Hessisches Landessozialgericht:
Beschluss vom 21. Januar 2014
Aktenzeichen: L 1 KR 218/13 B
(Hessisches LSG: Beschluss v. 21.01.2014, Az.: L 1 KR 218/13 B)
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Hauptsacheverfahren streitig, ob der Kläger Anspruch auf Krankengeld über den 17. März 2013 hinaus hat.
Mit Bescheid vom 12. April 2013 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger ab dem 18. März 2013 keinen Anspruch auf Krankengeld hat. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2013 wies sie den hiergegen erhobenen Widerspruch zurück.
Am 21. Juni 2013 hat der Kläger durch seinen in Malta residierenden Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt B., vor dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Am gleichen Tag ist bei dem Sozialgericht das Schreiben des Klägers vom 20. Juni 2013eingegangen. Hierin erklärt der Kläger, er habe mit B.glücklicherweise einen Anwalt finden können, welcher ihn vertreten könne und hierzu auch bereit sei. Nur wenige Anwälte würden sich im Sozialrecht auskennen.
Mit Beschluss vom 25. Juni 2013 hat das Sozialgericht dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aufgegeben, innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Beschlusses einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, der im Inland wohnt und dort einen Geschäftsraum hat. Ferner hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass innerhalb der Frist kein Zustellungsbevollmächtigter benannt wird, gemäß §§ 36, 202Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 184 Abs. 1 Satz 2Zivilprozessordnung (ZPO) spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift der Partei zur Post gegeben wird.Dieser Beschluss ist dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 28.Juni 2013 zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 25. Juni 2013 hat das Sozialgericht den Prozessbevollmächtigten des Klägers um Mitteilung dazu gebeten, bei welcher Rechtsanwaltskammer er Mitglied ist, ob er die Fähigkeit zum Richteramt in Deutschland oder in Malta habe und ob er zu dem Kläger in verwandtschaftlicher Beziehung stehe.
Der Beschluss vom 25. Juni 2013 sowie das Schreiben vom 25. Juni 2013 sind dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Einschreiben und Rückschein übersandt worden.
Mit bei dem Sozialgericht Gießen am 5. Juli 2013 eingegangenem Schreiben hat der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er angeführt, dass § 184ZPO allein die Pflicht zur Bestellung eines in Deutschland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten für die Partei vorsehe, wenn sie keinen Prozessbevollmächtigten bestellt habe. Die Pflicht eines Prozessbevollmächtigten, einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen, sei der deutschen Rechtsordnung fremd. Eine Zustellung gemäß § 30 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) bewirke nur eine Zustellung an den Rechtsanwalt und nicht an die Partei innerhalb eines Gerichtsverfahrens. Insoweit sei zu unterscheiden zwischen dem Prozessbevollmächtigten im Sinne der ZPO und dem Rechtsanwalt im Sinne der BRAO. Soweit ein Gericht einem Rechtsanwalt im Sinne von § 30 BRAO zustelle, fehle der Zustellungswille an die Partei.Zudem gelte diese Norm lediglich für Anwälte ohne Kanzlei. Im Übrigen seien nach dem Gemeinschaftsrecht Unterscheidungen wegen Staatsangehörigkeit, Sitz oder Aufenthalt unzulässig. Der Beschluss verletze das Gleichbehandlungsgebot. Eine Residenzpflicht sei mit der Richtlinie 98/5/EG nicht vereinbar. Ferner sei Art. 47 Abs. 2S. 2 der EU-Menschenrechtscharta anzuwenden. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers müsse Nachteile im Umgang mit den jeweiligen nationalen Behörden und Gerichten nicht hinnehmen.Die Regelungen der Charta würden die Regelungen der BRAOverdrängen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers pflege einen Kanzleisitz wie Rechtsanwalt C.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 25. Juni 2013aufzuheben und dem Kläger unter Beiordnung von Rechtsanwalt B.Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Die Rechtsanwaltskammer Köln hat unter dem 9. September 2013mitgeteilt, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Rechtsanwaltskammer Köln zugelassen und von der Pflicht gemäß § 27Abs. 1 BRAO befreit ist. Rechtsanwalt C. sei der gemäß § 30 Abs. 1BRAO eingetragene Zustellungsbevollmächtigte.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Beratung waren, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Gemäß § 172 Abs. 2 SGG können prozessleitende Verfügungen nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Unter prozessleitende Verfügungen fallen z.B. Beschlüsse über die Anordnung der öffentlichen Zustellung oder Anordnung einer bestimmten Zustellung (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar,10. Aufl., § 172 Rn. 6a). Hierzu zählt auch die Anordnung,Informationen mitzuteilen, die für eine bestimmte Zustellung erforderlich sind, wie z.B. die Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen (vgl. Bayerischer VGH,Beschluss vom 7. November 2013, 7 C 13.1766, juris). Damit ist die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 25. Juni 2013bereits nicht statthaft.
Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer in seinen rechtlich geschützten Interessen (hierzu vgl. Keller in:Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 54 Rn. 10) verletzt ist.Vorliegend ist dem Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers mit dem angegriffenen Beschluss lediglich aufgetragen worden, den Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Diese Aufforderung kann keine rechtlich geschützten Interessen verletzen, da die Angaben zu den gemäß § 30 Abs. 1 BRAO zu benennenden Zustellungsbevollmächtigten über das von der Bundesrechtsanwaltskammer gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BRAO zu führende elektronische Anwaltsverzeichnis öffentlich zugänglich sind (www.rechtsanwaltsregister.org).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet, da die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 73a SGG in Verbindung mit § 114 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Hessisches LSG:
Beschluss v. 21.01.2014
Az: L 1 KR 218/13 B
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