Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 9. Januar 1998
Aktenzeichen: 3 W 66/97
(OLG Köln: Beschluss v. 09.01.1998, Az.: 3 W 66/97)
1. Enthält ein Urteil nach teilweiser Klagerücknahme eine ,gemischte Kostenentscheidung", so ist diese hinsichtlich der Kosten, die auf der Rücknahme beruhen, gesondert anfechtbar.
2. Eine Kostenentscheidung des Mahngerichts analog § 296 Abs. 3 ZPO kommt nur in Betracht, wenn der Mahnantrag insgesamt zurückgenommen worden ist. Im Falle der Teilrücknahme im Mahnverfahren hat nach Abgabe der Sache ins streitige Verfahren das Empfangsgericht eine einheitliche, die gesamten Kosten des Rechtsstreits umfassende Kostenentscheidung zu treffen.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird die Kostenentscheidung in dem Versäumnisurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 23. Oktober 1997 - 8 O 473/97 - wie folgt abgeändert:Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin zu 3/5 und dem Beklagten zu 2/5 auferlegt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 269 Abs. 3 Satz 4, 577 ZPO
zulässig. Enthält ein Urteil nach teilweiser Klagerücknahme eine
"gemischte Kostenentscheidung", so ist diese hinsichtlich der
Kosten, die auf der Rücknahme beruhen, gesondert anfechtbar (vgl.
Stein/Jonas-Bork, ZPO, 21. Aufl., § 99 Rn. 11 ff. sowie
Stein/Jonas-Schumann, § 269 Rn. 126; Zöller-Herget, ZPO, 20. Aufl.,
§ 99 Rn. 8; OLG Düsseldorf, FamRZ 82, 723).
Die Beschwerde ist aber nur im erkannten Umfang begründet. Der
Umstand, daß die Klägerin den Mahnantrag noch mit Schriftsatz vom
20.08.1997 gegenüber dem Amtsgericht Hagen teilweise zurückgenommen
hat, kann entgegen ihrer Auffassung nicht dazu führen, daß dem
Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen wären.
Vielmehr muß es bei dem Grundsatz, daß bei teilweiser
Klagerücknahme eine einheitliche, die gesamten Kosten des
Rechtsstreits umfassende Kostenentscheidung zu ergehen hat, bei der
die Kosten ggf. gem. §§ 92, 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zu quoteln sind
(vgl. BGH NJW-RR 96, 256), auch dann verbleiben, wenn die
Teilrücknahme im Mahnverfahren erfolgt ist; denn die Kosten des
Mahnverfahrens gelten gemäß §§ 696 Abs. 1 Satz 5, 281 Abs. 3 Satz 1
ZPO als Teil der beim Empfangsgericht entstehenden Kosten (vgl.
Zöller-Vollkommer, ZPO, § 696 Rn. 12). Dementsprechend ist auch die
Anrechnung der im Mahnverfahren entstandenen Gebühren auf die
Prozeßgebühren vorgeschrieben, §§ 11 Nr. 1201 GKG, 43 Abs. 2 BRAGO.
Zwar ist anerkannt, daß eine Rücknahme des Mahnantrags analog § 269
Abs. 1 ZPO ohne Einwilligung des Antragsgegners bis zur Abgabe ins
streitige Verfahren möglich ist und das Mahngericht sodann auf
dessen Antrag entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO über die Kosten zu
entscheiden hat (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, § 690 Rn. 24;
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 56. Aufl., § 690 Rn. 14;
Thomas-Putzo, ZPO, 19. Aufl., § 690 Rn. 6). Dies kann jedoch nur
gelten, wenn der Mahnantrag insgesamt, nicht aber, wenn er nur
teilweise zurückgenommen worden ist; denn im Hinblick auf das Gebot
einer einheitlichen Kostenentscheidung durch das Prozeßgericht nach
Abgabe ins streitige Verfahren ist eine Kostenentscheidung durch
das Mahngericht über den zurückgenommenen Teil unzulässig.
Das Landgericht hat somit zu Recht über die gesamten Kosten des
Rechtsstreit einschließlich der im Mahnverfahren entstandenen
Kosten entschieden. Die von ihm vorgenommene Quotierung erscheint
jedoch zulasten der Klägerin fehlerhaft.
Nach Abgabe ans Prozeßgericht gemäß § 696 Abs. 1 ZPO ist für den
Streitwert der Betrag maßgebend, der in das streitige Verfahren
gekommen ist, also derjenige, der vom Gläubiger am Tag des
Akteneingangs beim Empfangsgericht noch verlangt wird (vgl.
Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl., GKG KV 1201 Rn. 24; OLG
Frankfurt NJW-RR 92, 1342; OLG Stuttgart MDR 84, 673).
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom
20.08.1997 nur noch Zahlung von 18.742,35 DM nebst Zinsen verlangt
und den Mahnantrag hinsichtlich des darüber hinaus gehenden Betrag
von 12.000,00 DM zurückgenommen. Die Abgabe an das Landgericht
Aachen ist am 02.09.1997 verfügt worden. Die Sache ist dort am
08.09.1997 eingegangen. Ins streitige Verfahren ist somit nur der
Betrag von 18.742,35 DM gelangt mit der Folge, daß die weiteren
Gebühren von diesem Wert zu berechnen sind.
An Gerichtskosten sind gemäß Nr. 1201 des Kostenverzeichnisses
bei einem Streitwert von 18.742,35 DM drei Gebühren à 385,00 DM,
also 1.155,00 DM entstanden. Hierauf ist die Gebühr Nr. 1100 nach
dem Wert des Streitgegenstandes, der in das Prozeßverfahren
übergegangen ist, anzurechnen, also in Höhe von 192,50 DM. Die
Differenz zu der nach einem Streitwert von 30.742,35 DM
entstandenen Gebühr Nr. 1100 in Höhe von 260,00 DM, also 67,50 DM,
fällt der Klägerin im Hinblick auf ihre teilweise Antragsrücknahme
zur Last. Die Gerichtskosten belaufen sich damit auf insgesamt
1.222,50 DM.
Hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren ist gemäß § 43 Abs. 1 Nr.
1 BRAGO eine Gebühr nach einem Streitwert von 30.742,35 DM in Höhe
von 1.185,00 DM entstanden. Hiervon fallen der Klägerin im Hinblick
auf die teilweise Antragsrücknahme 2/5 und dem Beklagten 3/5 zur
Last. Da diese Gebühr gemäß § 43 Abs. 2 BRAGO in voller Höhe auf
die Prozeßgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO anzurechnen ist, ist
des weiteren vor dem Landgericht nur noch eine halbe
Verhandlungsgebühr gemäß § 33 Abs. 1 BRAGO nach einem Streitwert
von 18.742,35 DM in Höhe von 472,50 DM entstanden. Zuzüglich der
Auslagenpauschale gemäß § 26 BRAGO in Höhe von 40,00 DM ergeben
sich somit Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.697,50 DM. Die
gesamten Kosten des Rechtsstreits belaufen sich somit auf 2.920,00
DM. Hiervon entfallen auf die Teilrücknahme 541,50 DM. Von den
Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin somit 1/5, der Beklagte
4/5 zu tragen. Dementsprechend war die angefochtene
Kostenentscheidung abzuändern.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht
auf § 92 ZPO.
Beschwerdewert: bis 1.200,00 DM
OLG Köln:
Beschluss v. 09.01.1998
Az: 3 W 66/97
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