Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. November 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 158/00

(BPatG: Beschluss v. 15.11.2000, Az.: 26 W (pat) 158/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. März 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Bezeichung

"minicar callcar citycar"

für die Dienstleistungen

"Betrieb von Funkzentralen und Funkeinrichtungen zur Vermittlung von Aufträgen zur Personen- und Güterbeförderung"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese Anmeldung insbesondere wegen mangelnder Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung zurückgewiesen. Die angemeldete Marke stelle eine Bezeichnung dar, die in ihrer sprachlichen und begrifflichen Kombination jeglicher phantasievoller Eigenart entbehre und zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung ungeeignet sei. Ihr Sinngehalt sei für den inländischen Verkehr auch ohne weiteres erkennbar. Die angemeldete Wortfolge werde im Zusammenhang mit den vorgesehenen Dienstleistungen lediglich im Sinne einer beschreibenden Sachangabe verstanden werden, die schlagwortartig darauf hinweisen solle, daß durch die betreffenden Dienstleistungen die Beförderung mit unterschiedlichen Wagentypen in Anspruch genommen werden könne. Bei den für die angesprochenen Verbraucher ohne weiteres verständlichen Sinngehalten der einzelnen Markenbestandteile handle es sich um wesentliche Eigenschaften der vorgesehenen Dienstleistungen. Weder in ihren Einzelteilen noch in ihrer Gesamtheit weise die angemeldete Bezeichnung einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil oder einen hinreichend phantasievollen Überschuß auf. Auch der Hinweis der Anmelderin, bei den beanspruchten Begriffen handle es sich um Wortneuschöpfungen, bewirke keine Änderung der markenrechtlichen Wertung, denn diese Wortbildungen seien sprachüblich und ihr Bedeutungsgehalt ohne weiteres erfaßbar.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Die einzelnen Wörter der angemeldeten Marke stellten keine Bezeichnung bestimmter Beförderungsmittel dar. Deshalb werde der angesprochene Verkehr das eingereichte Zeichen auch nicht als Sachhinweis verstehen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. März 2000 aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich insbesondere nicht um eine konkret beschreibende und freihaltungsbedürftige Angabe im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Danach nämlich sind nur Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die einen Dienstleistungsbezug aufweisen, also ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen dienen können und die deshalb zugunsten der Mitbewerber der Anmelderin freizuhalten sind. Dabei ist eine Bezeichnung nur dann als freihaltebedürftig zu erachten, wenn ihre Eintragung tatsächlich ernsthafte Beeinträchtigungen der Mitbewerber bei der ungehinderten Verwendung dieser Bezeichnung als beschreibende Angabe befürchten läßt oder hinreichende Anhaltspunkte für eine derartige künftige Behinderung vorliegen (BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die dort ausdrücklich angeführten, sondern auch solche, die für die Erbringung von Dienstleistungen wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Dienstleistungen selbst beschreiben (BGH Mitt 1998, 143 - BONUS; GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Eine solche konkret und unmittelbar dienstleistungsbeschreibende Sachaussage ist in der angemeldeten Bezeichnung aber nicht enthalten.

Diese weist nämlich nicht auf eine bestimmte, für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der Dienstleistungen selbst hin. Unabhängig davon nämlich, ob es sich bei den einzelnen Zeichenwörtern um Wortzusammensetzungen aus der englischen Sprache oder Wortneuschöpfungen handelt, werden sie wegen ihres Grundwortes "-car" von den angesprochenen Verkehrskreisen immer im Sinne von "Auto" verstanden. Dieser Grundbegriff wird durch die vorangestellten Bestimmungswörter "mini-", "call-" und "city-" jeweils entsprechend konkretisiert. Damit aber kann der angemeldeten Marke weder in ihren Einzelbegriffen noch in ihrer Gesamtheit ein unmittelbar beschreibender Hinweis auf die konkret beanspruchten Dienstleistungen entnommen werden. Diese Dienstleistungen nämlich befassen sich mit dem Betrieb von Funkzentralen und Funkeinrichtungen. Zwar erfolgt die Umsetzung dieser Dienstleistungen nach der Vermittlung der dort empfangenen Aufträge zur Personen- und Güterbeförderung letzten Endes mit Kraftfahrzeugen. Es bedarf jedoch mindestens eines analysierenden Zwischenschritts, um bei der Betrachtung der angemeldeten Marke im Hinblick auf den beanspruchten Betrieb von Funkzentralen und Funkeinrichtungen auf eine solche Durchführung der vermittelten Aufträge mittels der in der angemeldeten Marke genannten "mini-", "call-" oder "citycars" zu schließen. Einen klar umgrenzten Bedeutungsinhalt hat die Wortfolge nicht. Damit liegt bereits keine konkret und unmittelbar dienstleistungsbeschreibende Bezeichnung vor.

Da zudem eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als dienstleistungsbeschreibende Angabe weder von der Markenstelle nachgewiesen worden ist noch der Senat insoweit Feststellungen zu treffen vermochte, konnte von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis nicht ausgegangen werden. Mangels entsprechender konkreter Anhaltspunkte liegt auch kein künftiges Freihaltebedürfnis vor.

Entgegen der Markenstelle kann der angemeldeten Bezeichnung auch nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, die Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei reicht nach der Formulierung des Gesetzes jede wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft aus, um das Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft zu überwinden. Einer Marke kann dann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, wenn ihr kein für die in Frage stehenden Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH BlPMZ 1999, 408 - YES).

Die angemeldete Marke ist jedoch, wie bereits festgestellt, nicht unmittelbar beschreibend. Die Wörter "minicar callcar citycar" beschreiben nämlich die beanspruchten Dienstleistungen "Betrieb von Funkzentralen und Funkeinrichtungen ..." nicht. Der Senat hat auch keine Feststellungen zu treffen vermocht, die die angemeldete Bezeichnung als gebräuchliche Wortfolge der Alltagssprache ausweisen, die vom Verkehr allein und stets als solche aufgenommen und nur in ihrem Ursprungssinn verstanden wird. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß der Verkehr erfahrungsgemäß wenig geneigt ist, eine Dienstleistungsbezeichnung begrifflich zu analysieren und eine solche Bezeichnung in der Regel so annimmt, wie sie ihm entgegentritt (BGH GRUR 1992, 515 - Vamos; aaO - PROTECH), wenn sie markenmäßig verwendet wird (BGH BlPMZ 2000, 53, 55 - FÜNFER). Einen besonderen Eigentümlichkeitsgrad muß die Marke entgegen der Auffassung der Markenstelle ohnehin nicht aufweisen (BGH GRUR 2000, 722 - LOGO).

Schülke Kraft Ederprö






BPatG:
Beschluss v. 15.11.2000
Az: 26 W (pat) 158/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/16cc8b057814/BPatG_Beschluss_vom_15-November-2000_Az_26-W-pat-158-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share