Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Juni 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 147/03

(BPatG: Beschluss v. 29.06.2005, Az.: 26 W (pat) 147/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 301 37 545 für die Dienstleistungen

"Installation und Wartung von Leitungen zur Durchleitung von Wasser, Gas und elektrischer Energie; Reparaturdienste auf den Gebieten der Elektrizität-, Wasser- und Gasversorgung; Dienstleistungen eines Versorgungsunternehmens oder eines Stadtwerkes, nämlich die Versorgung von Kommunen, privaten Haushalten, Gewerbe und Industrie mit elektrischer Energie, Wasser, Fernwärme, Gas durch deren Lieferung; Erzeugung von Energie; technische Beratung auf dem Energiesektor."

ist Widerspruch erhoben worden aus der für

"Dienstleistungen im Bereich des Energiemanagements, nämlich Energieberatung, insbesondere unter Kosten- und Umweltverträglichkeitsaspekten, einschließlich Beratung hinsichtlich Auswahl und Einbau von Heizungsanlagen, Energiesparmaßnahmen und Energieverbrauchsoptimierung sowie Durchführung von Ist-Zustand-Analysen und Erstellung von Soll-Zustand-Planungen; Dienstleistungen im Bereich des Verkehrsmanagements, nämlich Transfer- und Transportleistungen im Personenverkehr, insbesondere Personennahverkehr; Dienstleistungen eines Energieversorgungsunternehmens, insbesondere Transport und Verteilung von Elektrizität, Gas, Wasser und Fernwärme an Haushalte, Gewerbe und Industrie; Beförderung von Personen und Gütern mit Kraftfahrzeugen und Schienenbahnen; Entsorgung von Abfällen durch Einsammeln, Transportieren und Lagern; Verarbeiten, Recyceln und Verbrennen von Abfällen; Abwasserbeseitigung durch Klären von Abwässern aus Haushalten, Gewerbe und Industrie."

eingetragenen Marke 300 23 867 trio.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den für identische bzw ähnliche Dienstleistungen eingetragenen Marken bestehe die Gefahr klanglicher Verwechslungen. Beide Marken seien bestimmt für branchentypische Dienstleistungen aus dem Bereich der Energieversorgung. Die Widerspruchsmarke weise eine normale Kennzeichnungskraft auf, weil dem Begriff "trio" für die maßgeblichen Dienstleistungen kein beschreibender Bedeutungsgehalt zukomme. Die beiderseitigen Marken seien ihrem maßgeblichen Gesamteindruck nach ähnlich, weil der Verkehr die angegriffene Marke überwiegend auf ihren Bestandteil "trio" verkürzen werde, da es sich bei dem weiteren Markenwort "plus" um einen Zusatz ohne jeden mitprägenden Charakter handele, der von seinem Bedeutungsgehalt her nur auf etwas Zusätzliches hinweise.

Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die Widerspruchsmarke verfüge nur über eine sehr geringe Kennzeichnungskraft, weil sie sich einer beschreibenden Angabe stark annähere. Sie werde vom Verkehr mit der Zahl "3" gleichgesetzt und bringe zum Ausdruck, dass es sich bei der Widersprechenden um einen Verbund aus drei verschiedenen Energieversorgern handele. Darüber hinaus könne ihr der Verkehr entnehmen, dass die Widersprechende ihre Kunden mit den drei Produkten Strom, Gas und Wasser beliefere. Ausgehend von einer geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei die angegriffene Marke mit dieser nicht verwechselbar, weil sie weitere Wort- und Bildbestandteile aufwiese. Die Markeninhaberin beantragt die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und die Zurückweisung des Widerspruchs.

Die Widersprechende, die sich im Beschwerdeverfahren in der Sache nicht geäußert hat, beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

II Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne der genannten Vorschrift ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon).

Die Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke eingetragen worden ist, sind mit den Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke Schutz genießt, weitgehend identisch und im übrigen hochgradig ähnlich. Dies stellt auch die Markeninhaberin nicht in Abrede.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, von Haus aus als normal zu bewerten. Das Wort "trio" bezeichnet weder die Art oder Beschaffenheit noch sonstige Eigenschaften der Energieberatung, -versorgung oder -erzeugung. Weder der Umstand, dass es sich bei der Widersprechenden um einen Verbund von drei Energieversorgern handelt, noch der weitere Umstand, dass diese drei miteinander verbundenen Energieversorger drei Produkte, nämlich Gas, Wasser und Strom liefern, ist dem Wort "trio" als solchem ohne ergänzende Erläuterungen zu entnehmen.

Letztlich kann aber zugunsten der Markeninhaberin für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sogar eine nur unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterstellt werden, ohne dass dies zu einer Verneinung der Verwechslungsgefahr führen würde; denn angesichts der Identität bzw hochgradigen Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen bedarf es zum Ausschluss einer Gefahr von Verwechslungen auch bei einer unterstellten geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke noch immer eines mittleren Abstandes der Marken. Diesen Abstand hält die angegriffene Marke nicht ein.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken ist von deren registrierter Form auszugehen, die für den markenrechtlichen Schutz maßgeblich ist. Deshalb ist es grundsätzlich verwehrt, aus einer der sich gegenüberstehenden Marken ein einzelnes Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der anderen Marke festzustellen (BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). Dieses Prinzip zwingt aber nicht dazu, stets die Marken in ihrer Gesamtheit zu vergleichen. Vielmehr kann auch ein einzelner Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck einer mehrgliedrigen Marke prägt, indem er in dieser eine eigenständig kennzeichnende Funktion aufweist, und die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (BGH GRUR 2000, RAUSCH/ELFI RAUCH; GRUR 2000, 883, 885 - PAPPAGALLO).

Hiervon ausgehend besteht im vorliegenden Fall zwischen den beiderseitigen Marken trotz der in der angegriffenen Marke enthaltenen zusätzlichen Wort- und Bildbestandteile zumindest ihrem klanglichen Gesamteindruck nach eine Verwechslungsgefahr. In dieser Richtung können die Bildbestandteile der angegriffenen Marke zur Unterscheidung der Marken nicht entscheidend beitragen, weil sich der Verkehr zur Benennung einer Marke regelmäßig der in ihr enthaltenen Wortbestandteile bedient, weil diese die einfachste und kürzeste Bezeichnungsmöglichkeit darstellen (BGH GRUR 2001, 1158, 1160 - Dorf MÜNSTERLAND; GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud). Von den beiden in der angegriffenen Marke enthaltenen Wortbestandteilen "trio" und "plus", die wegen ihrer unterschiedlichen Schriftgröße und ihrer höhenversetzten Anordnung nicht als ein einziges Wort in Erscheinung treten, weist allein das Wort "trio" eine zumindest annähernd normale Kennzeichnungskraft auf, weil es - wie bereits dargelegt - in Bezug auf die fraglichen Dienstleistungen des Energiesektors für die angesprochenen Verkehrskreise keinen erkennbar beschreibenden Bedeutungsgehalt besitzt. Das weitere Wort "plus" dagegen weist für den Verkehr erkennbar auf ein Plus, also auf eine Mehr- oder Besserleistung in Bezug auf den Umfang des Angebots oder des Preis-Leistungs-Verhältnisses hin, so dass die angesprochenen Verkehrskreise, auch unter Berücksichtigung der Anordnung und Größe der einzelnen Wortbestandteile, in dem Wort "trio" den eigentlich kennzeichnenden Bestandteil der angegriffenen Marke sehen und die Marke deshalb in rechtserheblichem Umfang bei der Benennung auf diesen mit der Widerspruchsmarke identischen Bestandteil verkürzen werden. Bei dieser Sachlage kann die Beschwerde der Markeninhaberin keinen Erfolg haben.

Für eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs 1 S 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

Albert Kraft Reker Pü






BPatG:
Beschluss v. 29.06.2005
Az: 26 W (pat) 147/03


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