Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Dezember 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 384/02
(BPatG: Beschluss v. 17.12.2003, Az.: 32 W (pat) 384/02)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 19. September 2002 aufgehoben.
Gründe
I.
Die für die Waren Bonbons und Dragees mit Apfelgeschmack, teilweise oder vollständig bestehend aus Schaumzucker, Fruchtgummi, Gelee (ausgenommen für medizinische Zwecke), angemeldete Wortmarke APPLE MALLOW, hat die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts - besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes - mit Beschluß vom 19. September 2002 zurückgewiesen.
APPLE entstamme dem englischen Grundwortschatz und werde ohne weitere Überlegungen vom inländischen Verkehr verstanden. Auch der Zusatz MALLOW sei, unabhängig vom deutschen Wort Malve, im Süßwarenbereich durchaus verbreitet. Die angemeldete Marke bezeichne Bonbons mit einer Mischung aus Apfel- und Malvenaroma. Zwischen APPLE MALLOW und Marshmallows, einer auch in Deutschland bekannten englischen Süßigkeit, bestünden deutliche Unterschiede.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke zu beschließen.
APPLE MALLOW sei eine neuartige, bisher nicht benutzte Wortkombination. Das Wort MALLOW gehörte nicht zum englischen Grundwortschatz, es sei den angesprochenen Verkehrskreisen durchweg unbekannt. Das Publikum habe keinen Anlaß, die Markenbezeichnung auf eine etwaige beschreibende Bedeutung hin zu analysieren. Daß MALLOW nicht beschreibend sei, zeige zudem die Eintragung der deutschen Marke 396 49 593 "Mallow Mix". Auch die Bedeutung von Marshmallow, wobei die betreffende Süßware ursprünglich aus dem Wurzelsaft der Sumpfmalve gewonnen wurde, sei deutschen Verkehrskreisen nicht geläufig.
Der Senat hat der Anmelderin Ausdrucke von drei in englischer Sprache gehaltenen Internet-Seiten betreffend Rezepten von "Apple Mallow Crisp", "Apple Mallow Yambake" und "Apple Mallow Coleslaw" zur Kenntnis gegeben. Diese hat erwidert, die für Deutsche mit geringen Englischkenntnissen nicht verständlichen Anleitungen könnten keinen Aufschluß über eine derzeitige oder eine bevorstehende Verwendung der Bezeichnung Mallow im Inland geben. Zu den von der Markenanmeldung beanspruchten Produkten bestehe keine Verbindung. Daß Mallow im englischen Sprachbereich nicht als Kurzbezeichnung für Marshmallow verwendet werde, sei schon daraus ersichtlich, daß in den Zutatenlisten letzteres Wort jeweils ungekürzt enthalten sei.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet. Einer Registrierung der angemeldeten Wortmarke stehen Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 MarkenG nicht entgegen.
a) Die Bezeichnung APPLE MALLOW entbehrt für die beanspruchten Waren nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).
Während APPLE (= Apfel) zum Grundwortschatz der englischen Sprache zählt und in seiner Bedeutung auch im Inland - ganz weitgehend - verstanden wird, läßt sich eine entsprechende Feststellung für das zweite Markenwort MALLOW (= Malve) nicht treffen. Nur wenige deutsche Verbraucher, die über sehr gute Englischkenntnisse verfügen, werden in der Lage sein, den Sinngehalt dieses Wortes zu erfassen. Da sich die beanspruchten Waren an breite Konsumentenkreise richten, ist somit davon auszugehen, daß im Hinblick auf den unbekannten und somit wie eine Phantasiebezeichnung (oder ein Firmenschlagwort) wirkenden zweiten Wortbestandteil MALLOW in der Gesamtbezeichnung ganz überwiegend eine Marke gesehen wird. Auch der - nach Überzeugung des Senats nicht sehr große - Teil des deutschen Publikums, dem die Süßigkeit Marshmallows als solche bekannt ist, wird APPLE MALLOW nicht durchweg als Marshmallows mit Apfelgeschmack verstehen.
b) Die angemeldete Marke ist auch nicht nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Erzeugnisse dienen können. Zwar handelt es sich, insoweit entgegen der Auffassung der Anmelderin, nicht um eine völlig neue Wortkombination. Die Markenstelle hat aber keine Belege dafür beigebracht, daß APPLE MALLOW - im englischen oder im deutschen Sprachbereich - zur Bezeichnung einer bestimmten Geschmacksrichtung (Mischung aus Apfel- und Malvenaroma) von Bonbons und Dragees bereits Verwendung findet. Auch dem Senat sind entsprechende Nachweise nicht möglich. Die der Anmelderin zur Kenntnis gegebenen englischsprachigen Internet-Auszüge betreffen Rezepte für verschiedene Arten von Gebäck bzw Krautsalat, wobei Mallow jeweils auf die Zugabe kleiner Marshmallows hinweist. Einen ausreichend konkreten Anhaltspunkt dafür, daß sich APPLE MALLOW in absehbarer Zukunft zu einer generellen Geschmacksangabe auf dem Süßwarensektor entwickeln wird, stellt diese Art der Verwendung ebenfalls nicht dar.
Vorsitzende Richterin Winkler ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert.
Viereck Rauch Viereckbr/Ko
BPatG:
Beschluss v. 17.12.2003
Az: 32 W (pat) 384/02
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