Oberlandesgericht München:
Urteil vom 22. Dezember 2010
Aktenzeichen: 7 U 2251/10

(OLG München: Urteil v. 22.12.2010, Az.: 7 U 2251/10)

Tenor

I. Das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts München vom 22.09.2010 (AZ: 7 U 2251/10) wird aufrechterhalten.

II. Der Kläger trägt die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im Endurteil des Landgerichts München I vom 17.12.2009 wird Bezug genommen.

Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der mit seiner Berufung seinen erstinstanzlichen Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit von Tagesordnungspunkt 5 des Beschlusses vom 13.07.2006 weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22.9.2010 durch Versäumnisurteil die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 17.12.2009 zurückgewiesen und dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt (Bl. 87/90d.A.) Gegen das am 28.9.2010 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 12.10.2010 (Bl. 95/96 d.A.), bei Gericht eingegangen am selben Tag, Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt nunmehr

- das Versäumnisurteil vom 22.9.2010 aufzuheben

- das Urteil des Landgerichts München I vom 17.12.2009 abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts München I vom 8.10.2009 festzustellen, dass der in der Hauptversammlung der Beklagten vom 13.7.2006 unter Punkt 5 der Tagesordnung gefasste Beschluss nichtig ist:

ۤ 12 Abs. 1 und 2 der Satzung wird wie folgt neu gefasst:

(1) Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich rechtzeitig angemeldet und ihre Berechtigung durch Nachweis des Anteilsbesitzes nachgewiesen haben.

(2) Die Anmeldung und der Nachweis müssen der Gesellschaft spätestens am siebten Tag vor der Versammlung zugehen. Ist dieser Tag ein Samstag oder Sonntag oder ein am Ort des Sitzes der Gesellschaft gesetzlicher anerkannter Feiertag, müssen Anmeldung und Nachweis der Gesellschaft am vorhergehenden Werktag zugehen. Die Anmeldung erfolgt in Textform in deutscher oder englischer Sprache unter der in der Einberufung hierfür mitgeteilten Adresse. Der Nachweis des jeweiligen Aktionärs über den Anteilsbesitz ist durch eine in Textform in deutscher oder englischer Sprache erstellte Bescheinigung des depotführenden Instituts zu erbringen. Der Nachweis hat sich auf den gesetzlich festgelegten Stichtag zu beziehen.€

Die Beklagte beantragt demgegenüber

die Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom 22.9.2010.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Berufungsbegründung des Klägers und die Berufungserwiderung der Beklagten sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 22.09.2010 und 22.12.2010 verwiesen.

II.

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil ist zulässig; er wurde als statthafter Rechtsbehelf insbesondere auch form- und fristgerecht eingelegt.

Das Versäumnisurteil war aufrechtzuerhalten, da die (zulässige) Berufung des Klägers unbegründet ist.

Auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug genommen.

Der Senat hat bereits im Verfahren 7 U 2358/07 ausgeführt, dass die alten statutarischen Hinterlegungsregelungen neben die neuen zwingenden Regelungen des Record Date gem. § 123 Abs. 3 S. 2 und 3 AktG treten. Diesem Erfordernis habe die Einladung der Beklagten zur Hauptversammlung Rechnung getragen, so dass kein Verstoß gegen § 121 Abs. 3 S. 2 AktG vorliege und deshalb auch die von den (dortigen) Klägern und Berufungsführern erhobenen Nichtigkeitsklagen bezüglich des in der Hauptversammlung gefassten Beschlusses keinen Erfolg haben können.

Der Senat hält an dieser Auffassung weiterhin fest, zumal auch der Bundesgerichtshof im o.g. Verfahren die Nichtzulassungsbeschwerde u.a. mit folgender Begründung zurückgewiesen hat:

€Es ist durch die übereinstimmende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte geklärt und jedenfalls nicht mehr klärungsbedürftig, dass nach § 16 Satz 2 EGAktG neben der Regelung über den Nachweis in § 123 Abs. 3 AktG idF des UMAG bis zur Anpassung der Satzung auch eine bestehende Satzungsregelung für die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts- mit der Maßgabe, dass für den Zeitpunkt der Hinterlegung oder der Ausstellung eines sonstigen Legitimationsnachweises auf den Beginn des einundzwanzigsten Tages vor der Versammlung abzustellen ist - fortgalt...€ (vgl. BGH, Beschluss vom 07.12.2009, II ZR 239/08). Der BGH hat diese Rechtsauffassung ausdrücklich im Beschluss vom 31.5.2010 (II ZR 105/09) bestätigt. Der BGH weist auch darauf hin, dass ein Klärungsbedarf nicht dadurch entstehe, dass der (dortige) Kläger zahlreiche Klagen mit seiner abweichenden Auffassung begründet hat.

Der Auffassung des Klägers, wonach die Regelungen des § 123 Abs. 3 S. 2, 3 AktG n.F. auch nach Inkrafttreten des UMAG am 01.11.2005 solange nicht gelten, wie die Beklagte keine dem § 123 Abs. 3 S. 1 AktG n.F. entsprechende Satzungsklausel aufgenommen hat, ist demnach nicht zu folgen.

§ 123 Abs. 2 und 3 n.F. AktG gelten für alle Hauptversammlungen, die nach dem 1.11.2005 einberufen werden, § 16 S. 1 EGAktG.

Wenn eine börsennotierte Gesellschaft ihre Satzung noch nicht an die neue Gesetzeslage angepasst hat, sondern diese entsprechend der vormaligen Rechtslage noch Hinterlegungsbestimmungen enthält, gilt diese Regelung mit der Maßgabe fort, dass der für die Hinterlegung maßgebliche Zeitpunkt der Beginn des 21. Tages vor dem Tag der Hauptversammlung ist, § 16 S. 2 EGAktG. Neben der nach wie vor fakultativen (§ 123 Abs. 3 S. 1 AktG n.F.), wenngleich ubiquitären Hinterlegungsmöglichkeit kann ein Aktionär seine Berechtigung zur Hauptversammlungsteilnahme nunmehr immer mittels eines von seinem depotführenden Institut erstellten Nachweises belegen, der den Aktienbestand zum Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung (sog. Record Date) bestätigt, § 123 Abs. 3 S. 2, 3 AktG (vgl. Kiefner/Zetsche in ZIP, 2006, 551; Butzke WM 2005, 1981). Den Aktionären sind bis zur Änderung der Satzung entsprechend der neuen Gesetzesfassung beide Legitimationsmittel zur Verfügung zu stellen (vgl. Schmidt/Lutter, AktG, 2008, § 123 Rdnr. 36). Dies gilt auch, wenn die bisherige Satzung nur ein Hinterlegungserfordernis festschreibt. § 16 S. 2 EGAktG ist entgegen der Auffassung des Berufungsführers nicht so zu verstehen, dass § 123 Abs. 3 S. 2, 3 AktG n.F. nur dann eingreift, wenn die bisherige Satzung auch Regelungen über die Ausstellung eines sonstigen Legitimationspapiers enthält. Die Bestimmung des § 123 Abs. 3 AktG, die nach § 16 S. 1 EGAktG bereits für alle Hauptversammlungen gelten soll, die nach dem 01.11.2005 einberufen werden, wird durch die Regelung des § 16 S. 2 EGAktG nicht abbedungen (vgl. Butzke, WM 2005, 1981; Kiefner/Zetschke a.a.O.; Priester DNotZ 2006, 403; Hüffer AktG, 7. Auflage, § 123 Rdnr. 15).

Das Versäumnisurteil vom 22.9.2010 war daher aufrechtzuerhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Da das die Berufung zurückweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten wurde, muss der unterlegene Kläger auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.






OLG München:
Urteil v. 22.12.2010
Az: 7 U 2251/10


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