Bundespatentgericht:
Urteil vom 25. Juli 2006
Aktenzeichen: 3 Ni 30/03

(BPatG: Urteil v. 25.07.2006, Az.: 3 Ni 30/03)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 14. Januar 1991 angemeldeten und u. a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in der Verfahrenssprache Englisch erteilten europäischen Patents 0 521 883, das in der deutschen Übersetzung "Räumlich modifizierte elastische Verbundstoffe" betrifft und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 691 21 703 geführt wird. Für das Streitpatent wurde die Priorität der amerikanischen Patentanmeldung 502330 vom 30. März 1990 in Anspruch genommen. Das Streitpatent (EP 0 521 883 B1, Streitpatentschrift) umfasst 29 Patentansprüche. Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 2, 25 und 27 lauten nach der Übersetzung der europäischen Patentschrift (DE 691 21 702 T2) wie folgt:

"1. Mehrlagige Laminatfolie, umfassend mindestens eine nichtelastomere Skinlage und mindestens eine Kernlage, wobei die mindestens eine Skinlage und die mindestens eine Kernlage bevorzugte Aktivierungsbereiche und nichtbevorzugte Aktivierungsbereiche bilden, in denen mindestens eine Kernlage im wesentlichen elastomer in mindestens den bevorzugten Aktivierungsbereichen ist, und die mindestens eine Skinlage und/oder die mindestens eine Kernlage so geschaffen sind, dass, wenn das mehrlagige Laminat gestreckt wird, sich die bevorzugten Aktivierungsbereiche in den gedehnten Bereichen bis zu einem elastischen Zustand dehnen und erholen können.

2. Mehrlagige Laminatfolie, umfassend mindestens eine nichtelastomere Skinlage und mindestens eine Kernlage, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Skinlage und die mindestens eine Kernlage mindestens eine bevorzugte Aktivierungszone bilden, wobei die mindestens eine Kernlage im wesentlichen elastomer ist und wobei die Lagen im wesentlichen koextensiv sind und über der bevorzugten Aktivierungszone und mindestens einer angrenzenden nichtbevorzugten Aktivierungszone über relativ konstante mittlere Dicken verfügen, wobei mindestens eine Skinlage und/oder mindestens eine Kernlage so geschaffen werden, dass sie, wenn das mehrlagige Laminat gestreckt wird, mindestens eine bevorzugte Aktivierungszone bevorzugt gedehnt wird, und sich in der bevorzugten Aktivierungszone erholen kann, um zu einer elastischen Zone zu werden, wobei das mehrlagige Laminat und die angrenzenden mehrlagigen, nichtbevorzugten Aktivierungszonen sich nicht bevorzugt dehnen, um weitgehend nichtelastische Bereiche zu schaffen.

25. Elastisches Klebeband, umfassend das Laminat nach einem der Ansprüche 2 oder 3, bei welchem ein Bereich außerhalb mindestens einer bevorzugten Aktivierungszone ferner eine Klebstoffschicht aufweist.

27. Verfahren zum Erzeugen eines zonenaktivierbaren, nichtelastischen Laminats nach Anspruch 1 oder 2, umfassend die Schritte: Schaffen eines mehrlagigen Laminats mit elastomerem Kern und nichtelastomeren thermoplastischen Skinlagen sowie Behandeln dieses Laminats in bestimmten, vorbestimmten Zonen in einer oder in mehreren Lagen, wodurch bevorzugte Aktivierungszonen geschaffen werden, und wobei sich die bevorzugten Aktivierungszonen unter Bildung einer elastischen Zone vorzugsweise dehnen und erholen."

Wegen der mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 und/oder Patentanspruch 2 zurückbezogenen Patentansprüche 3 bis 24, dem auf den Patentanspruch 25 zurückbezogenen Patentanspruch 26 sowie der auf Patentanspruch 27 mittelbar oder unmittelbar zurückbezogenen Patentansprüche 28 und 29 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

Die Klägerin macht geltend, das Streitpatent sei nicht patentfähig, weil die Gegenstände der Patentansprüche 1, 2 und 27 nicht neu seien und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Sie bezieht sich zur Begründung u. a. auf folgende Dokumente:

US 4 507 163 (Anlage 5; A5)

US 4 464 217 (Anlage 7; A7)

US 4 300 967 (Anlage 8; A8)

US 4 731 066 (Anlage 9; A9)

US 4 880 682 (Anlage 10; A10)

US 4 834 741 (Anlage 13; A13) sowie eine auszugsweise deutsche Übersetzung davon (Anlage 13a)

US 4 087 226 (Anlage 15; A15)

US 4 525 407 (Anlage 16; A16).

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 521 883 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund steht dem Streitpatent nicht entgegen, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ i. V. m. Art. 52, 54, 56 EPÜ.

I.

1. Das Streitpatent betrifft nach der Übersetzung der Streitpatentschrift (DE 691 21 703 T2) das Gebiet der elastomeren Folien und speziell ein verbessertes elastomeres Laminat.

2. Dem Patent liegt objektiv die Aufgabe zugrunde, eine mehrlagige Laminatfolie für Anwendungen bei Wegwerfprodukten wie beispielsweise Babywindeln und Inkontinenzmitteln bereit zu stellen, die die im Stand der Technik vorhandenen, in der Patentschrift auf den Seiten 1 bis 5 beschriebenen Nachteile überwindet. Zu diesen Nachteilen gehören u. a. Probleme mit Materialien infolge hoher Temperaturen bei der Herstellung und Verarbeitung elastomerer Materialien (Streitpatentschrift S. 1 Abs. 2 bis S. 2 Abs. 1), Probleme beim Aufbringen elastomerer Folien auf flexible Substrate (Streitpatentschrift S. 3 Abs. 2), komplizierte Konstruktionsmechanismen bzw. Fertigung von Verbundmaterialien, die in bestimmten Bereichen eines Bandes elastisch sind (Streitpatentschrift S. 4/5).

3. Zur Lösung beschreibt der mit Gliederungspunkten versehene Patentanspruch 1 eine 1. Mehrlagige Laminatfolie, diea. mindestens eine nichtelastomere Skinlage undb. mindestens eine Kernlage umfasst.

2. Die mindestens eine Skinlage und die mindestens eine Kernlage bilden bevorzugte Aktivierungsbereiche und nichtbevorzugte Aktivierungsbereiche.

3. Zumindest in den bevorzugten Aktivierungsbereichen ist die mindestens eine Kernlage im wesentlichen elastomer.

4. Die mindestens eine Skinlage und/oder die mindestens eine Kernlage sind so geschaffen, dass, wenn das mehrlagige Laminat gestreckt wird, sich die bevorzugten Aktivierungsbereiche in den gedehnten Bereichen bis zu einem elastischen Zustand dehnen und erholen können.

II.

Der hier zuständige Fachmann - ein in der Entwicklung von Kunststofffolien tätiger Fachhochschulingenieur der Kunstofftechnik - entnimmt der Lehre des Streitpatents eine mindestens eine nichtelastomere Skinlage und mindestens eine zumindest bereichsweise elastomere Kernlage umfassende Laminatfolie (Merkmale 1. und 3.), wobei die Laminatfolie als Ganzes so verstreckt wird, dass in vorbestimmten Bereichen der Skinlage bzw. der Skinlagen die Elastizitätsgrenze des Materials überschritten wird, so dass, wenn sich das Laminat wieder erholt bzw. zusammenzieht, in diesen Bereichen der Skinlagen eine Mikrotextur entsteht, wie sie schematisch in Figur 2 der Patentschrift dargestellt ist (S. 8 vorle. Abs. und der die S. 29 und 30 umgreifende Abs.). In diesem Sinne versteht der Fachmann die Patentschrift zu verstehen, wenn in der Beschreibung ausgeführt ist, dass die mit Mikrotextur versehenen Bereiche den Abschnitten des Laminats entsprechen, die "von einer nichtelastischen in eine elastomere Form aktiviert worden sind" (Streitpatentschrift S. 5 Abs. 2 Zn. 8 bis 11), was auch mit "selektiver oder bevorzugter Aktivierung" bezeichnet wird (S. 5 Abs. 2 ab siebter Z. von unten).

Die vorbestimmten Bereiche der Skinlagen, in denen bei einer Streckung des Laminats die Elastizitätsgrenze überschritten und somit eine bevorzugte Aktivierung erzielt wird, kommen dadurch zustande, dass in diesen ausgewählten Querschnittsbereichen des Laminats die Werte des relativen Elastizitätsmoduls (E-Modul) kleiner als der E-Modul von angrenzenden Querschnittsbereichen und ausreichend niedrig für eine Überstreckung über die Elastizitätsgrenze hinaus sind (S. 6 Abs. 1). Die bereichsweise Vorbestimmung des E-Moduls erfolgt dabei durch Ändern physikalischer oder chemischer Eigenschaften, beispielsweise durch Ablation, Beizen, Coronabehandlung oder dergleichen (S. 6 Abs. 2). Um Bereiche mit modifizierten Modulwerten zu erhalten, kann nach dem Herstellen des Laminats beispielsweise auch kontrolliertes lokalisiertes Verstrecken des Laminats durchgeführt werden, was im Streitpatent auch als "Post-Laminatbildungsmodul"-Behandlung bezeichnet wird (S. 19, Abs. 3). Diese der lokalen Modifizierung des E-Moduls dienende Maßnahme ist nicht zu verwechseln mit dem Verstrecken des gesamten Laminats im Anschluss an diese Vorbehandlung.

Durch eine derartige Vorbehandlung des Laminats kommen Bereiche mit unterschiedlichen Modulwerten zustande. Diejenigen Bereiche, deren Modulwerte ausreichend niedrig sind, um bei einer Verstreckung des gesamten Laminats über ihre Elastizitätsgrenze verstreckt zu werden, stellen dabei nichts anderes dar, als die bevorzugten Aktivierungsbereiche gemäß dem Merkmal 2. des Patentanspruchs 1 bzw. die bevorzugten Aktivierungszonen gemäß den nebengeordneten Patentansprüchen 2 und 27 (vgl. Streitpatentschrift S. 29 Abs. 2). Was demgegenüber unter den nicht bevorzugten Aktivierungsbereichen zu verstehen ist, erschließt sich aus der Beschreibung auf S. 32 Abs. 2, die ersten acht Zeilen, nämlich die Bereiche, die beispielsweise aus einem Material mit hohem E-Modul bestehen und somit beim Verstrecken des Laminats nicht über ihre Elastizitätsgrenze hinaus gestreckt werden.

Die Aktivierung des Laminats i. S. d. Patents umfasst also folgende Schritte:

1. Festlegung bzw. Vorbestimmung von bevorzugten und nicht bevorzugten Bereichen durch Vorbehandlung zur Erzeugung unterschiedlicher E-Module, und 2. Verstrecken des gesamten Laminats derart, dass in Bereichen mit geeignetem E-Modul die Elastizitätsgrenze überschritten wird.

Insgesamt führt diese bevorzugte Aktivierung zur Elastifizierung der vorbestimmten Bereiche (Streitpatentschrift S. 6 Zn. 8 bis 12) in der Weise, als dass sich die bevorzugten Aktivierungsbereiche bei einer verwendungsgemäßen Streckung bzw. Dehnung des mehrlagigen Laminats bis zu einem elastischen Zustand dehnen und erholen können, wie es im Merkmal 4. des Patentanspruchs 1 angegeben ist.

Ausgehend von diesem Verständnis der Lehre des Streitpatents ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Neuheit ist allein schon deshalb gegeben, weil bevorzugte Aktivierungsbereiche i. S. d. Streitpatents weder in den von der Klägerin genannten Entgegenhaltungen A5 und A7 bis A10, A13 sowie A15 und A16 noch in dem in der Beschreibungseinleitung der Patentschrift genannten Stand der Technik beschrieben sind. Weitere Einzelheiten zum Stand der Technik ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der in der A13 beschriebene Stand der Technik, der dem Streitpatent am nächsten kommt, konnte dem Fachmann hinsichtlich der Lösung der dem Patent zugrunde liegenden Aufgabe keine Anregung zu einer Lehre vermitteln, wie sie im Patentanspruch 1 angegeben ist.

Wie beispielsweise aus der Figur 1 i. V. m. Beschreibung Sp. 7 Zn. 37 bis 61 der A13 hervorgeht, weist die dort beschriebene Windel eine unterseitige Lage 3 (back sheet) und eine oberseitige Lage 11 (top sheet) auf, die miteinander verbunden sind (Sp. 7 Zn. 49 bis 52) und somit eine Laminatfolie bilden (Merkmal 1). Diese Schichten bestehen aus polymeren Materialien, die aus Fasern oder Filamenten bestehen, die, wenn die Folie gestreckt wird, molekular orientiert werden, so dass die Folie dadurch eine permanente Elongation erfährt (Sp. 7 Z. 62 bis Sp. 8 Z. 4). Das bedeutet nichts anderes, als dass es sich dabei um nichtelastomere Skinlagen handelt (Merkmal 1a). Im Bund- und Beinbereich der Windel sind entlang des Folienrandes zwischen den Skinlagen 3 und 11 elastische Bänder 41, 42 angeordnet (Sp. 7 Zn. 55 bis 58), so dass das Merkmal 1b und - bis auf die Aktivierung - Merkmal 3 erfüllt sind.

In Sp. 9 Z. 46 bis Sp. 10 Z. 26 i. V. m. Figuren 4 bis 6 der A13 ist dargestellt, dass die mehrlagige Laminatfolie 43 bei der Herstellung von Windeln durch ein Paar gegenläufiger Walzen 51 läuft, die abschnittweise ineinandergreifende Erhöhungen 53 (raised portions) und Furchen 55 (corrugations) tragen, so dass die Laminatfolie im Bereich der elastischen Bänder 41, 42 - also bereichsweise - verstreckt wird. Dabei werden die Skinlagen aufgrund ihres Streckverhaltens dauerhaft gestreckt, was dazu führt, dass sich die Laminatfolie in diesem Bereich aufgrund der elastischen Eigenschaft der Bänder 41, 42 nach der Streckung zusammenzieht und Kräuselungen 57, 59 (Figuren 9 und 10) bildet, wodurch selbstverständlich der Folie im Bereich der elastischen Bänder insgesamt die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Windel erforderliche Elastizität verliehen wird, wie im Merkmal angegeben.

In der A13 ist allerdings keine Anregung dahingehend zu finden, bereichsweise den Elastizitätsmodul der Laminatfolie vor dem Verstrecken vorzubestimmen, so dass auch hier kein Gedanke an eine Aktivierung i. S. d. Streitpatents (Merkmal 2. im Anspruch 1) angestoßen wird.

Auch die übrigen, im Verfahren befindlichen Druckschriften A5, A7 bis A10 und A15, A16 können keinen Anstoß in die Richtung des Patentanspruchs 1 des Streitpatents geben, da dort nirgends ein Hinweis auf eine bereichsweise Vorbestimmung des Elastizitätsmoduls und anschließende Verstreckung des ganzen Laminats über die Elastizitätsgrenze bestimmter Bereiche hinaus zu finden ist und insoweit eine Aktivierung i. S. d. Streitpatents nicht angestoßen wird. Die Entgegenhaltungen A7 bis A10 sind im Übrigen in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffen worden.

So beschreibt die A5 eine Windel (Figur 3 i. V. m. Sp. 4 Zn. 13 bis 26), welche zwei unelastische Folien (inelastic backing web 51; inelastic facing web 53) aufweist, zwischen welche im Randbereich vorgespannte bzw. gedehnte elastische Bänder (stretched elastic member 55, 56) eingeklebt sind. Es handelt sich also um eine mehrlagige Laminatfolie, die - zumindest im Randbereich - mindestens eine nichtelastomere Skinlage und mindestens eine Kernlage umfasst, so dass die Merkmale 1a und 1b gegeben sind. Durch Behandeln mit einem Lösungsmittel werden die Enden 57 der elastischen Bänder 55, 56 unelastisch gemacht (A5, Sp. 4 Zn. 1 bis 8 und Zn. 22 bis 26), was nichts anderes bedeutet, als dass in bevorzugten Bereichen, zwischen den Endbereichen 57, die Kernlage im Wesentlichen elastomer ist, so dass die Merkmalsgruppe 3. bis auf das Merkmal der Aktivierung gegeben ist. Die elastischen Bänder 55, 56 ziehen im Mittelbereich der Windel (central portion of the diaper) das Laminat zusammen. Beim Gebrauch der Windel kann der Mittelbereich selbstverständlich dementsprechend gedehnt werden und kann sich auch wieder zusammenziehen, so dass dort die mindestens eine Skinlage und/oder die mindestens eine Kernlage so geschaffen sind, dass, wenn das mehrlagige Laminat gestreckt wird, sich die gedehnten Bereiche bis zu einem elastischen Zustand dehnen und erholen können. Insoweit liegen zwar auch bei der A5, wie dort in Sp. 2 Zn. 5 bis 12 ausgeführt, vorbestimmte Bereiche mit elastischen Eigenschaften und inelastische Bereiche vor. Von einer Aktivierung i. S. d. Streitpatents ist aber wiederum nichts zu finden.

Die A15 beschreibt eine Vorrichtung mit einer Profilwalzenanordnung zum Querverstrecken einer Folienbahn (Anspruch 1). Aus Sp. 1 Zn. 48 bis 52 der A15 geht hervor, dass bei Verwendung einer solchen Vorrichtung streifenförmige Zonen in der Folienbahn erzeugt werden können, die sich hinsichtlich ihres Verstreckungsgrades deutlich unterscheiden. Von einer mehrschichtigen Laminatfolie mit inelastischen Skinlagen und elastischer Kernlage ist dort ebensowenig die Rede, wie von bereichsweise unterschiedlichem Elastizitätsmodul und einer Verstreckung über die Elastizitätsgrenze hinaus.

Die A16 zeigt einen folienartigen Verbundwerkstoff (etwa Figuren 2,3, 8, 11 i. V. m. Beschreibung Sp. 3 Zn. 16 bis 36, Sp. 4 Zn. 8 bis 21 und Zn. 35 bis 43 und Anspruch 1), der aus mehreren Lagen besteht (z.B. Figuren 1, 2 und 5), welche miteinander verbunden sind, etwa durch Wärmeverschweißen (Figur 14 i. V. m. Sp. 5 Zn. 3 bis 17; "heat sealed three layer composite 228"). In der A16 wird also eine mehrlagige Laminatfolie beschrieben (Merkmal 1). Es ist mindestens eine Lage (20; 210) aus einem elastischen Material ("elastic member) vorhanden, welche sich beispielsweise zwischen zwei Lagen (28, 30; 214, 216) eines Substrats befindet (Figuren 5, 14). Dabei ist das Substrat weniger dehnbar und weniger elastisch als das elastische Element (Sp. 2 Z. 66 bis Sp. 3 Z. 5, Sp. 3 Zn. 41 bis 48) und umfasst beispielsweise Polypropylen oder Polyethylen (Sp. 5 Zn. 7 bis 11). Insgesamt bedeutet dies, als dass mindestens eine nichtelastomere Skinlage und mindestens eine elastische Kernlage vorhanden sind, so dass Merkmale 1a und 1b erfüllt sind. Aus den Figuren 7 bis 9 i. V. m. Sp. 3 Z. 64 bis Sp. 4 Z. 21 der A16 geht hervor, dass, wenn die mehrlagige Laminatfolie gestreckt wird, die Skinlage eine dauerhafte Verlängerung bzw. Dehnung erfährt ("The substrate extends and untergoes permanent elongation ..."). Wird die Folie losgelassen, so geht sie auf ihre Ausgangslänge zurück. Dabei wird die dauerhaft gedehnte Skinlage gekräuselt ("puckered"), wenn sich die Folie wieder zusammenzieht. Dies ist mit der Art und Weise, wie sie in A13 beschrieben ist, vergleichbar.

Die A10 beschreibt eine mehrschichtige koextrudierte Folie (Anspruch 1), also eine mehrlagige Laminatfolie. Nach Anspruch 1, Figuren 1 und 2 i. V. m. Beschreibung umfasst diese Laminatfolie wenigstens eine thermoplastische Skinlage 12 ("thermoplastic skin layer"), die im Wesentlichen inelastisch ist (Sp. 5 Zn. 45 bis 47), und eine elastomere Kernlage 11 ("elastomeric core layer"). Somit sind die Merkmalsgruppen 1., 1a. und 1b. erfüllt. Wie in Sp. 2 Zn. 3 bis 19 der A10 ausgeführt, wird nach der Herstellung der die zwei inelastischen Skinlagen und die elastomere Kernlage umfassenden Laminatfolie durch Coextrusion (Schritt (a)) die Laminatfolie auf wenigstens 100 % ihrer Ausgangslänge gestreckt (Schritt (b)) und die gestreckte Folie relaxiert (Schritt (c)). Dieser Vorgang erzeugt eine Folie, bei der die Skinlage eine wellenförmige Mikrostruktur ("microundulations") hat (vgl. Streitpatentschrift S. 8 Mitte: "Mikrostruktur bedeutet ..."). Das bedeutet, dass die gesamte Laminatfolie der A10 i. S. d. Streitpatents aktiviert ist (vgl. Merkmal 2.) und dass die Kernlage im Wesentlichen elastomer ist (Merkmal 3.). Insgesamt sind dort die Skinlagen und die Kernlage so beschaffen, dass die Folie elastisch ist und dadurch Erzeugnisse aus dieser Folie u. a. eine besondere Passform erhalten (Sp. 1 Z. 67 bis Sp. 2 Z. 2 der A10).

Davon unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruch 1 des Streitpatents dadurch, dass nicht ein einzelner Aktivierungsbereich, sondern mehrere solche bevorzugte Aktivierungsbereiche und nichtbevorzugte Aktivierungsbereiche vorhanden sind. Dagegen enthält die A10 keine Anregung, anstelle der gesamten Laminatfolie selektiv bestimmte Bereiche zu aktivieren, um die dem Patent zugrunde liegende Aufgabe zu lösen.

Entsprechendes gilt für die in den Druckschriften A7, A8 und A9 beschriebenen Gegenstände. Die A7 betrifft die Herstellung von Windeln, wobei elastische Elemente in Form von Bändern 42 auf einem feuchtigkeitsundurchlässigen Gewebe 40 befestigt werden (Figur 3 i. V. m. Beschreibung Sp. 5 Z. 25 bis Sp. 6 Z. 22). Die elastischen Bänder werden vor dem Befestigen am Gewebe 40 abschnittweise vorgespannt, so dass schließlich im entspannten Zustand elastische Abschnitte entstehen (Figur 5 i. V. m. Sp. 7 Zn. 3 bis 52).

In der A8 geht es um mehrlagige Laminatfolien, beispielsweise zur Herstellung von Windeln (Figur 1 i. V. m. Sp. 4 Zn. 43 bis 61). Elastische Bänder 30, die in vorgespanntem Zustand zwischen inelastische Skinlagen (facing sheet 21, backing sheet 22) laminiert sind, ziehen sich nach dem Herstellungsprozess zusammen und verleihen der Folie elastische Eigenschaften (Sp. 6 Zn. 28 bis 40). Die jeweiligen Endbereiche 31 der Bänder sind nach entsprechender Vorbehandlung inelastisch (Sp. 6 Zn. 1 bis 11).

Die in A9 beschriebene Windel (Figuren 1 bis 3 i. V. m. Sp. 2 Z. 67 bis Sp. 3 Z. 21) weist zwei Skinlagen 32 und 38 aus dehnbarem Gewebe und eine elastische Kernlage 36 auf, wobei die Windel in den Bundbereichen gedehnt werden kann.

An der Feststellung der Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 kann auch der übrige, in der Beschreibung des Streitpatents dargestellte Stand der Technik, soweit dieser vorveröffentlicht ist und der im Verfahren im Übrigen keine Rolle gespielt hat, nichts ändern. Denn wie der Senat im Einzelnen nachgeprüft hat, gehen die dort genannten Druckschriften nicht über den vorher abgehandelten Stand der Technik hinaus oder liegen noch weiter davon ab. Im Einzelnen geht es dort um spezielle Polymerzusammensetzungen, Zusatzstoffe, Herstellung von Folien und Laminaten durch Spritzgießen, mikroporöse Folien, die Befestigung von Verschlussbändern an Laminaten sowie die Elastifizierung von Laminaten durch Aufkleben vorgespannter elastischer Bänder oder durch wärmeschrumpfbare Polymerfolien.

Da - wie oben aufgezeigt - in dem in Betracht gezogenen Stand der Technik die Gesamtheit der die bevorzugten Aktivierungsbereiche betreffenden, im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale im Einzelnen nicht nachgewiesen werden konnte, führt auch eine zusammenschauende Betrachtung sämtlicher Entgegenhaltungen zu keinem anderen Ergebnis.

Da der nebengeordnete Patentanspruch 2, der sich ebenfalls auf eine mehrlagige Laminatfolie bezieht, der nebengeordnete Patentanspruch 25, der ein Klebeband, umfassend das Laminat gemäß Patentanspruch 2, zum Gegenstand hat, und der nebengeordnete Patentanspruch 27, der ein Verfahren zur Erzeugung eines Laminats nach Anspruch 1 oder 2 betrifft, jeweils ebenfalls die bevorzugten Aktivierungsbereiche bzw. Aktivierungszonen als wesentliches Merkmal angeben, haben i. V. m. den Ausführungen zum Patentanspruch 1 auch diese Ansprüche Bestand.

Bestand haben i. V. m. den Ansprüchen 1, 2, 25 und 27 auch die jeweils darauf rückbezogenen Ansprüche, da diese jeweils vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen angeben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.






BPatG:
Urteil v. 25.07.2006
Az: 3 Ni 30/03


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