Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 25. Juni 1993
Aktenzeichen: 6 U 26/93

(OLG Köln: Urteil v. 25.06.1993, Az.: 6 U 26/93)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 9. September 1992 verkündete Teilurteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 14 O 72/92 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Ziffer 1 und 2 dieses Urteils wie folgt neu gefaßt werden: 1.)Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,ein Druckbild für die Herstellung von Werbe- und/oder Verpackungsmaterial zu nutzen, hiermit versehenes Werbe- und/oder Verpackungsmaterial zu verbreiten oder verbreiten zu lassen oder ein solches Druckbild auf andere Weise zu nutzen,wie nachstehend wiedergegeben: 2.)Die Beklagte wird weiter verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, wieviel Werbe- und/oder Verpackungsmaterial, unter Aufschlüsslung nach Art und Stückzahl, mit dem un-ter Ziffer 1.) gekennzeichneten Druckbild versehen und an die Metzgerei A., Q.straße 13 a, B. , abgegeben worden ist. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beschwer der Beklagten: 30.000,00 DM

Gründe

E n t s c h e i d u n g s g r ü n

d e :

Die zulässige Berufung der Beklagten

bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Klage ist begründet. Dabei kann

dahinstehen, ob das Klagebegehren aus § 97 Abs. 1 UrhG

gerechtfertigt ist, denn die Klägerin kann von der Beklagten

jedenfalls gemäß §§ 1 UWG, 242 BGB Unterlassung und Auskunft in

dem aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlichen Umfang

verlangen.

Der Unterlassungsanspruch der Klägerin

ergibt sich aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der identischen

oder nahezu identischen Nachahmung. Danach findet der Grundsatz,

daß die Nachahmung nicht besonders geschützter Arbeitsergebnisse

grundsätzlich zulässig ist, unter anderem dort seine Grenze, wo

ein derartiges Arbeitsergebnis ohne zwingenden Grund in identischer

oder nahezu identischer Form nachgemacht wird, um den Mitbewerber

in unbilliger Weise um die Früchte seiner Arbeit zu bringen und ihn

zu schädigen bzw. zu behindern (vgl. Baumbach-Hefermehl,

Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., § 1 UWG Rdnr. 506 - 511 m.w.N.). Das

beanstandete Handeln der Beklagten ist in diesem Sinne

unlauter.

Hierbei bedurfte es keiner

Entscheidung, ob nach den vorgenannten Grundsätzen die Nachahmung

eines jeglichen fremden Arbeitsergebnisses gemäß § 1 UWG unzulässig

ist oder ob dies nur bei solchen Ergebnissen gilt, die eine gewisse

wettbewerbliche Eigenart aufweisen (vgl. dazu Baumach-Hefermehl

a.a.O. § 1 UWG Rdnr. 506, 508). Das von der Klägerin geschaffene

Druckbild besitzt eine derartige Eigenart, denn es weist durch

seine graphische Gestaltung Besonderheiten auf, die der Klägerin

als der Erbringerin der Leistung eine Gewinnchance er-öffnen, ohne

daß es in diesem Zusammenhang darauf ankommt, ob diese Elemente

geeignet sind, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen (vgl.

Baumbach-Hefermehl a.a.O. § 1 UWG Rdnr. 508, 504 m.w.N.). Durch das

sehr charakteristische senkrecht verlaufende rotgrüne Band sowie

durch die besondere Ausformung der Buchstaben insbesondere bei dem

Nachnamen "A." und die Gestaltung und Anordnung der Fleischwaren

mit den Senftopf und den Kräutern hebt sich die von der Klägerin

geschaffene Werbung deutlich von der üblichen "Dutzendreklame" ab,

wie sie zum Beispiel von der Beklagten in erster Instanz mit

Schriftsatz vom 19. August 1992 beispielhaft vorgelegt worden ist.

Das Werbebild der Klägerin ist ersichtlich das Ergebnis von Arbeit,

Kosten und Zeit. Es ist durch die genannten Gestaltungselemente in

seiner Gesamtheit einprägsam und ohne weiteres geeignet, das damit

bedruckte Verpackungsmaterial von dem anderer Wettbewerber zu

unterscheiden.

Dies bestätigt auch der Vortrag der

Beklagten, wonach die Firma A. ausdrücklich gewünscht habe, den

Charakter dieser Werbemaßnahme beizubehalten, um die von ihr damit

aufgebaute "Geschäftsidentität" beim Kunden nicht zu verlieren, was

aber bei einer Werbung ohne einer gewissen Eigenart und auch

Identifizierbarkeit gegenüber anderen Werbemaßnahmen nicht

verständlich wäre.

Das beanstandete Druckbild der

Beklagten hat jedoch die von der Klägerin geschaffene Werbung nicht

nur als bloße Anregung verwendet, sondern letztlich nahezu

identisch nachgeahmt. Sämtliche oben angeführten Merkmale, die zu

der einprägsamen Gesamtwirkung der von der Klägerin gestalteten

Werbung beitragen, finden sich ebenfalls bei dem beanstandeten

Druckbild der Beklagten, nämlich das senkrecht verlaufende Band,

die Gestaltung der Buchstaben bei dem Namen "A.", die Darstellung

der Fleischwaren nebst Senftopf und Kräutern sowie die Farben des

Druckbilds. Unterschiede bestehen lediglich darin, daß die

Beklagte den Vornamen "G. " weggelassen und den Hinweis "Feinkost

Metzgerei" in den roten Block in der Mitte des Druckbildes

einbezogen hat. Diese Unterschiede sind aber unauffällig und werden

insbesondere von dem flüchtigen Verbraucher nicht bemerkt. Selbst

der aufmerksame Betrachter vermag diese Unterschiede nur bei einem

Gegenüberstellen beider Werbungen und bei einem sorgfältigen Suchen

nach Abweichungen zu erkennen; nach ihrem Gesamteindruck sind beide

Werbebilder identisch. Die Beklagte hat damit das von der Klägerin

gestaltete Druckbild letztlich unverändert übernommen und zum

Gegenstand ihres eigenen Vertragsangebots gegenüber der Firma A.

gemacht.

Der Tatbestand des § 1 UWG ist jedoch

auch im übrigen erfüllt.

Der Firma A. war das Werbebild der

Klägerin nicht zur uneingeschränkten Nutzung überlassen worden. Wie

jedenfalls in der zweiten Instanz unstreitig ist und zudem von der

Klägerin durch Vorlage ihres Vertragsangebots nebst Rechnung vom 6.

Mai/27. Mai 1986 bzw. vom 24.09.1986 gegenüber der Firma A. belegt

wurde, hätte vielmehr die Firma A. nach ihrem Vertrag mit der

Klägerin das von dieser geschaffene Werbebild nur mit Einwilligung

der Klägerin verwenden und der Beklagten zur Benutzung überlassen

dürfen. Die Beklagte hat aber zumindest mit der Möglichkeit

gerechnet, daß sie ein fremdes Arbeitsergebnis verwendet, welches

der Firma A. nicht zur freien Benutzung überlassen war.

Die Beklagte behauptet zunächst selbst

nicht, daß sie davon ausgegangen sei, das von ihr letztlich

übernommene Druckbild der Klägerin sei von der Firma A. geschaffen

worden. Eine lebensnahe Bewertung des Vortrags der Beklagten legt

zudem den Schluß nahe, daß der Beklagten von der Firma A. das von

der Klägerin gestaltete Verpackungsmaterial als "Arbeitsvorlage"

übergeben worden ist und die Beklagte dabei auch den z.B. auf den

Papiertü-ten befindlichen "Copyright-Vermerk" der Klägerin bemerkt

hat.

Aber selbst wenn die Beklagte diesen

"Copyright-Vermerk" der Klägerin nicht gesehen haben sollte, ist

ihr der Vorwurf zu machen, im Sinne von § 1 UWG unlauter gehandelt

zu haben. Die Beklagte ist nicht der Behauptung der Klägerin

entgegengetreten, wonach es in der hier maßgeblichen Branche

üblich sei, daß der Auftraggeber nur ein begrenztes Nutzungsrecht

an Werbemaßnahmen erhält, wie sie Gegenstand des vorliegenden

Rechtsstreits sind, der Auftraggeber also insbesondere nicht befugt

ist, Dritten die Nachbildung des von seinem Auftragnehmer

geschaffenen Werbemotivs zu gestatten. Die eigene Verfahrensweise

der Beklagten gegenüber der Firma A. bestätigt dies. Danach ist

aber davon auszugehen, daß die Beklagte zumindest mit der

Möglichkeit gerechnet hat, sie verwende bei ihrer Nachahmung ein

fremdes Arbeitsergebnis, zu deren freien Benutzung die Firma A. vom

Schöpfer dieses Ergebnisses nicht ermächtigt war, um unter

Ausnutzung dieses Vertragsbruchs der Firma A. gegenüber der

Klägerin geschäftliche Vorteile zu Lasten der Klägerin zu erzielen,

diese nämlich als Lieferantin des Verpackungsmaterials bei der

Firma A. abzulösen. Ein derartiges Verhalten verstößt jedoch gemäß

§ 1 UWG gegen die guten Sitten im Wettbewerb.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt

sich zugleich, daß auch der Auskunftsanspruch der Klägerin gemäß

§ 1 UWG, § 242 BGB begründet ist. Die Beklagte hat aus den

dargelegten Gründen bei der unlauteren Nachahmung des

Arbeitsergebnisses der Klägerin schuldhaft gehandelt. Es besteht

auch die Wahrscheinlichkeit, daß der Klägerin dadurch ein Schaden

entstanden ist, den die Beklagte der Klägerin gemäß § 1 UWG zu

ersetzen hat. Zu näheren Bezifferung dieses Schadens bedarf jedoch

die Klä-gerin der geforderten Auskünfte.

Die Entscheidung über die Kosten der

ersten Instanz bleibt dem Schlußurteil des Landgerichts

vorbehalten.

Die Entscheidung über die Kosten der

Berufung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen

auf §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.






OLG Köln:
Urteil v. 25.06.1993
Az: 6 U 26/93


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/1678ef2ae576/OLG-Koeln_Urteil_vom_25-Juni-1993_Az_6-U-26-93




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share