Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Juni 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 166/04

(BPatG: Beschluss v. 01.06.2005, Az.: 32 W (pat) 166/04)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juni 2004 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die nach Einschränkung im Beschwerdeverfahren noch für

"Werbung im Internet für Dritte; Vermietung von Werbeflächen im Internet; Bereitstellen von Informationen im Internet; Unterhaltung, ausgenommen Fernsehen und Internetfernsehen, Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen im Internet"

beanspruchte Wortmarke CHIPtvhat die Markenstelle für Klasse 41 mit Beschluss vom 24. Juni 2004 mangels Unterscheidungskraft zurückgewiesen.

Dies ist damit begründet, das angemeldete Zeichen sei sprachüblich gebildet, wie "Chipkarte". Es setze sich aus schutzunfähigen, klar beschreibenden Bestandteilen zusammen. TV sei die gebräuchliche Abkürzung für Television, d.h. für Fernsehen. Die zusammengesetzte Bezeichnung verstünden die Verbraucher als eine bestimmte Art von Fernsehen und nicht als Unterscheidungsmittel. Es gebe Chips, die Fernsehsignale empfangen könnten. Fernsehsender verbreiteten ihre Angebote auch im Internet. Es gebe zudem Chips, die den Empfang und die Wiedergabe von digitalem Fernsehen auf einem PC ermöglichten. Angesichts der technologischen Entwicklung in der TV- und PC-Technik sage die angemeldete Bezeichnung nichts weiter aus, als dass die beanspruchten Dienstleistungen mittels eines auf einem Chip basierenden Fernsehens erbracht und angeboten würden.

Diesem Beschluss hat die Markenstelle Nachweise für Chips zum Fernsehempfang in Handys, Fernsehgeräten und PCs beigelegt.

Der Beschluss wurde der Anmelderin am 29. Juni 2004 zugestellt.

Die Anmelderin hat dagegen am 27. Juli 2004 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, das angemeldete Zeichen sei kein gebräuchliches Wort der Alltagssprache. Der zusammengesetzte Begriff sei neu und eigentümlich. Originalität und Eigentümlichkeit seinen Indizien dafür, dass das Publikum ein Zeichen als Unterscheidungsmittel auffasse. Selbst wenn die angemeldete Marke als Chip-Fernsehen verstanden würde, sei dies für die beanspruchten Dienstleistungen nicht beschreibend.

Dass Fernsehsender ihre Angebote auch im Internet anböten, führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Interpretationen der Markenstelle verlangten eine gründliche und analysierende Betrachtung, wie sie für eine Verneinung der Unterscheidungskraft nicht vorausgesetzt werden dürfe. Ohne beschreibenden Inhalt bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle vom 14. Januar 2003 die Marke für die noch beanspruchten Dienstleistungen einzutragen.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen; wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II.

1) Die Beschwerde ist - ohne Erinnerung - gemäß § 165 Abs. 4 MarkenG statthaft, da sie vor dem 31. Dezember 2004 erhoben wurde, und auch sonst zulässig.

2) Die Beschwerde hat in der Sache nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses Erfolg, weil hinsichtlich der nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen kein Schutzhindernis aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG besteht.

a) Die Bezeichnung "CHIPtv" entbehrt für die noch beanspruchten Dienstleistungen nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende konkrete Eignung als Unterscheidungsmittel für die erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen. Hat eine Marke keinen für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt und handelt es sich bei ihr auch nicht um gebräuchliche Begriffe der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, welche die Verbraucher - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen, so fehlt ihr nicht jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).

Die Markenstelle hat zwar zutreffend ausgeführt, dass es Chips gebe, die Fernsehsignale empfangen und wiedergeben könnten und Fernsehsender ihre Angebote auch im Internet verbreiteten. Damit aber sagt die Marke "CHIPtv" nicht aus, dass die mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen mittels eines auf einem Chip basierenden Fernsehens erbracht und angeboten würden, da ein mit "CHIPtv" beschriebener Chip auf Empfängerseite zum Einsatz kommt.

Auch die von der Markenstelle recherchierten Nachweise zeigen nur solche Chips zum Fernsehempfang in Handys, Fernsehgeräten und PCs. Die Markenstelle hat die technische Möglichkeit von Fernsehempfang per Chip nachgewiesen und dabei die Verwendung der Bezeichnung "TV-Chip" für den Chip, und "Chip-TV-Lösungen" sowie "Ein-Chip-TV" oder "One-Chip-TV" für das Empfangsequipment. Für den Anbieter der noch beanspruchten Dienstleistungen kommt es aber nur dann darauf an, wie der Empfänger ausgestattet ist, wenn sein Angebot eine bestimmte Empfangstechnik voraussetzt, wie digitale Decoder o.ä.. Eigens für den Empfang durch Chips erzeugte Dienstleistungen sind aber im Bereich Werbung, Information und Unterhaltung nicht feststellbar.

Entsprechendes gilt für Verlagstätigkeiten, wie die Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, weil Tätigkeit des Herausgebers nicht mit der Inhaltsangabe möglicherweise verlegter Produkte beschrieben werden, wenn die Verlagstätigkeit - wie hier - nicht auf die Herausgabe thematisch begrenzter Werke beschränkt ist.

b) An "CHIPtv" besteht insoweit auch kein Freihaltungsbedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. "CHIPtv" besteht nämlich nicht ausschließlich aus Angaben, die zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der strittigen Dienstleistungen dienen können. Wie oben dargestellt, lässt sich der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit keine solche Sachaussage entnehmen.

Die Eintragung von "CHIPtv" bezieht ihre Markenfähigkeit aus der Kombination. Sie gibt der Markeninhaberin keine Abwehransprüche gegen "CHIP" oder "tv" in Alleinstellung oder gegen jede Kombination mit den Bestandteilen "CHIP" bzw. "tv".

Dr. Albrecht Kruppa Merzbach Hu






BPatG:
Beschluss v. 01.06.2005
Az: 32 W (pat) 166/04


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