Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 24. November 1998
Aktenzeichen: 4 O 159/98
(LG Düsseldorf: Urteil v. 24.11.1998, Az.: 4 O 159/98)
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzu- setzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwi- derhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr die Firma
VT Vorspann-Technik GmbH
zu verwenden;
2.
in die Löschung des Bestandteils „VT Vorspann-Technik“ ihrer im Handelsre- gister des Amtsgerichts Ratingen unter HRB 2918 eingetragenen Firma ein- zuwilligen;
3.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe der erzielten Umsätze und der betriebenen Werbung, aufgegliedert nach Werbeträgern und unter Angabe von deren Auflage.
II.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Scha- den zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten Handlungen entstan- den ist und noch entstehen wird.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,- DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Parteien streiten um das Recht der Beklagten, die Firma VT Vorspann-Technik GmbH führen zu dürfen.
Die Klägerin ist eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Salzburg. Sie ist unter ihrer Firma Vorspann-Technik Ges.m.b.H. im Spannbetonbau, insbesondere im Spannbetonbrückenbau, tätig. Die Gesellschaft wurde in den 60er Jahren als auf dem österreichischen Markt tätige Tochtergesellschaft der 1953 gegründeten Vorspann-Technik GmbH in Ratingen (im folgenden: Vorspann-Technik Ratingen) errichtet. Als die Vorspann-Technik Ratingen in späteren Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geriet, übernahm die A. Porr AG die Geschäftsanteile an der Klägerin. In der Folgezeit erwarb sodann die Klägerin ihrerseits sämtliche Geschäftsanteile an der Vorspann-Technik Ratingen; die vormalige Tochtergesellschaft wurde zur Muttergesellschaft der Vorspann-Technik Ratingen.
Am 11. November 1994 schloß die Klägerin einen als "Kauf- und Übertragungsvertrag" bezeichneten Vertrag mit dem Bauingenieur Baurat h.c. Dipl.-Ing. Hermann Thal aus Mondsee. Als "Erschienene", die den Vertrag "erklärten", sind in der notariellen Urkunde der Kaufmann Martin Baburek und der Dipl.-Ing. Peter Poier als Geschäftsführer der Klägerin und der Vorspann-Technik Ratingen sowie der Bauingenieur Hermann Thal genannt. Die Klägerin übertrug Hermann Thal zu einem Kaufpreis von 1,- DM die Geschäftsanteile an der Vorspann-Technik Ratingen. In § 3 Abs. 1 bestimmte der Vertrag, wegen dessen weiteren Inhalts auf die Anlage K 13 verwiesen wird, folgendes:
Der Erschienene zu 2 (= Hermann Thal) verpflichtet sich, den Namen Vor- spann-Technik GmbH und den Namen der Tochtergesellschaft Vorspann- Technik Bau Technologien GmbH innerhalb eines Jahres nach Übergangs- stichtag in der Weise zu ändern, daß sich die neuen Namen von den bisheri- gen Namen Vorspann-Technik GmbH und Vorspann-Technik Bau Technolo- gien GmbH deutlich unterscheiden und sichergestellt ist, daß jede Ver- wechslungsfähigkeit auf dem Markt ausgeschlossen ist.
Zu der vorgesehenen Firmenänderung kam es innerhalb der Jahresfrist jedoch nicht. Die Klägerin arbeitete mit der Vorspann-Technik Ratingen weiterhin zusammen und beanstandete die Fortführung der Firma zunächst nicht. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage der Vorspann-Technik Ratingen und der wachsenden Außenstände gegenüber der Klägerin verschlechterten sich jedoch die Beziehungen zwischen den Unternehmen. Mit Schreiben vom 17. Juli 1997 (Anlage K 14) beanstandete die Klägerin gegenüber Hermann Thal u.a. die Nichteinhaltung der Verpflichtung nach § 3 Abs. 1 des Vertrages vom 11. November 1994.
Durch Beschluß der Gesellschafterversammlung der Vorspann-Technik Ratingen vom 4. September 1997 wurde die Firma der Gesellschaft in Brückentechnik GmbH geändert; die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 2. Oktober 1997. Am 29. September 1997 wurde die Beklagte gegründet. Nachdem am 7. Oktober 1997 das Konkursverfahren über das Vermögen der vormaligen Vorspann-Technik Ratingen und nunmehrigen Brückentechnik GmbH eröffnet worden war, schloß die Beklagte am 14. Oktober 1997 mit dem Konkursverwalter einen Vertrag, in dem dieser der Beklagten u.a. das vorhandene Anlagevermögen, das Vorratsvermögen sowie bautechnische Zulassungen und Marken der Gemeinschuldnerin übertrug und ihr gestattete, "den vormaligen Firmenbestandteil 'Vorspann-Technik GmbH' zu führen".
Mit Anwaltsschreiben vom 20. November 1997 widersprach die Klägerin der Firmenführung der Beklagten. Mit einem weiteren Schreiben vom 12. Dezember 1997 forderte sie sie erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.
Die Klägerin trägt vor: Sie trete im geschäftlichen Verkehr stets unter dem Firmenschlagwort "Vorspann-Technik" und dem Zeichen "VT" als Abkürzung hierfür auf. Unter dieser Bezeichnung sei sie seit Jahren in Deutschland im Spannbetonbrückenbau tätig, und zwar zum einen durch ihr gesellschaftsrechtlich verbundenes Unternehmen wie früher die Vorspann-Technik Ratingen und heute die 1996 gegründete VTB Vorspanntechnik GmbH (im folgenden: VTB) in Berlin, zum anderen durch von ihr selbst ausgeführte Aufträge. Infolgedessen seien sie, ihr Firmenbestandteil "Vorspann-Technik" und das Logo "VT" in den einschlägigen Fachkreisen in Deutschland, d.h. bei Straßen- und Brückenbauunternehmen, bekannt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
wie geschehen zu erkennen.
Die Beklagte bittet um Klageabweisung.
Sie trägt vor: Sie produziere und vertreibe Spannstahl und Spannglieder für Vorspannung, Brückenlager, Konstruktionen für Fahrbahnübergänge und Kapselpressen. Die Klägerin produziere diese Erzeugnisse nicht, sondern kaufe sie vielmehr bei ihr, der Beklagten; zwischen den Parteien bestehe daher kein Konkurrenzverhältnis. Sie seien auch regional auf unterschiedlichen Märkten tätig, da die Klägerin ihre Produkte in Österreich und in Fernost vertreibe und in Deutschland nur über die VTB tätig sei; Direktaufträge führe sie in Deutschland allenfalls sporadisch auf Kundenanfrage aus. Dem Firmenbestandteil Vorspann-Technik fehle es als Bezeichnung für das Vorspannen zur Erhöhung bzw. Erzielung einer bestimmten Belastbarkeit von Spannbetonkonstruktionen ebenso wie dem Kürzel VT an Unterscheidungskraft; außerdem bestehe ein Freihaltebedürfnis. Sämtliche Unternehmen, die sich auf dem deutschen Markt mit Vorspanntechnik befaßten, führten die Begriffe Vorspannen oder Vorspanntechnik auch in ihrer Firma, so die VSL Vorspanntechnik GmbH, die Bilfinger + Berger Vorspann-Technik GmbH, die VTB Vorspann-Technik GmbH und die Hochtief Vorspann- und Hubsysteme. Die Klägerin sei auf dem deutschen Markt weitgehend unbekannt. Die Bezeichnung "Vorspann-Technik" und das Kürzel "VT" würden vielmehr mit ihr, der Beklagten, bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der Vorspann-Technik Ratingen, identifiziert, die seit Mitte der 50er Jahre in Deutschland Vorrichtungen für Spannbetonkonstruktionen entwickelt, produziert und vertrieben und bekannt gemacht habe. Mindestens 80 % der Verkehrskreise brächten die Bezeichnungen "VT Vorspann-Technik", "Vorspann-Technik" und "VT" mit diesem Unternehmen in Verbindung, das lange Jahre nicht nur als Marktführer mit einem Marktanteil von nicht weniger als 80 %, sondern sogar als Monopolist tätig gewesen sei. Die Firmenänderung der Vorspann-Technik Ratingen sei nicht in Erfüllung der Verpflichtung des Vertragspartners Hermann Thal der Klägerin aus dem Vertrag vom 11. November 1994 erfolgt, sondern habe es ihr, der Beklagten, ermöglichen sollen, als Auffanggesellschaft die Geschäfte und die Kennzeichen der vor dem Konkurs stehenden Vorspann-Technik Ratingen weiterzuführen. Demgemäß habe der damalige Geschäftsführer der Vorspann-Technik Ratingen Franz Josef Löcker mit Zustimmung des Alleingesellschafters Hermann Thal bereits etwa einen Monat vor ihrer Gründung anläßlich der Verhandlungen über die Gestaltung des Konkursverfahrens und die Überleitung des Knowhow die Erlaubnis zur Benutzung des Firmenbestandteils "VT Vorspann-Technik" erteilt. Ferner habe sie den Geschäftsbetrieb der Vorspann-Technik Ratingen übernommen. Ihr stünden daher gegenüber der Klägerin die prioritätsälteren Rechte zu.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist begründet. Die Firmenführung der Beklagten verletzt das prioritätsältere Kennzeichenrecht der Klägerin.
I.
Die Klägerin kann für das Firmenschlagwort "Vorspann-Technik" sowie für das Kürzel "VT" Kennzeichenschutz nach § 5 Abs. 1, 2 MarkenG in Anspruch nehmen.
Auch wenn - was keiner weiteren Erörterung bedarf - der Bezeichnung "Vorspann-Technik" von Hause aus keine Unterscheidungskraft zukommen mag, weil sie auf eine Spannbetonkonstruktion bzw. Verfahrensweise beim Spannbetonbau verweist, so genießt sie doch Kennzeichenschutz, weil sie im Verkehr als Kennzeichen eines bestimmten Unternehmens Geltung erlangt hat. Entsprechendes gilt für das Geschäftszeichen "VT", dessen Schutz nach § 5 Abs. 2 Satz 2 MarkenG ohnehin voraussetzt, daß es innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen eines Geschäftsbetriebes gilt. Die Verkehrsgeltung ist zwischen den Parteien unstreitig, denn sie tragen beide vor, daß den beteiligten Verkehrskreisen, d.h. den Unternehmen und Behörden, die sich mit Spannbetonbau befassen, die Bezeichnungen "Vorspann-Technik" und "VT" als Bezeichnungen eines bestimmten Unternehmens weithin und langjährig bekannt sind; die Beklagte selbst hat den Bekanntheitsgrad mit mindestens 80 % beziffert.
Streit besteht zwischen den Parteien lediglich darüber, inwieweit die Verkehrsgeltung von der Klägerin oder von der Vorspann-Technik Ratingen erworben worden ist. Darauf kommt es jedoch nicht an. Denn die Vorspann-Technik Ratingen ist seit Erwerb ihrer sämtlichen Geschäftsanteile durch die Klägerin als deren Tochtergesellschaft auf dem deutschen Markt tätig gewesen. Die Klägerin und die Vorspann-Technik Ratingen sind gleichermaßen unter der Geschäftsbezeichnung "Vorspann-Technik" aufgetreten. Wenn daher der Verkehr die Bezeichnung Vorspann-Technik aufgrund der umfangreichen Geschäftstätigkeit der Vorspann-Technik Ratingen unter dieser Bezeichnung einem bestimmten Unternehmen zugeordnet hat, so hat er auch in dem entsprechenden Firmenbestandteil der Klägerin (zutreffend) die Bezeichnung eines mit der Vorspann-Technik Ratingen jedenfalls gesellschaftsrechtlich verbundenen Unternehmens gesehen. Die Unterscheidungskraft, die die Bezeichnung "Vorspann-Technik" und das Kürzel VT infolge umfangreicher Benutzung im geschäftlichen Verkehr erworben haben, läßt sich zwischen den gleichnamigen Unternehmen nicht aufspalten.
Für den Kennzeichenschutz der Klägerin ist daher nur noch erforderlich, daß sie die Bezeichnungen überhaupt im Inland in einer Weise in Gebrauch genommen hat, die auf den Beginn einer dauernden wirtschaftlichen Betätigung im Inland schließen läßt (vgl. BGB, GRUR 1970, 315, 316 - Napoléon III; GRUR 1970, 528, 530 - Migrol; GRUR 1971, 323 - SWOPS; GRUR 1980, 114 - Concordia; GRUR 1994, 530 - Beta). Das ist jedoch unbedenklich schon wegen der Geschäftsbeziehung der Klägerin zu ihrer inländischen Tochtergesellschaft, der Vorspann-Technik Ratingen, der Fall. Im übrigen ergibt sich dies auch aus den als Anlagen K 1, 12 und 22 bis 25 vorgelegten Druckschriften, die den Einsatz der Produkte der Klägerin bei verschiedenen Bauobjekten in Deutschland zeigen und erteilte Zulassungsbescheide wiedergeben und jeweils neben dem Kürzel VT und gegebenenfalls der Firma und der Anschrift der Vorspann-Technik Ratingen Firma und Anschrift der Klägerin wiedergeben.
II.
Gegenüber der Beklagten steht der Klägerin das prioritätsältere Recht zu. Auf ein von der Vorspann-Technik Ratingen abgeleitetes besseres Kennzeichenrecht kann sich die Beklagte nicht berufen, da die Vorspann-Technik Ratingen zur Aufgabe der Bezeichnung Vorspann-Technik verpflichtet war und das Kennzeichenrecht der Vorspann-Technik Ratingen an der Bezeichnung Vorspann-Technik und damit auch an dem für Vorspann-Technik stehenden Kürzel VT demgemäß durch die Firmenänderung vom 4. September 1997 untergegangen ist.
1.
Aufgrund des Vertrages vom 11. November 1994 war die Vorspann-Technik Ratingen verpflichtet, nach Ablauf des in § 3 Abs. 1 vorgesehenen Übergangsjahres die Firma Vorspann-Technik GmbH und das Unternehmenskennzeichen Vorspann-Technik nicht mehr zu benutzen.
Zwar ist die Verpflichtung zur Namensänderung ausdrücklich nur von Hermann Thal als Erwerber der Geschäftsanteile der Vorspann-Technik Ratingen übernommen worden. Der Vertrag ist jedoch dahin auszulegen, daß auch die Vorspann-Technik Ratingen die Verpflichtung traf, nach Ablauf der Übergangsfrist und Änderung der Firma die bisherige Firma und die Geschäftsbezeichnung nicht mehr zu führen.
Entscheidende Bedeutung kommt hierbei dem Umstand zu, daß die in § 3 Abs. 1 enthaltene Vertragsklausel der kennzeichenrechtlichen Kollisionslage Rechnung tragen sollte, die durch die Übertragung der Geschäftsanteile der Klägerin an der Vorspann-Technik Ratingen auf Hermann Thal entstand. War bis dahin die Gleichnamigkeit der Gesellschaften unproblematisch und gewollt, um diese nach außen hin als Einheit oder jedenfalls verbundene Unternehmen darzustellen, so entsprach dies von dem Zeitpunkt an nicht mehr den wirtschaftlichen Gegebenheiten und nicht oder jedenfalls nicht mehr unbedingt dem Interesse der Klägerin, zu dem sich die Vorspann-Technik Ratingen gesellschaftsrechtlich von ihr trennte. Der Vertrag läßt eindeutig erkennen, daß diese Kollisionslage zu Lasten der Vorspann-Technik Ratingen aufgelöst werden sollte, indem sich Hermann Thal verpflichtete, den Namen der übernommenen Gesellschaft so zu ändern, daß sich der neue Name von dem bisherigen deutlich unterschied und sichergestellt war, daß jede Verwechslungsfähigkeit auf dem Markt ausgeschlossen war. Das entsprach dem Umstand, daß die Klägerin sich von der wirtschaftlich angeschlagenen und nach dem ausdrücklichen Hinweis in § 7 Abs. 1 ohne Zuführung zusätzlicher Mittel konkursreifen Vorspann-Technik Ratingen trennen wollte, und korrespondiert mit dem vereinbarten Kaufpreis von 1,- DM für sämtliche Geschäftsanteile der Gesellschaft. Die Verpflichtung des Erwerbers zur Firmenänderung ist lediglich die Form, die die Vertragsparteien gewählt haben, um die gewollte künftige Unterscheidbarkeit der Unternehmensbezeichnungen herbeizuführen. Als Alleingesellschafter der Vorspann-Technik Ratingen war Hermann Thal dazu berufen, in der gesetzlichen Form die Änderung der Firma zu beschließen. Indem Hermann Thal dieser Verpflichtung nachkommen würde, würde die Gesellschaft selbst Firma und Unternehmenskennzeichen wechseln. Sinn und Zweck dieses Gesellschafterbeschlusses erschöpften sich jedoch nicht in dem Beschluß und der Firmenänderung selbst. Vielmehr sollte die Vorspann-Technik Ratingen die bisherige Bezeichnung Vorspann-Technik (GmbH) auf Dauer nicht mehr führen und insbesondere nicht etwa berechtigt sein, zu irgendeinem Zeitpunkt nach der vertragsgemäßen Firmenänderung zu der bisherigen Bezeichnung zurückzukehren. Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) traf diese Verpflichtung aber nicht nur den Erwerber Hermann Thal, der für die Firmenänderung zu sorgen hatte, sondern auch und gerade die Vorspann-Technik Ratingen selbst als die Gesellschaft, um deren Firma es ging und die es war, die nach Sinn und Zweck der vertraglichen Regelung künftig eine Bezeichnung tragen sollte, die jede Gefahr der Verwechslung mit der Klägerin ausschloß.
Die Beklagte hat hiergegen in der mündlichen Verhandlung eingewandt, die Vorspann-Technik Ratingen sei nicht Vertragspartei. Das trifft jedoch nicht zu. Zwar ist sie - naturgemäß - nicht Erwerberin der Geschäftsanteile, sie ist aber auch nicht bloßes Vertragsobjekt, denn im Vertragseingang ist die Klägerin als Vertretene zu 1a, die Vorspann-Technik Ratingen aber als Vertretene zu 1b bezeichnet. Die "Erschienenen zu 1", die Geschäftsführer Baburek und Poier, haben nach diesem Vertragseingang sowohl als Geschäftsführer der Klägerin als auch als Geschäftsführer der Vorspann-Technik Ratingen gehandelt. Dieser Gestaltung hätte es nicht bedurft, wenn die Vorspann-Technik Ratingen lediglich Objekt der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und Hermann Thal gewesen wäre. Vielmehr bezieht sie ihren Sinn aus der gewollten Bindung der Vorspann-Technik Ratingen an die Zwecke und Vereinbarungen des Vertrages.
2.
Es kann dahinstehen, ob bereits diese vertragliche Verpflichtung der Vorspann-Technik Ratingen gegenüber der Klägerin es ausschließt, daß die Beklagte Rechte an dem Unternehmenskennzeichen erworben hat, das die Vorspann-Technik Ratingen nicht mehr verwenden durfte. Dafür spricht allerdings, daß die Vereinbarung einen kennzeichenrechtlichen "Rangrücktritt" der Vorspann-Technik Ratingen gegenüber der Klägerin bedeutet und die Beklagte demgemäß keine besseren Rechte erwerben konnte als sie der Vorspann-Technik Ratingen gegenüber der Klägerin zustanden. Denn jedenfalls sind die Rechte der Vorspann-Technik Ratingen an der Bezeichnung Vorspann-Technik mit der Firmenänderung untergegangen. Mit der entsprechenden Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 4. September 1997 ist, wenn auch verspätet, der Sache nach genau das geschehen, was der Vertrag vom 11. November 1994 vorsah. Der Name der Gesellschaft ist so geändert worden, daß sich der neue Name - Brückentechnik GmbH - von dem bisherigen so deutlich unterschied, daß jede Verwechslungsfähigkeit auf dem Markt ausgeschlossen wurde. Es mag sein, daß es durchaus nicht Intention der Firmenänderung war, den Vertrag vom 11. November 1994 zu erfüllen, sondern vielmehr mit dem Beschluß vom 4. September 1997 die künftige Führung der Firma VT Vorspann-Technik durch die zu diesem Zeitpunkt noch nicht existente Beklagte ermöglicht und vorbereitet werden sollte. Auf die mit der Firmenänderung verbundenen Absichten kommt es jedoch nicht an. Entscheidend ist vielmehr, daß jedenfalls mit der Firmenänderung die Vorspann-Technik Ratingen nicht mehr lediglich zur Aufgabe der Firma und der Geschäftsbezeichnung verpflichtet war, sondern die Änderung der Bezeichnung tatsächlich in einer durch das Handelsregister öffentlich verlautbarten Weise umgesetzt hat. Das schloß es aus, der Beklagten mit dem Vertrag vom 14. Oktober 1997 mit der Übertragung des Geschäftsbetriebs auch das Recht zur Führung der Firma (VT) Vorspann-Technik einzuräumen, die die Gemeinschuldnerin selbst nicht mehr führte und auch nicht mehr führen durfte. Auch eine mündliche "Erlaubnis" zur Firmenführung, die die Beklagte für Ende August 1997 behauptet, könnte daran nichts ändern, denn mit dieser "Erlaubnis" ist der Geschäftsbetrieb nicht übertragen worden. Sie konnte daher allenfalls zu einem abgeleiteten Kennzeichenrecht führen, das in dem Moment unterging, in dem das Stammrecht erlosch.
III.
Nach § 15 Abs. 4 MarkenG ist die Beklagte hiernach verpflichtet, die weitere Führung der geschäftlichen Bezeichnung VT Vorspann-Technik in Gestalt ihrer Firma zu unterlassen. Eine nähere Bezeichnung des Tätigkeitsgebietes, auf dem die Bezeichnung nicht geführt werden darf, erscheint im Streitfall entbehrlich, da die Führung der Bezeichnung Vorspann-Technik für eine branchenfremde Betätigung vernünftigerweise ausscheidet.
Zur Beseitigung des Störungszustandes, der in der entsprechenden Handelsregistereintragung liegt, ist die Beklagte entsprechend §§ 12 Satz 1 BGB, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, 51 Abs. 1 MarkenG verpflichtet, in die Löschung der störenden Bestandteil der eingetragenen Firma einzuwilligen (vgl. BGH, GRUR 1981, 60, 64 - Sitex; GRUR 1995, 117 - Neutrex).
Nach § 15 Abs. 5 MarkenG schuldet die Beklagte der Klägerin ferner Schadenersatz. Denn bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt hätte sie die Kennzeichenverletzung zumindest erkennen können, § 276 BGB. Außerdem hat die Klägerin der Firmenführung der Beklagten sogleich widersprochen. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, daß der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
Schließlich ist die Beklagte zur Auskunft verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte - die auch für die Zeit nach Schluß der mündlichen Verhandlung zu erteilen sind, § 259 ZPO - nicht unzumutbar belastet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.
Der Streitwert beträgt 100.000,- DM.
LG Düsseldorf:
Urteil v. 24.11.1998
Az: 4 O 159/98
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