Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. April 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 236/03

(BPatG: Beschluss v. 06.04.2004, Az.: 27 W (pat) 236/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. Mai 2003 aufgehoben.

Die Löschung der Marke 302 49 107 "TRITON" wird aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 300 27 198 angeordnet.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wortmarke TRITON für die Ware "kreditkartengroßer, leistungsstarker Single Board Computer für mobile und stationäre Anwendungen mit geringem Stromverbrauch" ist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Wortmarke Triatoneingetragen unter der Nr. 300 27 198 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 37 bis 42, u.a. für "elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Geräte als Zusatz für einen Fernseher oder für andere elektronische Geräte; mit Programmen versehene maschinenlesbare Datenträger aller Art; belichtete und unbelichtete Filme; bespielte und unbespielte Kassetten, CDs, CDRoms, Tonbänder und andere Datenträger; interaktive, elektronische, anwendungsorientierte Software auf Datenträgern sowie Hardware, soweit in Klasse 9 enthalten, zu ihrer Anwendung; Software zur Archivierung von Daten, soweit in Klasse 9 enthalten".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 28. Mai 2003 den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Trotz bis zur Identität reichender hochgradiger Warenähnlichkeit halte die jüngere Marke den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke noch ein. Denn in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht könne der Verkehr beide Zeichen wegen des in der älteren Marke enthaltenen zusätzlichen Vokals "a" ausreichend auseinanderhalten, weil er "silbenzäsurändernd" wirke. Eine Verwechselbarkeit werde zusätzlich noch dadurch reduziert, dass die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres den abweichenden Begriffsinhalt von "Triton" für die griechische Meeresgottheit einerseits und die Anlehnung der jüngeren Marke an das bekannte Wort "Triathlon" andererseits erkennen würden. Da auch Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr nicht ersichtlich seien, sei der Widerspruch zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor: Beide Zeichen würden für identische Waren beansprucht, weil die für die angegriffene Marke geschützte Einzelware unter die im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Oberbegriffe falle. Die Widerspruchsmarke sei entgegen der Ansicht der Inhaberin der angegriffenen Marke auch zumindest normal kennzeichnungskräftig. Da der Verkehr in der Regel die einander gegenüberstehenden Marken nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnehme und seine Auffassung nur aufgrund einer undeutlichen Erinnerung gewinne, könne er den einzigen Unterschied der ansonsten identischen Marken leicht übersehen oder überhören. Denn der zusätzliche Vokal "a" im Wortinneren der Widerspruchsmarke sei insbesondere bei nur flüchtiger Wahrnehmung nicht geeignet, Verwechslungen beider Zeichen in einem hinreichenden Umfang auszuschließen. Ob der Verkehr beide Kennzeichnungen begrifflich auseinanderhalte, wie die Markenstelle angenommen habe, müsse bezweifelt werden.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Mai 2003 aufzuheben und die Löschung der Marke Nr. 398 17 713 TRITON anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß), die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Es dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die angegriffene Marke nur für eine stark anwendungsbezogene Einzelware beansprucht werde, was Auswirkungen auf die Ähnlichkeit der Waren habe; denn die Zuordnung der jeweils geschützten Waren nur unter einen gemeinsamen Oberbegriff reiche für eine hochgradige Warenähnlichkeit nicht aus. Die Vergleichsmarken wichen darüber hinaus nicht nur wegen des zusätzlichen Buchstabens "a" in der älteren Marke voneinander ab, sondern auch infolge der unterschiedlichen Groß- und Kleinschreibung. Der Begriff "Triaton", bei dem es sich nur um einen Firmennamen mit Zusatz handele, sei im übrigen schon dadurch verwässert, dass eine Recherche nach ihm in einer Internet-Suchmaschine über 10.000 Nennungen in 0,07 Sekunden erbringe. Insgesamt hätten daher die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich um ein Fachpublikum handele, keine Schwierigkeiten, die an den Namen eines Mondes des Planeten Neptun angelehnte angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke zu unterscheiden.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i.S.d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht verneint werden kann.

Unter Berücksichtigung der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr miteinander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz. 23 f. - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243), hält die jüngere Marke den erforderlichen Abstand zur älteren Marke nicht mehr ein.

Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin sind die gegenüberstehenden Waren, wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hatte, hochgradig ähnlich, ja sogar identisch. Dass die angegriffene Marke nur für eine ganz bestimmte, eng umgrenzte Einzelware beansprucht wird, steht dem nicht entgegen. Die Ansicht der Markeninhaberin träfe nämlich nur dann zu, wenn die Widerspruchsmarke ebenfalls nur für bestimmte Einzelwaren geschützt wäre, die mit der von der angegriffenen Marke beanspruchten Einzelware hinsichtlich Anwendungsbereich und Vermarktung kaum Berührungspunkte aufweisen. Tatsächlich ist die Widerspruchsmarke aber nach der im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Registerlage für sämtliche "Datenverarbeitungsgeräte und Computer" geschützt; da unter diesen im Warenverzeichnis enthaltenen Oberbegriff auch die von der angegriffenen Marke beanspruchte Einzelware fällt, so dass der Schutzbereich der Widerspruchsmarke auch diese Ware mit erfasst, liegt, worauf die Widersprechende zutreffend hingewiesen hat, Warenidentität vor.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als normal anzusehen. Soweit die Markeninhaberin eine Schwächung der älteren Marke wegen einer angeblichen häufigen Nennung des Begriffs "Triaton" im Internet behauptet ist, verkennt sie, dass die bloße Nennung eines Begriffs im allgemeinen Sprachgebrauch noch nicht eine Kennzeichnungsschwäche der aus ihm gebildeten Marke begründen kann. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es sich bei "Triation" um eine - was vorliegend von vornherein auszuschließen ist - die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibende Angabe handelte oder wenn der Begriff bereits in zahlreichen benutzten Drittmarken Verwendung fände. Letzteres ist aber nicht der Fall, da der Begriff "Triaton" schon nach der Registerlage lediglich für die Widersprechende in der Widerspruchsmarke sowie in einer der Widersprechenden gehörenden identischen Gemeinschaftsmarke geschützt ist.

In Anbetracht der Identität der Waren und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reicht der Abstand der Marken jedenfalls in schriftbildlicher Hinsicht - ungeachtet der Frage einer darüber hinaus bestehenden klanglichen oder begrifflichen Ähnlichkeit - nicht aus, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen (vgl. EuGH, GRUR 1998, 387, 390 [Rdn. 23] - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions). Da es sich bei beiden Zeichen um Wortmarken handelt, deren Schutzgegenstand in der Regel jede verkehrsübliche Wiedergabeform Groß- als auch Kleinschreibung erfasst (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rn. 139), kann der Umstand, dass die angegriffene Marke in Großschreibweise registriert ist, während die Widerspruchsmarke im Register in Kleinschreibung mit großem Anfangsbuchstaben wiedergegeben ist, entgegen der Ansicht der Markeninhaberin eine Ähnlichkeit beider Marken nicht ausschließen. Beide Kennzeichnungen unterscheiden sich lediglich dadurch, dass die Widerspruchsmarke in ihrer Wortmitte den zusätzlichen Buchstaben "a" aufweist. Dieser zwischen dem optisch dominanten Wortteilen "Triton" stehende Buchstabe vermag den schriftbildlichen Gesamteindruck der Marken nicht so deutlich zu verändern, um Verwechslungen beider Kennzeichnungen in hinreichendem Maße entgegenzuwirken. Denn angesichts des Erfahrungssatzes, dass die angesprochenen Verkehrskreise regelmäßig nicht den einander gegenüberstehenden Zeichen gleichzeitig begegnen, sondern ihre Auffassung nur aufgrund einer undeutlichen Erinnerung an eine der beiden Marken gewinnen (vgl. EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 [Rn. 26] - Lloyd; BGH GRUR 1993, 972, 974 f. - Sana/Schosana), wobei die übereinstimmenden Merkmale stärker ins Gewicht fallen als die Unterschiede (vgl. BGH GRUR 1999, 587, 569 - Cefallone), kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Unterschied auch bei Fachleuten, an welche sich die einander gegenüberstehenden Waren richten, unbemerkt bleibt. Soweit die Markenstelle angenommen hat, die Verkehrskreise würden einen unterschiedlichen Begriffsinhalt in beiden Zeichen erkennen, kann dies auf sich beruhen; denn jedenfalls liegt ein möglicher begrifflicher Unterschied nicht so stark auf der Hand, dass er allein schon geeignet wäre, eine Verwechslung beider Kennzeichnungen.

Auf die Beschwerde der Widersprechenden war der angefochtene Beschluß daher aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

Dr. Schermer Dr. van Raden Schwarz Na






BPatG:
Beschluss v. 06.04.2004
Az: 27 W (pat) 236/03


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