Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juli 2006
Aktenzeichen: 30 W (pat) 237/04

(BPatG: Beschluss v. 10.07.2006, Az.: 30 W (pat) 237/04)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist ROAD EDGE PAVE für die Waren Straßenbankettbefestigungen aus Kunststoff.

Die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Bezeichnung sei sprachüblich gebildet und werde vom Fachverkehr als "Straßenrandpflasterung" verstanden. Bei den beanspruchten Waren handele es sich um Waren zur Befestigung des Straßenrandes.

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, die Wortzusammensetzung sei sprachregelwidrig gebildet und dem inländischen Verkehr nicht bekannt.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 vom 3. August 2004 aufzuheben.

Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen, den Inhalt des patentamtlichen Beschlusses und die der Anmelderin übermittelten Ergebnisse einer Internetrecherche Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.

Die angemeldete Marke "ROAD EDGE PAVE" ist für die beanspruchten Waren nach den Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine beschreibende Angabe im Sinn von § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG ist.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.

Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums vor allem durch den gemeinsamen europäischen Markt nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 253, 260).

Insbesondere hat eine Marke, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor).

Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich nicht an.

Ein Wortzeichen ist demnach von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR 2003, 450 - DOUBLEMINT). Dabei spielt es keine Rolle, ob es Synonyme oder gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH a. a. O. S. 410, 412 - BIO-MILD; EuGH a. a. O. S. 500, 507 - Postkantoor).

Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen, wie die in der Anmeldung aufgeführten oder für Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck "dienen können".

Die angemeldete Wortfolge setzt sich aus den englischen Worten "road" für "Strasse", "edge" für "Rand" und "pave" für "befestigen, pflastern" zusammen (vgl. LEO-Online Lexikon Englisch der TU München). Die Zusammensetzung "road edge" ist entsprechend den im Straßenbau üblichen Zusammensetzungen "road bed" (Unterbettung), "road embankment" (Straßendamm), "road surface" (Straßenpflaster) gebildet und wird in dieser Form nachweislich vom Fachverkehr verwendet (vgl. Englisch Deutsch Wörterbuch in branchenportaldeutschland.ausstade.de).

Das Wort "pave" wird auch - wie aus den der Anmelderin übersandten Internetrecherchebeispielen ersichtlich - als Kurzform für das englische Substantiv Wort "pavement" für "Befestigung, Belag" verwendet (vgl. "road pave bitumen" in Industrial Uses Of Bitumen unter www slurry.com/technology_technote 8). Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist unter dem Begriff "pave" nicht nur die Pflasterung, das Pflastern als spezielle Form der Befestigung eines Untergrundes zu verstehen, sondern die Befestigung, das Befestigen im Allgemeinen.

Die angemeldete Bezeichnung "ROAD EDGE PAVE" bedeutet daher in wörtlicher Übersetzung "Straßenrandbefestigung, Straßenrand befestigen".

Die angemeldete Wortfolge "ROAD EDGE PAVE" ist damit keine ungewöhnliche Neuschöpfung, sondern eine sprachübliche Aneinanderreihung der für sich beschreibenden Bestandteile. Die Bestandteile werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff.

Es liegt für die fachlich informierten Verkehrskreise in Bezug auf die beanspruchten Waren nahe, die angemeldete Bezeichnung als "Straßenrandbefestigung" zu verstehen.

Wie auch im Warenverzeichnis zum Ausdruck gebracht, das Straßenbankettbefestigungen aus Kunststoff nennt, ergibt die angemeldete Bezeichnung "ROAD EDGE PAVE" unter Bezugnahme auf die beanspruchten Waren die zur Beschreibung geeignete Sachaussage, dass es sich nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung um Waren handelt, die eine Straßenrandbefestigung darstellen, hierfür bestimmt sind oder in Verbindung mit der Errichtung einer Straßenrandbefestigung Verwendung finden. So werden beispielsweise seit vielen Jahren Gittersteine aus Kunststoff als langlebige und umweltfreundliche Alternative zu Betonsteinen für die Bankettbefestigung im Straßenbau verwendet (vgl. z. B. www reha GmbH.de und wikipedia.org Abfall im Straßenbau).

Entgegen der Ansicht der Anmelderin ist das englische Wort "pave" auch in der Verbform geeignet, diese Eigenschaften der beanspruchten Waren zu beschreiben. Der Verkehr ist daran gewöhnt, in der Werbung ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Solche Neubildungen orientieren sich gerade nicht an grammatikalischen Regeln oder einem ausgeprägten Stilempfinden (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 89).

Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Waren im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinausgeht, handelt es sich um eine beschreibende Angabe ohne begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann.






BPatG:
Beschluss v. 10.07.2006
Az: 30 W (pat) 237/04


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