Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 22. März 2001
Aktenzeichen: 4 O 211/00

(LG Düsseldorf: Urteil v. 22.03.2001, Az.: 4 O 211/00)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

den Anspruch auf Erteilung des europäischen Patents aus der europäischen Patentanmeldung X "Verfahren und Vorrichtung zum Herstellen von abfallarmen Blasformteilen" auf den Kläger zu übertragen und ferner in die Umschreibung der europäischen Patentanmeldung X gegenüber dem Europäischen Patentamt und der deutschen Patentanmeldung X gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt "Verfahren und Vorrichtung zum Herstellen von abfallarmen Blasformteilen" auf den Kläger einzuwilligen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,-- DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger ist Dipl.-Ing. Er war bei der Beklagten bis zum 31. März 2000 als Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger machte in dieser Zeit eine Diensterfindung, für die die Beklagte unter ihrem Namen ein deutsches und ein europäisches Patent anmeldete. Die Parteien streiten über die Rechtsinhaberschaft an diesen beiden Schutzrechten.

Am 28. Februar 1997 reichte der Kläger bei der Beklagten eine Meldung vom 23. Februar 1997 über einen Verbesserungsvorschlag (Anlage BK1) ein.

In einem Gespräch zwischen dem Leiter der Technik der Beklagten, Herrn X, und den Mitarbeitern der Beklagten, Herr X und Herr X, letzterer ist der zur Vertretung der Beklagten befugte Leiter der Patentabteilung, wurde beschlossen, den Verbesserungsvorschlag des Klägers dem zuständigen Gremium zur Prämierung zuzuleiten und darüber hinaus den Inhalt des Verbesserungsvorschlags zum Patent anzumelden. Der Kläger nahm an diesem Gespräch wegen einer Dienstreise nicht teil.

Auf Grund dieser Meldung beschloß der Prüfungsausschuß am 20. März 1997 auf Grund der Betriebsvereinbarung vom 18. Januar 1990, den Verbesserungsvorschlag des Klägers mit 500,--DM zu prämieren. Dies wurde dem Kläger mit Schreiben vom 2. April 1997 (Anlage K10) mitgeteilt. Am 12. Juni 1997 unterzeichnete der Kläger die von dem Leiter der Patentabteilung, Herr X, ausgefüllte Erfindungsmeldung nach Anlage K3, die am 13. Juni bei der Beklagten einging.

Am 23. Juni 1997 fand eine Besprechung mit dem auf der Seite der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit mitwirkenden Patentanwalt X statt, an der auch der Kläger teilnahm. Der Kläger erläuterte den Gegenstand der Erfindung anhand eines in der Werkstatt der Beklagten gefertigten Musters. Unter dem 27. Juni 1997 übersandte der Kläger dem Patentanwalt eine Prinzipskizze (Anlage B5) für eine Schiebeblasform ohne Schließeinheit.

Mit Schreiben vom 4. Juli 1997 kündigte Patentanwalt X gegenüber der Beklagten an, die von ihm vorbereitete Patentanmeldung am 8. Juli 1997 beim Deutschen Patentamt einreichen zu wollen und bat zudem um Mitteilung, wer als Erfinder gegenüber dem Amt benannt werden solle. Der Kläger, der dieses Schreiben ebenfalls erhielt, vermerkte handschriftlich auf dem Rand der Seite 2 des Schreibens seinen Namen.

Am 8. Juli 1997 wurde die deutsche Patentanmeldung im Namen der Beklagten eingereicht. Als Erfinder wurde in der Anmeldung ausweislich der Angabe in der Offenlegungsschrift der Kläger benannt. Die Offenlegung der deutschen Patentanmeldung X erfolgte am 5. August 1999 (Anlage K.l).

Am 28. August 1997 vermerkten die Geschäftsführer der Beklagten auf der schriftlichen Erfindungsmeldung vom 12. Juni 1997 (Anlage K3 und Anlage K9), daß eine unbeschränkte Inanspruchnahme der Erfindung erfolgen solle.

Mit Schreiben vom 5. Juni 1998 teilte die Beklagte dem Kläger ihre Absicht mit, eine europäische Patentanmeldung einreichen zu wollen. Die Einreichung der Anmeldung unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Voranmeldung erfolgt am 8. Juli 1998.

Am 11. November 1999 übersandte die Beklagte dem Kläger das nachfolgend wiedergegebene Schreiben (Anlage K 4).Mit einem weiteren Schreiben vom gleichen Tage (Anlage K5)r das ebenfalls nachstehend wiedergegeben ist, bot die Beklagte dem Kläger an, eine Vergütungsregelung zu treffen.

Der Kläger unterzeichnete diese beiden Schreiben an den dafür vorgesehenen Stellen nicht.

Am 31. März 2000 schied der Kläger aus dem Unternehmen der Beklagten aus. Mit Schreiben seiner Prozeßbevollmächtigten vom 6. April 2000 forderte der Kläger die Beklagte auf, in die Umschreibung der beiden Anmeldungen einzuwilligen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben ihrer Patentanwälte vom 9. Mai 2000 ab.

Mit der von ihm erhobenen Klage begehrt der Kläger die Einwilligung der Beklagten in die Übertragung der beiden Schutzrechte.

Er macht geltend:

Die Beklagte habe es versäumt, die Diensterfindung rechtzeitig in Anspruch zu nehmen.

Zu einer Übertragung der Diensterfindung auf die Beklagte sei es durch sein konkludentes Verhalten nicht gekommen. Die Einbindung seiner Person in die Anmeldeaktivitäten der Beklagten gehe nicht über die ohnehin durch den Arbeitnehmererfinder geschuldete Unterstützung gemäß § 15 Abs. 2 ArbNErfG hinaus.

Erst durch die versuchte "Inanspruchnahme" vom 11. November 1999 habe die Beklagte versucht, ihre Versäumnisse auszuräumen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

die Zustimmung zur Übertragung der deutschen Patentanmeldung X und der europäischen Patentanmeldung X "Verfahren und Vorrichtung zum Herstellen von abfallarmen SD-Blasformteilen" auf den Kläger zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, in der Initiative zu der Ausfüllung des Erfindungsmeldungs-Formulars durch die Beklagte im Anschluß an die vier Monate zuvor erfolgte Entgegennahme des Verbesserungsvorschlages Nr. 43/9697 und der zwischen dem Kläger und Herrn X getroffenen Vereinbarung, die Patentanmeldung auf die Beklagte anzumelden, sei eine konkludente Vereinbarung über die Zuordnung der Rechte auf die Beklagte erfolgt.

Über das Ergebnis des Gespräches zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und den Herren X und X sei der Kläger von Herrn X informiert worden. Der Kläger sei mit der Vorgehensweise, nämlich der Prämierung des Verbesserungsvorschlags und der Patentanmeldung auf die Beklagte, ausdrücklich einverstanden gewesen.

Die anschließende Unterschrift des Klägers auf dem von der Beklagten vorbereiteten Erfindungsmeldungsformulars habe demgegenüber nur rein deklaratorische Wirkung. Einer Inanspruchnahmeerklärung durch die Beklagte habe es daher nicht mehr bedurft.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten die Bewilligung der Umschreibung der deutschen Patentanmeldung X auf sich gemäß §§ 413, 412, 403 BGB verlangen, denn die Diensterfindung des Klägers ist frei geworden und nicht rechtzeitig von der Beklagten nach § 13 Abs. 4 Satz 2 ArbNErfG in Anspruch genommen worden ist und es ist auch keine (konkludente) vertragliche Überleitung der Rechte an der Erfindung durch den Kläger auf die Beklagte erfolgt.

Dem Kläger steht ferner aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜG ein Anspruch auf Übertragung der europäischen Patentanmeldung zu, weil er Erfinder der der europäischen Patentanmeldung zu Grunde liegenden Diensterfindung ist und die Beklagte diese Erfindung des Klägers als Nichtberechtigte angemeldet hat.

I.

Die Beklagte ist verpflichtet, durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt die Umschreibung der deutschen Patentanmeldung X zu bewilligen.

Der zuerkannte Anspruch des Klägers auf Bewilligung der Umschreibung der deutschen Patentanmeldung in der Patentrolle gründet sich nicht auf § 8 PatG, sondern auf §§ 413, 412, 403 PatG (vgl. Benkard/Bruchhausen, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 9.Aufl. § 8PatG Rdnr. 2). Die Bestimmung des § 8 PatG findet keine Anwendung, wenn dem Berechtigten die Anmeldung oder das Schutzrecht bereits zusteht, etwa weil die Schutzrechtsanmeldung ohne besonderen Übertragungsakt auf ihn übergegangen sind (vgl. hierzu BGH, GRUR 1971, 210, 212 - Wildbißverhinderung; Benkard, Bruchhausen, a.a.O, § 8 PatG, Rdnr. 2), wie dies insbesondere kraft Gesetzes beim Freiwerden einer vom Arbeitgeber im Inland zum Schutzrecht angemeldeten Diensterfindung nach § 13 Abs. 4 Satz 2 ArbNErfG der Fall ist (vgl. hierzu Bartenbach /Volz, Arbeitnehmererfindergesetz, 3. Auflage, § 13, Rdnr. 75; OLG Karlsruhe, GRUR 1984, 42, 43- digitales Glaswarngerät).

Die Beklagte hat die Erfindung des Klägers, der Alleinerfinder der Erfindung "Verfahren und Vorrichtung zum Herstellen von abfallarmen 3D-Blasformteilen" ist, nicht gemäß den Vorschriften des Arbeitnehmererfindungsgesetzes in Anspruch genommen, und es hat auch keine vertragliche Überleitung der Erfindung auf die Beklagte stattgefunden.

1. Der Kläger ist der Alleinerfinder der der deutschen Patentanmeldung und der europäischen Patentanmeldung zugrunde liegenden Diensterfindung. Soweit die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, hinsichtlich des in die europäische Patentschrift aufgenommenen "Saugblasens" sei ihr Mitarbeiter, Herr X, Miterfinder, ist ihr diesbezügliches tatsächliches, vom Kläger bestrittenes Vorbringen unsubstantiiert geblieben und auch verspätet, § 296 ZPO, denn die Beklagte hat die Verspätung nicht entschuldigt. Die Zulassung dieses Verteidigungsmittels hätte zudem den Rechtsstreit verzögert.

Unstreitig ist ferner, daß es sich bei der hier in Rede stehenden Erfindung um eine Diensterfindung handelt.

2. Die Beklagte hat die Diensterfindung des Klägers nicht innerhalb der ihr hierfür gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbNErfG zur Verfügung stehenden Frist von 4 Monaten seit der ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung durch den Arbeitnehmer in Anspruch genommen. Auch eine vertragliche Überleitung der Diensterfindung auf die Beklagte läßt sich nicht feststellen.

Eine ordnungsgemäße schriftliche Erfindungsmeldung des Klägers liegt in der vom Leiter der Patentabteilung ausgefüllten schriftlichen Erfindungsmeldung vom 12. Juni 1997 (Anlage K3) , die der Kläger am gleichen Tage unterzeichnete und die der Beklagten unstreitig am 13. Juni 1997 zuging. Die Frist zur Inanspruchnahme der Diensterfindung begann mit dem Zugang der Erfindungsmeldung bei der Beklagten.

3. Vor Ablauf der Frist von 4 Monaten hat die Beklagte die Diensterfindung des Klägers nicht wirksam in Anspruch genommen.

Auch für die Inanspruchnahmeerklärung des Arbeitgebers, die eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, sieht das Gesetz die Schriftform vor (§ 6 Abs. 2 Satz 1 ArbNErfG) , wobei es sich um eine Wirksamkeitsvoraussetzung handelt, deren Nichtbeachtung zur Nichtigkeit der Inanspruchnahme als einseitiges, gestaltendes Rechtsgeschäft gemäß § 125 BGB und damit zum Freiwerden der Diensterfindung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 ArbNErfG führt (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 27; ferner Kammer, Urteil vom 17. September 1991, 4 0 13/91, zit. bei Bartenbach/Volz, a.a.O., Fn. 83).

a) Die schriftliche Inanspruchnahmeerklärung mit Schreiben vom 11. November 1999 (Anlage K4) ist verspätet erfolgt, nämlich nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von vier Monaten.

b) Insbesondere reicht es für die Abgabe der Inanspruchnahmeerklärung gegenüber dem Kläger auch nicht aus, daß der Kläger von der Beklagten als Erfinder gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt benannt worden ist.

Die Inanspruchnahmeerklärung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die gegenüber dem Arbeitnehmererfinder abzugeben ist.

Eine Angabe des Arbeitgebers in der Erfindungsbenennung über eine Inanspruchnahme entfaltet im übrigen als solche gegenüber dem Arbeitnehmererfinder auch keine Rechtswirkungen (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 64). Die Erfinderbenennung richtet sich nämlich an das Deutsche Patent- und Markenamt bzw. an das Europäische Patentamt und nicht an den Arbeitnehmererfinder und sie erfolgt üblicherweise auch ohne Mitwirkung des Arbeitnehmererfinders (Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 64). Hierin liegt daher grundsätzlich keine Inanspruchnahmeerklärung, sondern nur die Behauptung gegenüber dem zuständigen Patentamt, daß eine solche Inanspruchnahme bereits erfolgt sei (Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 64). Zwar liegt hier die Besonderheit vor, daß der Arbeitnehmererfinder, der Kläger, seine Benennung als Erfinder selbst vorbereitet hat, indem er auf dem Schreiben des Patentanwaltes vom 4. Juli 1997 seinen Namen handschriftlich vermerkt hat. Dies zählt aber nur zu den Pflichten des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber bei der Vorbereitung der Einreichung der Patentanmeldung zu unterstützen.

c) Die in Rede stehende Diensterfindung ist von der Beklagten auch nicht unter beiderseitigem Verzicht auf die Schriftform der Inanspruchnahmeerklärung ausdrücklich oder stillschweigend in Anspruch genommen worden.

Zwar ist nach der Meldung der Erfindung ein - auch stillschweigend möglicher - Verzicht auf die Schriftform der Inanspruchnahme zulässig (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 31; BGH, GRUR 1964, 449, 452 - Drehstromwicklung; OLG Karlsruhe, GRUR 1984, 42, 43 - Digitales Gaswarngerät; Kammer, Urteil vom 17. September 1991, 4 0 13/91, zit. bei Bartenbach/Volz, a.a.O., Fn. 31). Er eröffnet dem Arbeitgeber die Möglichkeit, die Diensterfindung auch ohne eine schriftliche Erklärung in Anspruch zu nehmen. Im Streitfall kann jedoch schon eine - ausdrückliche oder konkludente - Inanspruchnahmeerklärung nicht festgestellt werden.

Insbesondere läßt die jeweilige Anmeldung der Diensterfindung zum Patent nicht den Schluß zu, die Beklagte wolle die betreffende Erfindung gemäß § 6 Abs. 1 ArbNErfG in Anspruch nehmen. Denn gemäß § 13 Abs. 1 ArbNErfG ist es das alleinige Recht, aber auch die gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers, eine gemeldete Diensterfindung im Inland unverzüglich zur Erteilung eines Schutzrechts anzumelden. Da der Arbeitgeber im Anmeldeverfahren kraft Gesetzes im eigenen Namen tätig wird, steht es ihm auch frei, die Anmeldung auf seinen Namen vorzunehmen (Bartenbach/Volz, a.a.O., § 13 Rdnr. 40; Reimer/Schade/Schippel, Das Recht der Arbeitnehmererfindung, 7. Auflage, § 13 Rdnr. 14). Kommt der Arbeitgeber - wie hier die Beklagte - dieser gesetzlichen Pflicht nach, so kann hieraus nicht auf seinen Willen geschlossen werden, die gemeldete Diensterfindung in Anspruch zu nehmen (Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 37; Volmer/Gaul, a.a.O., § 6 Rdnr. 40; OLG Karlsruhe, GRUR 1984, 42, 43 -Digitales Gaswarngerät; Kammer, Urteil vom 17. September 1991, 4 0 13/91, zitiert bei Bartenbach/Volz, a.a.O., Fn. 123) . Das folgt auch in zeitlicher Hinsicht daraus, daß zum Zeitpunkt der - unverzüglich vorzunehmenden - Schutzrechtsanmeldung die Inanspruchnahmefrist regelmäßig noch laufen wird. Überdies ist die Anmeldungspflicht des Arbeitgebers gesetzlich völlig unabhängig von einer Inanspruchnahme der Diensterfindung ausgestaltet. Das belegt die Vorschrift des § 13 Abs. 4 Satz 2 ArbNErfG, wonach die Rechte aus einer vom Arbeitgeber nach § 13 Abs. 1 ArbNErfG vorgenommenen Schutzrechtsanmeldung auf den Arbeitnehmer übergehen, wenn die Diensterfindung - mangels Inanspruchnahme - später frei wird. Diese Regelung wäre gegenstandslos, wenn in der Schutzrechtsanmeldung des Arbeitgebers zugleich eine Inanspruchnahme der Diensterfindung liegen würde. Aus den in Kenntnis des Erfinders vorgenommenen Patentanmeldungen kann die Beklagte mithin weder eine Inanspruchnahme noch einen Verzicht auf das Schriftformerfordernis herleiten.

Hinzu kommt, daß an die Annahme eines stillschweigenden Verzichts strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 31). Teilweise wird zwar, insbesondere von der Schiedsstelle, einschränkend die Auffassung vertreten, daß hinsichtlich der Erfordernisse von Meldung und Inanspruchnahme nicht mit unterschiedlichem Maß gemessen werden könne, wenn weder die Meldung noch die Inanspruchnahme schriftlich erfolgt seien. In solchen Fällen sei es in der Regel dem Arbeitnehmer, der selbst nicht schriftlich gemeldet habe, verwehrt, sich auf das Fehlen der Schriftform der Inanspruchnahme zu berufen. Umgekehrt könne auch der Arbeitgeber nicht das Fehlen einer schriftlichen Meldung geltend machen, wenn er selbst nicht schriftlich in Anspruch genommen habe (vgl. z. B. Schiedsstelle, EV vom 22. August 1985, ArbErf. 73/84, B1PMZ 1986, 205, 206; ferner Reimer / Schade/Schippel, a.a.O., § 6 Rdnr. 17). Dem ist jedoch entgegen zu halten, daß hierbei eine "Waffengleichheit" der Arbeitsvertragsparteien unterstellt wird, die in vielen Fällen den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht (Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdn.r. 32; Kammer, Urteil vom 17. September 1991, 4 0 13/91, zit. bei Bartenbach/Volz, a.a.O., Fn. 105a). Häufig stehen sich der in Arbeitnehmererfinderfragen unerfahrene Arbeitnehmer und der fachkundige Arbeitgeber gegenüber, weshalb es grundsätzlich schon deshalb nicht gerechtfertigt sein kann, dem Arbeitnehmer wegen einer fehlerhaften Erfindungsmeldung das Recht zu nehmen, sich auf eine Formnichtigkeit der Inanspruchnahme zu berufen (Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 32; Kammer, Urteil vom 17. September 1991, 4 0 13/91, zit. bei Bartenbach/Volz, a.a.O.). Zwar kommt dieser Gesichtspunkt im Streitfall nicht in vollem Umfang zum Tragen, weil hier auch die Beklagte mit dem Arbeitnehmererfindergesetz nicht näher vertraut gewesen ist. Es kommt jedoch hinzu, worauf Bartenbach/Volz (a.a.O., § 6 Rdnr. 32) zu Recht hinweisen, daß eine Gleichstellung der dem Arbeitnehmer obliegenden Pflicht zur Meldung mit dem Recht des Arbeitgebers zur Inanspruchnahme auch in dogmatischer Hinsicht nicht gerechtfertigt ist. Das Gesetz behandelt beide vielmehr nach unterschiedlichen Regeln. Anders als die Inanspruchnahmeerklärung unterliegt beispielsweise die Meldung als bloß geschäftsähnliche Handlung nicht der Nichtigkeitsfolge des § 125 BGB, sondern kann nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 ArbNErfG, wenn sie unvollständig war, geheilt werden. Andererseits beschränkt sich die Meldung in ihren Rechtswirkungen auf das Ingangsetzen der Inanspruchnahmefrist, während der Inanspruchnahme mit der Überleitung der Diensterfindung erheblich weitreichendere Wirkungen beikommen. Sachgerechter ist es deshalb, darauf abzustellen, daß § 6 ArbNErfG in erster Linie den Schutz des Arbeitnehmererfinders bezweckt, der Klarheit darüber gewinnen soll, ob der Arbeitgeber.die gemeldete Erfindung auf sich überleiten will oder ihm - dem Arbeitnehmer -die Erfindung zur alleinigen Disposition zur Verfügung steht. Ausgehend hiervon bedarf es für die Annahme eines stillschweigenden Verzichts auf die Schriftform der Inanspruchnahme der Feststellung von Umständen, die den sicheren Schluß rechtfertigen, auch der Arbeitnehmer begnüge sich mit einer formlosen und schlüssig erklärten Inanspruchnahme (vgl. Kammer, Urteil vom 17. September- 1991, 4 0 13/91, zit. bei Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 32; Volmer/Gaul, a.a.O., § 6 Rdnr. 35). Solche Umstände hat die hierfür darlegungspflichtige Beklagte im Streitfall nicht dargetan.

4. Hat die Beklagte die Diensterfindung mithin nicht rechtswirksam in Anspruch genommen, so ergibt ihr Vorbringen auch keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine vertragliche Überleitung der Rechte an den Diensterfindungen vor der Meldung der Erfindung durch den Kläger.

a)

Gemäß § 22 Satz 2 ArbNErfG kann die Diensterfindung nach der Meldung zwar grundsätzlich übertragen werden, und zwar auch schlüssig und noch nach Ablauf der Inanspruchnahmefrist (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 57, 59; Volmer/Gaul, a.a.O., § 6 Rdnr. 44; OLG Karlsruhe, GRUR 1984, 42, 44 - Digitales Gaswarngerät; Kammer, Urteil vom 17. September 1991, 4 0 13/91). Eine dahingehende Abrede kann aber nur dann als zwischen den Beteiligten getroffen angesehen werden, wenn sich aus dem Verhalten des Arbeitnehmers nach außen erkennbar unzweideutig (so für die schlüssige Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsbefugnisse auch BGH, GRUR 1971, 362, 363 - Kandinsky II) ergibt, daß er seine Erfindung dem Arbeitgeber übertragen und daß dieser die Übertragung annehmen will (Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 62; Volmer/Gaul, a.a.O., § 6 Rdnr. 44; OLG Karlsruhe, a.a.O.; Kammer, Urteil vom 17. September 1991, 4 0 13/91; Urteil vom 23. Januar 1996, 4 0 42/94, Entscheidungen 1996, 17, 19/20 -Hochregalanlage). Dabei ist zu beachten, daß an Vereinbarungen aufgrund schlüssigen Verhaltens der Arbeitsvertragsparteien im Hinblick auf den mit der Formstrenge der Inanspruchnahmeerklärung verfolgten Gesetzeszweck hohe Anforderungen zu stellen sind und ein eindeutiger Sachverhalt vorliegen muß (vgl. auch Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 61) . Der durch die Übertragung bewirkte Rechtverlust setzt insoweit die Kenntnis dieses Rechts voraus. Kennt der Arbeitnehmer sein Rechtsposition aus § 8 Abs. 1 Nr. 3 nicht, so kann eine stillschweigende Überleitung jedenfalls dann nicht in Betracht kommen, wenn die Unkenntnis des Arbeitnehmers von der ihm mit dem Freiwerden der Diensterfindung zugefallenen Rechtsposition für den Arbeitgeber erkennbar ist (Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 65).

Diese Grundsätze gelten aber auch dann, wenn vor dem Ingangsetzen der Inanspruchnahmefrist durch eine Erfindungsmeldung eine rechtsgeschäftliche Übertragung erfolgt sein soll. Auch dann ist zu verlangen, daß der Arbeitnehmer weiß, daß er eine Rechtsposition an der Erfindung inne hat.

b)

Hiervon ausgehend kann im Entscheidungsfall keine vertragliche Überleitung der Diensterfindung auf die Beklagte vor Abgabe der Erfindungsmeldung vom 12. Juni 1997 durch den Kläger angenommen werden.

aa)

Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Überleitung der Diensterfindung des Klägers auf die Beklagte ist - unstreitig - nicht getroffen worden.

bb)

Eine entsprechende konkludent getroffene Vereinbarung läßt sich ebenfalls nicht feststellen. Solche Umstände darzulegen, ist Sache des Arbeitgebers.

Eine konkludente Übertragung kann jedenfalls dann nicht in Betracht kommen, wenn die Unkenntnis des Arbeitnehmers von der ihm zustehenden Rechtsposition für den Arbeitgeber erkennbar ist. Eine konkludente vertragliche Vereinbarung über die Übertragung der frei gewordenen bzw. noch nicht in Anspruch genommen Diensterfindung auf den Arbeitgeber kann nur dann als zwischen den Beteiligten getroffen angesehen werden/ wenn sich aus dem Verhalten des Arbeitnehmers nach außen erkennbar und unzweideutig ergibt, daß er seine Erfindung übertragen und daß der Arbeitgeber die Übertragung annehmen will.

Die Beklagte hat keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, daß der Kläger vor der Unterzeichnung der Erfindungsmeldung vom 12. Juni 1997 gewußt hat, daß ihm eine Rechtsposition an der Diensterfindung zusteht und daß zum Übergang der Rechtsposition auf die Beklagte die Diensterfindung von ihr in Anspruch zu nehmen ist. Folgerichtig bestand für den Kläger auch keine Veranlassung, sich Gedanken über die Übertragung der ihm zustehenden Diensterfindung zu machen und einen dahingehenden Geschäftswillen zu bilden.

So hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, er sei auf Grund der Prämierung des Verbesserungsvorschlages nach der Betriebsvereinbarung davon ausgegangen, daß es sich bei seinem "Vorschlag" nicht um eine patent- oder gebrauchmusterfähige Angelegenheit gehandelt habe. Der Kläger hatte somit auf Grund der beabsichtigten Prämierung seines Vorschlages zunächst keine Veranlassung darüber nachzudenken, ob die "Verbesserung" von der Beklagten in Anspruch zu nehmen ist oder er diese sogar vor einer Erfindungsmeldung und einer Inanspruchnahme schon auf die Beklagte übertragen könne.

Die vom Kläger bestrittene Tatsache, daß er von dem Leiter der Patentabteilung, Herrn X, darüber informiert worden sei, daß der von ihm gemeldete Verbesserungsvorschlag prämiert werden solle, und ihm ferner mitgeteilt worden sei, daß eine Patentanmeldung im Namen der Beklagten eingereicht werden solle und er mit einer Einreichung der Anmeldung im Namen der Beklagten einverstanden gewesen sein solle, rechtfertigt nicht den Schluß auf die Kenntnis des Klägers von einer ihm zustehenden Rechtsposition, weshalb es der Feststellung dieser Tatsachen auch nicht bedarf.

Diese behauptete Tatsache erlaubt nicht die Annahme, der Kläger habe damit zugleich konkludent erklären wollen, seine Erfindung auf seine Arbeitgeberin zu übertragen. Dieses zur Einreichung der Anmeldung erklärte Einverständnis läßt nicht den Schluß auf den Rechtsfolgewillen der Übertragung der Erfindung zu. Diese "Erklärung" ist vielmehr vor dem Hintergrund erfolgt, daß der Kläger auf Grund des Verhaltens der Beklagten davon ausging, die "Verbesserung" stünde ihr ohnehin zu, sie sei daher auch berechtigt, eine Patentanmeldung einzureichen.

Für die fehlende Kenntnis des Klägers von den rechtlichen Bedingungen der Inanspruchnahme einer Erfindung und seiner Rechtsposition nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 ArbNErfG spricht aber entscheidend, daß - erst drei Monate nach Einreichung der vom Kläger selbst erstellten Verbesserungsmeldung - die Beklagte bzw. der Leiter der Patentabteilung der Beklagten selbst die Erfindungsmeldung für den Kläger vorbereitet hat, die dieser lediglich unterzeichnet hat. Dies spricht gegen die Annahme, die Beklagte und der Kläger hätten sich bereits vor der Erfindungsmeldung vom 12. Juni 1997 durch den Kläger konkludent über einen vertraglichen Rechtsübergang geeinigt. Ferner spricht dies dafür, daß auch die Beklagte nicht das Erklärungsbewußtsein hatte, die Diensterfindung des Klägers vertraglich" auf sich zu übertragen. Ersichtlich wollten die Parteien, die Beklagte aber auch der Kläger, damit die Voraussetzungen für eine Überleitung der Erfindung auf die Beklagte erst schaffen, nämlich die viermonatige Frist des § 5 ArbNErfG in Gang setzen. Wäre die Beklagte tatsächlich von einem konkludenten vertraglichen Rechtsübergang ausgegangen, hätte sie eine Erfindungsmeldung für den Kläger überhaupt nicht mehr vorbereiten müssen. Gleiches gilt umgekehrt aber auch für den Kläger. Hätte er angenommen, die Erfindung mit seiner Zustimmung zur Einreichung der Schutzrechtsanmeldung durch die Beklagte auch gleichzeitig konkludent übertragen zu haben, hätte er, nachdem er von der Beklagten erfahren hatte, daß es sich bei seiner Erfindung möglicherweise um eine patentfähige Erfindung und nicht um einen Verbesserungsvorschlag handelte, die von der Beklagten vorbereitete Erfindungsmeldung nicht mehr unterzeichnen müssen. Da der Kläger aber bei der Unterzeichnung der Erfindungsmeldung vom 12. Juli 1997 davon ausgehen konnte, wie er selbst zu Recht geltend macht, die Beklagte werde die Diensterfindung in Anspruch nehmen, läßt dies nicht auf eine vorherige konkludente rechtgeschäftliche Übertragung schließen. Anderenfalls hätte die Beklagte auch nicht im November 1997 versucht, den Kläger zu einer Übertragung seiner Rechte zu veranlassen. Denn die Geschäftsführer der Beklagten wußten, daß sie die Inanspruchnahme der Rechte des Klägers zu erklären hatten. Dies ergibt sich aus dem entsprechenden Vermerk vom 28. August 1997 auf der zweiten Seite der Erfindungsmeldung nach Anlage K9.

So ist im Streitfall mangels anderweitigen Vortrags der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten davon auszugehen, daß der Kläger nicht gewußt hat, daß eine Diensterfindung vorliegt und sie - anders als ein Verbesserungsvorschlag - ausdrücklich (eindeutig) und schriftlich innerhalb einer bestimmten Frist vom Arbeitgeber in Anspruch genommen werden muß. Er ist offensichtlich vielmehr der Auffassung gewesen, daß seine "Verbesserung" automatisch seiner Arbeitgeberin zusteht. Seine Rechte an der Diensterfindung, nämlich seine Position aus § 8 Abs. 1 Nr. 3 ArbNErfG, hat er nicht gekannt. Aufgrund dessen hat er zu keiner Zeit vor dem 12. Juni 1997 ein auf eine Überleitung der Rechte an der Erfindung gerichtetes Erklärungsbewußtsein gehabt. Aus seiner Sicht bedurfte es keiner vertraglichen Überleitung, weil er - zumindest bis zur Unterzeichnung der zweiten Erfindungsmeldung - der Auffassung gewesen ist, daß seine Verbesserungsvorschläge (bereits) der Beklagten "gehören" bzw. an diesen keine eigenständigen Rechte begründet werden können.

cc)

Der Kläger hat ferner auch nicht dadurch die Erfindung konkludent übertragen, daß er die für den von ihm eingereichten Verbesserungsvorschlag ausgelobte Prämie entgegengenommen hat. Ein Rechtsübergang des Verbesserungsvorschlages auf die Beklagte ergibt sich auch nicht aus der Betriebsvereinbarung. Die Ziffer. 3.6 der Betriebsvereinbarung regelt nur die Anrechnung der gewährten Prämie auf die später vom Arbeitgeber zu zahlende Erfindervergütung, falls sich später herausstellt, daß der Verbesserungsvorschlag geeignet ist, dem Arbeitgeber über eine rein faktische Vorzugsstellung hinaus ein echtes Monopol im Sinne eines Ausschließlichkeitsrechts zu gewähren. Da an technischen Verbesserungen keine Ausschließlichkeitsrechte begründet werden, können sie auch nicht Gegenstand von rechtgeschäftlichen Übertragungen sein, sondern sie stehen mit ihrer Entstehung als Arbeitsergebnis dem Arbeitgeber zu (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 20 Rdnr. 24). Die Ziffer 5 der Betriebsvereinbarung, die besagt, daß der Einreicher des Vorschlages sich damit einverstanden erklärt, daß sein Verbesserungsvorschlag ausschließlich nach den Richtlinien behandelt wird, beinhaltet ebenfalls keine dingliche Übertragung, denn eigenständige Rechte können an Verbesserungsvorschlägen nicht begründet werden. Jedermann ist zu ihrer Nutzung befugt. Im übrigen kann die Beklagte aus dieser Regelung keine Rechtspositionen gegenüber dem Kläger herleiten., wenn sie selbst die Verbesserung als Erfindung behandelt hat.

dd)

Für eine konkludente rechtsgeschäftliche Übertragung nach der Meldung der Erfindung durch den Kläger am 12. Juni 1997 reicht ferner auch nicht die Mitwirkung des Klägers bei der Ausarbeitung und Einreichung der Schutzrechtsanmeldungen aus. Insoweit ist zunächst zu beachten, daß der Arbeitnehmer gemäß § 15 Abs. 2 ArbNErfG verpflichtet ist, den Arbeitgeber auf dessen Verlangen hin beim Erwerb von Schutzrechten zu unterstützen. Er hat dem Arbeitgeber dabei mit:Rat und Tat zur Seite zu stehen. Darunter fallen insbesondere die Mitarbeit bei der Ausfüllung und Erstellung der Anmeldeunterlagen und Beschreibung (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., §15 Rdnr. 29 m.w.N.). Die Obliegenheit des Arbeitnehmers aus § 15 Abs. 2 ArbNErfG dient der Förderung der dem Arbeitgeber nach § 13 Abs. 1 ArbNErfG auferlegten Anmeldepflicht und besteht im übrigen auch ebenso wie diese völlig unabhängig von einer Inanspruchnahme der Diensterfindung durch den Arbeitgeber (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 6 Rdnr. 37).

Mit seiner Mitarbeit hat der Kläger nur seine ihm obliegenden gesetzlichen Pflichten aus § 15 Abs. 2 ArbNfirfG erfüllt. Ein rechtsgeschäftlicher Übertragungswille des Arbeitnehmererfinders ergibt sich hieraus nicht.

Aus den gleichen Erwägungen läßt sich zugunsten der Beklagten nichts daraus herleiten, daß sie den Kläger über den Stand des Anmeldeverfahrens mit Schreiben vom 11. November 1999 informiert hat, das heißt zu einem Zeitpunkt, an dem die Inanspruchnahmefrist bereits abgelaufen war. Die Beklagte ist damit nur den ihr obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen zur Unterrichtung des Arbeitnehmers nachgekommen.

5.

Mangels einer wirksamen Inanspruchnahme der Erfindung innerhalb der hierzu vorgeschriebenen Frist und einer vertraglichen Überleitung ist die Erfindung damit gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 3 ArbNErfG frei geworden. Der Kläger ist damit Alleininhaber der Rechte an der Erfindung geblieben. Mit dem Freiwerden der Diensterfindung sind die Rechte aus der inländischen (deutschen) Schutzrechtsanmeldung der Beklagten kraft Gesetzes auf ihn übergegangen, ohne daß es eines hierauf gerichteten Übertragungsaktes bedurfte (OLG Karlsruhe, GRUR 1984, 42 - Digitales Gaswarngerät; Bartenbach/Volz, a.a.O., § 13 Rdnr. 75; Bernhardt/Krasser, Lehrbuch des Deutschen Patentrechts, 4. Aufl., § 21 IV a 1, Seite 260; Reimer/Schade/Schippel, a.a.O., § 13 Rdnr. 20; Volmer /Gaul, a.a.O., § 8 Rdnr. 52) .

II.

Der zuerkannte Anspruch des Klägers auf Übertragung der Rechte an der europäischen Patentanmeldung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜG.

Gemäß Art. II § 5 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG kann der nach Art. 60 Abs. 1 des Europäischen Patentübereinkommens Berechtigte, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet ist, vom Patentsucher verlangen, daß ihm der Anspruch auf Einräumung des europäischen Patents abgetreten wird. Hat die Patentanmeldung bereits zur Patenterteilung geführt, kann der Berechtigte nach Art. II § 5 Abs. 1 Satz 2 IntPatUG vom Patentinhaber die Übertragung des Patents verlangen.

Der Kläger ist - wie bereits ausgeführt- Alleinerfinder der auch der europäischen Patentanmeldung zugrundeliegenden Diensterfindung, die mit der Erfindung identisch ist, die der deutschen Patentanmeldung zu Grunde liegt. Als solchem steht dem Kläger auch das Recht auf das europäische Patent zu. Gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 2 EPÜ bestimmt sich das Recht auf das europäische Patent, welches nach Art. 60 Abs. 1 Satz 1 EPÜ grundsätzlich dem Erfinder zusteht, nämlich nach dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer überwiegend beschäftigt ist. Nach dem hiernach im Entscheidungsfall anzuwendenden deutschen Recht steht •das Recht auf das europäische als auch das deutsche Patent dem Kläger zu, weil die Beklagte dessen Erfindung nicht entsprechend' den Vorschriften des Arbeitnehmererfindergesetzes wirksam in Anspruch genommen und auch keine vertragliche Überleitung der Rechte an der Erfindung auf die Beklagte stattgefunden hat. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen unter I. verwiesen werden.

Mangels wirksamer Inanspruchnahme ist - wie bereits ausgeführt - auch die der europäischen Streitpatentanmeldung zugrundeliegende Diensterfindung gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 3 ArbNErfG frei geworden. Die originär in der Person des Arbeitnehmererfinders begründete Diensterfindung ist diesem damit weiterhin verblieben, nunmehr frei von dem Aneignungsrecht der Beklagten als Arbeitgeberin gemäß § 6 Abs. .1 ArbNErfG. Das Freiwerden der der europäischen Patentanmeldung zugrundeliegenden Erfindung hat - anders als bei den bereits erörterten, zu deutschen Schutzrechten angemeldeten Erfindungen - jedoch nicht zur Folge gehabt, daß die Rechte aus der von der Beklagten getätigten europäischen Patentanmeldung nunmehr kraft Gesetzes auf den Kläger übergegangen sind. Denn § 13 Abs. 4 Satz 2 ArbNErfG gilt nur für Schutzrechtsanmeldungen im Inland. Zwar wird angenommen, daß eine europäische Patentanmeldung unter Benennung der Bundesrepublik Deutschland und weiterer Vertragsstaaten. vor der unbeschränkten Inanspruchnahme der Erfindung für das Benennungsland Deutschland die Berechtigung aus § 13 Abs. 1 ArbNErfG bewirkt. Dies ändert jedoch nichts daran/ daß der Arbeitgeber im übrigen wie bei sonstigen Auslandsanmeldungen (§ 14 ArbNErfG) als Unberechtigter gegenüber dem Arbeitnehmererfinder tätig wird (vgl. hierzu: Bartenbach/Volz, a.a.O., § 14 Rdnr. 7; Volmer/Gaul, a.a.O., § 14 Rdnr. 27 ff; Busse/ Patentgesetz, 5. Auflage, § 14 ArbEG Rdnr. 6). Ein Arbeitgeber, der eine europäische Patentanmeldung unter Benennung der Bundesrepublik Deutschland und weiterer Vertragsstaaten einreicht ohne die Erfindung unbeschränkt rechtzeitig in Anspruch genommen zu haben, ist also hinsichtlich dieser weiteren Vertragsstaaten Nichtberechtigter. Wird dieser Mangel - wie im Streitfall - nicht nachträglich durch Inanspruchnahme oder Vereinbarung mit dem Arbeitnehmererfinder geheilt, kann der Arbeitnehmererfinder seine Rechte nach nationalem Recht (Art. 60 Abs. 1 Satz 2 EPÜ) durchsetzen (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 14 Rdnr. 7; Volmer/Gaul, a.a.O., § 14 Rdnr. 28). Als Berechtigter im Sinne des Art. 60 Abs. 1 EPÜ kann er nach Art. II § 5 IntPatÜG die Abtretung des Anspruchs auf Erteilung des europäischen Patents bzw. - nach erfolgter Patenterteilung - auf Übertragung des Patents verlangen (Bartenbach/Volz, a.a.O., § 14 Rdnr. 7; Volmer/Gaul, a.a.O., § 14 Rdnr. 30).

Denn gemäß § 13 Abs. 4 Satz 2 ArbNErfG müssen zum Erwerb des Schutzrechts zunächst die "Rechte aus der Anmeldung" auf den Arbeitnehmer übergegangen sein. Die Rechte aus "der europäischen Patentanmeldung", welche grundsätzlich als Einheit zu behandeln ist (vgl. Art. 118 EPÜ), können jedoch nicht insgesamt nach § 13 Abs. 4 Satz 2 ArbNErfG auf den Arbeitnehmer übergehen und einen teilweisen Übergang sieht diese Vorschrift, die auf europäische Patentanmeldungen nicht zugeschnitten ist, nicht vor. Damit ist Art. II § 5 IntPatÜG auch hinsichtlich der europäischen Anmeldung die richtige Anspruchsgrundlage. Dem steht nicht entgegen, daß die Berechtigung des Arbeitgebers zur Einreichung einer europäischen Patentanmeldung unter Benennung der Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat hinsichtlich des Benennungslandes Deutschland als Inlandsanmeldung im Sinne des § 13 Abs. 1 ArbNErfG angesehen wird. Nimmt der Arbeitgeber die Erfindung nämlich nach Einreichung der Anmeldung nicht fristgerecht in Anspruch und wird diese damit frei, ist er so zu behandeln, als ob er von Anfang an (insgesamt) als Nichtberechtigter gehandelt hat. Denn die Freigabe gemäß § 8 Abs. 1 ArbNErfG wirkt auf den Zeitpunkt der Entstehung des Rechts zurück, also ex tunc (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 8 Rdnr. 6).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 150.000,-- DM.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 22.03.2001
Az: 4 O 211/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/17c3ac855828/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_22-Maerz-2001_Az_4-O-211-00




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