Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. März 2007
Aktenzeichen: 32 W (pat) 82/05
(BPatG: Beschluss v. 07.03.2007, Az.: 32 W (pat) 82/05)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 14. Juli 2004 zur Eintragung als Marke angemeldete (farbige) Darstellungist seitens der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts zunächst in einem Bescheid vom 9. September 2004 als nicht unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig (§ 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG) beanstandet worden.
Die Anmelderin hat ihre Anmeldung aufrechterhalten und am 15. Oktober 2004 das nachfolgende Warenverzeichnis eingereicht:
"29: Tomatenpüree; Fertiggerichte, im Wesentlichen bestehend aus Fleisch, Fisch und/oder Geflügel unter Zugabe von Gemüse, Obst, Eiern, Käse, Kartoffeln, Mais, Hülsenfrüchten, Pilzen, Teigwaren und/oder Reis; konservierte Kräutermittel, Kräuterzubereitungen und/oder Kräuterzubereitungen für Lebensmittel; alle Waren in Form von Tiefkühlprodukten;
30: Pizzen ohne Belag; Pizzen mit Belag, mit Fleisch, Fisch, Gemüse, Käse und/oder Obst; Backwaren, Sandwiches, Brot und geschnittenes Brot, auch in Form von Baguettes; Brioches, Brot (ungesäuert), Brot (belegt); feine Backwaren; Gewürze, Gewürzmischung; Ketschup; Kleinbackwaren, Kuchenmischung; Pasteten; petit fours; Pfannkuchen; Sauerteig; Brötchen; Soßen; Teigwaren, Kuchenteigwaren, Torte; alle Waren in Form von Tiefkühlprodukten."
Die Markenstelle hat die Anmeldung in einem ersten Beschluss vom 21. Februar 2005 zurückgewiesen. Es liege eine inhaltsbeschreibende, freihaltebedürftige Angabe vor, der zudem jegliche Untescheidungskraft fehle. Bei dem Wortbestandteil "LA PIZZA" (= die Pizza) handele es sich um eine reine Warenangabe. Mit der Ergänzung durch den weiteren Bestandteil "LA CUCINA TRADI-ZIONALE" (= die traditionelle Küche) werde zum Ausdruck gebracht, dass die Pizza auf herkömmliche bzw. traditionelle Art zubereitet werde. Eine derartige beschreibende Angabe werde von den beteiligten Verkehrskreisen, zumindest zukünftig, zum freien Gebrauch benötigt. Angesichts der konkret warenbeschreibenden Aussage könne die angemeldete Marke die erforderliche betriebliche Hinweiswirkung nicht erfüllen. Auch die sich im werbeüblichen Rahmen haltende graphische Gestaltung sei nicht geeignet, der Marke die notwendige Unterscheidungskraft zu verschaffen.
Die Erinnerung der Anmelderin ist durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes derselben Markenstelle vom 22. Juni 2005 zurückgewiesen worden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie bei sach- und interessengerechter Auslegung die Aufhebung der ergangenen Beschlüsse der Markenstelle erstrebt.
Maßgebliche inländische Verkehrskreise würden die italienischsprachige Bezeichnung in ihrer Gesamtheit nicht in einem beschreibenden Sinn verstehen; insbesondere wegen des Zusatzes "LA" werde ein Herkunftshinweis erkannt werden. Im Übrigen spreche die individuelle graphische Gestaltung (nichtstandardisierter Schrifttyp; dreidimensionaler Effekt durch den farbig unterlegten und abgesetzten Schatten) für das Vorhandensein von Unterscheidungskraft. Wegen der restriktiven Gewährung von Urheberschutz für Schriftzeichen dürfe umgekehrt Markenschutz nicht verwehrt werden. Ihr - der Anmelderin - gehe es in erster Linie um den Schutz gegen identische Nachahmung des auf ihrer Produktausstattung hervorgehobenen Schriftzuges, welchen sie mit einem erheblichen Kostenaufwand entwickelt habe.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin (§ 66 MarkenG) bleibt in der Sache ohne Erfolg. Einer Eintragung der angemeldeten Darstellung als Marke für die beanspruchten Erzeugnisse des Lebensmittelsektors stehen absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entgegen.
Ob die angemeldete Marke in der Gesamtheit ihrer Wortbestandteile in dieser konkreten bildlichen bzw. typographischen Gestaltung als Produktmerkmalsangabe einem Freihaltungsinteresse der Mitbewerber unterliegt (gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), kann dahingestellt bleiben. Allerdings ist nicht zweifelhaft, dass die Wortfolgen "LA PIZZA" und "LA CUCINA TRADIZIONALE" - je für sich ebenso wie in der Zusammenfassung - in der italienischen Sprache für Pizzen und sämtliche Zutaten bei der Herstellung (Teig, Belag, Füllung, Würzmittel) unmittelbar warenbeschreibend sind. Die Wortbedeutung dieser Begriffe hat die Markenstelle zutreffend aufgezeigt.
Der angemeldeten Marke fehlt jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Auch insoweit ist bei Wort-Bild-Marken auf die Erscheinungsform in der Gesamtheit unter Mitberücksichtigung der Farbwirkung abzustellen. Wenn aber ein Wortbestandteil - wie hier "LA PIZZA" - durch Größe und Farbe (dunkle Schrift) innerhalb des Zeichens deutlich dominiert, so muss dessen Beurteilung im Mittelpunkt der Prüfung stehen.
Dass die italienische Produktbezeichnung "Pizza" bereits seit Jahrzehnten als Lehnwort in den deutschen Sprachbereich eingegangen ist, kann und will wohl auch die Anmelderin nicht ernsthaft bestreiten. Zahlreiche italienische Gaststätten in Deutschland, die sich häufig "Pizzeria" nennen, bieten frisch zubereitete Pizzen zum Verzehr im Lokal oder zum Mitnehmen an, in vielen Orten finden sich Pizza-Zustelldienste, in jedem Supermarkt kann man tiefgekühlte Pizzen - von unterschiedlichen Herstellern - erwerben. An der fehlenden Unterscheidungskraft der unmittelbar beschreibenden Bezeichnung "PIZZA" ändert vorliegend auch die Voranstellung von "LA" nichts. Hierbei handelt es sich in italienischer Sprache (wie auch in anderen romanischen Sprachen) um den bestimmten Artikel in weiblicher Form (= die; vgl. Langenscheidts Handwörterbuch Italienisch, Teil I, 8. Aufl., S. 270). Deutschen Durchschnittsverbrauchern wird dies weitgehend bekannt sein, im Übrigen aber sich intuitiv erschließen. Der Verkehr hat keinerlei Anlass, der Buchstabenfolge "LA" vor einem Substantiv in dieser Sprache eine andere Bedeutung beizumessen (etwa die Abkürzung der US-amerikanischen Stadt Los Angeles oder das Kennzeichen der deutschen Stadt Landshut). Der Vortrag der Anmelderin, der Verbraucher sehe wegen des Zusatzes "LA" in der Gesamtbezeichnung einen Namens- und Herkunftshinweis auf den Hersteller eines so gekennzeichneten Produkts, ist für den Senat nicht nachvollziehbar.
Die in italienischer Sprache für sämtliche Produkte des Lebensmittelsektors im Sinne eines Hinweises auf überkommene Herstellungsverfahren oder Geschmacksrichtungen unmittelbar beschreibende Angabe "LA CUCINA TRADIZIO-NALE" (= die traditionelle Küche) tritt größenmäßig gegenüber "LA PIZZA" deutlich zurück. Auch der - mutmaßlich nicht unbeträchtliche - Teil der deutschen Endverbraucher, dem diese Wortfolge auf Anhieb nichts sagt, wird von daher von einer werbemäßigen Anpreisung ausgehen, nicht aber hierin den Herkunftshinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb sehen. Im Blick auf die Wortbestandteile fehlt dem angemeldeten Zeichen somit jegliche Unterscheidungskraft.
Angesichts der mangelnden Schutzfähigkeit der Wortelemente sind an die bildliche und graphische Ausgestaltung der Marke vorliegend ganz erhebliche Anforderungen zu stellen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 99, 100 m. w. Nachw.), um im Gesamteindruck gleichwohl zu einer unterscheidungskräftigen Angabe zu gelangen. Dem wird die Gestaltung aber nicht gerecht. Eine den schutzunfähigen Charakter der Wortbestandteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke wird durch diese nicht bewirkt. Das Nachzeichnen des dunklen Schriftzugs durch einen schmalen roten Strich ist kein ungewöhnliches Gestaltungsmittel und als solches nicht geeignet, bei einer - wie ausgeführt - produktbeschreibenden Bezeichnung einen markenmäßigen Eindruck hervorzurufen.
Die Frage, in welcher Weise sich die Anmelderin gegen "Nachahmer" ihres Zeichens schützen kann, stellt sich im Verfahren der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse nicht. Es besteht auch keine Wechselwirkung zu etwaigen urheberrechtlichen Ansprüchen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 73).
Der Senat sieht weiterhin keine Möglichkeit zu einer Differenzierung der Beurteilung der Schutzfähigkeit in Bezug auf einzelne Waren. Dass die angemeldete Darstellung für Tiefkühlpizzen aller Art (mit und ohne Belag) glatt beschreibend ist, liegt auf der Hand. Für Produkte, welche als Zutaten, insbesondere als Belag, in Betracht kommen, gilt nichts anderes; dies betrifft sämtliche beanspruchten Waren in Klasse 29 sowie einige der Zutaten bzw. Ausgangsprodukte in Klasse 30 (Fleisch, Fisch, Gemüse, Käse, Obst; Gewürze, Gewürzmischung; Ketschup; Sauerteig; Soßen). Pizzen sind eine spezielle Art von Backwaren; die Grenzen zu sonstigen Erzeugnissen dieses Produktsektors sind nicht immer scharf zu ziehen. Dem Senat ist etwa bekannt, dass manche Bäckereien Pizza-Brot und Pizza-Brötchen anbieten. Einige der beanspuchten Waren in Klasse 30 (wie Kleinbackwaren, Kuchenmischungen, Torten) mögen zwar kaum Berührungspunkte zu Pizzen aufweisen. Sofern die angemeldete Marke aber für derartige Erzeugnisse (vor allem auf der Verpackung) verwendet würde, wäre sie täuschend i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG.
Auf den Gesichtspunkt der Durchsetzung der angemeldeten Marke im Verkehr infolge Benutzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) hat die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren nicht gestützt.
BPatG:
Beschluss v. 07.03.2007
Az: 32 W (pat) 82/05
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/1490589538b3/BPatG_Beschluss_vom_7-Maerz-2007_Az_32-W-pat-82-05