Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juni 2011
Aktenzeichen: 19 W (pat) 59/09
(BPatG: Beschluss v. 20.06.2011, Az.: 19 W (pat) 59/09)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
Gründe
I.
Die am 15. Juli 2005 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangene Patentanmeldung, mit der Bezeichnung
"Reinigungsmedium und Verfahren zur Reinigung von Banknotenbearbeitungsmaschinen"
wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G07D durch Beschluss vom 10. September 2007 mit der Begründung zurückgewiesen, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei nicht neu. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G07D des Deutschen Patentund Markenamts vom 10. September 2007 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: Patentansprüche 1 bis 8 und geänderte Beschreibungsseite 2, jeweils vom 20. April 2011, übrige Beschreibungsseiten 1 und 3 bis 8 sowie 1 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 3, jeweils vom Anmeldetag 15. Juli 2005.
Der geltende Patentanspruch 1 vom 20. April 2011 lautet unter Einfügung einer Gliederung:
"1 Reinigungsmedium für Banknotenbearbeitungsmaschinen, 1.1 das in zumindest einem Bereich ein Material (3) aufweist, das eine Reinigung von Bestandteilen der Banknotenbearbeitungsmaschinen bewirkt, 1.1a während das Reinigungsmedium durch die Banknotenbearbeitungsmaschinen transportiert wird, dadurch gekennzeichnet, daß 1.2a das Reinigungsmedium (1) dazu dient, verschiedene Gruppen von Banknoten oder Einzahlungen voneinander zu trennen und 1.2 Informationen (4) aufweist, welche zur Steuerung der Bearbeitung der verschiedenen Gruppen von Banknoten oder Einzahlungen in den Banknotenbearbeitungsmaschinen verwendet werden."
Der geltende Patentanspruch 8 vom 20. April 2011 lautet unter Einfügung einer Gliederung:
"8 Verfahren für die Reinigung von Banknotenbearbeitungsmaschinen, mit folgenden Verfahrensschritten:
8.1 -Eingeben von Banknoten und 8.2 mindestens einem Reinigungsmedium (1), 8.2a welches in zumindest einem Bereich ein Material (3) aufweist, das eine Reinigung von Bestandteilen der Banknotenbearbeitungsmaschinen bewirkt, 8.2b sowie Informationen (4) aufweist, in eine Banknotenbearbeitungsmaschine, 8.3 -Zuordnen mindestens eines Reinigungsmediums (1) zu einer jeden Gruppe von Banknoten oder zu jeder Einzahlung, 8.3a wodurch unterschiedliche Gruppen von Banknoten oder Einzahlungen voneinander getrennt werden, und 8.4 -Bearbeiten von Banknoten und Reinigungsmedium (1) in der Banknotenbearbeitungsmaschine, 8.4a wobei die Informationen (4) des Reinigungsmediums (1) zur Steuerung der Bearbeitung der Gruppen von Banknoten oder Einzahlungen von der Banknotenbearbeitungsmaschine verwendet werden 8.4b und Bestandteile der Banknotenbearbeitungsmaschine durch das Material (3) des zumindest einen Bereichs des Reinigungsmediums (1) beim Transport (T) des Reinigungsmediums (1) durch die Banknotenbearbeitungsmaschine gereinigt werden."
Die Anmelderin gibt an, Aufgabe der vorliegenden Erfindung sei es, ein Reinigungsmedium und ein Verfahren zur Reinigung von Banknotenbearbeitungsmaschinen anzugeben, deren Einsatz keine Unterbrechung der Bearbeitung von Banknoten nötigt macht. Zudem soll es nicht notwendig sein, Einstellungsparameter der Banknotenbearbeitungsmaschinen zu verändern, um das Reinigungsmedium einsetzen zu können (Absatz [0006] der Offenlegungsschrift).
In der mündlichen Verhandlung betont die Anmelderin, dass der Fachmann, der ein Universitätsabsolvent der Fachrichtungen Maschinenbau, Elektrotechnik oder Physik sein könne, angesichts dieser Aufgabe selbst in Kenntnis der Druckschriften US 5 862 556 A (D1) sowie WO 02/297736 A1 (D2) allenfalls zu der Überlegung gelangen könne, einer Banknotenbearbeitungsmaschine sowohl ein Medium mit Informationen zum Trennen verschiedener Gruppen von Banknoten oder Einzahlungen voneinander, als auch ein Medium, das eine Reinigung von Bestandteilen der Banknotenbearbeitungsmaschinen bewirke, zuzuführen.
Irgendein Vorbild oder eine Anregung, beide Funktionen in einem einzigen Medium zu vereinigen, sei dem Fachmann nicht gegeben. Im Gegenteil lehre die US 5 832 566 A, dass das dort beschriebene Reinigungsmedium von der Banknotenbearbeitungsmaschine abgewiesen werden solle, so dass eine Belegung dieses Reinigungsmediums mit einer weiteren Funktion gar nicht möglich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1.
Die fristund formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg.
2.
Als Fachmann legt der Senat den von der Anmelderin genannten Universitätsabsolventen der Fachrichtungen Maschinenbau, Elektrotechnik oder Physik zugrunde.
3.
Ein Reinigungsmedium mit den im geltenden Patentanspruch 1 genannten Merkmalen ergibt sich in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der beiden Druckschriften US 5 832 556 A und WO 02/297736 A1 und ist daher nicht patentfähig (§ 4 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 PatG).
In den Worten des Patentanspruchs 1 ausgedrückt ist aus der US 5 832 556 A Folgendes bekannt: ein 1 Reinigungsmedium 10 für Banknotenbearbeitungsmaschinen (Spalte 1, Zeilen 15 bis 19), 1.1 das zumindest in einem Bereich 16, 20 ein Material 14, 18 aufweist, das eine Reinigung von Bestandteilen der Banknotenbearbeitungsmaschinen bewirkt (Spalte 3, Zeilen 9 bis 13), 1.1a während das Reinigungsmedium durch die Banknotenbearbeitungsmaschinen transportiert wird (Spalte 4, Zeilen 17 bis 23), wobei 1.2teilw das Reinigungsmedium 10 Informationen aufweist, die von der Banknotenbearbeitungsmaschine lesbar (Spalte 3, Zeilen 35 bis 37) sind und bei der Bearbeitung von Banknoten in der Banknotenbearbeitungsmaschine verwendbar sind (Die Maschine erkennt die Informationen und registriert trotzdem, dass es keine Banknote ist.)
Vom Fachmann ist zu erwarten, dass er sich nicht damit abfindet, dass er beim Einsatz eines solchen Reinigungsmediums die Bearbeitung von Banknoten durch die Banknotenbearbeitungsmaschine unterbrechen und statt dessen einen separaten Reinigungsvorgang mit veränderten Einstellungsparametern, insbesondere verringerter Transportgeschwindigkeit anstoßen muss, da dies zum Einen einen erhöhten Programmieraufwand und daraus resultierend ein erhöhtes Fehlerrisiko zur Folge hat. Zum Anderen hat jede Änderung in der mechanischen Beanspruchung bewegter Teile, die bei einer Banknotenbearbeitungsmaschine naturgemäß in großer Zahl vorhanden sind, einen erhöhten Verschleiß zur Folge.
Daher stellt sich die von der Anmelderin genannte Aufgabe in der Praxis von selbst.
Es liegt daher auf der Hand, das Reinigungsmedium so zu gestalten, dass es die Banknotenreinigungsmaschine mit der gleicher Transportgeschwindigkeit durchlaufen kann, wie die Banknoten selbst und nicht wie von der Anmelderin gegenüber der US 5 832 556 A als Unterschied betont, direkt an der Eingabe abgewiesen wird, sondern die Banknotenreinigungsmaschine vollständig durchläuft und beispielsweise in einem separaten Fach oder in dem Fach für beschädigte bzw. nicht erkannte Banknoten abgelegt wird.
Anders als die Anmelderin ist der Senat im Übrigen der Überzeugung, dass auch diese Variante (vollständiger Durchlauf) in der US 5 832 556 A offenbart ist (siehe insbesondere Spalte 4, Zeilen 17 bis 23).
Da die vom Fachmann zu lösende Aufgabe darin besteht, einen kontinuierlichen Betrieb der Banknotenreinigungsmaschine zu gewährleisten, besteht die einzige sinnvolle Möglichkeit, ein solches Reinigungsmedium gemeinsam mit den zu bearbeitenden Banknoten zuzuführen, in der Praxis also am Anfang und/oder am Ende eines Banknotenbündels.
Dabei muss dem Fachmann auffallen, dass sich am Anfang und/oder am Ende der Banknotenbündel bereits eine sogenannte Trennkarte befindet, die nicht nur 1.2a verschiedene Gruppen von Banknoten voneinander trennt, sondern auch 1.2rest zur Steuerung der Bearbeitung der verschiedenen Gruppen oder Einzahlungen in der Banknotenmaschine verwendet wird.
Jedenfalls wird diese Tatsache in der WO 02/29736 A1 bereits als bekannt vorausgesetzt (Seite 1, Zeilen 6 bis 19). Darüber hinaus wird in dieser Druckschrift vorgeschlagen, die Trennkarte mit einem elektronischen Schaltkreis zur Speicherung der zur Steuerung der Bearbeitung der verschiedenen Gruppen oder Einzahlungen in der Banknotenmaschine erforderlichen Informationen zu versehen.
Nach Überzeugung des Senats ist vom Fachmann zu erwarten, dass er die beiden dann in der Praxis regelmäßig aufeinanderfolgenden Blätter: Reinigungsmittel und Trennkarte, zu einem einzigen Blatt vereinigt, zumal dadurch augenfällig Einsparungen erzielbar sind und auch der Fehler vermieden wird, dass eines von den beiden Blättern vergessen wird.
Somit ergibt sich ein Reinigungsmittel mit den im Patentanspruch 1 genannten Merkmalen in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, ohne dass es einer erfinderischen Tätigkeit bedürfte.
4.
Gleichermaßen ergibt sich das Verfahren mit den im geltenden Patentanspruch 8 genannten Merkmalen in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der Druckschriften US 5 832 556 A und WO 02/297736 A1 und ist daher nicht patentfähig (§ 4 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 PatG).
5.
Da die geltenden Patentansprüche 1 und 8 nicht gewährbar sind, kann dahingestellt bleiben, ob die Änderungen des Wortlauts dieser Patentansprüche von den ursprünglich eingereichten Unterlagen getragen wird.
6.
Die vom Patentanspruch 1 abhängigen Patentansprüche 2 bis 7 teilen das Schicksal des nicht gewährbaren Patentanspruchs 1.
Somit war die Beschwerde zurückzuweisen.
Bertl Kirschneck Groß J. Müller Pü
BPatG:
Beschluss v. 20.06.2011
Az: 19 W (pat) 59/09
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