Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 6. Oktober 2009
Aktenzeichen: 4a O 151/08

(LG Düsseldorf: Urteil v. 06.10.2009, Az.: 4a O 151/08)

Tenor

Die Widerklage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Widerkläger auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche im Hinblick auf eine durch den Widerkläger behauptete böswillige Entnahme.

Der Widerkläger ist eingetragener Inhaber des deutschen Geschmacksmusters A (im Folgenden: Klagegeschmacksmuster). Das Klagegeschmacksmuster wurde ausweislich des als Anlage K 2 vorgelegten Registerauszuges am 17.06.2000 angemeldet und am 26.09.2000 in das Geschmacksmusterregister eingetragen. Die Bekanntmachung des Klagegeschmacksmusters erfolgte am 09.12.2000, wobei die Wiedergabe der Bekanntmachung des Musters gemäß § 21 Abs. 1 GeschmG zunächst aufgeschoben war. Die Nachholung der Bekanntmachung der Wiedergabe des Musters erfolgte am 25.02.2002.

Das Klagegeschmacksmuster trägt die Bezeichnung "Handgriff für Fenster und Türen". Die bildliche Hinterlegung des Musters wird im Folgenden wiedergegeben:

Die Widerbeklagte zu 2) ist eingetragene Inhaberin des Europäischen Patents B (im Folgenden: Klagepatent I), das am 20.09.2001 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet wurde. Das Klagepatent I nimmt die Priorität der C, der D und der E vom 22.09.2000 sowie der F vom 28.03.2001 in Anspruch. Die Erteilung des Klagepatents I wurde am 22.02.2006 bekanntgemacht.

Das Klagepatent I trägt die Bezeichnung "Beschlag". Sein Unteranspruch 5 lautet:

"Schlossbeschlag nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Handhabe (58) aus einem Griffstück (59) und einem daran kraftschlüssig angeordneten Verbindungselement (60) besteht, wobei das Griffstück (59) konvex gekrümmt verläuft und einwärts geneigt ausgebildet ist und dass zumindest das Griffstück (59) einen runden Querschnitt aufweist."

Die Unteransprüche 6 - 8, hinsichtlich deren Formulierung auf die Klagepatentschrift I verwiesen wird, nehmen jeweils auf Unteranspruch 5 Bezug.

In Figur 9 der Klagepatentschrift I ist nach der Patentbeschreibung ein Satz von Handhaben in einer Draufsicht, die beiderseits eines nicht dargestellten schwenkbaren Elementes montierbar ist, wie folgt dargestellt:

Des Weiteren ist die Widerbeklagte zu 2) eingetragene Inhaberin der US G (im Folgenden: Klagepatent II). Das Klagepatent II, dessen Figur 17 der Figur 9 des Klagepatents I entspricht, wurde am 20.09.2001 angemeldet und am 22.11.2005 erteilt. Es nimmt unter anderem wie das Klagepatent I die Priorität der C, der D und der F vom 22.09.2000 sowie der I vom 28.03.2001 in Anspruch. Unteranspruch 24 des Klagepatents II lautet:

"A fitting as in claim 21 comprising a handle having a grip and a connecting element mounted on said grip with nonpositive locking, wherein said grip is convexly curved and inwardly sloped and has a round crosssection."

Hinsichtlich des Wortlauts der auf Unteranspruch 24 Bezug nehmenden Unteransprüche 25 - 38 wird auf die Klagepatentschrift II Bezug genommen.

Schließlich ist die Widerbeklagte zu 2) Anmelderin der internationalen Patentanmeldung WO J (im Folgenden: WO-Anmeldung), die am 20.09.2001 unter Inanspruchnahme der Priorität der D, der E und der F vom 22.09.2000 sowie der I vom 28.03.2001 angemeldet wurde.

Unteranspruch 28 der WO-Anmeldung weist folgende Fassung auf:

"Schlossbeschlag nach Anspruch 24, dadurch gekennzeichnet, dass die Handhabe (58) aus einem Griffstück (59) und einem daran kraftschlüssig angeordneten Verbindungselement (60) besteht, wobei das Griffstück (58) konvex gekrümmt verläuft und einwärts geneigt ausgebildet ist und dass zumindest das Griffstück (59) einen runden Querschnitt aufweist."

Hinsichtlich des Wortlauts der auf Unteranspruch 28 Bezug nehmenden Unteransprüche 27 - 42 wird auf die WO-Anmeldung Bezug genommen.

Der Widerkläger behauptet im Wesentlichen, die Klagepatente I und II sowie die WO-Anmeldung würden auf einer böswilligen widerrechtlichen Entnahme durch die Widerbeklagten beruhen. Die Widerbeklagten hätten bereits vor Veröffentlichung des Klagegeschmacksmusters von dem zugunsten des Widerklägers geschützten Muster Kenntnis erlangt, so dass die Widerbeklagten keine eigenen Türgriffe erfunden, sondern die durch ihn, den Widerkläger, entwickelten und zum Geschmacksmuster angemeldeten Türgriffe nachgebildet hätten. Nachdem er, der Widerkläger, das Klagegeschmacksmuster angemeldet habe, hätten sich die Widerbeklagten Einsicht in die beim DPMA hinsichtlich des Klagegeschmacksmusters geführte Akte verschafft und so Kenntnis der durch ihn, den Widerkläger, entwickelten Türgriffe erlangt. Darüber hinaus seien die durch ihn, den Widerkläger, eingereichten Anmeldeunterlagen durch das DPMA unter anderem an die K, zur Prüfung des vorbekannten Formschatzes versandt worden, welche diese Unterlagen sodann an die Widerbeklagte zu 3) weitergeleitet habe.

Der Widerkläger hat daher gegen die Widerbeklagten in einem zwischen der Widerbeklagten zu 1) und dem Widerkläger vor dem Landgericht Köln geführten geschmacksmusterrechtlichen Prozess gegen die Widerkläger (Dritt-) Widerklage erhoben und dort unter anderem beantragt,

A. die Widerbeklagte zu 2) zu verurteilen, auf ihre Kosten

I.2.a) durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Europäischen Patentamt in München in die Löschung des europäischen Patentes EP L - hilfsweise in die Löschung der Unteransprüche Ziffer 5) bis 19) des europäischen Patents EP L - einzuwilligen und das europäische Patentamt zu veranlassen, den Widerkläger als Erfinder in der Patentschrift EP L beschriebenen Handhabe in diese Patentschrift vor deren Löschung aufzunehmen.

aa) hilfsweise:

auf den Widerkläger das europäische Patent EP L zu übertragen und zu diesem Zweck gegenüber dem Europäischen Patentamt in München schriftlich zu erklären, dass sie in die Umschreibung des europäischen Patentes EP L auf den Widerkläger einwillige;

bb) äußerst hilfsweise:

gegenüber dem Europäischen Patentamt in München die Teilung des europäischen Patentes EP L zum Zwecke der Trennanmeldung des abgetrennten Patentteiles insoweit zu erklären, als sich der abzutrennende Teil des genannten Patentes über die Unteransprüche Ziffer 2 bis 19 des europäischen Patentes EP L verhalte und alsdann weiterhin an angegebener Stelle zu erklären, dass sie in die Erteilung des abgetrennten Patentes an den Widerkläger einwillige;

b) die in A) I. 2 a) genannten Erklärungen auch gegenüber den national zuständigen Patentämtern der in der Patentschrift EP 1322831 benannten Vertragsstaaten AT, BE, CH, CY, DE, DK, ES, FI, FR, GB, GR, IE, IT, LI, LU, MC, NL, PT, SE, TR abzugeben;

I.3.a) durch schriftliche Erklärung gegenüber der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf in die Löschung der Anmeldung WO M - hilfsweise: in die Löschung der Unteransprüche Ziffer 28 - 42 der Anmeldung WO M - einzuwilligen und die WIPO zu veranlassen, den Widerkläger als Erfinder der in der Anmeldung WO M beschriebenen Handhabe in die genannte Anmeldung vor Löschung aufzunehmen;

aa) hilfsweise:

auf den Widerkläger die Anmeldung WO M zu übertragen und zu diesem Zweck gegenüber der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf schriftlich zu erklären, dass sie in die Umschreibung der Anmeldung WO M auf den Widerkläger einwillige;

bb) äußerst hilfsweise:

gegenüber der WIPO in Genf die Teilung der Anmeldung WO M zum Zwecke der Trennanmeldung des abgetrennten Patentteiles insoweit zu erklären, als sich der abzutrennende Teil des genannten Patentes über die die Unteransprüche Ziffer 24 bis 42 des Patentes WO M verhalte und alsdann weiterhin an angegebener Stelle zu erklären, dass sie in die Erteilung des abgetrennten Patentes an den Widerkläger einwillige;

b) die in A) I. 3 a) genannten Erklärungen auch gegenüber den national zuständigen Patentämtern der in der Patentschrift WO M angegebenen Bestimmungsstaaten

national: AE, AG, AL, AU, BA, BB, BG, BR, BZ, CA, CM, CO, CR, CU, CZ, DM, EC, EE, GD, GE, HR, HU, ID, IL, IN, IS, JP, KP, KR, LC, LK, LR, LT, LV, MA, MG, MK, MM, MX, NO, NZ, PL, RO, SG, SI, SK, TT, UA, US, UZ, YU, ZA

sowie regional: ARIPO-Patent (GH, GM, KE, LS, MW, MZ, SD, SL, SZ, TZ, UG, ZW),

europäisches Patent (AM, AZ, BY, KG, KZ, MD, RU, TJ, TM),

europäisches Patent (AT, BE, CH, CY, DE, DK, ES, FI, FR, GB, GR, IE, IT, LU, MC, NL, PT, SE, TR),

OAPI-Patent (BS, BJ, CF, CG, CI, CM, GA, GN, GQ, GW, ML, MR, NE, SM, TD, TG) abzugeben;

4. auf die Erfinder Herren Georg T, Velbert, Holger Herth, Bad Salzuflen und Oliver Link, Bad Salzuflen, ernsthaft dahingehend einzuwirken, dass diese durch schriftliche Erklärung gegenüber dem zuständigen Patentamt der USA in die Löschung des Patentes US N - hilfsweise: in die Löschung der Unteransprüche 28 - 42 des Patentes US N - einwilligen, und das zuständige Patentamt der USA veranlassen, den Widerkläger als Erfinder der in der Patentschrift US N beschriebenen Handhabe in die genannte Patentschrift vor deren Löschung aufzunehmen;

hilfsweise:

aa) auf die genannten Erfinder ernsthaft dahin gehend einzuwirken, dass diese durch schriftliche Erklärung gegenüber dem zuständigen Patentamt der USA in die Umschreibung des Patents US N auf den Widerkläger einwilligen;

bb) auf die genannten Erfinder ernsthaft dahin gehend einzuwirken, dass diese gegenüber dem zuständigen Patentamt der USA die Teilung des Patentes US N zum Zwecke der Trennanmeldung des abgetrennten Patentteiles insoweit erklären, als sich der abzutrennende Teil des Patentes über die Unteransprüche Ziffer 24 bis 42 des Patentes US N verhalte und alsdann weiterhin an angegebener Stelle zu erklären, dass sie in die Erteilung des abgetrennten Patents an den Widerkläger einwillige;

F) den Widerbeklagten zu untersagen, aus den gelöschten europäischen Patenten EP L sowie WO M und US N insbesondere den in Ziffern A 2a, 3a und 4 des Antrages genannten Unteransprüchen ein Gebrauchsmuster in den betreffenden Bestimmungs- und Vertragsstaaten abzuzweigen,

wobei sich die Wiedergabe der durch den Widerbeklagten gestellten Anträge auf diejenigen beschränkt, die das Landgericht Köln mit Beschluss vom 15.05.2008, nachdem die Parteien ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hatten, an das Landgericht Düsseldorf verwiesen hat. Noch vor dieser Verweisung an das Landgericht Düsseldorf hat der Widerkläger mit Schriftsatz vom 05.05.2008 die Anträge zu A I. 2a), 3a) und 4) fallen gelassen. Die Widerbeklagten haben dem nicht zugestimmt.

Mit Schriftsatz vom 05.02.2009 hat der Widerkläger die teilweise Rücknahme der Widerklage erklärt. Die Widerbeklagten haben daraufhin mit Schriftsatz vom 05.06.2008 dieser teilweisen Klagerücknahme nur unter der Bedingung zugestimmt, dass der Widerkläger ausdrücklich seinen Verzicht auf die entsprechenden Klageforderungen erkläre. Eine derartige Erklärung hat der Widerkläger nicht abgegeben.

Der Widerkläger beantragt zuletzt,

I. die Widerbeklagte zu 2) zu verurteilen, dem Widerkläger eine Mitberechtigung an dem Europäischen Patent EP O im Hinblick auf die Unteransprüche 5 - 8 einzuräumen und in die Umschreibung des Patents in der Rolle beim Europäischen Patentamt einzuwilligen;

IV. die Widerbeklagte zu 2) zu verurteilen, dem Widerkläger eine Mitberechtigung am US-Patent US P im Hinblick auf die Unteransprüche Ziffer 24 - 38 folgende einzuräumen und in die Umschreibung des Patents beim United States Patents and Trademarks Office einzuwilligen;

V. die Widerbeklagte zu 2) zu verurteilen, dem Widerkläger eine Mitberechtigung an der WO-Anmeldung WO Q und an allen daraus resultierenden Schutzrechten im Hinblick auf die Unteransprüche 28 - 42 folgende einzuräumen und in die Umschreibung der Anmeldung bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf und aller darin benannten nationalen Anmeldungen oder nationalen Patente einzuwilligen;

VI. die Widerbeklagte zu 2) zu verurteilen, dem Widerkläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Widerbeklagte Produkte basierend auf den in Ziffer I. und IV. benannten bzw. aus der Anmeldung in Ziffer V. resultierenden Schutzrechten seit dem 22.09.2000 hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) für die seit der Erteilung der in Ziffer I. und IV. benannten oder aus der in Ziffer V. bezeichneten Anmeldung resultierenden Schutzrechte durchgeführten Handlungen des Herstellens, Anbietens, in Verkehr Bringens oder Gebrauchens oder zu den genannten Zwecken Einführens oder Besitzens unter Angabe der nach den Einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

f) sowie aller erteilter Lizenzen, der Konditionen der Lizenzvereinbarungen und die Namen und Anschriften der Lizenznehmer;

VII. festzustellen, dass die Widerbeklagte zu 2) verpflichtet ist,

1. dem Widerkläger für die Handlungen des Herstellens, Anbietens, in Verkehr Bringens oder Gebrauchens oder zu den genannten Zwecken entweder Einführens oder Besitzens in der Zeit nach der Erteilung der in Ziffer I. und IV. benannten Schutzrechte und der aus der in Ziffer V. bezeichneten Anmeldung resultierenden Schutzrechte eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2. dem Widerkläger einen Schaden zu ersetzen, der durch die in Ziffer I. und IV. benannten Schutzrechte oder aus der Anmeldung nach Ziffer V. resultierenden Schutzrechte seit deren jeweiliger Erteilung entstanden ist oder noch entstehen wird.

VIII. die Widerbeklagte zu 2) zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt die Umschreibung der Priorität zu dem deutschen Gebrauchsmuster DE R auf den Widerkläger zu erklären.

Die Widerbeklagten beantragen,

die Widerklage insgesamt abzuweisen.

Sie tragen im Wesentlichen vor, die mit ihren Schutzrechtspositionen beanspruchten Erfindungsgegenstände seien von ihnen bzw. ihren Mitarbeitern und den in diesem Zusammenhang eingeschalteten Personen, wie dem externen Designer T, allein geschaffen worden, ohne dass es bis zu deren Fertigstellung und daraufhin erfolgter Schutzrechtsanmeldung jemals zu irgend einem Kontakt zwischen den Widerbeklagten bzw. der auf ihrer Seite an der Entwicklung beteiligten Personen einerseits und dem Widerkläger andererseits gekommen sei. Ebensowenig hätten die Widerbeklagten oder die von ihnen mit der Entwicklung beauftragten Personen bis weit nach dem Zeitpunkt der Schutzrechtsanmeldungen Kenntnis - direkt oder durch Dritte - von den angeblich auf den Widerkläger zurückgehenden "Kreationen" gehabt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige (Dritt-) Widerklage hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Widerkläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

I.

Der Widerkläger hat gegen die Widerbeklagte zu 2) keine Ansprüche auf Einräumung einer Mitberechtigung an den Klagepatenten I und II sowie an der WO-Anmeldung, Art. II, § 5 IntPatÜG. Der Widerkläger hat bereits nicht substantiiert dargelegt, dass die hier streitgegenständlichen Schutzrechtsanmeldungen auf einer widerrechtlichen Entnahme beruhen. Dass der Vortrag des Widerklägers insoweit ausschließlich auf Spekulationen beruht, zeigt bereits die Tatsache, dass er sein Vorbringen einerseits darauf stützt, die Widerbeklagte zu 2) bzw. deren Mitarbeiter hätten beim DPMA über eine "vorgeschobene" Schutzrechtsanmeldung ein berechtigtes Interesse begründet, andererseits jedoch auch vorbringt, das DPMA habe seine Geschmacksmusteranmeldung an die interessierten Fachkreise verschickt, worüber die Geschmacksmusteranmeldung zur Kenntnis der Widerbeklagten gelangt sei.

Darüber hinaus trägt das Vorbringen des Widerklägers den Vorwurf einer widerrechtlichen Entnahme auch in der Sache nicht.

Das am 26.09.2000 eingetragene Klagegeschmacksmuster des Widerklägers wurde am 09.12.2000 veröffentlicht, wobei die Bekanntmachung der Wiedergabe des Musters nach § 21 Abs. 1 GeschmG erst am 25.02.2002 und damit weit nach der Anmeldung der Klagepatente I und II sowie der WO-Anmeldung nachgeholt wurde. Die Widerbeklagte zu 2) konnte das Muster vor der Nachholung der Bekanntmachung damit gemäß § 22 S. 2 GeschmG nur einsehen, wenn sie gegenüber dem DPMA ein berechtigtes Interesse glaubhaft machte. Dass dies jedoch geschehen ist und die Widerbeklagte zu 2) oder deren Beauftragte tatsächlich Akteneinsicht genommen haben, hat der Widerkläger nicht substantiiert vorgetragen. Vielmehr ist nicht erkennbar, aus welchem Grund die Widerbeklagten, die unstreitig mit dem Widerkläger vor dessen Geschmacksmusteranmeldung in keinem Kontakt standen, noch vor der eingeschränkten Bekanntmachung des Klagegeschmacksmusters beim DPMA Akteneinsicht verlangen sollten, da sie insbesondere das nur aus den Akten ersichtliche Muster nicht kannten. Dies gilt um so mehr, als der Widerkläger vorträgt, im Oktober 2000 habe Herr T von dem bei der Widerbeklagten zu 3) angestellten Ingenieur U die Zeichnung aus der Geschmacksmusterakte des Widerklägers erhalten. Zu diesem Zeitpunkt war das Klagegeschmacksmuster zwar bereits erteilt, jedoch noch nicht bekannt gemacht. Wie die Widerbeklagten gleichwohl Kenntnis des Klagegeschmacksmusters erlangt haben sollen, erschließt sich aus dem Vortrag des Widerklägers nicht. Darüber hinaus bedarf eine derartige Akteneinsicht durch Dritte vor der Bekanntmachung der Wiedergabe des Musters nicht nur eines entsprechenden berechtigten Interesses, welches insbesondere nicht bei der bloßen Ausforschung des bekannten Formenschatzes anerkannt ist (Eichmann/von Falckenstein, GeschmG, 3. Auflage, § 22 Rz. 11). Vielmehr bedarf eine derartige Akteneinsicht grundsätzlich auch der vorherigen Anhörung des Geschmacksmusterinhabers (vgl. Eichmann/von Falckenstein, GeschmG, 3. Auflage, § 22 Rz. 12). Auch angesichts dessen genügt der bloße pauschale Vortrag des Widerklägers, die Widerbeklagten müssten Akteneinsicht genommen haben, zur Begründung einer widerrechtlichen Entnahme nicht.

Soweit sich der Widerkläger demgegenüber alternativ darauf beruft, das DPMA habe die Anmeldung des Klagegeschmacksmusters an die interessierten Fachkreise, unter anderem an die V GmbH, zur Prüfung des vorbekannten Formenschatzes verschickt, vermag auch dieses Vorbringen eine widerrechtliche Entnahme nicht zu begründen. Das diesbezügliche Vorbringen des Widerklägers ist bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil es sich bei einem Geschmacksmuster um ein ungeprüftes Schutzrecht handelt, vor dessen Erteilung die Fragen der Neuheit und der Eigenart des angemeldeten Musters durch das DPMA nicht geprüft werden (vgl. Eichmann/von Falckenstein, GeschmG, 3. Auflage, § 22 Rz. 11). Entsprechend ist nicht ersichtlich, weshalb das DPMA die Anmeldeunterlagen, welche im Hinblick auf die beantragte Aufschiebung der Veröffentlichung der Wiedergabe des Musters einer besonderen Geheimhaltung unterlagen, an Dritte verschickt haben sollte. Konkrete Anhaltspunkte dafür hat der Widerkläger nicht vorgetragen. Das lediglich pauschale Vorbringen, Herr W, der 2000 bei der V GmbH beschäftigt gewesen sei, habe dem Widerkläger berichtet, die V GmbH sei damals benachrichtigt worden, dass "dort" eine Anmeldung liege und dass "wir und andere informierte Fachkreise" hinsichtlich dieser Anmeldung recherchieren sollten, damit die informierten Fachkreise nicht sagen könnten, sie hätten es nicht gewusst, stellt einen solchen konkreten Anhaltspunkt jedenfalls nicht dar.

II.

Da der Widerkläger somit bereits die Voraussetzungen einer widerrechtlichen Entnahme nicht dargelegt hat, stehen ihm auch die weiterhin geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung, Schadensfeststellung, Entschädigung und Übertragung der Priorität nicht zu. Im Übrigen ist auch bereits keine entsprechende Anspruchsgrundlage ersichtlich.

III.

Auch die übrigen, mangels wirksamer Zustimmung der Widerbeklagten zu der durch den Widerkläger erklärten teilweisen Klagerücknahme nach wie vor rechtshängigen Anträge, über die gemäß § 331a ZPO nach Aktenlage entschieden werden konnte, sind unbegründet, da dem Widerkläger die insoweit geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen.

1.

Der Widerkläger hat gegen die Widerbeklagte zu 2) keinen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung bzw. Übertragung des Klagepatents I, der WO-Anmeldung einschließlich der Abgabe einer Übertragungserklärung an die jeweiligen nationalen Patentämter sowie eine Einwirkung auf die Erfinder T, X und Y in Bezug auf eine Einwilligung zu der Übertragung des Klagepatents II auf den Widerkläger. Insbesondere folgt ein entsprechender Vindikationsanspruch weder aus § 8 S. 1 und 2 PatG, noch aus Art. II, § 5 IntPatÜG.

Die Klagepatente I und II sowie die WO-Anmeldung gehen über die durch den Widerkläger behauptete Erfindung nach Maßgabe des Klagegeschmacksmusters hinaus. Den Gegenstand dieses Geschmacksmusters, welches die Widerbeklagte zu 2) bei ihrer Patentanmeldung übernommen haben soll, bildet eine Handhabe, hinsichtlich deren genauer Gestaltung auf die Anlage CBH 2 verwiesen wird.

Auch wenn auf den als Anlage D 10 vorgelegten Zeichnungen der durch das Klagegeschmacksmuster beanspruchten Handhabe auch Beschläge dargestellt sind, lässt sich dem Klagegeschmacksmuster gleichwohl eine den Hauptansprüchen der Streitpatente bzw. der streitgegenständlichen internationalen Patentanmeldung entsprechende Gestaltung der Schlossbeschläge nicht entnehmen. Die Streitpatente bzw. die streitgegenständliche internationale Patentanmeldung schützen nach ihren Hauptansprüchen im Wesentlichen einen Schlossbeschlag (21) und einen Gegenbeschlag (24), wobei der Schlossbeschlag (21) und der Gegenbeschlag (24) aus Beschlaghälften (22, 23, 26, 27) zusammengesetzt sind. Die Beschlaghälften (22, 23) des Schlossbeschlages (21) bestehen jeweils aus einem an einem Glaselement (45) befestigbaren, zumindest ein Schloss aufweisenden Unterbau (42) und einer den Unterbau (42) überkronenden Abdeckung (25), die eine zwischen den Seitenflächen (28, 29) sich aufspannende Frontfläche (30) aufweist. Diese verläuft von einer Kante (32) konvex nach außen gekrümmt und weist Ansätze und/oder Auslässe (40, 41) für Handhaben und/oder Auslässe (40, 41) auf. Die Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Beschlaghälften (26, 27) des Gegenbeschlages (24) die Krümmung der Beschlaghälften (22, 23) des Schlossbeschlages (21) fortsetzen. Erst die, auf die Hauptansprüche rückbezogenen, Unteransprüche (5 ff. beim Klagepatent I bzw. 28 ff. bei der WO-Anmeldung sowie 24 ff. beim Klagepatent II) beanspruchen auch die Gestaltung einer entsprechenden Handhabe. Somit gehen sowohl die Klagepatente I und II als auch die WO-Anmeldung deutlich über den Gegenstand des Klagegeschmacksmusters und damit über die durch den Widerkläger behauptete erfinderische Zutat hinaus, so dass deren vollständige Übertragung auf den Widerkläger ausscheidet.

Dass demgegenüber in dem zugunsten der Widerbeklagten zu 2) eingetragenen und mit Beschluss des Bundespatentgerichts vom 03.02.2005 gelöschten Gebrauchsmuster DE Z eine Handhabe geschützt war, führt zu keinem anderen Ergebnis (vgl. Anlage D 5). Auch daraus lässt sich ein Anspruch auf die durch den Beklagten begehrte Übertragung der nach ihren Hauptansprüchen einen Schlossbeschlag schützenden Patente bzw. der einen Schlossbeschlag beschreibenden Patentanmeldung nicht ableiten. Vielmehr betont der Widerkläger nachdrücklich, dass es ihm ausschließlich um die widerrechtliche Entnahme der Handhabe gehe. Im Übrigen ist die DE AA, auf welche der Widerkläger in den Anlagen D 11 und D 12 Bezug nimmt, zugunsten der Widerbeklagten zu 2) eingetragen. Inwieweit sich daraus ein Anspruch des Widerklägers auf Zustimmung zur Löschung bzw. Übertragung der Klagepatente I und II sowie der WO-Anmeldung ergeben soll, erschließt sich nicht.

2.

Auch der durch den Widerkläger weiterhin hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf die Abgabe von Trennungserklärungen steht ihm nicht zu. Der Widerkläger hat nach wie vor nicht substantiiert vorgetragen, dass im Hinblick auf die der WO-Anmeldung zugrunde liegende PCT-Anmeldung vom 20.09.2001 einerseits für die im Einzelnen im Antrag aufgeführten Länder die Wirkungen der Anmeldung noch nicht nach Art. 24 Abs. 1, 11 Abs. 3 PZV erloschen sind und das jeweilige Anmeldeverfahren andererseits auch noch nicht abgeschlossen ist. Einzelheiten zu den jeweiligen Anmeldeverfahren sind dem Vortrag des Widerklägers nicht zu entnehmen.

3.

Schließlich hat der Widerkläger gegen die Widerbeklagten keinen Anspruch darauf, diesen zu untersagen, "aus den gelöschten europäischen Patenten EP BB, WO CC und US DD, insbesondere den in Ziffern A 2a), 3a) und 4) des Antrages genannten Unteransprüchen ein Gebrauchsmuster in den betreffenden Bestimmungs- und Vertragsstaaten anzumelden". Eine entsprechende Anspruchsgrundlage ist mangels Berechtigung des Widerklägers an der durch die streitgegenständlichen Schutzrechte bzw. die streitgegenständliche Anmeldung beanspruchten Lehre, welche eine besondere Gestaltung von Schloss- und Gegenbeschlag umfasst, nicht ersichtlich.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 100.000,- EUR festgesetzt.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 06.10.2009
Az: 4a O 151/08


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