Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juni 2005
Aktenzeichen: 17 W (pat) 72/04

(BPatG: Beschluss v. 15.06.2005, Az.: 17 W (pat) 72/04)

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Patentanwalts für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vom Antragsteller beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Anmeldung betreffend ein "Verfahren zur Generierung einer einfachen Form künstlichen Bewusstseins im Computer zur Befähigung selbsttätig planender Erstellung von Maschinencode-Programmen und deren Ausführung zur Lösung beliebiger gestellter Programmieraufgaben" ist nach gewährter Verfahrenskostenhilfe durch Beschluss vom 15. März 2004, zugestellt am 31. März 2004, zurückgewiesen worden. Zur Begründung hat die Prüfungsstelle ausgeführt, die mit den einzelnen Anträgen beanspruchten Lehren seien im Hinblick auf das Patentierungsverbot von Programmen für Datenverarbeitungsanlagen als solche vom Patentschutz ausgeschlossen. Sie hat unter Bezugnahme auf die BGH-Entscheidung "Suche fehlerhafter Zeichenketten" (Bl. f. PMZ, 2002, 114) ausgeführt, dass als Voraussetzung für eine mögliche Patentierung die prägenden Anweisungen der auf diesem Gebiet liegenden beanspruchten Lehre der Lösung eines konkreten technischen Problems dienen müssen. Nach Ansicht der Prüfungsstelle ist den Anmeldungsunterlagen jedoch eine derartige technische Aufgabe nicht zu entnehmen. Folgerichtig könnten den Anmeldungsunterlagen in Ermangelung eines konkreten technischen Problems auch keine diesbezüglichen prägenden Anweisungen entnommen werden.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat der Antragsteller am 17. April 2004 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig ein Verfahrenkostenhilfegesuch gestellt. Im Anschluss an die Beschwerdebegründung hat er seinem Patentbegehren neue Anspruchsfassungen zugrundegelegt. Unter Vorlage des ausgefüllten Vordrucks "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" beantragt er, Verfahrenskostenhilfe auch im Beschwerdeverfahren zu bewilligen und einen Patentanwalt beizuordnen.

II.

Der zulässige Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren konnte keinen Erfolg haben.

Um im Verfahren auf Erteilung eines Patents gemäß §§ 129, 130 Abs 1 PatG in Verbindung mit § 114 ZPO Verfahrenskostenhilfe zu erhalten, ist es erforderlich, dass eine hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents besteht und die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Im vorliegenden Fall besteht jedoch bereits keine hinreichende Aussicht auf Erteilung des nachgesuchten Patents, so dass es auf den (vorgelegten) Nachweis der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nicht ankam.

Bei der Beurteilung, ob eine hinreichende Aussicht auf Erteilung des nachgesuchten Patents besteht, ist der aus den Unterlagen der Anmeldung sich ergebende Anmeldungsgegenstand mit dem Stand der Technik zu vergleichen (Schulte, PatG, 7. Aufl, § 130 Rdnr 38). Dabei handelt es sich vorliegend lediglich um ein summarisches Verfahren, bei dem die angestrebte Rechtsverfolgung als solche nicht in das Verfahrenskostenhilfeverfahren verlagert werden darf (BVerfG Beschluss vom 10. August 2001 - 2 BvR 569/01). Maßgeblich ist grundsätzlich der letzte Erkenntnisstand der zur Entscheidung berufenen Stelle (Busse, Patentgesetz, 6. Aufl, § 130 Rdnr 31). Behebbare Mängel können die Erfolgsaussicht auf Erteilung eines Patents nicht beeinträchtigen (Schulte, aaO, § 130 Rdnr 39 ff).

Im vorliegenden Fall lässt die Prüfung des Patentbegehrens keine hinreichende Aussicht auf Erteilung erkennen, denn ihm stehen unbehebbare Patenthindernisse entgegen. Der Senat sieht den Gegenstand der Anmeldung ebenso wie die Prüfungsstelle als Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches im Sinne von § 1 Abs 3 Nr 3 und Abs 4 PatG nF und damit nicht als patentfähig an. Daran ändern auch die im Beschwerdeverfahren zuletzt mit Schriftsatz vom 7. Januar 2005 eingereichten und am 10. Januar 2005 beim Bundespatentgericht eingegangenen Anspruchsfassungen nichts, mit denen der Antragsteller sein Patentbegehren gemäß Hauptantrag (Anlage P17) - und gemäß einer Matrix von 10 x 8 Hilfsanträgen (Anlage P18) - weiterverfolgt. Die Überprüfung, ob hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents besteht, hat nämlich anhand der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung zu erfolgen, da nur auf deren Grundlage überhaupt ein Patent erteilt werden könnte (§§ 21 Abs 1 S 4, 38 PatG). Die zuletzt genannten Ansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag haben in diesem Zusammenhang außer Betracht zu bleiben, da deren ursprüngliche Offenbarung weder anmelderseitig nachgewiesen wurde (vgl die Hinweise zur diesbezüglichen Verpflichtung eines Anmelders in den Prüfungsbescheiden des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Mai 2000 und 31. Oktober 2003) noch aus sonstigen Gründen als gegeben anzusehen ist.

Anmelderseitig wird in der beim BPatG am 29. Juni 2004 eingegangenen Begründung für die Beschwerde und den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe (VKH) zur Thematik "technische Aufgabenstellung/Technizität" unter Bezug auf die ursprünglich eingegangenen Unterlagen in den Abschnittena) I. bzgl. "Zu (3)", b) II.4.), c) II.6.), d) III.B.3.d.), e) III.B.3.f.), f) III.B.3.j.), g) III.C.) undh) III.D.7.)

Stellung genommen.

Dieses Vorbringen zeigt keine Inhalte der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen auf, die nach der von der Prüfungsstelle zitierten Rechtsprechung des BGH "Suche fehlerhafter Zeichenketten", die mit den Entscheidungen "Elektronischer Zahlungsverkehr" (GRUR 2004, 667), "Anbieten interaktiver Hilfe" (Mitt 2003, 555) und "Rentabilitätsberechnung" (Bl. f. PMZ, 2005, 177) bestätigt wurde, als Grundlage für eine Prüfung des Anmeldungsgegenstandes auf Patentfähigkeit herangezogen werden können.

Zu a) und b):

Der Titel der Anmeldung steht nicht mit einer technischen Aufgabenstellung in Verbindung, da er ein Verfahren wiedergibt, das sich auf Programmieraktivitäten bezieht. Die letzten beiden Absätze des Abschnittes 1.1 und die Beispiele unter 1.4 beziehen sich ebenfalls auf Sachverhalte, die mit der Programmierung in Verbindung stehen, ohne konkrete technische Aufgaben anzusprechen. Die Zusammenfassung dient lediglich der technischen Information der Öffentlichkeit. Sie ist materiellrechtlich für die Patenterteilung ohne Bedeutung (Schulte, aaO, § 36 Rdn 25) und kann deshalb auch keine den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe stützenden Argumente liefern.

Zu c):

Der betreffende Abschnitt zeigt keine Argumente auf, welche die am Abschnittsbeginn reklamierte "Technizität" stützen könnten.

Zu d):

Dieser Abschnitt beschäftigt sich lediglich mit Extrakten aus der bereits zitierten BGH-Entscheidung "Suche fehlerhafter Zeichenketten" (aaO).

Zu e):

Die anmelderseitigen Betrachtungen zu "technischen (Vor-)Überlegungen" sind nicht geeignet, das Vorhandensein technischer Aufgabenstellungen im Sinne der angesprochenen Rechtsprechung zu belegen, da die zu diesen Überlegungen angesprochenen Einzelpunkte "Systemarchitektur" und "Systemsteuerung" keine Anweisungen enthalten, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.

Zu f): Aus den Angaben zur Ausgangslage der Aufgabenstellung, die darin gesehen wird, die Nachteile der bisher auf dem Markt befindlichen Programmgeneratoren zu überwinden, ist auf programmierrelevante Sachverhalte und nicht auf technische Aufgabenstellungen zu schließen.

Zu g): Die hierin in Verbindung mit dem Anmeldungsgegenstand als erforderlich aufgezeigte Vorüberlegung, bei üblichen Betriebssystemen vorhandene Funktionen auszuschalten bzw kontrollieren zu müssen und zu diesem Zweck ein Umlenken fast aller Exception-Vektoren auf definierte eigene Exception-Behandlungs-Routinen durchzuführen, lassen keine technische Aufgabenstellung mit ebenfalls technischer Lösung erkennen. Dieses gilt auch für die nachfolgend angesprochene "Analyse der Wirkungen" und die "Überlegungen unter Beachtung der Arbeitsweise von Rechnern".

Zu h): Die Aussage, dass die Erfindung eine völlig neue technische Arbeitsweise eines herkömmlichen Rechners lehre und dass deshalb die Technizität der Erfindung gegeben sei, reicht nicht aus, um in diesem Zusammenhang eine bezüglich Patentfähigkeit prüfbare Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln aufzuzeigen.

Den ursprünglich eingereichten Ansprüchen und den weiteren Anmeldungsunterlagen, die vom Anmelder in seiner Begründung des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe nicht angesprochen wurden, lassen sich ebenfalls keine technischen, zur Prüfung auf Patentfähigkeit geeigneten Sachverhalte entnehmen.

Damit besteht keine hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents (§ 130 Abs 1 PatG), so dass der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zurückzuweisen war.

Die Entscheidung konnte gemäß § 136 PatG in Verbindung mit § 127 Abs 1 Satz 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen. Der Lauf der Frist für die Zahlung der Beschwerdegebühr ist gemäß § 134 PatG bis zum Ablauf von einem Monat nach Zustellung dieses Beschlusses gehemmt (vgl Schulte, aaO, § 134 Rdn 11).

Wird die Gebühr nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt die Beschwerde nach § 6 Abs 2 PatKostG als nicht erhoben (Schulte, aaO, § 2 Pat-KostG Rdn 21).

Dr. Fritsch Eder Prasch Schuster Pü






BPatG:
Beschluss v. 15.06.2005
Az: 17 W (pat) 72/04


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