteiligung an der B macht einen erheblichen Teil des Vermögens der Antragsgegnerin aus. Entsprechend hat der Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2009 in seinen Prüfungsvermerk aufgenommen, dass eine negative Abweichung der realisierten von den geplanten, gleichwohl ausgesprochen unsicheren Erträgen der B gravierende Auswirkungen für die Antragsgegnerin habe. Diese wäre sodann gezwungen, den Beteiligungsansatz im Wert zu berichtigen. Dies € so der Abschlussprüfer € hätte zur Folge, dass der Vorstand möglicherweise eine Meldung nach § 92 Abs. 1 AktG zum Verlust mindestens der Hälfte des Grundkapitals machen müsste (vgl. Bl. 380 d. A.). Bei dieser für die Antragsgegnerin existentiellen Bedeutung der Werthaltigkeit der Beteiligung an der B ist es trotz der mit einer Sonderprüfung regelmäßig verbundenen Belastung der Gesellschaft verhältnismäßig, die damaligen Vorgänge im Zusammenhang mit der nachhaltigen Beteiligungserhöhung im Jahr 2008 einer näheren Prüfung zu unterziehen.
b) Mit Erfolg wendet sich die Antragsgegnerin demgegenüber gegen die landgerichtliche Entscheidung, soweit es die Bestellung eines Sonderprüfers zu den übrigen drei Themen anbelangt. Insoweit vermag der Senat eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Unredlichkeit oder einer groben Pflichtverletzung der Organe der Antragsgegnerin den vorgetragenen Tatsachen nicht zu entnehmen.
aa) Es fehlt an ausreichenden Tatsachen für den hinreichenden Verdacht einer grob pflichtwidrigen Überwachung der wirtschaftlichen Erfolgsaussichten der H im Geschäftsjahr 2008 durch den Vorstand der Antragsgegnerin ebenso wie für einen entsprechenden Verdacht einer pflichtwidrigen Ausübung bzw. Nichtausübung der Beteiligungsrechte an der H in dem betreffenden Jahr.
Bei der H handelt es sich um ein im Jahr 2006 neu gegründetes Unternehmen, dessen Unternehmensgegenstand weitgehend mit einem neuen Verfahren zur verlustfreien Speicherung von Wasserstoff verbunden ist. Sie macht seit ihrem Bestehen Verluste.
Im Zuge der Unternehmensgründung erwarben die Antragsgegnerin ebenso wie mittelbar über die ihm gehörende Beteiligungsgesellschaft R das Vorstandsmitglied E eine zehnprozentige Beteiligung an der H. Vorstandsmitglied der H war jedenfalls von 2006 bis 2008 Frau V, die in Personalunion zugleich Geschäftsführerin der R und die darüber hinaus später auch Prokuristin der Antragsgegnerin war.
Im März 2008 versuchten die Antragsgegnerin und Herr E ihre Beteiligung an den Gründer der H, Herrn W, zu verkaufen. Der Verkauf scheiterte an einer fehlenden Finanzierungsmöglichkeit des Käufers.
Die vorstehenden Umstände vermögen keinen hinreichenden Verdacht für eine grobe Pflichtverletzung oder Unregelmäßigkeit zu begründen.
Die schlechte wirtschaftliche Entwicklung der H stellt für sich genommen keine Tatsache dar, die einen Verdacht auf eine grobe Pflichtverletzung begründen könnte, sondern ist zunächst nur Ausdruck des wirtschaftlichen Risikos, das mit jeder Investition, insbesondere aber einer solchen in ein Start up - Unternehmen verbunden ist. Demgegenüber bietet die Parallelbeteiligung der Antragsgegnerin und des Vorstandes persönlich gerade keinen Anhalt für eine zu geringe Überwachungstätigkeit des Vorstandes der Antragsgegnerin. Im Gegenteil sichert der Gleichlauf der persönlichen und beruflichen Interessen ein erhöhtes Engagement des Organs, und zwar unabhängig davon, ob dem Organmitglied dieses Engagement bereits ohnehin aufgrund seiner Organstellung obliegt.
Hierdurch bedingt stellen die Antragsteller letztlich hilfsweise die These auf, der Vorstand habe pflichtwidrig € statt die Beteiligung in vollem Umfang für die Gesellschaft zu erwerben € einen eigenen Anteil an der H erworben und hierdurch zu Unrecht eine Geschäftschance der Antragsgegnerin für sich selbst genutzt. Doch ist dieser Vorwurf angesichts der von den Antragstellern selbst beklagten schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der H abseitig und steht zudem mit dem ursprünglichen Vorwurf in Widerspruch.
Soweit es die ebenfalls als pflichtwidrig eingestuften Vorgänge bei dem gescheiterten Verkauf der Beteiligungen der Antragsgegnerin und der R im Jahr 2008 anbelangt, ist dieser € unabhängig von den plausiblen Angaben der Antragsgegnerin hierzu € von dem ursprünglichen Sonderprüfungsauftrag nicht mehr gedeckt. Damit kann dieser Aspekt auch nicht mehr Gegenstand einer gerichtlichen Bestellung eines Sonderprüfers sein, da andernfalls das Erfordernis einer erfolglosen Antragstellung in der Hauptversammlung umgangen würde (vgl. MünchKommAktG/Schröer, 2. Aufl., § 142 Rdn. 58).
Schließlich vermag ebenfalls die von den Antragstellern zur Begründung ihres Antrags angeführte Ämterhäufung von Frau V keinen Verdacht für eine grobe Pflichtverletzung oder eine Unregelmäßigkeit von Vorstand oder Aufsichtsrat bei der Überwachung der H im Jahr 2008 zu begründen. Die in diesem Zusammenhang von den Antragstellern geäußerte Annahme, die Einstellung von Frau V als Vorstand bei der H habe nur dazu gedient, Frau V ein Gehalt zu sichern, ist durch nichts belegt oder auch nur naheliegend. Mangels eines konkreten Tatsachenvortrages etwa zu der jeweils bezogenen Gehaltshöhe von Frau V oder den konkreten Umständen ihrer Anstellung handelt es sich um eine bloße Vermutung, die einen Sonderprüfungsantrag nicht begründen kann (vgl. MünchKommAktG/Schröer, 2. Aufl., § 142 Rdn. 66).
Im Übrigen sind € was die wirtschaftliche Entwicklung der H anbelangt € die Interessen der Antragsgegnerin und diejenigen der R gleichlaufend, so dass auch die bestehende Personalverquickung keinen Anhalt für eine pflichtwidrige Benachteiligung der Antragsgegnerin bietet. Insbesondere legt die bestehende Personalunion es entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht nahe, dass die von Anfang an verlustreiche Beteiligung an der H nicht im Interesse der Aktionäre, sondern allein im Eigeninteresse des Vorstandes erfolgt war und gehalten wurde. Ohnehin ist der Erwerb der Beteiligung nicht mehr Gegenstand des ursprünglich im Rahmen der Hauptversammlung verfolgten Sonderprüfungsantrages.
Schließlich vermag selbst der Umstand, dass der Sonderprüfungsantrag in Bezug auf die H von dem Versammlungsleiter zu Unrecht zurückgewiesen worden ist, keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Unredlichkeit oder einer groben Pflichtverletzung zu begründen.
Zwar ist € wie dargelegt € mit dem Landgericht davon auszugehen, dass die Verhinderung einer Abstimmung über die zulässig gestellten Anträge auf Bestellung eines Sonderprüfers als ein Indiz für das Vorliegen einer Pflichtwidrigkeit herangezogen werden kann. Hierbei handelt es sich aber um einen Umstand, der für sich allein gesehen keinen hinreichenden Verdacht zu begründen vermag. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass eine Mehrzahl von Anträgen gestellt und anschließend als unzulässig zurückgewiesen worden ist. Darauf zu schließen, dass bezüglich aller Anträge die Aufdeckung einer Pflichtverletzung vermieden werden sollte, ist eher fernliegend. Denn der Aufsichtsrat konnte € schon allein um glaubwürdig zu bleiben € nicht zwischen einzelnen Anträgen unterscheiden. Dann aber besteht nur in Bezug auf einen Teil der Anträge ein Indiz für eine Pflichtwidrigkeit. Ohne maßgebliche weitere Anhaltspunkte, an denen es hier im Gegensatz zu den Vorgängen um die B fehlt, lässt sich entsprechend nicht auf einen der Aufklärung zu unterziehenden Vorgang schließen.
bb) Ferner kann der Senat keinen hinreichenden Verdacht für eine grobe Pflichtverletzung mit Blick auf etwaige Provisionszahlungen oder €vereinbarungen erkennen, soweit es die Geschäfte der K im Jahr 2008 betrifft.
Bei der K handelt es sich um eine hundertprozentige Tochter der Antragsgegnerin. Deren einziger Vermögenswert, eine Immobilie, wurde im Jahr 2007 verkauft. Danach verfügte die Gesellschaft über kein operatives Geschäft mehr. Gleichwohl wies die Gesellschaft im Jahr 2008 ein positives Jahresergebnis von 948.000 € auf.
Diese Tatsache, die zudem von der Antragsgegnerin nachvollziehbar mit einem Verzicht auf eine Forderung der Antragsgegnerin gegenüber ihrer hundertprozentigen Tochter zur Vorbereitung einer anschließend damals noch geplanten Verschmelzung erläutert worden ist, bietet bereits keinen Anhalt für etwaig pflichtwidrig gezahlte oder vereinbarte Provisionen. Vielmehr ist ein Zusammenhang zwischen einer pflichtwidrigen Provisionszahlung an eine dritte Person und einem positiven Jahresergebnis der Tochtergesellschaft trotz fehlenden operativen Geschäfts nicht erkennbar und wird von den Antragstellern auch nicht nachvollziehbar erläutert. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob das positive Jahresergebnis bereits in der Hauptversammlung oder erst im hiesigen gerichtlichen Verfahren hinreichend erläutert wurde, kommt es dabei nicht an.
Überdies behaupten die Antragsteller zwar, bei dem Verkauf der Immobilie an die Stadt2 im Jahr 2007 sei eine Maklerin, nämlich die Lebensgefährtin des Aufsichtsratsvorsitzenden, eingeschaltet worden und habe eine Provision erhalten, obwohl die Kaufabsicht der Stadt der Antragsgegnerin bereits zuvor bekannt gewesen sei.
Unabhängig davon, dass Gegenstand der Sonderprüfung Provisionszahlungen im Jahr 2008 und nicht solche im Jahr 2007 sein sollen, hat die Antragsgegnerin aber eine Versicherung der Lebensgefährtin des Aufsichtsratsvorsitzenden, die damals die Position einer Geschäftsführerin der Tochtergesellschaft inne hatte, zu den Akten gereicht (Bl. 148 d. A.), wonach an sie keine Provision oder sonstige Zuwendung für den Verkauf der Immobilie gezahlt worden seien. Der Senat hat mangels entgegenstehender faktischer Anhaltspunkte keine Veranlassung, dieser in einer gesonderten Stellungnahme des zuständigen Steuerberaters bestätigten (Bl. 147 d. A.) Erklärung nicht Glauben zu schenken.
Demgegenüber ist der unter Beweis gestellte Vortrag der Antragsteller, dass €nach ihrer Kenntnis€ in zahlreichen Fällen auf Veranlassung des Aufsichtsratsvorsitzenden wirtschaftlich sinnlose Provisionen an dessen Lebensgefährtin gezahlt worden seien (Bl. 200 d. A.), zu unbestimmt, als dass ihm nachzugehen wäre. Eine Bonuszahlung für ein anderes Projekt im Jahr 2005 wurde nämlich von keiner Seite in Abrede gestellt (Bl. 255 d. A.). Im Übrigen kommt es nicht auf die vermeintliche Kenntnis der Antragsteller, sondern auf die tatsächliche Lage an, und hierzu verhält sich der unter Berufung auf den Zeugen Z1 unter Beweis gestellte Vortrag der Antragsteller nicht, worauf die Antragsgegnerin zutreffend aufmerksam gemacht hat (Bl. 240 d. A.).
Insgesamt sind damit keine Tatsachen ersichtlich, die einen hinreichenden Verdacht für eine grobe Pflichtverletzung begründen könnten, und zwar ebenfalls € wie bereits näher ausgeführt - unter Berücksichtigung einer rechtswidrigen Nichtzulassung des Sonderprüfungsantrags in der Hauptversammlung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden als Versammlungsleiter.
cc) Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht schließlich darin, es seien Tatsachen gegeben, die den hinreichenden Verdacht einer groben Pflichtverletzung von Vorstand und Aufsichtsrat im Zusammenhang mit dem im Jahr 2008 erfolgten Verzicht auf die Rückzahlung eines Teils des an Herrn M früher gewährten Darlehens rechtfertigen könnten.
Dem Vortrag der Beteiligten lässt sich entnehmen, dass die Antragsgegnerin im Jahr 2001 an Herrn M neben drei weiteren Personen Anteile an der X übertrug, wobei eine persönliche Beziehung zwischen Organvertretern der Antragsgegnerin und Herrn M nicht behauptet wird. Der Kaufpreis in einer Gesamthöhe von ca. 218.000 € wurde gestundet. Nachdem im Jahr 2006 keine Zahlung erfolgt war, wurde von der Antragsgegnerin eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Beitreibung des Kaufpreises gegenüber allen vier Käufern beauftragt. Mit Blick auf die drei weiteren Käufer kam es zum Prozess, der jeweils durch einen Vergleich beendet wurde. In Bezug auf Herrn M sah der Vorstand aufgrund dessen damaliger Vermögenslage von einer Klage ab. Stattdessen einigte man sich im März 2007 € nach vorangegangener Konsultation des Aufsichtsrates (vgl. Bl. 158 d. A.) - außergerichtlich über eine weitgehend in kleinen Raten zu erbringende Zahlung in Höhe von 44.000 €. Sofern die Raten sowie die beiden Abschlagszahlungen über jeweils 10.000 € erbracht würden, sollte der Rest der Verbindlichkeit in Höhe von etwa 170.000 € erlassen werden (vgl. Bl. 156 f. A.).
Diesem Vorgehen lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine grobe Pflichtverletzung der Organe der Antragsgegnerin entnehmen. Ein derartiger Monte-Carlo-Vergleich, bei dem auf wesentliche Teile der Forderung verzichtet wird, wenn die vereinbarten Teilsummen jeweils pünktlich gezahlt werden, entspricht gängiger Praxis bei nur geringfügig zahlungskräftigen Schuldnern. Er bietet gute Chancen dafür, durch Einflussnahme auf die Zahlungsmoral des wenig liquiden Schuldners wenigstens einen Teil der ausstehenden Forderung realisieren zu können.
Ansätze dafür, dass der Vorstand der Gesellschaft entgegen seiner jetzigen Darstellung gleichwohl damals von einer guten Vermögenslage des Herrn M ausgegangen sein könnte, bestehen keine und kommen insbesondere auch nicht im Vergleichstext zum Ausdruck. Im Gegenteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin die im Jahr 2006 bestehende, desolate Vermögenslage des Herrn M mit Schreiben dessen Anwalts vom 9. November 2006 glaubhaft mitgeteilt (Bl. 159 f. d. A.).
Anhaltspunkte für eine bei Vergleichsabschluss gebesserte Vermögenslage, die sich dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat hätten aufdrängen müssen, haben die Antragsteller nicht dargelegt. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der von ihnen vorgelegten E-Mail vom 14. Juni 2007 (Bl. 226 d. A.), da diese bereits nicht an die Organe der Gesellschaft, sondern an das damals (Bl. 90 d. A.) ausgeschiedene, tendenziell im Lager der Antragsteller stehende Vorstandsmitglied Dr. Z1 gerichtet war. Überdies enthält die Mitteilung ihrerseits nur eine Vermutung, nicht hingegen auf mitgeteilte Tatsachen gestützte konkrete Anhaltspunkte für einen Vermögenszuwachs auf Seiten des Schuldners M.
dd) Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist auch der damit in Zusammenhang stehende letzte Sonderprüfungsantrag hinfällig, mit dem geklärt werden sollte, ob der Aufsichtsrat aufgrund der Nichtverfolgung von Ansprüchen gegen den Vorstand, die aus den oben behandelten Sachverhalten resultierten, seinerseits eine Pflichtverletzung begangen habe.
c) Gegen die Wahl des Landgerichts von Dr. SV1 als Sonderprüfer werden im Beschwerdeverfahren von den Beteiligten keine Einwände mehr erhoben. Entsprechend sieht sich auch der Senat zu keiner Änderung veranlasst.
d) Die Entscheidung über die Gerichtskosten erster und zweiter Instanz sowie die Kosten der Prüfung beruht auf § 146 AktG. Hiernach hat die Gesellschaft die Kosten zu tragen, sofern, wie vorliegend, ein Sonderprüfer bestellt wurde. Der Umstand, dass die Bestellung nur einen Teil der von den Antragstellern angeregten Vorgänge betrifft, steht einer umfassenden Kostentragungspflicht der Gesellschaft nicht entgegen. Weder der Gesetzeswortlaut noch der Zweck der Regelung, nämlich dem Minderheitenschutz Rechnung zu tragen (vgl. etwa Mock, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 146 Rdn. 1 f.; Spindler, in: K.Schmidt/Lutter, AktG, § 146 Rdn. 1), legen eine Differenzierung nahe, zumal damit Regressansprüche der Gesellschaft im Innenverhältnis nicht ausgeschlossen sind. Die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten war bereits aufgrund des Umstandes, dass nur ein Teil der Anträge sich als begründet erwiesen hat, nicht veranlasst, § 81 Abs. 1 FamFG.
Den Geschäftswert setzt der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht auf 250.000 € fest, § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 1 KostO.
Die Entscheidung ist rechtskräftig; eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrund im Sinne von § 70 Abs. 2 FamFG nicht veranlasst.
OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 13.01.2011
Az: 21 W 16/11
Link zum Urteil:
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