Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 6. Oktober 2010
Aktenzeichen: I-15 U 80/08
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 06.10.2010, Az.: I-15 U 80/08)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 18.04.08 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils voll-streckende Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Die beruflich als Lehrerin an der Realschule in V. tätige Klägerin begehrt von der Betreiberin der Website www.spickmich.de (der Beklagten zu 4) sowie von deren Gesellschaftern und Geschäftsführern (den Beklagten zu 1-3) die Löschung und Unterlassung der Veröffentlichung bestimmter - die Person der Klägerin betreffender- Daten. Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sich die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche weder aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch aus der Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen ergäben.
Bei den Angaben betreffend den Namen der Klägerin, ihre berufliche Tätigkeit und die von ihr unterrichteten Fächer handele es sich um wahre Tatsachen. Die Bewertung der Klägerin sei als Werturteil zu qualifizieren, so dass das Bewertungsforum des Portals www.spickmich.de in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG falle. Das Landgericht hat sodann eine Abwägung zwischen dem Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vorgenommen mit dem Ergebnis, dass die Bewertungsmöglichkeiten im Portal der Beklagten keinen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin darstellten. Die vorgenommenen Bewertungen der Klägerin beträfen deren Sozialsphäre und reichten weder in den Bereich der Schmähkritik noch in den der Anprangerung hinein. Vielmehr seien die Bewertungen auch eine Orientierung für Schüler und Eltern und könnten zu erhöhter Transparenz und Kommunikation führen; schließlich dienten sie der Klägerin als feedback. Desweiteren sei bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Bewertung der Klägerin nur nach erfolgter Anmeldung auf der Homepage www.spickmich.de und Eingabe der Schule, an der sie unterrichtet, eingesehen werden könne und nicht bei Eingabe des Namens der Klägerin in Internet-Suchmaschinen erscheine. Die Möglichkeit von missbräuchlicher Benutzung des Portals rechtfertige keine Beschränkung der Meinungsfreiheit derjenigen, die es bestimmungsgemäß benutzten.
Soweit durch die Bewertungskriterien "cool und witzig", "menschlich", "beliebt" und "vorbildliches Auftreten" auch die Privatsphäre der beurteilten Lehrer betroffen sei, liege keine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes vor, weil dadurch weder eine Anprangerung noch eine Diffamierung bewirkt würde. Der Einzelne habe keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selber sieht oder von anderen gesehen werden möchte.
Die angegriffene Bewertung sei auch nicht schon deshalb unzulässig, weil sie anonym erfolge. Anonymes Auftreten sei dem Internet immanent; auch anonyme Meinungsäußerungen genössen den Schutz des Art. 5 Abs. 1GG.
Manipulationsmöglichkeiten, die sich daraus ergäben, dass sich entweder Schüler unter verschiedenen Namen mehrfach anmeldeten oder Personen an der Bewertung teilnähmen, die gar keine Schüler seien, führten nicht zur Unzulässigkeit der Bewertung. Dass die tatsächliche Identität der angemeldeten Schüler nicht überprüfbar sei, sei für jeden Nutzer des Portals erkennbar. Etwaigen Manipulationen würde auch dadurch entgegengewirkt, dass Bewertungen erst ab einer bestimmten Anzahl berücksichtigt und die Bewertungen herausgenommen würden, die vorwiegend die Noten 1 und 6 enthielten; durch die auf der Lehrerseite eingerichtete Schaltfläche "Hier stimmt was nicht" könne der Betreiber auf Unstimmigkeiten aufmerksam gemacht werden.
In Bezug auf die im Bewertungsmodul enthaltene Zitatfunktion seien die Ansprüche der Klägerin schon deshalb nicht begründet, weil bisher überhaupt kein Zitat der Klägerin eingestellt worden sei und deshalb weder eine Wiederholungs- noch Erstbegehungsgefahr vorliege. Ein Zitieren von korrekt wiedergegebenen Äußerungen, die ein Lehrer in seiner dienstlichen Funktion gemacht habe, sei erlaubt.
Die Nennung von persönlichen Daten der Klägerin verstoße auch nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch hier habe eine Abwägung stattzufinden. Die Daten seien aus der Homepage der Schule bereits ersichtlich. Soweit sie im Zusammenhang mit der Bewertung der Klägerin benutzt würden, sei dies vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst.
Schließlich ergäbe sich das von der Klägerin verlangte Verbot auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 BDSG. Bei den veröffentlichten Daten der Klägerin handele es sich zwar um solche nach § 3 BDSG, deren Veröffentlichung die Klägerin nicht gemäß § 4 Abs. 1 BDSG zugestimmt habe. Die Veröffentlichung sei jedoch nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG zulässig, da die Beklagten mit der von ihnen betriebenen Homepage ein geschäftliches Interesse verfolgten, die Daten einer allgemein zugänglichen Quelle entnommen würden und kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Klägerin an dem Ausschluss der Verbreitung oder Nutzung bestehe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihre erstinstanzlichen Begehren weiterverfolgt.
Sie führt zur Begründung ihres Rechtsmittels aus, dass durch die angegriffene Bewertung im Internet sowohl ihre Privat- und Individualsphäre als auch durch die Zitatfunktion ihr Recht am gesprochenen Wort tangiert sei. In Bezug auf letzteres habe das Landgericht zu Unrecht eine Verletzung bereits deshalb verneint, weil bislang keine Zitate der Klägerin veröffentlicht worden seien. Insofern habe das Landgericht verkannt, dass eine drohende Verletzung ausreichend sei.
Bei der im erstinstanzlichen Urteil vorgenommenen Abwägung habe das Landgericht das Gewicht der beeinträchtigten Grundrechte falsch bestimmt. So sei im Ansatz schon unzutreffend, von Werturteilen statt von Tatsachenbehauptungen auszugehen. Grundlage der Internetseite sei die Tatsachenbehauptung, dass Schüler Lehrer bewerteten. Hierfür hätten die Beklagten den ihnen obliegenden Wahrheitsbeweis nicht erbracht. Die Behauptung sei unwahr, weil jedermann unter der Behauptung, Schüler zu sein, Bewertungen auf dem Portal der Beklagten abgeben könne und es auch möglich sei, mehrere Bewertungen, die tatsächlich von derselben Person stammten, abzugeben. Der Klägerin sei der Beweis, dass die Bewertungen tatsächlich nicht von Schülern stammten, nicht möglich, da die Beklagten die Bewertungen der Lehrer nicht speicherten. Es sei damit von einer unwahren Tatsachenbehauptung auszugehen. Insofern verbiete sich auch die Berufung auf Meinungsfreiheit. Die Beklagten selbst äußerten keine Meinung sondern wollten lediglich Schülern die Möglichkeit geben, ihre Lehrer zu bewerten. Da aber nicht bewiesen sei, dass die Bewertungen tatsächlich von Schülern stammten, könnten sich die Beklagten auch nicht auf deren Recht zur Meinungsäußerung berufen.
Auch sei die anonyme Meinungsäußerung grundsätzlich nicht schutzwürdig, wenn es sich - wie hier- um einseitige Anonymität handele. Die Lehrer, die in das von den Beklagten betriebene Forum hineingezerrt würden, seien nicht anonym. Deshalb sei es auch nicht gerechtfertigt, dass die Schüler, die öffentlich ihre Meinung im Internet äußerten, Anonymität für sich beanspruchen könnten. Dies widerspräche zudem dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule.
Unverständlich sei die im Rahmen der Erörterung der Manipulationsmöglichkeiten vom Landgericht verwandte Argumentation, dass die Nutzer des Portals um solche Manipulationsmöglichkeiten wüssten. Dies schütze nicht die Klägerin, sondern lade zu Manipulationen ein. Ebenso seien die von den Beklagten angeführten Korrektive nicht geeignet, Manipulationen zu verhindern oder erheblich einzuschränken.
Dem Argument des Landgerichts, dass die Bewertungen zur Kommunikation und Interaktion beitragen könnten und der Klägerin ein feedback gäben, sei entgegenzuhalten, dass dies angesichts der Anonymität der Bewertungen nicht möglich sei. Außerdem könne die Klägerin nicht zur Teilnahme am Internetportal gezwungen werden.
Der pauschale Hinweis des Landgerichts auf angebliche Lehrerbewertungen in Schülerzeitungen sei in die Abwägung der Grundrechtspositionen schon deshalb nicht einzubeziehen, weil eine anonyme Veröffentlichung auch dort unzulässig wäre.
Ein öffentliches Interesse an der Bewertung bestehe weder hinsichtlich der Kriterien "cool und witzig", "beliebt", "menschlich" oder "vorbildliches Auftreten" noch hinsichtlich der übrigen Merkmale. Es sei allein Sache des Dienstherrn und der betroffenen Schüler und Eltern, die Qualitäten von Lehrern zu beurteilen. Auch bestehe das Informationsinteresse nur bei Schülern der entsprechenden Schule, die aber ohnehin informiert seien und dazu nicht das Internet benötigten.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht werde nicht nur durch sogenannte Schmähkritik verletzt, sondern umfasse auch die Freiheit zu entscheiden, wie man sich in der Öffentlichkeit darstelle. Hier erfolge eine verfälschte Darstellung, da die Behauptung, dass die Klägerin von Schülern bewertet worden sei, nicht nachgewiesen sei und die Klägerin keine Möglichkeit habe, sich gegen diese Behauptung zu wenden.
Ferner habe das Landgericht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht richtig angewandt. Ein zu berücksichtigendes öffentliches Interesse bestehe nicht für eine weltweite Veröffentlichung sondern allenfalls für die Schüler der Schule, an der die Klägerin unterrichte. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werde auch dadurch verletzt, dass die Veröffentlichung dauerhaft sei, wodurch die Lehrer einer berufslebenslangen öffentlichen Bewertung ausgesetzt seien.
Bei der Veröffentlichung von Zitaten gehe es um ein reines Unterhaltungsinteresse, das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht ausreiche, um einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht zu rechtfertigen, zumal es sich bei der Klägerin um keine Person der Zeitgeschichte handele. Der Schutz des gesprochenen Wortes umfasse auch die Befugnis zu bestimmen, ob der Inhalt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Die Äußerungen, die jemand in seinem Berufsleben mache, dürften nicht uneingeschränkt unter Nennung seines Namens veröffentlicht werden. Da die Beklagten bei den Zitaten nicht angäben, wann gegenüber welchen Personen welche Äußerungen von den Lehrern getätigt worden sein sollen, hätte die Klägerin bei einem unwahren Zitat keine Möglichkeit, dagegen vorzugehen.
Bei der Bewertung der Lehrer werde die jeweilige Person in ihrer Privatheit in den Mittelpunkt gerückt. Sowohl durch die veröffentlichten Äußerungen als auch durch die Bewertung werde ein Persönlichkeitsprofil erstellt, das einen gravierenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstelle und bei beruflichen Veränderungen negative Auswirkungen haben könne.
Da entgegen § 33 BDSG keine Information des Betroffenen über die Speicherung seiner Daten stattfinde, sei die Kenntnis vom Inhalt der angegriffenen Webseite nur möglich, wenn der betroffene Lehrer die vorhandenen Einträge regelmäßig sichte, was kaum zumutbar sei. Es bestehe ein erhebliches Missbrauchsrisiko durch Dritte und auch durch die Beklagten selbst.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Klägerin sehr wohl verletzt. Dieses bestehe unabhängig von der qualitativen Aussagekraft der betroffenen persönlichen Daten und müsse auch im Zivilrecht Berücksichtigung finden. Durch die Erstellung eines neuen Datensatzes seien personenbezogene Daten entstanden, zu denen vorher kein Zugang bestanden habe und die auch nicht vom Einverständnis der Betroffenen gedeckt seien; dieses beziehe sich nur darauf, dass der Name des Lehrers und die von ihm unterrichteten Fächer auf der homepage der Schule veröffentlicht würden.
Schließlich habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass es sich beim Schulverhältnis um ein verwaltungsrechtliches Sonderverhältnis handele. Das Klassenzimmer sei kein öffentlicher Raum; der von den Lehrern zu erfüllende Erziehungsauftrag werde durch die Veröffentlichung der Bewertungen beeinträchtigt und der Schulfrieden gestört.
Der Unterlassungsanspruch sei gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 BDSG in Verbindung mit § 1004 BGB gegeben. Die Übermittlung der Daten sei weder nach § 28 noch nach § 29 BDSG gerechtfertigt. Es gehe nicht um die Übermittlung der auf der Schulhomepage veröffentlichten Daten sondern um deren Übermittlung in Verbindung mit der Bewertung. Die Einwilligung der Klägerin zu der Veröffentlichung auf der Schulhomepage sei entgegen § 4 a Abs. 1 BDSG nicht schriftlich erfolgt und damit nicht wirksam.
Schließlich verweist die Klägerin auf den Beschluss der oberen Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vom 17./18. April 2008.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils wie folgt zu erkennen:
Die Beklagten werden verurteilt, die auf der Internetseite "spickmich.de" veröffentlichten Daten betreffend die Klägerin, bestehend aus Name, Schule, an der die Klägerin unterrichtet und ihre unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit der Gesamt- und Einzelbewertung der Klägerin durch Notengebung von 1 bis 6, ob sie cool und witzig, beliebt, motiviert, menschlich, fachlich kompetent und gut vorbereitet sei, ob sie guten Unterricht mache, faire Prüfungen und faire Noten erteile, und ein vorbildliches Auftreten habe, aus der Datenbank der Internetseite "spickmich.de" zu löschen.
Die Beklagten werden verurteilt, die auf der Internetseite "spickmich.de" veröffentlichten Daten betreffend die Klägerin bestehend aus Name, Schule, an der die Klägerin unterrichtet und ihre unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit der Rubrik Zitate "Alles, was Frau Dicke schon so vom Stapel gelassen hat (Lustiges, Fieses…..) aus der Datenbank der Internetseite "spickmich. de" zu löschen.
Den Beklagten wird aufgegeben, es zu unterlassen, die persönlichen Daten der Klägerin, bestehend aus Name, Schule, an der die Klägerin unterrichtet und ihre unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit der Gesamt- und Einzelbewertung der Klägerin durch Notengebung von 1 bis 6, ob sie cool und witzig, beliebt, motiviert, menschlich, fachlich kompetent und gut vorbereitet sei, ob sie guten Unterricht mache, faire Prüfungen und faire Noten erteile, und ein vorbildliches Auftreten habe, auf der Internetseite www.spickmich.de zu veröffentlichen.
Ferner wird den Beklagten aufgegeben, es zu unterlassen, die persönlichen Daten der Klägerin bestehend aus Name, Schule, an der die Klägerin unterrichtet und ihre unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit der Rubrik Zitate: "Alles, was Frau Dicke schon so vom Stapel gelassen hat (Lustiges, Fieses….) auf der Internetseite www.spickmich.de zu veröffentlichen.
Den Beklagten wird aufgegeben, es künftig zu unterlassen, die personenbezogenen Daten der Klägerin, Name, Schule, an der sie unterrichtet und ihre unterrichteten Fächer in Zusammenhang mit Bewertungen ihrer persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten als Lehrerin durch Schüler und sonstige Dritte im Internet zu veröffentlichen.
Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,- Euro und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
Die Beklagten zu 1) - 3) werden verurteilt, die Klägerin von Rechtsanwaltskosten gegenüber den Rechtsanwälten Scholten, Dr. Reiß & Partner GbR, Königstr. 52, 47051 Duisburg in Höhe von 1.561,88 Euro freizustellen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das zu ihren Gunsten ergangene landgerichtliche Urteil und wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie beziehen sich insbesondere auf die in einem Parallelfall ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 23.06.09 (-VI ZR 196/08, NJW 09, 2888 ff).
Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den Lehrer-Bewertungen nicht um Tatsachen, sondern um Werturteile handele, die unter das Recht zur freien Meinungsäußerung aus Art 5 Abs. 1 Satz 1 GG fielen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht verletzt. Wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 18.02.2010 ( 1 BvR 2477/08, MMR 2010, 422) ausgeführt habe, sei die Meinungsfreiheit nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern gewährleiste primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen.
Die Klägerin habe schon in erster Instanz nicht vorgetragen, welche negativen Folgen sich aus der Bewertung für sie ergeben sollen. Von Personen, die nicht auf der Schule der Klägerin seien, würden die Bewertungen gar nicht beachtet. Wie auch der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung ausgeführt habe, bestehe ein schützenswertes Interesse der sich äußernden Schüler wie auch der Eltern und Lehrer daran, sich über Erfahrungen auszutauschen und ein feedback zu übermitteln.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klägerin kann weder Löschung noch Unterlassung der Veröffentlichung ihrer im Antrag genannten Daten im Zusammenhang mit ihrer Bewertung und der Zitierung von Äußerungen auf dem von der Beklagten zu 4) betriebenen Internet-Portal spickmich.de verlangen. Der Senat schließt sich insoweit im Ergebnis der in einem Parallelfall getroffenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 23.06.09 (VI ZR 196/08, NJW 2009, 2888) an; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde ist durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.08.10 (1 BvR 1750/09) nicht zur Entscheidung angenommen worden.
Darüber hinaus ist auch der von der Klägerin mit der Klage verfolgte Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten unbegründet.
1) Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Löschung ihrer Daten aus der Datenbank der Internetseite www.spickmich.de ergibt sich nicht aus § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG. Nach dieser Vorschrift sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist.
Dass für einen derartigen, neben dem Unterlassungsanspruch erhobenen Löschungsanspruch bereits das Rechtsschutzinteresse fehlen könnte, wird in zweiter Instanz nicht mehr angesprochen und ist -wie auch der Bundesgerichtshof (Urteil vom 23.06.09 -VI ZR 196/08, NJW 09, 2888 ff) in dem in der Vorinstanz vom OLG Köln entschiedenen Parallelfall erkannt hat- zu verneinen, weil der Löschungsanspruch weitergehender als der Unterlassungsanspruch ist.
Ebenso scheitert eine Inanspruchnahme der Beklagten nicht bereits aufgrund der in § 10 TMG getroffenen Regelung. Diese (hier von den Parteien nicht erwähnte) Vorschrift betrifft lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung des Diensteanbieters, nicht jedoch die Störerhaftung. Wird ein rechtswidriger Beitrag in ein Community-Forum eingestellt, ist der Betreiber als Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Unterlassung und, wenn nur über die Beseitigung der Daten die Unterlassung durchgesetzt werden kann, zur Löschung verpflichtet. Rechtliche Betreiberin der Website und damit rechtlich verantwortlich für dadurch gegebene Beeinträchtigungen Dritter ist die Beklagte zu 4). Daneben trifft die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesellschafter und Geschäftsführer gegebenenfalls die Verantwortlichkeit als Mitstörer, weil mögliche Beeinträchtigungen Dritter zumindest mittelbar von ihnen zu verantworten sind. (BGH a.a.O.).
Dies vorangestellt, kommt es für den Löschungsanspruch also auf die Zulässigkeit der Speicherung an, die in Bezug auf die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nach § 4 Abs. 1 BDSG dann gegeben ist, wenn das Gesetz die Datenverarbeitung erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat.
Dass es sich vorliegend um personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG handelt, wird auch von den Beklagten nicht in Zweifel gezogen, sodass mangels Einwilligung der Klägerin zu prüfen ist, ob die Beklagten nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BDSG zur Datennutzung berechtigt sind. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist § 28 BDSG nicht einschlägig, weil die Beklagten mit der Erhebung der Daten keinen eigenen Geschäftszweck verfolgen, sondern die Daten geschäftsmäßig im Sinne des § 29 BDSG zur Übermittlung an Dritte erheben und speichern (BGH a.a.O.).
Die Speicherung der Bewertungen ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG zulässig, wenn ein Grund zu der Annahme eines schutzwürdigen Interesses an dem Ausschluss der Datenerhebung und -speicherung nicht gegeben ist. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen können in der Wahrung seines Persönlichkeitsrechts , aber auch in der Abwehr von wirtschaftlichen Nachteilen liegen, die bei der Veröffentlichung der Daten zu besorgen sind . Wendet sich der Betroffene gegen die Datenerhebung, hat er darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er des Schutzes bedarf. Bietet die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Abwägung keinen Grund zu der Annahme, dass die Speicherung der in Frage stehenden Daten zu dem damit verfolgten Zweck schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt, ist die Speicherung zulässig (BGH a.a.O.). Dabei geht das BDSG von der Grundvorstellung aus, dass durch die Erhebung, Speicherung oder jede sonstige Verarbeitung personenbezogener Daten in das gem. § 1 Abs. 1 BDSG zu schützende Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird, woraus sich das in § 4 Abs. 1 BDSG statuierte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt erklärt. Bei der Feststellung der Zulässigkeit der Verarbeitung geht es in § 29 Abs. 1 BDSG also darum, zu ermitteln, wie die Beeinträchtigung und die Schutzwürdigkeit der Interessen des Betroffenen im Hinblick auf die Gesamtumstände einschließlich der Belange der verantwortlichen Stelle zu gewichten sind (Gola/Schomerus, BDSG, 9.A., § 29 Rn 10).
Dass die Klägerin durch die Erhebung und Speicherung der Benotungen in Verbindung mit ihrem Namen, der Schule, an der sie unterrichtet und der von ihr unterrichteten Fächer in ihrem vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfassten Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen ist, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Dennoch besteht kein Grund zu der Annahme eines schutzwürdigen Interesses der Klägerin am Ausschluss der Datenspeicherung.
Im Rahmen des Schutzbereiches, den das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin hier hat, hat der Bundesgerichtshof ( a.a.O.) die von den Beklagten erhobenen und abgespeicherten Bewertungen der Klägerin als Werturteile, die ihre Sozialsphäre betreffen, eingeordnet, weil sie die berufliche Tätigkeit der Klägerin und damit einen Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vorneherein im Kontakt mit der Umwelt vollziehe, beträfen. Dem ist jedenfalls hinsichtlich der Kriterien "motiviert", "fachlich kompetent", "gut vorbereitet", "guter Unterricht", "faire Prüfungen und Noten" zuzustimmen. Hinsichtlich der Kriterien "cool und witzig", "beliebt", "menschlich" und "vorbildliches Auftreten" wird in der Literatur ( Graef ZUM 09, 759, 760; Haensle/Reichold, DVBl 09, 1329, 133) vertreten, dass die auf diese Eigenschaften abzielenden Bewertungen die stärker geschützte Privatsphäre der betroffenen Lehrer tangierten, weil sie ein Urteil, das den Lehrer in seiner gesamten Persönlichkeit erfasse, fällten. Insofern könne nicht zwischen dem Menschen im Berufs- und dem im Privatleben differenziert werden. So sieht es auch die Klägerin. Desweiteren wird vertreten (Gounalakis/Klein, NJW 10, 566, 569), dass die letztgenannten Bewertungskriterien wegen der Besonderheit, dass das Auftreten von Lehrern immer auch von einer persönlichen Komponente mitbestimmt werde und sie im Schulalltag bewusst über ihr Verhalten auch persönliche Eigenschaften preisgäben, dennoch der Sozialsphäre zuzuordnen seien. In diese Richtung geht auch die Begründung des Bundesgerichtshofes, der in der bereits mehrfach zitierten Entscheidung vom 23.06.09 ausführt, dass der Klägerin die persönlichen Eigenschaften "cool und witzig", etc. aufgrund ihres Auftretens innerhalb des schulischen Wirkungskreises beigelegt würden und deshalb keinen über die Sozialsphäre hinausgehenden Eingriff in die Privatsphäre darstellten. Wie es sich mit der Eigenschaft "sexy" verhielte, brauchte der Bundesgerichtshof nicht zu entscheiden, weil die Beklagten dieses, früher auch zur Bewertung gestellte Kriterium nach einer grundlegenden Überarbeitung freiwillig aus dem Angebot genommen haben.
Indes erscheint es im Ergebnis sachgerecht, hier die Bewertung aller im Portal genannter Eigenschaften der Sozialsphäre zuzuordnen, weil bei der Abgrenzung zur Privatsphäre einerseits auf die soziale Anschauung, zu welchem Bereich andere nur mit Zustimmung des Betroffenen Zugang haben sollen und andererseits auf die Erwartung des Einzelnen, nicht beobachtet zu werden, abzustellen ist ( BVerfG E 101, 361; Palandt-Sprau, BGB, 68. A., § 823 Rn 87). Der Lehrer, der, wie auch ein Anwalt oder Arzt, eine stark personenbezogene Dienstleistung erbringt, tritt in seinem Berufsleben zu seiner Umwelt eben auch mit seinen charakterlichen Wesenszügen in Kontakt, so dass er nicht erwarten kann, dass seine menschlichen Stärken und Schwächen reine Privatsache seien.
Die Bewertungen stellen auch durchweg Meinungsäußerungen und keine Tatsachenbehauptungen dar (so auch BGH a.a.O.). Die Klägerin hält dies im Ansatz deshalb für unzutreffend, weil Grundlage der Internetseite die falsche Tatsachenbehauptung, dass Schüler Lehrer bewerteten, obwohl jeder Beliebige mehrere Bewertungen unter irgendeinem Namen abgeben könne, sei. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass sich durch die Art ihres Zustandekommens an der Einordnung der Bewertungen als Werturteile nichts ändern kann und die von der Klägerin angesprochenen Manipulationen zwar bei der noch zu erfolgenden Interessenabwägung, nicht jedoch bei der Frage, ob es sich um Meinungsäußerungen oder Tatsachenbehauptungen handelt, zu berücksichtigen sind. Die Klägerin greift mit ihren Anträgen auch nur die Bewertungen und Zitate, nicht jedoch die Äußerung, dass die Bewertungen von Schülern stammten, an, so dass diese, die zweifellos als Tatsachenbehauptung zu qualifizieren ist, nicht gesondert auf ihre Zulässigkeit zu prüfen ist.
Auch wenn die von der Klägerin angegriffenen Bewertungen somit als Meinungsäußerungen, die die Sozialsphäre der Klägerin betreffen, einzuordnen sind, muss sie es grundsätzlich nicht hinnehmen, in eine von ihr ungewollte und nicht herausgeforderte Öffentlichkeit gedrängt zu werden ( BGHZ 161, 266, 269 f) und sich einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt fühlen, als derjenigen, die sie im sozialen Kontakt gesucht hat (BGH NJW 1981, 1366). Darauf zielen auch die Angriffe der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil, mit denen sie geltend macht, in eine weltweite Öffentlichkeit gezerrt zu werden, obwohl die Veröffentlichung nur die Schüler der Schule, an der sie unterrichte, interessiere. Allerdings gilt auch der Grundsatz, dass sich professionelle Leistung öffentlicher Kritik stellen muss, wobei von der die Entscheidung des Bundesgerichtshofes kritisierenden Literatur (Gomille, ZUM 09, 815, 820; Ladeur, JZ 09, 966, 967) darauf hingewiesen wird, dass sich abhängig Beschäftigte nicht darauf einrichten müssten, dass ihr Beitrag zur Leistung des Unternehmens oder der sonstigen Einheit, bei dem bzw. der sie beschäftigt sind, ebenfalls in einem Massenmedium wie einem uneingeschränkt einsehbaren Bewertungsforum im Internet erörtert wird. Deshalb gelte der Grundsatz, dass sich professionelle Leistung öffentlicher Kritik stellen müsse, nur für Unternehmer, weil sie mit ihrem Leistungsangebot auf den Markt drängten und sich deshalb darauf einrichten müssten, dass jedermann sich mit ihnen und ihrem Angebot auseinandersetze und sie sich ihrerseits gegen Kritik durch Pressearbeit etc. wehren könnten. Letztgenannter Aspekt betrifft auch ein weiteres Argument der Klägerin, dass sie gegen die Veröffentlichung wegen deren Anonymität wehrlos sei.
Insgesamt rechtfertigen jedoch die Auswirkungen, die die angegriffenen Veröffentlichungen der persönlichen Daten der Klägerin über das von den Beklagten betriebene Internet-Forum für sie haben, nicht die Feststellung, dass hier von einem anprangerndem Zerren in eine über den eigentlich betroffenen Sozialbereich hinausgehende Öffentlichkeit gesprochen werden könnte. Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist (BGH a.a.O.) Dies ist hier nicht der Fall. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Wahrnehmung einer Veröffentlichung als Anprangerung von der sozialen Anschauung und dem Lebensumfeld geprägt wird. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass Bewertungsportale im Internet mittlerweile in großer Anzahl existieren (vgl. die auf Seite 4 der von der Klägerin zum Schriftsatz vom 25.02.08 beigefügten Anlage aufgezählten, insbesondere meinprof.de., aerzte.de, richterdatenbank.net/staatsanwaltdatenbank, kennstdueinen.de) und die angesprochenen Kreise dadurch (inzwischen) damit vertraut sind, dass Personen im Internet mit Meinungen, Bewertungen und Kommentierungen versehen werden. Dadurch wird es nicht mehr per se als etwas Besonderes oder gar Anprangerndes empfunden, wenn solche Kommentare negativ oder Bewertungen schlecht ausfallen. Immerhin haben die Beklagten auf ihrem Bewertungsportal spickmich. de dafür gesorgt, dass nur die vorgegebenen Eigenschaften bewertet werden können, kein Raum für sonstige Kommentare ist und eine Kontrollfunktion durch die Spalte "Hier stimmt was nicht" existiert. Dadurch ist gewährleistet, dass das Portal nicht für beleidigende oder sonst rechtswidrige Äußerungen missbraucht wird. Zum anderen ist der Verbreitungsgrad über das Internet nicht so massiv, als dass die Klägerin hier tatsächlich einer Weltöffentlichkeit präsentiert würde. Zugang zu dem von den Beklagten betriebenen Portal haben nur registrierte Nutzer. Die Registrierung erfolgt nach Eingabe des orthografisch richtigen Namens der Schule, des Schulortes , eines Benutzernamens und einer E-Mail-Adresse, an die dann ein Passwort versandt wird, das den Zugang zu dem Portal eröffnet. Die Daten können mit der bloßen Eingabe eines Lehrernamens weder über eine Suchmaschine noch über die Internetadresse www.spickmich.de abgerufen werden. Von daher ist die Öffentlichkeit, die Zugang zu der die Daten der Klägerin enthaltenden Veröffentlichung hat, begrenzt.
Als schutzwürdiges, der Datenerhebung im Internet entgegenstehendes Interesse der Klägerin kann nicht erachtet werden, dass sie sich wegen der Anonymität der Bewertenden nicht mit den Bewertungen auseinandersetzen und sich dagegen nicht wehren könne. Denn dies würde umgekehrt bedeuten, der Klägerin das Recht zuzubilligen, jeden Kritiker zu identifizieren und zur Auseinandersetzung auffordern zu können und würde dem gesamten Portal den Boden entziehen. Vielmehr macht ein Lehrerbewertungsforum nur Sinn, wenn die Bewertenden anonym bleiben dürfen, da ihre Meinung äußernde Schüler ansonsten befürchten müssen, sich bei guten Bewertungen gegenüber den Mitschülern als "Schleimer" zu outen und bei schlechten Bewertungen gegenüber den Lehrern, auf deren ermessensgerechte Notengebung sie angewiesen sind, in "Ungnade" zu fallen.
Desweiteren begründet die Möglichkeit, die Bewertungen zu manipulieren, indem sich jedermann, gegebenenfalls auch mehrfach, bei dem Portal unter einer oder mehreren E-Mail-Adressen anmelden und Bewertungen abgeben kann, keine schutzwürdigen, der Datenerhebung im Internet entgegenstehenden Interessen der Klägerin. Ohne weiteres verständlich ist die Sicht der Klägerin, dass sie, wenn sie sich einer derartigen Bewertung im Internet stellen muss, auch fair und zumindest von denjenigen, die durch Teilnahme an ihrem Unterricht die erforderlichen Kenntnisse haben, beurteilt werden will. Indes ist bei Abstimmungen und Bewertungen im Internet, wie überhaupt bei der Nutzung des Internets, ein gewisses Manipulationsrisiko nie ganz auszuschließen und den Nutzern auch bekannt. Die Beklagten haben bereits geschilderte Vorkehrungen getroffen, um Manipulationen entgegenzuwirken, da auch sie kein Interesse daran haben, dass sich auf dem von ihnen betriebenen Forum Nicht-Angesprochene betätigen, die allein dem Ruf bestimmter Lehrer Schaden zufügen möchten. Was die Beklagten darüber hinaus zumutbar tun könnten, um Manipulationen auszuschließen, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen ergibt der Vortrag der Klägerin auch nicht, dass ihre oder andere Bewertungen so aus dem Rahmen fallen, dass die Annahme gerechtfertigt wäre, dass tatsächlich in großem Umfang bei der Lehrerbewertung von spickmich.de manipuliert wird.
Schließlich sind die zuvor geschilderten und gewichteten Belange der Klägerin mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Kommunikationsfreiheit der Beklagten und der Nutzer abzuwägen. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 23.06.09 diesbezüglich ausgeführt, dass die Beklagten das Informationsinteresse von Schülern, Eltern und Lehrern der Schule befriedigten, indem sie den Meinungsaustausch unter den Schülern über ihre Erfahrungen mit der Klägerin vereinfachten und anregten. Der Klägerin eröffne die Bewertungsseite die Möglichkeit eines Feedback über ihre Akzeptanz bei den Schülern.
Die Klägerin macht demgegenüber geltend, dass ein Feedback und eine Kommunikation angesichts der Anonymität der Bewertungen nicht möglich sei und sie hierzu auch nicht gezwungen werden könne. Auch in der die Entscheidung des Bundesgerichtshof besprechenden Literatur (Ladeur, JZ 09, 966, 968) wird die Frage aufgeworfen, warum sich Lehrer mit Schülern auseinandersetzen sollen, die ihnen möglicherweise nur "eins Auswischen" wollen, und es wird der Unterhaltungs- und Belustigungseffekt des Portals spickmich. de in den Vordergrund gestellt (Haensle/Reichold, DVBl 09, 1329, 1332). Letzterer ist schon angesichts des Aufbaus des Portals und der Möglichkeit, verschiedenen Clubs beizutreten, nicht von der Hand zu weisen. Allerdings ist es nicht gerechtfertigt, das von den Beklagten betriebene Bewertungsportal als reines Spaßportal ohne jeglichen Informationszweck anzusehen. Immerhin lassen sich gewisse Rückschlüsse daraus ziehen, wie die Lehrer einer Schule (zumindest überwiegend tatsächlich von ihren Schülern) bewertet werden, auch, welche Lehrer zum Beispiel im Mittelpunkt des Interesses der Schüler, sie zu bewerten, stehen und welche Lehrer von Bewertungen weitgehend unbehelligt bleiben oder wie die Bewertung der fachlichen Qualitäten im Vergleich zu den menschlichen Qualitäten ausfällt. Für den einzelnen Schüler hat es nicht nur Unterhaltungs- sondern auch Informationsfunktion, wie andere seine Lehrer beurteilen im Vergleich zu seiner eigenen Meinung.
Jedenfalls stehen dem auch in Anbetracht von Unterhaltungselementen gegebenen Informationsinteresse der Beklagten und der Nutzer des Portals keine schutzwürdigen Belange der Klägerin am Ausschluss der Datenerhebung entgegen.
2) Auch der Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung der im Antrag genannten Daten der Klägerin ist ebenfalls nicht begründet. Anspruchsgrundlage ist § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 BDSG als Schutzgesetz. Da es beim Unterlassungsanspruch um die Übermittlung der Daten geht, ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 1a und 2 BDSG die Zulässigkeit zu prüfen.
Diese ist dann gegeben, wenn der Dritte, dem die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft dargelegt hat und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (a.a.O.) ist bei einer anonymisierten Datenübermittlung, bei der die erforderliche Darlegung des Interesses fehlt, eine verfassungskonforme Auslegung des § 29 Abs. 2 BDSG vorzunehmen, bei der das Grundrecht der Meinungsfreiheit gebührend berücksichtigt wird. Wäre die verfassungsmäßig geschützte Verbreitung von Beiträgen zur Meinungsbildung in Form der Teilnahme an einem Meinungsforum im Internet nur zulässig, sofern dabei nicht persönliche Daten übermittelt werden, würden Meinungs- und Informationsfreiheit auf Äußerungen ohne datenmäßig geschützten Inhalt beschränkt, wenn -wie hier- keine Einwilligung des Betroffenen vorliegt. Deshalb müsse die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an die abfragenden Nutzer aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt werden, beurteilt werden.
Der Bundesgerichtshof (a.a.O.) hat sodann die Zugangsbeschränkungen für die Nutzer, die geringe Aussagekraft und Eingriffsqualität der Daten sowie den Umstand, dass sie in zulässiger Weise erhoben worden sind, als für die Zulässigkeit der Übermittlung sprechend angesehen. Konkrete Beeinträchtigungen habe die dortige Klägerin nicht vorgetragen.
Dem wird in der Literatur (Kaiser, NVwZ 09, 1474, 1476) entgegengehalten, dass diese Argumentation widersprüchlich sei, weil sie einerseits die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten auf deren geringe Aussagekraft stütze und andererseits die Befriedigung eines Informationsinteresses von Schülern, Eltern und Lehrern dafür anführe, weshalb das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zurückzutreten habe.
Der Senat hat bereits oben Ausführungen dazu gemacht, wie er das Informationsinteresse bewertet. Trotz seines objektiv nicht hoch einzustufenden Wertes ergibt die Abwägung jedoch kein Überwiegen des Persönlichkeitsrechts der klagenden Lehrerin.
Indes ist bei der Interessenabwägung auch zu berücksichtigen, dass das Grundrecht der Schüler auf freie Meinungsäußerung dort an seine Grenze stößt, wo die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Verfassungsinstitution Schule und die Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrags im Sinne von Art. 7 Abs. 1 GG in Frage steht. Die Störung des Bildungsbetriebes hat das Tribunal de Grande Instance Paris (Beschluss vom 03.03.08, No 08/51650, bestätigt durch Beschluss des Cour d´appel de Paris vom 25.06.08, No 08/04727), das im einstweiligen Rechtsschutz über einen vergleichbaren, das Bewertungsportal Note2be betreffenden, Fall zu entscheiden hatte, für maßgeblich erachtet, um die Meinungs- und Informationsfreiheit hinter die betroffenen Persönlichkeitsrechte zurücktreten zu lassen. Auch in verschiedenen Anmerkungen (Haensle/Reichold, DVBl 09, 1329, 1332; Graef ZUM 09, 759, 761) zum Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23.06.09 wird eine Berücksichtigung von Art. 7 GG bei der Abwägung der durch Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Grundrechtspositionen gefordert. Diese führt jedoch hier zu keinem anderen Ergebnis.
Es steht außer Frage, dass denjenigen, denen die staatlich zu gewährleistende Bildung und Ausbildung anvertraut ist, persönlicher Respekt gebührt, damit sie ihre für das Gemeinwesen so wichtige Aufgabe erfolgreich erfüllen können. Allerdings kann nicht festgestellt werden, dass die Lehrer generell und insbesondere die klagende Lehrerin in ihrer Autorität gegenüber den Schülern durch eine negative Bewertung auf dem Portal www.spickmich.de derart herabgesetzt würden, dass eine erhebliche Störung des sogenannten Schulfriedens gegeben wäre (vgl. auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 10.03.10, 7 B 09.1906 Rn 36) Eine solche Störung ist nicht allein aus der Sicht der betroffenen Lehrer zu beurteilen . Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Autorität der Lehrkräfte in den vergangenen Jahrzehnten einen Wandel erfahren hat und einem geänderten Verständnis unterliegt. Es wird in der heutigen Zeit keineswegs als sozial unverträglich oder störend empfunden , wenn Lehrer -auch in Bezug auf ihre Persönlichkeit- kritisiert werden. Die früher als selbstverständlich geltende Rollenverteilung, dass Lehrer Schüler zu beurteilen haben und nicht umgekehrt, wird heute so nicht mehr akzeptiert (auch wenn die Bewertung von Lehrern durch Schüler ohne rechtliche Wirkung bleibt). So hat zum Beispiel ein als "Lehrerhasserbuch" betiteltes Werk, das im Jahre 2005 unter dem Pseudonym Lotte Kühn veröffentlicht worden ist, breite Zustimmung erfahren und vorne auf den Bestsellerlisten rangiert. Jedenfalls versteht es sich nicht von selbst, dass die Klägerin durch die hier angegriffenen Bewertungen einen erheblichen Autoritätsverlust erleiden und in der Erfüllung ihrer Dienstpflichten gestört würde; dies hätte insoweit näherer Darlegungen bedurft.
3) Schließlich ist auch das auf ein Verbot der Zitatfunktion gerichtete Begehren der Klägerin nicht gerechtfertigt. Ob diesbezüglich eine Begehungsgefahr, die Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch wäre, besteht, kann dahingestellt bleiben. Eine vorbeugende Unterlassungsklage ist jedenfalls deshalb nicht möglich, weil die Klägerin, von der bisher keine Zitate veröffentlicht worden sind, für die Zukunft jegliche Zitate untersagt haben will. Da jedoch -wie oben ausgeführt- eine Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit der Benutzer des Internet- Forums stattzufinden hat, ist anhand des konkreten Einzelfalles zu beurteilen, welchem Grundrecht der Vorrang gebührt, und es kann nicht für alle nur denkbaren Fälle vorweg gesagt werden, dass eine Zitierung unzulässig wäre.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 in Verbindung mit § 711 ZPO.
Für die Zulassung der Revision besteht, nachdem die hier zu beurteilenden Rechtsfragen durch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23.06.09 geklärt sind, kein gesetzlich begründeter Anlass, § 543 Abs. 2 ZPO.
Streitwert zweite Instanz: 28.000,- Euro (entsprechend der von den Parteien nicht be-
anstandeten Wertfestsetzung des Landgerichts
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 06.10.2010
Az: I-15 U 80/08
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/175222e4ed0f/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_6-Oktober-2010_Az_I-15-U-80-08