Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juni 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 128/03

(BPatG: Beschluss v. 15.06.2005, Az.: 32 W (pat) 128/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 41 - vom 26. Juli 2001 und 13. Januar 2003 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen "Druckereierzeugnisse; Zeitungen; Zeitschriften; Broschüren; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Fertighäuser; vorgefertigte Bauteile (nicht aus Metall), transportable Bauten (nicht aus Metall); Bauten (nicht aus Metall); Spiele; Spielzeug; Organisation und Veranstaltung von Kongressen, Tagungen, Seminaren, Workshops" zurückgewiesen worden ist.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke Stones & Morehat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes mit einem Erstbeschluss vom 26. Juli 2001 teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen

"Druckereierzeugnisse; Zeitungen; Zeitschriften; Broschüren; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Fertighäuser; vorgefertigte Bauteile (nicht aus Metall), transportable Bauten (nicht aus Metall); Baumaterialien (nicht aus Metall); Bausteine; Bauten (nicht aus Metall); Spiele; Spielzeug; Organisation und Veranstaltung von Kongressen, Tagungen, Seminaren, Workshops"

von der Eintragung zurückgewiesen. Der angemeldeten Marke fehle für die vorgenannten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft. Die angesprochenen Verkehrskreise übersetzten die Marke als "Steine und mehr" und entnähmen ihr so einen beschreibenden Sachhinweis. Die Marke sei eine Aufmerksamkeit erregende Werbung für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen, deren Ziel es sei, dem Verbraucher zu vermitteln, dass es um "Steine und mehr" gehe, sei es nun, um Bausteine als Spielzeug oder Steine als Baustoff und mehr, nämlich alles, was sonst noch benötigt werde.

Die von der Anmelderin eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 13. Januar 2003 zurückgewiesen. Die Marke bringe in ihrer Gesamtheit zum Ausdruck, dass Steine zwar der Kern des Sortiments seien, aber im Umfeld auch ergänzende Waren (z.B. Bücher, Zeitschriften mit der entsprechenden Thematik) und Dienstleistungen (wie die Organisation und Veranstaltung von Messen zu diesen Waren) als umfassendes Angebot auf diesem Gebiet gemeint seien. Die Angabe beschreibe somit teils die Beschaffenheit der Ware, teils die Thematik der angebotenen Dienstleistungen. Die Anmelderin könne sich nicht auf die Indizwirkung von Voreintragungen der identischen Marke für Waren der Klasse 9 sowie Dienstleistungen der Klassen 36, 37 und 38, u.a. des britischen Patentamts berufen, da die dort zu beurteilenden Waren und Dienstleistungen keinen so unmittelbaren Bezug zu "Steine und mehr" hätten, wie die hier zu beurteilenden.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt den Antrag, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Januar 2003 und 26. Juli 2001 aufzuheben und die angemeldete Marke "Stones & More" vollumfänglich einzutragen.

Der Bedeutungsgehalt von "Stones & More" sei zu unscharf, um einen eindeutig beschreibenden Inhalt erkennen zu lassen. Für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen habe die Marke keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt.

In diesem Zusammenhang verweist die Anmelderin auf drei Entscheidungen des Bundespatentgerichts zu Gunsten der jeweiligen Anmelder (26 W (pat) 95/00 - MILES & MORE; 26 W (pat) 193/00 - ENERGY AND MORE sowie 26 W (pat) 192/00 - POWER AND MORE).

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen; wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen begründet; hinsichtlich der beanspruchten Waren "Baumaterialien (nicht aus Metall); Bausteine" ist ihr im Übrigen der Erfolg zu versagen.

1. a) Für die in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen ist die Marke nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, oder sonstiger Merkmale der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können. Die Markenstelle hat einen aktuell beschreibenden Gebrauch der Bezeichnung "Stones & More" nicht belegt. Auch der Senat hat keine entsprechenden Verwendungsformen ermittelt. Ausreichende Anhaltspunkte für eine zukünftige deskriptive Verwendung der Marke für die maßgeblichen Waren- und Dienstleistungen liegen ebenfalls nicht vor.

Die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen richten sich an die allgemeinen deutschen Verbraucherkreise. Selbst wenn man mit der Markenstelle annimmt, dass diese die englischsprachige Wortfolge "Stones & More" mit "Steine und mehr" in das Deutsche übersetzen, wird damit bezüglich der Waren und Dienstleistungen "Druckereierzeugnisse; Zeitungen; Zeitschriften; Broschüren; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Fertighäuser; vorgefertigte Bauteile (nicht aus Metall), transportable Bauten (nicht aus Metall); Bauten (nicht aus Metall); Spiele; Spielzeug; Organisation und Veranstaltung von Kongressen, Tagungen, Seminaren, Workshops" kein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt vermittelt. In Bezug auf diese ergibt die Wortfolge "Stones & More" keinen naheliegenden beschreibenden Sinngehalt.

"Steine" beschreibt den Inhalt von Druckerzeugnissen nicht deutlich genug, da es sich insoweit um Mineralien oder Baumaterial handeln könnte. Der weitere Zusatz "& More" wird damit noch ungenauer, da er in jedem Kontext etwas anderes meinen kann.

Für die Veranstaltungsorganisation etc. gilt entsprechendes, zumal die Dienstleistung ihrer Organisation nicht mit dem möglichen Thema einer Veranstaltung beschrieben wird.

Fertighäuser und Bauteile können zwar aus Steinen und anderen Materialen bestehen, aber insoweit ist die angemeldete Marke jedenfalls in ihrer Gesamtheit nicht beschreibend, weil "& More" in solch technischen Zusammenhängen weder für Baumaterial noch für Baudienstleistungen eine eindeutige Aussage ist.

Spiele enthalten so häufig "Spielsteine" (Figuren) und andere Utensilien, dass es überraschend wäre, wenn sie mit "Steine und Mehr" beschrieben würden.

b) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Marke hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) fehlt.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren, oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).

Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen auszugehen, ohne dass insoweit unterschiedliche Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Wortfolge in ihrer Gesamtheit abzustellen (BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Wortfolgen sind dann nicht unterscheidungskräftig, wenn es sich um beschreibende Angaben, oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art handelt (vgl. BGH BlPMZ 2000, 161 - RADIO VON HIER).

Dass "Stones & More" für die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend ist, wurde oben dargestellt.

Dass es sich bei "Stones & More" insoweit um eine übliche Bezeichnung handelt, hat weder die Markenstelle aufgezeigt, noch hat dies der Senat feststellen können.

2. Eine andere Beurteilung hinsichtlich der Unterscheidungskraft ist jedoch für die Waren "Baumaterialien (nicht aus Metall); Bausteine" geboten.

Für diese Waren entbehrt die Bezeichnung "Stones & More" selbst bei Anlegen eines großzügigen Maßstabes jeglicher Unterscheidungskraft. Es wird als rein werbemäßige Anpreisung in der Hinsicht verstanden, dass der Anbieter über ein breites Sortiment verfügt oder neben den Materialien einen darauf bezogenen Service bietet.

"& More" ist als verbreitete Floskel jedermann als werbeüblicher Ausdruck in diesem Sinn verständlich; "and more, 'n'more, & more, und mehr, & mehr" weisen in werbeüblicher Weise auf zusätzliche Eigenschaften der angebotenen Waren bzw. auf ein erweitertes Leistungs- und Angebotsspektrum hin, das von einem vorangestellten Sachbegriff ausgeht. "& More" bezweckt, einen möglichst weiten Bereich produkt- bzw. leistungsbezogener Merkmale zu erfassen, ohne diese im Einzelnen zu benennen.

Mit der Gesamtbedeutung "Steine und mehr" handelt es sich bei der angemeldeten Marke demnach um eine schlagwortartige Bezeichnung dafür, dass nicht nur Steine, die das Kerngeschäft darstellen, sondern ein darüber hinausgehendes Sortiment sowie ergänzende weitere Dienstleistungen angeboten werden (vgl. BPatG Beschluss vom 6. Mai 2003, Az: 33 W (pat) 16/02 - BANKING & MORE). Demzufolge muss davon ausgegangen werden, dass der Verkehr in der angemeldeten Wortfolge keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen wird (vgl. auch BPatG Beschlüsse vom 11. Oktober 2000, Az: 29 W (pat) 248/99 - DESIGN & MORE; vom 26. Juli 2000, Az: 29 W (pat) 132/99 - FON + MORE).

Der Umstand, dass es sich bei der angemeldeten Marke um eine Neuschöpfung handelt, vermag die Schutzfähigkeit nicht zu begründen, weil die Bezeichnung sprachüblich gebildet ist.

Die begriffliche Unbestimmtheit führt nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit (vgl. BPatG Beschluss vom 20. September 2001, Az: 25 W (pat) 24/01 - HAIR'N'MORE). Der Beurteilung als nicht unterscheidungskräftig steht es nämlich nicht entgegen, wenn eine Bezeichnung vage ist und dem Verbraucher wenig Anhalt dafür bietet, welche konkreten Inhalte vermittelt werden (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - BÜCHER FÜR EINE BESSERE WELT). Es genügt, wenn der Verbraucher im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen bei einer Bezeichnung konkrete Inhalte vermutet und die Bezeichnung nicht als herkunftsmäßig unterscheidend auffasst.

Aus der Schutzgewährung für andere, vermeintlich ähnlich gebildete deutsche Marken kann die Anmelderin keinen Anspruch auf Registrierung der angemeldeten Bezeichnung ableiten.

Inländische und internationale Voreintragungen - selbst identischer Marken - führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Schutzgewährung zu befinden haben. Diese Entscheidung ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS; BGH GRUR 1997, 527, 528 - AUTOFELGE; BlPMZ 1998, 248, 249 - TODAY; EuGH GRUR 2004, 428, 431 f, Tz. 60 ff - HENKEL).

Zudem gibt es auch Entscheidungen, in denen die Unterscheidungskraft von Wortkombinationen mit dem Bestandteil "& More" verneint worden ist (vgl. die oben zitierten Beschlüsse).

Dr. Albrecht Merzbach Kruppa Cl






BPatG:
Beschluss v. 15.06.2005
Az: 32 W (pat) 128/03


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