Verwaltungsgericht München:
Beschluss vom 4. Februar 2008
Aktenzeichen: M 16 K 08.6145

(VG München: Beschluss v. 04.02.2008, Az.: M 16 K 08.6145)

Tenor

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.

II. Der Rechtsstreit wird an das Oberlandesgericht München verwiesen.

III. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.

Der Kläger ist Patentanwalt und Mitglied der beklagten Patentanwaltskammer. Der Vorstand der Beklagten ist Herausgeber der Fachzeitschrift "Mitteilungen der deutschen Patentanwälte". Der von der Beklagten beauftragte Schriftleiter lehnt es ab, einen Fachaufsatz des Klägers in dieser Zeitschrift zu veröffentlichen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit einem Antrag, festzustellen, dass die Beklagte eine Veröffentlichung von Aufsätzen ihrer Mitglieder für eine vom Vorstand der Beklagten herausgegebene Fachzeitschrift nur aus formalen Gründen ablehnen könne. Hilfsweise begehrt er die Verpflichtung der Beklagten auf Neuentscheidung über sein Veröffentlichungsbegehren. Die Beklagte sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und das Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger ein öffentlich-rechtliches. Öffentlich rechtlich zu beurteilen sei auch die streitgegenständliche Frage der Pflichten der Beklagten gegenüber dem Kläger angesichts seines Veröffentlichungswunsches. Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO sei eröffnet.

Dagegen ist die Beklagte der Meinung, dass die abdrängende Sonderzuweisung des § 184 der Patentanwaltsordnung - PAO-Anwendung finde.

II.

Der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist vorliegend nicht gegeben. Das Verfahren betrifft zwar eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die folgt schon daraus, dass nach § 53 Abs. 2 Satz 1 PAO die Patentanwaltskammer eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, die durch die Patentanwälte gebildet wird (§ 53 Abs. 1 Satz 1 PAO). Die Rechtsbeziehungen zwischen den der Beklagten zugehörigen Patentanwälten und ihr selbst sind somit grundsätzlich dem öffentlichen Recht zuzuordnen.

Mit § 184 Abs. 1 Satz 1 PAO liegt aber eine den Verwaltungsrechtsweg ausschließende bundesgesetzliche Sonderzuweisung an die ordentlichen Gerichte im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz vor. Nach jener Vorschrift können Verwaltungsakte, die nach diesem Gesetz oder nach einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung ergehen, durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch dann angefochten werden, wenn es nicht ausdrücklich bestimmt ist. Dies gilt auch für Verpflichtungsbegehren (§ 184 Abs. 2 PAO). Nach § 184 Abs. 3 Satz 1 PAO entscheidet das Oberlandesgericht. Zweckbestimmung des § 184 PAO ist, gegen alle die Rechte der Mitglieder berührenden Maßnahmen der Anwaltskammer den Rechtsweg zur standesrechtlichen Ehrengerichtsbarkeit zu eröffnen (BayVGH vom 30.9.1994, Az. 20 C 94. 1445).

Zwar ist hier streitgegenständlich eine Rechtsbeziehung, die die Beklagte grundsätzlich auch mit Nichtmitgliedern verbinden kann; denn es können offensichtlich auch Beiträge von Personen, die nicht Mitglieder der Beklagten sind, in der Fachzeitschrift veröffentlicht werden. Jedenfalls aber, wenn, wie hier, ein Patentanwalt als Mitglied der Beklagten eine Veröffentlichung eines Fachaufsatzes erstrebt und dies vom Vorstand der Beklagten als deren Organ (§ 55 PAO) abgelehnt wird, ist der Anwendungsbereich des § 184 PAO eröffnet.

Dabei ist unerheblich, ob es sich bei der jeweils im Streit stehenden Maßnahme der Patentanwaltskammer bzw. deren Ablehnung um einen Verwaltungsakt im rechtstechnischen Sinne handelt (BVerwG, NJW 1984, 191; DVBl. 1983, 942). Die Vorschrift soll nach dem auch der im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschrift des § 223 BRAO zugrunde liegenden Willen des Gesetzgebers den Verwaltungsgerichten die standes- und disziplinarrechtlichen Streitigkeiten, soweit sie Rechts- bzw. Patenanwälte betreffen, entziehen und ausschließlich der Ehrengerichtsbarkeit der Anwälte zuweisen. Deshalb ist die Frage der Rechtswegeröffnung die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts unabhängig von der Rechtsnatur der hier streitgegenständlichen Maßnahme der Beklagten zu beurteilen. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts ergibt sich dabei indirekt aus § 184 Abs. 3 PAO.

Der Rechtsstreit war daher nach Anhörung der Parteien gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG an das örtlich zuständige Oberlandesgericht München (§§ 184 Abs. 3, 86 Abs. 1, 85 Abs. 1 PAO) zu verweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens obliegt (§ 17 b Abs. 2 GVG).






VG München:
Beschluss v. 04.02.2008
Az: M 16 K 08.6145


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