Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Februar 2007
Aktenzeichen: 33 W (pat) 99/06

(BPatG: Beschluss v. 13.02.2007, Az.: 33 W (pat) 99/06)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 vom 8. Mai 2006 teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen "Büroarbeiten", "Grundstücks- und Hausverwaltung" und "Versicherungswesen" zurückgewiesen worden ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 27. Oktober 2004 die Wortmarke Wohnungsprivatisierungs Fondsfür folgende Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 35:

Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten, Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich organisatorische Vorbereitungen und Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene und fremde Rechnung unter Verwendung von Vermögenswerten von Erwerbern, Mietern, Pächtern und sonstigen Nutzungsberechtigten; Grundstücks- und Hausverwaltung; Unternehmensberatung, insbesondere Beratung bei der Organisation und Gründung von Unternehmen; Beratung, Planung, Bewertung und Durchführung von Privatisierungen, insbesondere von Grundstücken, Immobilien, Wohnungen und Unternehmen.

Klasse 36:

Versicherungswesen; Finanzwesen, insbesondere Erwerb von Beteiligungen, Bestellung und Verkauf von Erbbaurechten; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich finanzielle Vorbereitungen und Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene und fremde Rechnung unter Verwendung von Vermögenswerten von Erwerbern, Mietern, Pächtern und sonstigen Nutzungsberechtigten; Fondsverwaltung und Investmentdienste; Finanzdienstleistungen; Vertrieb von offenen und geschlossenen Investmentfonds und Maklerdienstleistungen; Verwaltung von offenen und geschlossenen Investmentfonds und Anlageberatung; Finanzberatungsdienste; einschließlich solcher Dienstleistungen, die elektronisch oder über das Internet bereitgestellt werden.

Durch Beschluss vom 8. Mai 2006 hat die Markenstelle für Klasse 36 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung führt sie aus, dass der Markenbestandteil "Wohnungsprivatisierungs" die Übertragung des Eigentums an Wohnungen von Kommunen, Unternehmen oder Privatpersonen auf die Mieter bezeichne. Dies betreffe Immobilien, deren Bewirtschaftung nicht mehr rentabel erscheine oder die einen hohen Investitionsbedarf für die Sanierung und die Modernisierung erforderten. Mit dem weiteren Zeichenelement "Fonds" werde Sondervermögen einer Gesellschaft für Kapitalanlagen, das in Wertpapieren oder Immobilien angelegt sei, benannt. Beide Begriffe seien jeweils für sich genommen nicht schutzfähig, da sie den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen beschreiben würden. Auch in ihrer Gesamtheit käme der angemeldeten Marke kein Schutz zu. Die bloße Aneinanderreihung der Bestandteile führe zu keiner ungewöhnlichen Änderung insbesondere der Syntax oder Semantik, so dass die Marke weiterhin ausschließlich nur aus beschreibenden Angaben bestehe. Selbst wenn andere Merkmalsbezeichnungen gebräuchlicher seien, ändere dies nichts an der Schutzunfähigkeit. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setze nicht voraus, dass ausschließlich die Zeichenbestandteile zur Beschreibung verwendet würden. Somit stelle die Anmeldemarke insgesamt lediglich eine Bestimmungsangabe dar, der folglich auch die notwendige Unterscheidungskraft fehle.

Dagegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt, den oben genannten Beschluss aufzuheben.

Sie trägt vor, dass die konkret angemeldete Wortfolge nicht sprachüblich sei und nicht als Bezeichnung der Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen diene. Die Anmeldemarke weise einen unklaren Begriffsgehalt auf, zudem bestehe zumindest teilweise kein Zusammenhang zwischen den gegenständlichen Tätigkeiten und den einzelnen Zeichenbestandteilen. Der Wortfolge "Wohnungsprivatisierungs Fonds" in ihrer Gesamtheit könne für keine der angemeldeten Dienstleistungen eine beschreibende Bedeutung beigemessen werden. Insofern komme ihr auch die notwendige Unterscheidungskraft zu. Zu den vom Senat vorab übersandten Belegen führt die Beschwerdeführerin außerdem aus, dass die dort erwähnten Zeichen im Gegensatz zur vorliegenden Marke neben dem Bestandteil "Fonds" bzw. "Fund(s)" ein weiteres beschreibendes Element enthalten würden. Auch beträfen sie nicht die Wortmarke "Wohnungsprivatisierungs Fonds" als Ganzes. Folglich handele es sich bei ihr nicht um eine gebräuchliche Bezeichnung. Zudem stelle der Begriff "Wohnungsprivatisierung" kein Wort der deutschen Sprache dar und sei darüber hinaus nicht üblich gebildet. Die übersandten Fundstellen bezögen sich des Weiteren auf das Immobilien- und Finanzwesen, so dass zumindest im Hinblick auf die nicht diesem Bereich angehörenden Dienstleistungen die Eintragungsfähigkeit der Anmeldemarke gegeben sei. Weder bestehe an ihr ein Freihaltungsbedürfnis noch fehle ihr die notwendige Unterscheidungskraft.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

1. Nach Auffassung des Senats steht der Eintragung der Marke teilweise das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke, gleich welcher Kategorie, innewohnende (konkrete) Eignung, die angemeldeten Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 - Henkel; GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Insbesondere fehlt einer Marke, die Merkmale von Dienstleistungen beschreibt, zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor).

a) Die Beschwerdeführerin führt zutreffend aus, dass sich die Anmeldemarke lexikalisch nicht nachweisen lässt. Für die Annahme des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist jedoch weder ein lexikalischer noch sonstiger Nachweis erforderlich, dass die Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. EuGH a. a. O. - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Maßgeblich ist vielmehr, ob die Anmeldemarke vom Verkehr als Unternehmenshinweis aufgefasst wird. Dies ist im Hinblick auf den Großteil der angemeldeten Dienstleistungen jedoch nicht der Fall.

Unter Wohnungsprivatisierung wird allgemein der Verkauf von Wohnungen an die Mieter verstanden. Es handelt sich hierbei um einen geläufigen und insbesondere im Internet vielfältig verwendeten Begriff. So ließen sich folgende Belege finden:

- "Im Bereich der Wohnungsprivatisierung unterziehen wir jede Liegenschaft einer umfangreichen Bestands-, Markt- und Standortanalyse ... ." (vgl. "DEGEN" unter "http://www.degen.de/index.php€option=content&task=view&id=14&Itemid=45")

- "Wohnungsprivatisierung ...

Anfang der 80er Jahre hat die LEG begonnen, verstärkt Wohnungen aus dem eigenen Bestand den Mietern zum Kauf anzubieten." (vgl. "LEG Baden-Württemberg GmbH" unter "http://www.legbw.de/wohnungsprivatisierung_499-_0.htm€SESSID=c9566e8a9f1a8d...")

- "Wohnungsprivatisierung Die Privatisierung von Mietwohnungen ist ein sensibles Thema." (vgl. "Allianz" unter "http://www.allianzimmobilien.de/leistungen/wohnungsprivatisierung-/index.html")

- "Wohnungsprivatisierung erzeugt Wachstumsimpulse" (vgl. "BAULINKS.de-Bau-Nachrichten" unter "http://www.baulinks.de/webplugin/2006/1170.php4")

- "Die Erfahrung des SIP Managements in der Wohnungsprivatisierung und dem Immobilienhandel ... ." (vgl. "SIP Group" unter "http://financemanagement.de-/nachrichten/210704005.html")

In eben diesem beschreibenden Sinne verwendet auch die Beschwerdeführerin den Begriff "Wohnungsprivatisierung":

- "Wohnungsprivatisierung Unsere Kriterien für Wohnungsbestände: ... ." (vgl. "vivacon ag" unter "http://www.vivacon.de/site/index.php€id=167").

Der weitere Bestandteil "Fonds" bezeichnet Geldmittel, die zusammengetragen und investiert werden, um weiteres Einkommen zu erzielen (vgl. Duden, Rechtschreibung der deutschen Sprache, 21. Auflage, Seite 287; PAVIS HABM R0472/00-2 - "PRIME FUND" und R0109/04 - "SUPERFUND"). In ihrer Gesamtheit vermittelt die Anmeldemarke damit die Aussage, es handele sich um einen Fonds, der auf die Privatisierung von Wohnungen gerichtet ist. Gerade bei Fonds wird häufig der Gegenstand, mit dessen Hilfe die Rendite erwirtschaftet wird, genannt. Dieser Sachbezug wird auch deutlich anhand folgender Vorstellung des Deutschen Wohnungsprivatisierungsfonds DWF 1 der Anmelderin:

"Beteiligen Sie sich an einem Immobilienensemble in der Hauptstadt Berlin und erzielen Sie dadurch hohe Ausschüttungen. Die Grunderlöse erwirtschaftet der Fonds aus den Mieteinnahmen. Diese Rendite wird ergänzt durch die Erlöse aus einer sozialverträglichen Wohnungsprivatisierung." (vgl. "Deutscher Wohnungsprivatisierungsfonds DWF 1" unter "http://www.hardt.net/DFW1-Wohnungsprivatisierungsfonds.htm").

b) Auch wenn die Bezeichnung "Wohnungsprivatisierungs Fonds" lediglich von der Beschwerdeführerin eingesetzt wird, so stellt sie doch einen ohne weiteres erkennbaren Hinweis auf Merkmale der meisten angemeldeten Dienstleistungen dar:

Im Hinblick auf Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung und -beratung benennt die Anmeldemarke den Gegenstand, worauf sich die Geschäfte oder die Unternehmenstätigkeiten beziehen.

Die Dienstleistungen eines Bauträgers dienen der Renovierung der im Wohnungsprivatisierungsfonds befindlichen Wohnungen. Sie fördern somit ihren Verkauf und haben direkten Einfluss auf die mit dem Fonds verbundenen Rendite. Folglich macht die Anmeldemarke deutlich, dass die Bauträgertätigkeiten einem Wohnungsprivatisierungsfonds zugute kommen. Damit ist sie als Bestimmungsangabe anzusehen.

Die Beratung, Planung, Bewertung und Durchführung von Privatisierungen sind unabdingbare Voraussetzungen für die Auflage eines Wohnungsprivatisierungsfonds. Somit wird mit der angemeldeten Marke das Tätigkeitsfeld ausdrücklich benannt.

Die Dienstleistung "Finanzwesen, insbesondere Erwerb von Beteiligungen, Bestellung und Verkauf von Erbbaurechten" ist ebenfalls für den Wohnungsprivatisierungsfonds wesentlich. Die Beschwerdeführerin selbst weist auf die Bedeutung des Erbbaurechts mit folgenden Worten hin:

"Die Wohnungen werden unter Anwendung des Erbbaurechts an die Mieter verkauft. Die Veräußerung im Erbbaurecht reduziert die Wohnungspreise deutlich, da die Erwerber den Kaufpreis für das anteilige Grundstück sparen. Im Ergebnis könne sich weitaus mehr Mieter die "eigenen vier Wände" leisten. Dies wiederum kommt den Einnahmen des DWF 1 und seinen Investoren zugute." (vgl. "Deutscher Wohnungsprivatisierungsfonds DWF 1. a. a. O.).

Des Weiteren können sich die Tätigkeiten "Geldgeschäfte", "Immobilienwesen", "Finanzdienstleistungen" und "Finanzberatungsdienste" auf einen Wohnungsprivatisierungsfonds beziehen. Dieser kann sowohl dem Geld-/Finanz- als auch dem Immobilienwesen zugerechnet werden. Insofern benennt die beanspruchte Marke lediglich den Gegenstand, mit dem sich die eben genannten Dienstleistungen beschäftigen.

Bei der Fondsverwaltung, bei den Investmentdiensten sowie beim Vertrieb und bei der Verwaltung von offenen und geschlossenen Investmentfonds handelt es sich wiederum um Aktivitäten, die typischerweise im Rahmen eines Fonds und damit auch in Zusammenhang mit einem Wohnungsprivatisierungsfonds erbracht werden.

Mit Hilfe der Maklerdienstleistungen und der Anlageberatung sollen schließlich Fondsanteile an Interessenten verkauft werden. Insofern bringt die Anmeldemarke nur ihre Zweckbestimmung zum Ausdruck.

c) Die Schreibweise "Wohnungsprivatisierungsfonds" liegt zwar grammatikalisch näher. Doch stellen die Trennung der beiden Bestandteile "Wohnungsprivatisierungs" und "Fonds" sowie die Großschreibung des letzteren keine ungewöhnlichen Abweichungen dar. Weiterhin ist die Anmeldemarke deutlich als Zusammensetzung zweier Substantive und damit als Sachangabe erkennbar. Im Übrigen ist der Verkehr an Wortneubildungen gewöhnt, die sich gerade nicht an grammatikalischen Regeln oder einem ausgeprägten Stilempfinden orientieren. Demnach können auch bisher noch nicht verwendete, aber gleichwohl verständliche Sachaussagen durchaus als solche erkannt und nicht als betriebliche Herkunftshinweise aufgefasst werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8, Rdnr. 89).

2. Ob das gegenständliche Zeichen darüber hinaus eine unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, kann folglich dahingestellt bleiben.

Damit war die Beschwerde teilweise zurückzuweisen.

3. Demgegenüber weisen Büroarbeiten keinen eindeutigen sachlichen Bezug zu einem Wohnungsprivatisierungsfonds auf. Sie können zwar für einen solchen erbracht werden, doch macht dies nicht ihre Eigenart aus. Nach Auffassung des Senats handelt es sich vielmehr um Tätigkeiten, durch die losgelöst von dem übergeordneten Zweck Aufgaben bewältigt werden sollen, die in jedem Büro anfallen (z. B. Schreiben, Ablage, Kopieren etc.). Um sie zu beschreiben, bietet sich die Anmeldemarke nicht an.

Auch die Grundstücks- und Hausverwaltung lässt sich mit einem Wohnungsprivatisierungsfonds nicht ohne weiteres in Verbindung bringen. Bei ihr kommt es nicht darauf an, wem die Immobilie gehört. Es kann sich hierbei um eine Privatperson, um die öffentliche Hand, aber auch um einen - gleich in welcher Rechtsform - Fonds handeln. Somit wird die Grundstücks- und Hausverwaltung nicht durch einen Wohnungsprivatisierungsfonds charakterisiert.

Schließlich besteht auch zum Versicherungswesen ein solch großer sachlicher Abstand, dass der Verkehr die angemeldete Marke nicht als eine unmittelbar beschreibende Angabe ansehen wird. Zwar können Versicherungen zur Abdeckung der Risiken eingesetzt werden, die die zu einem Wohnungsprivatisierungsfonds gehörenden Immobilien bedrohen (z. B. Wohngebäudeversicherung). Doch erscheint es unwahrscheinlich, dass Versicherungen mit den Geldmitteln in Zusammenhang gebracht werden, mit dessen Hilfe die Immobilien finanziert worden sind. Fonds und Versicherungen dienen verschiedenen Zwecken, so dass die Anmeldemarke bezüglich letztgenannter noch die erforderliche Unterscheidungskraft besitzt.

Insoweit war der Beschwerde stattzugeben.






BPatG:
Beschluss v. 13.02.2007
Az: 33 W (pat) 99/06


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