Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 16. Mai 2006
Aktenzeichen: 11 U 45/05

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 16.05.2006, Az.: 11 U 45/05)

Tenor

1) Auf die Berufung der Klägerinnen wird die Kostenentscheidungdes Landgerichts dahingehend abgeändert, dass die durch die Säumnisdes Beklagten im Termin vom 13.5.2004 verursachten Kosten demBeklagten auferlegt werden.

2) Im Übrigen wird die Berufung der Klägerinnen gegen das am28.7.2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LandgerichtsFrankfurt € 2-03 0 15/04 € zurückgewiesen.

3) Die Klägerinnen tragen die Kosten desBerufungsverfahrens.

4) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5) Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A. Die Klägerin zu 1 ist Inhaberin der Marken €A€, die (auch) in Deutschland für Waren wie €Uhren€ und €Schmuck€ eingetragen sind, die Klägerin zu 2 handelt mit -A-Schmuck Sie hat die (hochpreisigen)-Schmuck-Modelle €B€ entwickelt, die aus goldenen Armreifen, Ringen und Colliers bestehen und insbesondere dadurch gekennzeichnet sind, dass auf ihnen eine Reihe umlaufender, reliefartig hervorgehobener C zu sehen sind und dass der Rand der Schmuckstücke von einer erhabenen Borte gebildet wird. Der Beklagte ist bei D unter der Bezeichnung E registriert. Vom 11. bis zum 18.6.2004 wurde unter dieser Bezeichnung zum Preis von 30 € ein Halsband zum Verkauf angeboten, das ebenfalls eine Reihe umlaufender, reliefartig hervorgehobener C zeigt und dessen Rand ebenfalls von einer erhabenen Borte gebildet wird.

Die Klägerinnen haben den Beklagten wegen dieses Angebots aus dem Markenrecht der Klägerin zu 1. aus dem Urheberrecht der Klägerin zu 2 sowie aus Wettbewerbs- und Deliktsrecht auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat den Beklagten zunächst durch Versäumnisurteil vom 13.5.2004 antragsgemäß verurteilt. Nachdem der Beklagte gegen dieses ihm am 7.6.2004 zugestellte Versäumnisurteil am 21.6.2004 Einspruch erhoben hat, hat das Landgericht zunächst aufgrund des Beschlusses vom 30.9.2004 Beweis erhoben durch Vernehmung der Ehefrau des Beklagten als Zeugin und dann durch Urteil vorn 28.7.2005 die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung ist im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Beklagte habe behauptet, der Schmuck sei, von seiner Ehefrau ohne sein Wissen auf dem Account €E€ eingestellt worden. Dass dieses Vorbringen unzutreffend sei, hätten die Klägerinnen nicht nachzuweisen vermocht. Die Ehefrau des Beklagten habe deren diesbezügliche Behauptungen nicht bestätigt, sondern vielmehr bekundet, sie habe den Zettel mit den erforderlichen Zugangsdaten in ihrem Schreibtisch gefunden; der Beklagte habe hiervon keine Kenntnis besessen und in der fraglichen Zeit den Account auch nicht selbst benutzt. Der Beklagte habe ihr die Nutzung des Accounts auch nicht gestattet. Zwar bestünden Zweifel an der Richtigkeit dieser Bekundungen; diese reichten jedoch nicht aus, um die gesamte Aussage als erfunden und die gegenteiligen Behauptungen der Klägerinnen als bewiesen anzusehen.

Mit ihrer Berufung vertiefen die Klägerinnen zunächst ihr Vorbringen zu urheberrechtlichen Schutzfähigkeit der Schmucklinie €B€ und zum Vorliegen einer unfreien Bearbeitung durch das auf dem Account des Beklagten angebotene Schmuckstück. Ferner wenden sie sich € vor allem - gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts. Das Vorbringen des Beklagten, er habe nach dem Einrichten des Accounts diesen zunächst selbst genutzt, um für seinen Schwager in O2 Elektroradios zukaufen, diese Tätigkeit aber nach einigen Wochen wieder eingestellt, sei unzutreffend. Schon 13 Tage nach dem Einrichten des Accounts, nämlich am 12.5.2003, seien dort Damenschuhe zum Verkauf angeboten worden; dies belege, dass der Beklagte und seine Ehefrau den Account gemeinsam genutzt hatten. Bei einem am 12.7.2003 durchgeführten Testkauf habe sich ergeben, dass das Girokonto der Ehefrau des Beklagten bei D registriert sei; dies indiziere ebenfalls, dass der Account zur gemeinsamen Nutzung bestimmt gewesen sei. Innerhalb eines Monats seien über den Account 43 Gegenstände zum Verkauf angeboten worden, unter denen sich acht Gemälde mit Startpreisen von 150 € bis 350 € befunden hätten; es widerspreche der Lebenserfahrung, dass die Ehefrau des Beklagten derartig teure Gemälde ohne Zustimmung des Beklagten zum Verkauf geboten habe. Am 2.7.2003 sei dann wieder ein €F€-Artikel angeboten worden, der dem Beklagten selbst zuzuordnen sei; auch dies belege die gemeinsame Nutzung des Accounts durch den Beklagten und seine Ehefrau. Das Angebot mehrerer neuwertiger €G€-Handtücher unter dem Account zeige, dass der Beklagte und seine Frau im geschäftlichen Verkehr und zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt hätten.

Zwischen dem Vorbringen des Beklagten und der Bekundung seiner Ehefrau als Zeugin bestünden zudem unauflösliche Widersprüche. So habe der Beklagte behauptet, er habe den Zettel mit den Zugangsdaten zum Account € E€ in seinem Schreibtisch verschlossen verwahrt; demgegenüber habe seine Ehefrau bekundet, der Zettel sei unverschlossen in der Schublade ihres Schreibtisches gelegen. Es habe überdies für den Beklagten auch keinen Grund gegeben, den Zugang zum Account vor seiner Frau geheim zu halten. Dem Beklagten hätten die Verkaufsaktivitäten seiner Ehefrau, insbesondere hinsichtlich der Gemälde nicht verborgen bleiben können. Die Ehefrau des Beklagten habe auch zur Benutzung der E-Mail-Adresse €E@...de€widersprüchliche Angaben gemacht. Angesichts der schlechten Deutschkenntnisse der Ehefrau des Beklagten sei es unwahrscheinlich, dass diese selbständig in der Lage gewesen sei, Verkaufsangebote ins Netz zu stellen. Es treffe auch nicht zu, dass der Beklagte zur fraglichen Zeit häufig ortsabwesend gewesen sei und dass es € wie er im Berufungsrechtszug behauptet habe € in seiner Wohnung nur einen Schreibtisch gebe. Schließlich treffe den Beklagten die Beweislast für die von ihm behaupteten Aktivitäten seiner Ehefrau, da die Klägerinnen hiervon keine Kenntnis besitzen könnten.

Die Klägerinnen beantragen,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurts am Main vom 28.7.2005 €Az. 23 O 15/04 €wie folgt zu verurteilen: 1) Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung bei Meidung von Ordnungsgeld bis € 250.000, im Falle der Nichtbeitreibbarkeit von Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, 1) gegenüber der Klägerin zu 2) ohne deren Einwilligung hergestellter und/oder erstmals in den Verkehr gebrachte Schmuckstücke, nämlich Ringe, Ohrstecker, Armreifen oder Colliers mit folgenden Merkmalen anzukündigen, feilzuhalten, in die Bundesrepublik Deutschland ein- oder auszuführen, an den Lieferanten zurückzugeben und/oder sonst in den Verkehr zu bringen:

Zwischen zwei Randborten befindet sich ein Reliefhintergrund; die Randborten bestehen aus nebeneinander angeordneten Einzelgliedern; der Reliefhintergrund besteht aus aneinander anstoßenden plattenartigen rechteckigen Segmenten; diese plattenartigen rechteckigen Segmente sind durch schraubenkopfartige Zwischenglieder miteinander verbunden; jedes dieser rechteckigen Segmente wird oben und unten von unterbrochenen Bortengliedern eingefasst; auf mehreren Segmenten des Reliefhintergrundes sind in plastischer Erhebung prozessionsartig umlaufende, katzenartige Raubtiere (Sog. €C€) in Seitenansicht angebracht; dies gemäß nachfolgenden Abbildungen:

(Es folgt eine Ablichtung, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann € die Red.).

2) gegenüber der Klägerin zu 1) im geschäftlichen Verkehr ohne deren Einwilligung hergestellte und/oder erstmals in den Verkehr gebrachte Schmuckstücke unter Bezugnahme auf €A€ zu bewerben, wenn dies durch Formulierungen wie €Halsband (Art A)€ und/oder €A-Art€ und/oder €fon A Haus€ geschieht.

II) Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen und zwar der Klägerin zu 2) im Hinblick auf das Schmuckstück der im Klageantrag zu I.1 beschriebenen und abgebildeten Art und zwar unter Beifügung der entsprechenden Belegkopien, nämlich insbesondere Kopien des Bestellschreiben, der Auftragsbestätigung und der Rechnung des Lieferanten über: Namen und Anschriften von Lieferanten Namen und Anschriften anderer Vorbesitzer Namen und Anschriften von gewerblichen Abnehmern Mengen der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Warenstücke Einkaufsmengen, Einkaufszeiten, Einkaufspreise Umsatz Gewinn der Klägerin zu 1) über das Ausmaß der im Antrag zu I.2 beschriebenen Handlungen.

III) Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der jeweiligen Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin zu 1) aus den im Antrag I.2 und der Klägerin zu 2) aus den im Antrag I.1] beschriebenen Handlungen entstanden ist bzw. noch entstehen wird.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er bestreitet erneut, den Account gemeinsam mit seiner Ehefrau genutzt zu haben. Zudem sei er € so behauptet er € in der fraglichen Zeit zum Zweck der Gründung eines Unternehmens, das den Vertrieb von in Polen gefertigten Fensterelementen zum Gegenstand gehabt habe, häufig für mehrere Tage ortsabwesend gewesen. Die bei D angebotenen Gemälde hätten seiner Frau gehört, von der sie auch gemalt worden seien. In seiner Wohnung habe es nur einen Schreibtisch gegeben, der gemeinsam von ihm und von seiner Ehefrau genutzt worden sei. Die Beziehung zu seiner Ehefrau, von der er nunmehr getrennt lebe, sei schon zur fraglichen Zeit nicht mehr sehr eng gewesen.

B. Die Berufung der Klägerinnen ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben und begründet, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob der Klägerin zu 1 ein Markenrecht an der Beziehung €A€ und der Klägerin zu 2 ein Urheberrecht an der Schmucklinie €B€ zusteht. Ebenso kann dahin stehen, ob durch das Angebot der streitbefangenen Halskette diese Rechte verletzt worden sind oder gegen Wettbewerbsrecht verstoßen worden ist. Denn der Beklagte ist für etwaige Rechtsverletzungen nicht verantwortlich.

I). Unbegründet mangels Passivlegitimation des Beklagten ist zunächst der auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten gerichtete Klageantrag. Die Grundsätze der Störerhaftung, auf die sowohl die Klägerinnen als auch das Landgericht abgestellt haben, gelten nur für den Unterlassungsanspruch, nicht dagegen für den Schadensersatzanspruch (BGH GRUR 2002,618, 619€ Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 253 € Internet-Versteigerung). Insoweit kommen vielmehr allein die Regeln des § 830 BGB über Täterschaft und Teilnahme zur Anwendung (BGH GRUR 1994, 363, 365 € Holzhandelsprogramm; BGHZ 158, 236, 253 € Internet-Versteigerung). Schadensersatzpflichtig könnte der Beklagte also nur sein, wenn erwiesen wäre, dass er entweder allein oder in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit seiner Ehefrau das streitbefangene Angebot ins Netz gestellt hat (Mit-Täterschaft) oder vorsätzlich seiner Frau zu deren ebenfalls vorsätzlicher Handlung Beihilfe geleistet hat, etwa durch bewusste Überlassung seines Accounts und im Bewusstsein der Möglichkeit marken-, urheberrechts- oder wettbewerbswidriger Verkaufsaktionen seiner Ehefrau; denn eine fahrlässige Beihilfe gibt es auch im gewerblichen Rechtsschutzes nicht (BGH GRUR 2003; 624, 626€ Kleidersack; BGHZ 155, 189, 199€ Buchpreisbindung).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch das Landgericht steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass der Beklagte die streitbefangene Halskette in bewusstem Zusammenwirken mit seiner Ehefrau auf seinem D-Account angeboten hat oder dass er von der Tatsache, dass seine Ehefrau dieses Angebot unter seinem Account ins Netz gestellt hat, Kenntnis hatte. Hiergegen sprechen vor allein die zahlreichen orthographischen und grammatikalischen Fehler, die im Angebot vom 11.6.2003 und in der begleitenden Produktbeschreibung enthalten sind (€Halsband€, €tupische simwol fon A Haus. Seher seltene schöne stuk. Gekauft habe in O3€). Diese sprachlichen Unzulänglichkeiten weisen vielmehr deutlich darauf hin, dass die lettische Ehefrau des Beklagten, die der deutschen Sprache nur wenig mächtig ist, das Angebot selbständig formuliert und ins Netz gestellt hat. Hätte der Beklagte, der deutscher Staatsangehöriger ist, dieses Angebot selbst ins Netz gestellt, seiner Ehefrau zusammengewirkt oder von dem von seiner Ehefrau verfassten Angebotstext Kenntnis besessen, so wäre zu erwarten gewesen, dass er im Interesse der Verständlichkeit des Angebots und damit des angestrebten Verkaufserfolgs das Angebot in eine korrekte sprachliche Form gebracht oder doch jedenfalls die gröbsten Fehler eliminiert hätte. Hinzu kommt, dass die Ehefrau des Beklagten bei ihrer Vernehmung seine Behauptung bestätigt hat, er sei zur fraglichen Zeit häufig beruflich unterwegs gewesen; greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Ehefrau des Beklagten insoweit die Unwahrheit gesagt hat, bestehen nicht. Danach erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der Beklagte von dem Angebot der streitbefangenen Halskette durch seine Ehefrau keine Kenntnis hatte.

Damit kommt nur noch eine Verantwortlichkeit des Beklagten im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs nach den Grundsätzen über die sog. Störerhaftung in Betracht.

Störer ist grundsätzlich, wer eine Rechtsverletzung willentlich und adäquat- kausal herbeiführt (BGHZ 148, 13, 17 - ambiente.de; BGHZ 158, 236, 251 € Internet- Versteigerung). Verantwortlicher Störer kann aber auch derjenige sein, der die Möglichkeit einer Rechtsverletzung, zu der er einen adäquat- kausalen Betrag geleistet hat, nicht erkannt hat, sie aber hätte erkennen und mit zumutbaren Mitteln verhindern können. Zu Recht wird darum in der Rspr. nunmehr überwiegend auch darauf abgestellt, ob es dem als Störer in Anspruch Genommenen, der nur durch Einsatz organisatorischer oder technischer Mittel an der von einem anderen vorgenommenen Verletzungshandlung beteiligt gewesen ist, möglich und zumutbar war, die Rechtverletzung zu verhindern (BGH GRUR 1984, 54, 55 f€ Kopierläden; BGH GRUR 1999, 418, 420€Möbelklassiker). Dieses Abgrenzungskriterium erscheint auch dem Senat sachgerecht.

Dass der Beklagte von den Verkaufsaktivitäten seiner Ehefrau bei D schlechthin keine Kenntnis hatte, erscheint nach dein Ergebnis der Beweisaufnahme zweifelhaft. Zunächst hat die Ehefrau bei ihrer Zeugenvernehmung die Behauptung des Beklagten, er habe das Passwort zu seinem D-Account in seinem verschlossenen Schreibtisch verwahrt, nicht bestätigt; die Zeugin hat vielmehr bekundet, der Zettel mit dem Passwort habe unverschlossen in ihrem Schreibtisch gelegen. Dies spricht dagegen, dass der Beklagte von der Absicht geleitet war, eine Benutzung des Accounts durch seine Ehefrau zu verhindern. Wenig plausibel erscheint auch die Bekundung der Ehefrau des Beklagten, sie habe zwar ihrem Mann normalerweise alles erzählt, aber gerade über ihre D-Aktivitäten mit ihm nicht gesprochen, weil sie von ihm nicht danach gefragt worden sei. Schließlich haben die Klägerinnen nachgewiesen, dass die Verkaufsaktivitäten der Ehefrau des Beklagten bereits zu einem Zeitpunkt eingesetzt haben, zu dem der Beklagten nach seinem eigenen Vorbringen den Account noch selbst benutzt hat; danach kann ihm jedenfalls der Beginn dieser Aktivitäten nicht verborgen geblieben sein. Nach Auffassung des Senats spricht darum mehr dafür, dass der Beklagte zwar nicht vom Angebot der streitbefangenen Halskette, wohl aber von der Benutzung dieses Accounts zur Einstellung von Verkaufsangeboten durch seine Ehefrau Kenntnis hatte oder doch hiermit rechnete.

Dem Beklagten war es indes aufgrund dieser lediglich allgemeinen Kenntnis von den Verkaufsaktivitäten seiner Ehefrau nicht zuzumuten, den Account für seine Frau zu sperren oder sich die Angebote, die sie über den Account ins Netz zu stellen gedachte, zur Prüfung auf mögliche Rechtsverstöße vorlegen zu lassen. Dies wäre nur dann erforderlich gewesen, wenn er konkrete Anhaltspunkte dafür gehabt hätte, dass es bei der Fremdbenutzung des Accounts zu Rechtsverletzungen gekommen ist (vgl. BGHZ 158, 236. 252 € Internet-Versteigerung). Für Fälle wie den vorliegenden, in denen es an derartigen Anhaltspunkten fehlt, gilt dies jedoch nicht.

Eine Pflicht des Beklagten zur Überwachung des Zugangs seiner Ehefrau zu einem D-Account würde eine Beeinträchtigung der durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten Chance der Eheleute zur eigenverantwortlichen Gestaltung ihres Zusammenlebens darstellen. Demgegenüber sind die durch Art. 14 GG gewährleisteten gewerblichen Schutzrechte der Klägerinnen durch das erstmalige und einmalige Angebot rechtsverletzender Ware zum Verkauf im Internet allenfalls marginal beeinträchtigt, dies gilt umso mehr, als lediglich eine Halskette von geringerem Wert angeboten worden ist. Hinzu kommt, dass es den Klägerinnen ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Klage auf die Ehefrau des Beklagten zu erweitern oder die Ehefrau anstelle des Beklagten auf Unterlassung Auskunft und Schadensersatz in Anspruch zu nehmen und so die geschehene Schutzrechtsverletzung in vollem Umfang zu sanktionieren. In dieser Situation muss die gebotene Abwägung nach Auffassung des Senats zugunsten des Beklagten ausfallen.

III) Ein Zurechnung nach den §§ 100 UrhG, 14 Abs. 7 MarkenG, 8 Abs. 2 UWG kommt selbst dann, wenn man den Begriff des €Unternehmens€ im Sinn dieser Bestimmungen weit versteht, nicht in Betracht. Als entscheidend ist insoweit anzusehen, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Erträge aus den Geschäften, die die Ehefrau des Beklagten unter Benutzung des D-Accounts des Beklagten getätigt hat, dem Beklagten zugute gekommen sind. Gerade hierin ist aber der Grund für die Zurechnung der Rechtsverletzung an den Unternehmensinhaber im Rahmen der genannten Bestimmungen zu sehen (vgl. etwa Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., 3006, § 100 Rz. 4).

IV) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO sowie hinsichtlich der Abänderung der landgerichtlichen Kostenentscheidung auf den §§ 308 Abs. 2, 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 713 ZPO.






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 16.05.2006
Az: 11 U 45/05


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