Hessisches Landesarbeitsgericht:
Beschluss vom 14. Oktober 2014
Aktenzeichen: 13 Ta 481/14

(Hessisches LAG: Beschluss v. 14.10.2014, Az.: 13 Ta 481/14)

Zu den Einwänden

a) der Erfüllungb) des Bestehens einer Rechtsschutzversicherung

im Gebührenfestsetzungsverfahren gemäß § 11 RVG, der die Vergütungsfestsetzung untersagt, wenn Einwendungen oder Einreden erhoben werden, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagtenvertreters wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 28. Januar 2014 - 3 Ca 254/10 - unter Aufhebung des Abhilfebeschlusses des Arbeitsgerichts vom 3. Juni 2014 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des § 11 RVG sind von der Beklagten 935,07 € an Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. Dezember 2013 an Rechtsanwalt A, zu erstatten.

Die Gerichtskosten des Festsetzungsverfahrens tragen die Beklagte und der Beklagtenvertreter je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Nach Ende des vorliegenden Rechtsstreits durch Abschluss eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht Kassel am 15. Dezember 2010 beantragte der Beklagtenvertreter am 30. Dezember 2013 Kostenfestsetzung nebst Zinsen gegen die Beklagte wie folgt:

Gegenstandswert: 5.150,47 €1,3 VerfahrensgebührNr. 3100 VV RVG439,40 €1,2 TerminsgebührNr. 3104 VV RVG405,60 €1,0 EinigungsgebührNr. 1003 VV RVG338,00 €AuslagenpauschaleNr. 7002 VV RVG20,00 €Zwischensumme 1.203,00 €19 % UmsatzsteuerNr. 7008 VV RVG228,57 €Zustellkosten 3,50 €Endsumme 1.435,07 €Mit Beschluss vom 28. Januar 2014 wurden die Kosten antragsgemäß festgesetzt.

Nach Zustellung am 4. Februar 2014 erhob die Beklagte am 18. Februar 2014 hiergegen sofortige Beschwerde mit dem Hinweis, am 30. Dezember 2013 bereits 500 € auf die Rechnung des Beklagtenvertreters gezahlt zu haben und mit dem weiteren Einwand, der Beklagtenvertreter solle seine restlichen Ansprüche gegenüber ihrer Rechtsschutzversicherung geltend machen.

Am 3. Juni 2014 half der Rechtspfleger beim Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde der Beklagten ab. Nach Zustellung dieses Beschlusses am 6. Juni 2014 erhob der Beklagtenvertreter sofortige Beschwerde. Er räumte die Zahlung von 500 € ein; hinsichtlich des Restes verwies er auf die aus seiner Sicht trotz bestehender Rechtsschutzversicherung vorliegende vertragliche Zahlungsverpflichtung der Beklagten.

Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde des Beklagtenvertreters am 19. August 2014 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Beklagtenvertreters ist zulässig (§ 11 Abs. 2 RVG i.V.m. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO), insbesondere ist sie gem. § 569 Abs. 1 ZPO fristgerecht erhoben. Der notwendige Beschwerdewert von mehr als 200 € ist erreicht (§ 567 Abs. 2 ZPO).

Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde des Beklagtenvertreters nicht abgeholfen (§ 572 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.

Zu Recht hat der Rechtspfleger der sofortigen Beschwerde der Beklagten vom 18. Februar 2014 in Höhe von 500 € abgeholfen. Im Übrigen, also in Höhe von 935,07 € nebst Zinsen, hat er der sofortigen Beschwerde der Beklagten zu Unrecht abgeholfen.

Soweit die Beklagte die Gebührenforderung unstreitig am 30. Dezember 2013 in Höhe von 500 € erfüllt hat, entfällt der Anspruch des Beklagtenvertreters auf Festsetzung seiner Gebühren.

Gemäß § 11 Abs. 5 RVG darf eine Vergütungsfestsetzung nicht erfolgen, wenn der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, sich also gegen den Grund des Gebührenanspruchs als solchen richten.

Der von der Beklagten in Höhe von 500 € erhobene Einwand der Erfüllung hat seinen Grund nicht im Gebührenrecht. Er ist materiell-rechtlicher Natur und hat daher grundsätzlich im Gebührenfestsetzungsverfahren unbeachtlich zu bleiben. Um ihn muss in einer Gebührenklage gestritten werden (so schon Hess. LAG vom 20. Januar 1999 - 9 Ta 26/99-; OLG Köln vom 22. Mai 2012 - II-4 WF 35/12, - 4 WF 35/12 -, zit. nach juris; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 11 RVG Rz. 61 m.w.N.). Eine Ausnahme muss allerdings aus Gründen der Praktikabilität gelten, wenn die Erfüllung zwischen den Parteien unstreitig und rechtlich eindeutig ist (Hartmann, a.a.O.; OLG Nürnberg vom 22. Dezember 2005, - 9 W 294/05 -, JurBüro 2006, 257; OLG Frankfurt vom 28. Juni 1978, - 1 WF 117/78-, JurBüro 1979, 528; Gerold/Schmidt/..., RVG, 21. Auflage 2013, § 11 Rz. 214). Das ist vorliegend der Fall. Die von der Beklagten gezahlten 500 € auf die Gebührenforderung des Beklagtenvertreters sind ausdrücklich eingeräumt.

Im Übrigen besteht aber ein Kostenfestsetzungsanspruch des Beklagtenvertreters gegen die Beklagte. Insoweit ist der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Januar 2014 abzuändern.

Der Hinweis der Beklagten auf die Abrechnungsmöglichkeit mit ihrer Rechtsschutzversicherung trägt nicht. Das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung betrifft das Innenverhältnis zwischen dieser und ihrer Auftraggeberin, im vorliegenden Fall der Beklagten, nicht aber das für die Festsetzung allein maßgeblichen Außenverhältnis zwischen der Beklagten als Auftraggeberin ihres Rechtsanwalts. Der Rechtsanwalt verliert seinen vertraglichen Honoraranspruch gegenüber dem Mandanten nicht dadurch, dass dieser eine Rechtsschutzversicherung hat. Die Einwendung, es bestehe eine Rechtsschutzversicherung, mag daher zwar ebenfalls eine Einwendung sein, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund hat (§ 11 Abs. 5 RVG), dennoch kann sie dem Rechtsanwalt nicht den Anspruch auf Vergütungsfestsetzung nehmen (Kammerbeschlüsse vom 20. Oktober 2009, - 13 Ta 476/09 -, vom 30. August 2004, - 13/15 Ta 304/04 und vom 1. April 2008, -13 Ta 119/08-; Hartmann, a.a.O., Rz. 66; LAG Baden-Württemberg vom 23. August 1982, AP Nr. 1 zu § 19 BRAGO). Dies gilt jedenfalls für die Beträge, die die Rechtsschutzversicherung - wie hier - zweifelsfrei nicht erstattet hat.

Die Kostenentscheidung für die Gerichtskosten folgt aus Nr. 8614 KV GKG. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 11 Abs. 2 S. 6 RVG).






Hessisches LAG:
Beschluss v. 14.10.2014
Az: 13 Ta 481/14


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