Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. November 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 105/01
(BPatG: Beschluss v. 06.11.2002, Az.: 28 W (pat) 105/01)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 10 vom 23. Februar 2001 aufgehoben, soweit wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 003 005 die Teillöschung der angegriffenen Marke wegen der Waren "Ausrüstung für genetische Diagnosen für medizinische und für nichtmedizinische wissenschaftliche Zwecke, bestehend aus DNS-Sonden, Nachweisreagenzien und Antikörpern" angeordnet worden ist.
2. Der Widerspruch aus der Marke 2 003 005 wird zurückgewiesen.
3. Auf die Beschwerde der aus der Marke 2 032 833 Widersprechenden wird der Beschluß aufgehoben, soweit dieser Widerspruch zurückgewiesen worden ist. Wegen dieses Widerspruches wird die Löschung der angegriffenen Marke wegen der Waren
"integrierte Systeme, bestehend aus Computer, Farbmonitor, Bildplattenlaufwerk, photographischem Drucker und hochauflösendem Video für das Auffinden, Speichern und Klassifizieren von Chromosomenbildern ohne Mikroskop" angeordnet.
4. Im übrigen wird die weitergehende Beschwerde der aus der Marke 2 032 833 Widersprechenden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die Wortmarke VYSIS die am 7. April 1998 für die Waren Ausrüstungen für genetische Diagnosen für medizinische und für nichtmedizinische wissenschaftliche Zwecke, bestehend aus DNS-Sonden, Nachweisreagenzien und Antikörpern; integrierte Systeme, bestehend aus Computer, Farbmonitor, Bildplattenlaufwerk, photographischem Drucker und hochauflösendem Video für das Auffinden, Speichern und Klassifizieren von Chromosomenbildern ohne Mikroskop; Filter für optische Interferenzen für Fluoreszenzmikroskopein das Markenregister eingetragen und am 30. Mai 1998 bekanntgemacht worden ist, ist Widerspruch erhoben wordena) aus der nachfolgend wiedergegebenen Marke 2 032 833 (Widerspruchsmarke 1)
siehe Abb. 1 am Endedie seit dem 19. März 1993 für "Elektronische Apparate, Geräte und Bauelemente (soweit in Kl. 9 enthalten)" geschützt ist, b) sowie aus der Wortmarke 2 003 005 (Widerspruchsmarke 2)
ISIS die seit 1991 u.a. für "chemische Erzeugnisse für gewerbliche und wissenschaftliche Zwecke, pharmazeutische Erzeugnisse" eingetragen ist, sich aber noch bis zum 15. Dezember 1995 im Widerspruchsverfahren befunden hatte.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke 1) im Verfahren vor der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts bestritten, worauf die Widersprechende zu 1) Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt hat.
Die Markenstelle hat den Widerspruch zu 1) mangels Glaubhaftmachung der Benutzung zurückgewiesen, auf den Widerspruch zu 2) jedoch die Teillöschung der angegriffenen Marke für die im Tenor unter Ziffer 1 genannten Waren wegen hochgradiger Waren- wie Markenähnlichkeit angeordnet, im übrigen aber den weitergehenden Widerspruch mangels Warenähnlichkeit zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Markeninhaberin wie die Widersprechende zu 1) Beschwerde eingelegt.
Die Markeninhaberin wendet sich gegen die Anordnung der Teillöschung und bestreitet nunmehr auch die Benutzung der Widerspruchsmarke zu 2). Die Beschwerde der Widersprechenden zu 1) hält sie für unbegründet, da es nach wie vor an einer ausreichenden Glaubhaftmachung der Benutzung fehle.
Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss im Umfang der angeordneten Teillöschung aufzuheben und die Beschwerde der Widersprechenden zu 1) zurückzuweisen.
Die Widersprechende zu 1) beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit ihr Widerspruch zurückgewiesen worden ist, und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Sie rügt, dass die Markenstelle die vorgelegten Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung unzutreffend gewürdigt habe. Auszugehen sei vielmehr von einer Benutzung für Monitore und elektronische Bauelemente, so dass zwanglos Warenähnlichkeit bestehe und angesichts der quasi identischen Marken eine Verwechslungsgefahr auf der Hand liege.
Die Widersprechende zu 2) hat keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zur Sache geäußert.
II.
1. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig und hat in Bezug auf die Widerspruchsmarke zu 2) schon deshalb Erfolg, weil die Widersprechende zu 2) eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht hat. Der Widerspruch konnte daher mangels berücksichtigungsfähiger Waren auf Seiten der Widerspruchsmarke zu 2) bereits aus diesem Grund keinen Erfolg haben und war unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses im Umfang der angeordneten Teillöschung zurückzuweisen (§§ 43 Abs 1 Satz 3, Abs 2 Satz 2 MarkenG), ohne dass es noch einer Entscheidung über die Beurteilung einer Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG bedurfte.
Für die Widerspruchsmarke zu 2) war die Benutzungsschonfrist 5 Jahre nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens, also am 15. Dezember 2000, abgelaufen, so dass die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede der Nichtbenutzung zulässigerweise erheben konnte, was im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2002 geschehen ist, der der Widersprechenden zu 2) am 9. Oktober 2002 förmlich zugestellt worden ist. Die Widersprechende hatte damit ausreichend Zeit, spätestens in der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2002 Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorzulegen. Das ist nicht geschehen. Stattdessen hat sie mit Schreiben vom 5. November 2002 lediglich mitgeteilt, den Termin nicht wahrnehmen zu wollen, und um Entscheidung nach Aktenlage gebeten. Gerichtliche Hinweise nach § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG, analog §§ 139, 273 ZPO zu den Rechtsfolgen dieses prozessualen Verhaltens waren bei dieser Sachlage nicht veranlasst. Vielmehr war der angefochtene Beschluss antragsgemäß aufzuheben und der Widerspruch zurückzuweisen, wobei der Senat von einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nur deshalb abgesehen hat, weil auch die Markeninhaberin den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrgenommen hat.
2. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden zu 1) hat ebenfalls Erfolg, da der angefochtenen Beschluss insoweit nicht nur auf einer fehlerhaften Wertung der vorgelegten Benutzungsunterlagen beruht, sondern in der Begründung allein auf eine Inlandbenutzung nach § 26 Abs 1 MarkenG abstellt, die Möglichkeit der Benutzung nach § 26 Abs 4 MarkenG aber nicht berücksichtigt. Die Markenstelle hat sich hierbei offensichtlich von dem Umstand fehlleiten lassen, dass die zusätzlich zur eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden zu 1) eingereichten Unterlagen (vor allem Produktprospekte) in englischer Sprache abgefasst waren, was indes auf dem hier angesprochenen Warengebiet der Elektronik nicht unüblich ist und für sich genommen nicht schon gegen eine Benutzung im Inland, geschweige denn gegen eine Verwendung als Exportmarke spricht. Im übrigen belegen diese Unterlagen eindeutig, dass die Waren in Deutschland (Braunschweig) hergestellt und dort auch mit der Widerspruchsmarke versehen werden.
Die Glaubhaftmachung der Benutzung ist im übrigen auch nach Art und Umfang nicht zu beanstanden. So ist zum einen nachgewiesen, dass die Waren unmittelbar mit der Marke versehen werden, und zum anderen, dass unter der Widerspruchsmarke auch ausreichende Umsätze erzielt werden, um von einer ernsthaften Benutzung im Rechtssinne zu sprechen. Das gilt auch für die Monitore, die vorliegend bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit eine entscheidungserhebliche Rolle spielen; zwar ist insoweit lediglich für das Jahr 1998, das in beide Benutzungszeiträume nach § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG (BGH GRUR 1998, 938 DRAGON) fällt, ein Umsatz von nur 21 Stück genannt, was auf den ersten Blick Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Benutzung erwecken könnte. Die Widersprechende zu 1) hat jedoch insoweit in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen, dass es sich hierbei nicht um einfache PC-Monitore für Endverbraucher, sondern um hochpreisige Spezialgeräte im Wert von jeweils über ... € handelt, die in wissenschaftlichen und gewerblich verwendeten Anlagen und Systemen etwa im Fahrzeug- oder Flugzeugbau zum Einsatz kommen, gleichermaßen aber auch im medizinischen Forschungsbereich eingesetzt werden können. Von einer geringen Stückzahl, die die Ernsthaftigkeit der Benutzung in Frage stellen könnte, kann bei dieser Sachlage mithin nicht ausgegangen werden (vgl. auch BPatG Bl 2001,157 Cobra Cross).
Nach dem Vorbringen der Widersprechenden zu 1) drängt sich gleichzeitig aber auch die Annahme einer zumindest durchschnittlichen Warenähnlichkeit zu den im Tenor unter Ziff. 3 versagten Waren auf, da solche Monotore wesentlicher Bestandteil der von der Inhaberin der angegriffenen Marke vertriebenen integrierten Systeme sein können, was bei den ferner als benutzt anzusehenden elektronischen Bauelementen wie Graphikkarten oder VGA-Controller nicht selbstverständlich ist. Vor diesem Hintergrund ist der Abstand der sich gegenüberstehenden Marken aber selbst für den ausschließlich beteiligten Fachverkehr viel zu gering, um noch Verwechslungen auszuschließen. Die Marken sind nicht nur hochgradig nach Klang und Schrift ähnlich, sondern müssen trotz der Vertauschung von "Y" und "i" als mehr oder minder identisch angesehen werden. Ein sicheres Auseinanderhalten ist dem Verkehr damit zumal aus der Erinnerung heraus nicht mehr möglich, so dass hier von einer Verwechslungsgefahr auszugehen ist. Das gilt allerdings nur für den Bereich der identischen oder ähnlichen Waren, so dass der weitergehende Widerspruch zurückzuweisen war, da er sich auch gegen die Waren der angegriffenen Marke in Klasse 1, 5 und 10 richtet, die ersichtlich nicht mit den als benutzt nachgewiesenen Waren der Widerspruchsmarke zu 1) ähnlich sind.
Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen im Verhältnis der Markeninhaberin zur Widersprechenden zu 1) bestand keine Veranlassung.
Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Bb Abb. 1 Grafik der Marke 2032833
BPatG:
Beschluss v. 06.11.2002
Az: 28 W (pat) 105/01
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