Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 275/04
(BPatG: Beschluss v. 28.06.2005, Az.: 27 W (pat) 275/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 2. September 2004 die als Wortmarke für
"Parfümeriewaren, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Juwelierwaren und Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumente; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"
angemeldete Bezeichnung Attentionnach §§ 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die angemeldete Wortmarke werde von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als anpreisende Werbeaussage allgemeiner Art aufgefasst werden, da der Begriff "Attention" als Bestandteil des englischen und französischen Grundwortschatzes ohne weiteres im Sinne von "Achtung, Aufmerksamkeit" verständlich sei und auf den einschlägigen Warengebieten als allgemein gängiger Ausdruck allein darauf abziele, die Aufmerksamkeit des Publikums zu wecken und dieses zum Kauf oder Erwerb der Produkte aufzufordern.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hält die angemeldete Wortmarke für unterscheidungskräftig. Nach der Rechtsprechung seien bei der Beurteilung von Werbeaussagen allgemeiner Art die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen, so dass allgemeine, nicht warenbezogene und in verschiedenen Warenbereichen einsetzbare Ausdrücke keinen ausschließlichen Sachhinweis darstellten und mangels Produktbezuges regelmäßig schutzfähig seien. Die Anmeldemarke könne nicht als Aufforderung zum Kauf verstanden werden, weil dies über die bloße Wortbedeutung hinausgehe; das Publikum müsse hierzu die Anmeldemarke erst zu den beanspruchten Waren in Beziehung setzen und darüber nachdenken, um zu einem solchen Verständnis zu gelangen. Da die Markenstelle auch keine Feststellungen dazu getroffen habe, dass es sich bei der Anmeldemarke um ein geläufiges oder alltägliches Wort der deutschen Sprache handele, welches nur als solches verstanden werde, könne der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelder seinen Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.
II Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass die angemeldete Bezeichnung mangels der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft nicht eintragbar ist.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m.w.N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - Unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft) der Fall ist.
Soweit der Anmelder in seiner Beschwerdebegründung ausgeführt hat, die Beurteilung von Werbeaussagen allgemeiner Art müsse sich stets auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beziehen, so dass nicht warenbezogene Ausdrücke mangels ausschließlichen Sachhinweises schutzfähig seien, verkennt er die Rechtslage. Werbeaussagen mit Produktbezug, die also Aussagen über Eigenschaften der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen treffen, sind keine Werbeaussagen allgemeiner Art, sondern vielmehr schon wegen ihres warenbeschreibenden Inhalts nicht schutzfähig. Werbeaussagen allgemeiner Art sind demgegenüber solche Angaben oder Schlagworte, die sich ohne Produktbezug in Anpreisungen allgemeiner Art erschöpfen (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - Unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Soweit der Anmelder auf die Entscheidungen "CHANGE" (BGH GRUR 1998, 813, 814), "LOOK" (BGH GRUR 2001, 1150, 1151), "YES" (GRUR 1999, 1089, 1091) und "FOR YOU" (GRUR 1999, 1093, 1095) hingewiesen hat, ergibt sich aus ihnen - soweit sie (was vorliegend aber keiner weiteren Ausführungen bedarf) nach der ihnen grundsätzlich vorgehenden neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; EuGH MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 39] - BIOMILD) überhaupt noch von Bedeutung sind - nichts anderes; vielmehr hat der Bundesgerichtshof in diesen Entscheidungen ausgeführt, dass ein Schutzversagungsgrund mangels konkreter Feststellungen dazu, ob diese angemeldeten Bezeichnungen bereits als Werbeaussagen allgemeiner Art Verwendung fänden, nicht bestehe. Die Schutzfähigkeit von Werbeaussagen bestimmt sich daher maßgeblich danach, ob ihre Wirkung sich in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise in der Werbefunktion erschöpft, wie dies bei Werbeaussagen allgemeiner Art regelmäßig der Fall ist, oder ob sie diese darüber hinaus auch als Unterscheidungsmittel verstehen (vgl. BPatG 27 W (pat) 77/02 - MY WAY, veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM).
Nach diesen Grundsätzen kommt eine Eintragung der hier zu beurteilenden Wortmarke nicht in Betracht, da es sich bei ihr um eine Werbeaussage allgemeiner Art handelt. Wie der Anmelder selbst nicht in Abrede stellt, ist das englische Wort "Attention" als Bestandteil des Grundwortschatzes in seiner Bedeutung "Achtung", "Aufmerksamkeit" und "Vorsicht" allgemein verständlich, wobei es in Alleinstellung in der Regel in der Bedeutung "Achtung!" aufgefasst wird. Wie in der mündliche Verhandlung im einzelnen unter Bezugnahme auf die Anzeige der Fa. Genghammer erörtert wurde, wird es in dieser Bedeutung bereits in der Werbung verwendet, um hierdurch die Aufmerksamkeit der Betrachter auf die darin angepriesenen Waren oder Dienstleistungen zu lenken. Ob darin auch eine Aufforderung zum Erwerb der Waren oder zur entgeltlichen Inanspruchnahme der Dienstleistungen liegt, bedarf keiner weiteren Erörterung, auch wenn dieses allgemeine Ziel wirtschaftlichen Handelns in der Regel mit jeder Werbemaßnahme verbunden sein dürfte. Denn bereits der Umstand, dass die angemeldete Bezeichung zur Bewerbung einer Vielzahl von Waren nicht nur geeignet ist (was nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Annahme eines Eintragungshindernisses bereits ausreicht, vgl. EuGH, a.a.O. - DOUBLEMINT) , sondern auch tatsächlich in diesem Sinne verwendet wird, steht der Annahme entgegen, die angesprochenen Verkehrskreise könnten sie als Hinweis auf die Herkunft der betroffenen Waren aus einem bestimmten Unternehmen ansehen. Damit fehlt der Anmeldemarke aber die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.
Da die Markenstelle somit der angemeldeten Wortmarke zu Recht die Eintragung versagt hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde des Anmelders zurückzuweisen.
Dr. van Raden Reker Schwarz Na
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Beschluss v. 28.06.2005
Az: 27 W (pat) 275/04
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