Verwaltungsgericht Berlin:
Urteil vom 26. Juni 2014
Aktenzeichen: 26 K 77.13
(VG Berlin: Urteil v. 26.06.2014, Az.: 26 K 77.13)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt, eine Aufstellung (u. a.) von krankheitsbedingten Fehlzeiten aus seiner Personalakte zu entfernen.
Der Kläger ist Beamter auf Lebenszeit und steht als Polizeiobermeister im Dienste des Beklagten. Mit Schreiben vom 27. April 2012 kündigte ihm der Polizeipräsident in Berlin an, dass er polizeiärztlich untersucht werden solle. Dem Schreiben war eine Aufstellung der krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers seit Januar 2007 beigefügt, die auch Name, Fachrichtung, Anschrift und Telefonnummer der Ärzte aufwies, die die von dem Kläger jeweils vorgelegten und zu dessen Personalakte genommenen ärztlichen Dienstunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt hatten.
Anfang August 2012 beantragte der Kläger, die Aufstellung aus seiner Personalakte zu entfernen. Mit Bescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 21. August 2012, bestätigt durch Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 14. Januar 2013 lehnte der Beklagte den Antrag ab.
Mit der am 22. Januar 2013 beim Verwaltungsgericht Berlin eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt unter Bezugnahme auf eine Äußerung des Berliner Datenschutzbeauftragten vom 15. Oktober 2012 im Wesentlichen vor, dass die Daten gemäß § 89 Abs. 1 Satz 3 des Landesbeamtengesetzes (LBG) unverzüglich aus der Personalakte zu entfernen seien. Denn die Daten dienten nicht der Personalplanung und des Personaleinsatzes. Der Beklagte habe bei dem Eingriff in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht beachtet. Aus § 90 Abs. 2 Satz 2 LBG ergebe sich zudem, dass die jeweilige Krankschreibung mit Beendigung der Arbeitsunfähigkeit aus der Personalakte zu entfernen sei. Daher könne auch keine Berechtigung bestehen, die darin enthaltenen Daten weiterhin in einer Liste zu speichern. Diese Speicherung sei auch deshalb rechtswidrig, weil der Personalrat entgegen § 85 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b des Personalvertretungsgesetzes Berlin (PersVG Bln) nicht beteiligt worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidenten in Berlin vom 21. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 14. Januar 2013 zu verpflichten, Aufstellungen zu krankheitsbedingten Fehlzeiten in Verbindung mit der Angabe des behandelnden Arztes und der Fachrichtung aus der Personalakte zu entfernen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Gründe seiner ablehnenden Entscheidung sowie die Gründe des Urteils der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. April 2013 € VG 7 K 7.13 € in einem gleich gelagerten Fall. Im Übrigen trägt er vor, dass nach der Übung beim Polizeipräsidenten die Zusatzakte Erkrankungen sowie die Zusatzakte €Polizeiarzt€ (Korrespondenz mit dem Polizeiarzt) grundsätzlich nicht an Stellen außerhalb der Personalverwaltung übersandt würden. Ausnahmsweise erfolge eine Übersendung nur dann, wenn es um Fragen der Gesundheit des Beamten gehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsvorgänge verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Gründe
Die zulässige Verpflichtungsklage ist nicht begründet. Die Ablehnung der Entfernung der fraglichen Aufstellungen ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung € VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Entfernung.
12I. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 89 Abs. 1 LBG. Nach dieser Vorschrift sind Unterlagen über Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen, auf die § 1 i. V. m. § 16 Abs. 3 und 4 Satz 1 des Disziplinargesetzes nicht anzuwenden ist, 1. falls sie sich als unbegründet oder falsch erwiesen haben, mit Zustimmung des Beamten unverzüglich aus der Personalakte zu entfernen und zu vernichten, 2. falls sie für den Beamten ungünstig sind oder ihr oder ihm nachteilig werden können, auf Antrag nach einem Jahr zu entfernen und zu vernichten; dies gilt nicht für dienstliche Beurteilungen (Satz 1). Die Frist nach Satz 1 Nummer 2 wird durch erneute Sachverhalte im Sinne dieser Vorschrift oder durch die Einleitung eines Straf- oder Disziplinarverfahrens unterbrochen (Satz 2). Stellt sich der erneute Vorwurf als unbegründet oder falsch heraus, gilt die Frist als nicht unterbrochen (Satz 3). Unterlagen, die nicht Personalaktendaten sind und deren Aufnahme in die Personalakten deshalb unzulässig war, sind mit Zustimmung der Beamtin oder des Beamten unverzüglich zu entfernen (Satz 4).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBG. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen nicht vor. Dabei kann dahin stehen, ob unter diesen Tatbestand jede unbegründete oder falsche Beschwerde, Behauptung oder Bewertung fällt oder dieser Tatbestand nach seinem Sinnzusammenhang und Sinn Zweck eines engeren Begriffsverständnisses bedarf. Ebenso kann dahin stehen, ob € wie der Kläger meint € die Zusammenstellung von Tatsachen, wie sie in der streitbefangenen Aufstellung vorgenommen wird, eine €Bewertung€ im Sinne der Norm darstellt. Denn die Aufstellung oder die ihr zugrundeliegende Atteste haben sich nicht als falsch oder unbegründet erwiesen, was auch nur außerhalb eines personalaktenrechtlichen Verfahrens geschehen könnte (vgl. Plog/Wiedow, § 90e BBG [alt], Rn. 8 [Stand Februar 2002]).
2. Der Kläger hat auch keinen Entfernungsanspruch nach § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG. Bei der streitbefangenen Aufstellung handelt es sich nicht um eine Unterlage über Beschwerden, Behauptungen oder Bewertungen, die für den Kläger ungünstig sind oder ihm nachteilig werden könnten. Zwar dürfte es sich bei der Aufstellung (jedenfalls) um Behauptungen handeln, für die nach allgemeinem Sprachgebrauch und Rechtsverständnis kennzeichnend ist, dass sie sich auf € der Nachprüfbarkeit zugängliche € Tatsachen beziehen (vgl. Plog/Wiedow, § 90b BBG [alt], Rn. 5 [Stand: Februar 2002]).
15Die Behauptungen sind für den Kläger jedoch weder ungünstig noch könnten sie ihm nachteilig werden im Sinne von § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG. Die Bestimmung erfordert nämlich, dass die Beschwerde, Behauptung oder Bewertung den Vorwurf eines jedenfalls objektiv pflichtwidrigen Verhaltens enthalten muss (vgl. Plog/Wiedow, BBG [alt], § 90e Rn. 11 [Stand: Januar 2002]; a. A. Zängl, BayBeamtR, Art. 109 BayBG, Rn. 30 f. [Stand: April 2010]; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 89 LBG NRW Rn. 46 [Stand: August 2011]). Dies ist bei der Aufstellung von Tatsachen, die sich ärztlichen Attesten entnehmen lassen, wie der Dauer der bescheinigten Dienstunfähigkeit oder der Name des ausstellenden Arztes, aber nicht der Fall.
Die hier vertretene Auslegung ergibt sich aus dem Sinnzusammenhang, in welchem sie steht, sowie ihrem Sinn und Zweck. Nach § 50 Satz 1 BeamtStG ist für jede Beamtin und jeden Beamten eine Personalakte zu führen. Nach § 50 Satz 2 BeamtStG gehören zur Personalakte alle Unterlagen, die die Beamtin oder den Beamten betreffen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten). Mit der Verpflichtung, Personalaktendaten in die Personalakte aufzunehmen, soll die Vollständigkeit und Wahrheit der Aktenführung erreicht werden. Die Personalakte dient der Vorbereitung und Nachvollziehbarkeit dienstrechtlicher Geschehnisse, einschließlich der allgemeinen Personalplanung und Personalwirtschaft. Deshalb hat die Personalakte nach den Grundsätzen der Vollständigkeit und Wahrheit ein möglichst vollständiges und zutreffendes Bild von der Persönlichkeit des Beamten zu geben und ein zutreffendes Bild der Entstehung und Entwicklung des Dienstverhältnisses als historischem Geschehensablauf zu vermitteln. Dies verbietet grundsätzlich eine lückenhafte, die Nachvollziehbarkeit hindernde Darstellung (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 1980 € BVerwG 2 C 5/78 € BVerwGE 59, 355 <356> [= juris, Rn. 18]; Zängl, in: BayBeamtR, § 50 BeamtStG Rn. 8 ff. [Stand: Februar 2010]). Den vorgenannten Grundsätzen steht die Entfernung von Personalaktendaten aus der Personalakte deshalb im Prinzip entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in früherer, gefestigter Rechtsprechung (s. etwa Urteil vom 31. Januar 1980, a. a. O.) einen Entfernungsanspruch des Beamten abgelehnt und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Personalaktendaten inhaltlich richtig oder rechtsfehlerfrei zustande gekommen waren, und das schutzwürdige Interesse des Beamten durch einen Berichtigungsanspruch als ausreichend gewahrt erachtet.
§ 89 Abs. 1 Satz 1 LBG bestimmt (nunmehr) Ausnahmen von den Grundsätzen der Vollständigkeit und/oder Wahrheit. § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBG durchbricht ausweislich der amtlichen Begründung zu der mit dem Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes, der Berliner Richtergesetzes und des Berliner Hochschulgesetzes vom 21. September 1995 (GVBl. S. 608) eingeführten, im Wortlaut identischen Vorgängerregelung des § 56e LBG (a. F.) den Grundsatz der Vollständigkeit im Interesse der Personalaktenwahrheit. Dieser aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn folgende Grundsatz gebiete es Unterlagen über nachweislich falsche oder unbegründete Beschwerden etc. aus der Personalakte zu entfernen (Abghs.-Drs. 12/5309, S. 15).
§ 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG hingegen macht Ausnahmen sowohl vom Grundsatz der Vollständigkeit als auch der Personalaktenwahrheit. Dies geschieht ausweislich der amtlichen Begründung (a. a. O.) wegen des sich ebenfalls aus der Fürsorgepflicht ergebenden Resozialisierungsgedankens; dies gelte z. B. für negativ wirkende Tatsachenbehauptungen, für missbilligende Äußerungen sowie Ermahnungen oder Rügen eines Vorgesetzten oder Dienstvorgesetzten. Wenn nach dem Disziplinarrecht bestimmte Disziplinarmaßnahmen nach bestimmten Fristen getilgt werden müssten, sei es auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten, bei Hinweisen auf Minderleistungen, Fehlleistungen und Verfehlungen oder Vermerken über Personalführungsgespräche mit mahnendem Charakter, die nicht zu einem Disziplinarverfahren geführt hätten, eine Harmonisierung mit dem Disziplinarrecht vorzunehmen und diese Unterlagen nicht dauerhaft in der Personalakte zu belassen (Abghs.-Drs. 12/5309 S. 8).
Schon aus dem Ausnahmecharakter der Vorschrift ergibt sich aber, dass ihr kein ausuferndes Verständnis beigemessen werden darf, um den Zweck der Personalaktenführung nicht zu gefährden. Dass nicht jede Beschwerde, Behauptung oder Bewertung unter § 89 Abs. 1 Satz 1 LBG fällt, sondern diese einen Vorwurf beinhalten müssen, ergibt sich zudem aus § 89 Abs. 1 Satz 3 LBG, der einen €erneuten Vorwurf€ fordert, damit die Frist des § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG unterbrochen wird.
Dass Unterlagen der hier in Frage stehenden Art nicht unter § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG fallen, wird bestätigt durch den Umstand, dass der Berliner Gesetzgeber mit dem Dienstrechtsänderungsgesetz vom 19. März 2009 Unterlagen über Erkrankungen aus den in § 90 Abs. 2 Satz 1 LBG aufgeführten Unterlagen herausgenommen hat, die (nur) fünf Jahre in der Personalakte aufzubewahren sind. Ausweislich der Gesetzesbegründung (Abghs.-Drs. 16/2049 S. 127) erfolgte die Streichung des Begriffs €Erkrankungen€ seinerzeit, €um eine aufwändige Datenbereinigung nach Ablauf des Fünf-Jahreszeitraums zu vermeiden€. Auch der Berliner Gesetzgeber hat demnach keine Bedenken gehabt, derartige Unterlagen aus verwaltungsökonomischen Gründen dauerhaft in der Personalakte zu belassen. Dies wäre kaum nachvollziehbar, wenn er davon ausgegangen wäre, dass derartige Unterlagen wegen ihres für den Beamten ungünstigen oder nachteiligen Charakters aus Gründen der Fürsorge grundsätzlich gemäß § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG bereits nach einem Jahr zu beseitigen seien.
Zudem kann der mit der Vorschrift verfolgte Resozialisierungsgedanke nur zum Tragen kommen, wenn dem Beamten im Rahmen der Beschwerde, Behauptung oder Bewertung der Vorwurf objektiv pflichtwidrigen Verhaltens gemacht wird. Lediglich dann ist es notwendig, dem Beamten durch die Entfernung die Chance weiterer beruflicher Entwicklung ohne Belastung durch zeitlich überholte Vorwürfe zu geben (vgl. Plog/Wiedow, BBG [alt], § 90e Rn. 10 [Stand: Januar 2002]).
Angaben über gesundheitliche Beeinträchtigungen einschließlich ärztlicher Dienstunfähigkeitsbescheinigungen oder die hierauf beruhende, streitbefangene Aufstellung beinhalten aber keinen Vorwurf eines pflichtwidrigen Verhaltens und kommen deshalb nicht als Gegenstand des von § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG manifestierten Resozialisierungsgedankens in Betracht (vgl. Plog/Wiedow, a. a. O., § 90e Rn. 10 [Stand: Januar 2002]; s. auch die amtliche Begründung zu § 90e BBG a. F., der Vorbild für § 56e LBG a. F. war, BT-Drs. 12/544, S. 20, wonach Feststellungen über gesundheitliche Beeinträchtigungen in einem Zwangspensionierungsverfahren nicht unter die Vorschrift fielen).
3. Ebenso wenig ergibt sich der geltend gemachte Entfernungsanspruch aus § 89 Abs. 1 Satz 4 LBG. Denn bei den in Frage stehenden Daten handelt es sich um Personalaktendaten im Sinne von § 50 Satz 2 BeamtStG. Die den ärztlichen Dienstunfähigkeitsbescheinigungen des Klägers entnommenen Daten stehen mit dem Dienstverhältnis des Klägers in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang. Denn aus ihnen gehen Zeiträume hervor, in denen den Kläger wegen einer ärztlich attestierten Erkrankung keine Pflicht zur Dienstleistung traf; Name, Anschrift und Fachrichtung des ausstellenden Arzt stehen einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, weil diese Daten unerlässlich sind, um den ausstellenden Arzt zu identifizieren und so die seitens des Dienstherrn geforderte Beweisfunktion der Dienstunfähigkeitsbescheinigung zu erfüllen. Die Form, in der diese Daten fixiert sind € hier: in der streitbefangenen Aufstellung €, ist für die Frage ihres Charakters als Personalaktendaten grundsätzlich unerheblich.
Es bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, ob eine zweckwidrige oder aus anderen Gründen unverhältnismäßige Verwendung von Personalaktendaten den nach § 50 Satz 2 BeamtStG zu fordernden €unmittelbaren inneren Zusammenhang€ der Daten mit dem Dienstverhältnis auflösen und dazu führen könnte, dass ein Datum den Charakter eines Personalaktendatums verliert und deshalb gemäß § 89 Abs. 1 Satz 4 LBG aus der Personalakte entfernt werden muss. Denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Verwendung (s. hierzu das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin, Urteil vom 17. April 2013 € VG 7 K 7.13 € juris, Rn. 20) der in den ärztlichen Attesten enthaltenen Personalaktendaten bei der Erstellung der streitbefangenen Liste widerspricht nicht § 50 Satz 4 BeamtStG, wonach Personalaktendaten nur für Zwecke der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft verwendet werden dürfen, und ist auch nicht aus anderen Gründen unverhältnismäßig. Die Zusammenfassung dient der effizienten und zügigen Vorbereitung und der Durchführung von amtsärztlichen Untersuchungen und damit Zwecken der Personalverwaltung. Die Maßnahme ist auch geeignet, erforderlich und angemessen. Die Kammer macht sich insoweit die überzeugenden Ausführungen in dem den Beteiligten bekannten Urteil der 7. Kammer vom 17. April 2013 € VG 7 K 7.13 € zu Eigen (a. a. O. Rn. 32 f.), sieht zur Vermeidung von Wiederholungen aber von deren Darstellung ab. Die Kammer geht davon aus, dass selbst die dauerhafte Aufbewahrung von Dienstunfähigkeitsbescheinigungen und von Aufstellungen, die den Inhalt der Bescheinigungen zusammenfassen, angesichts des nicht tief greifenden Eingriffs in die Persönlichkeitssphäre des Klägers sowie des rechtlichen und tatsächlichen Schutzes dieser Daten einerseits sowie ihres Nutzens für eine effektive Personalverwaltung andererseits angemessen ist.
25II. Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus § 90 Abs. 2 Satz 2 LBG, wonach Unterlagen, aus denen die Art einer Erkrankung ersichtlich ist, unverzüglich zurückzugeben sind, wenn sie für den Zweck, zu dem sie vorgelegt worden sind, nicht mehr benötigt werden. Bei der streitgegenständlichen Aufstellung handelt es sich nicht um eine Unterlage, die der Kläger vorgelegt hat und die deshalb wieder an ihn €zurückzugeben€ ist. Vielmehr ist die € wenn auch auf der Grundlage der von dem Kläger überreichten Atteste erstellte € Auflistung eine €eigene€ Unterlage des Beklagten.
Im Übrigen teilt die Kammer die Auffassung der von der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts mit Urteil vom 17. April 2013 € VG 7 K 7.13 € geäußerten Auffassung, wonach es sich bei den der Aufstellung zugrundeliegenden Dienstunfähigkeitsbescheinigungen nicht um Unterlagen handelt, aus denen die Art einer Erkrankung ersichtlich ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht die Kammer auch hier von einer Darstellung der überzeugenden, den Beteiligten bekannten Erwägungen der 7. Kammer (a. a. O., Rn. 26 f.) ab. Nichts anderes könnte danach auch für die hier streitbefangene Aufstellung gelten. Eine Pflicht des Beklagten zur Herausgabe bestünde deshalb auch dann nicht, wenn man die Aufstellung als eine €rückgabefähige€ Unterlage des Klägers erachtete.
III. Weitere Möglichkeiten, die Entfernung von Personalaktendaten aus der Personalakte zu verlangen, eröffnen die Vorschriften des Landesbeamtengesetzes über die Personalakte nicht. Denn die bereichsspezifischen Sonderregelungen in §§ 84 ff. LBG sind abschließend (vgl. hierzu z. B. BVerwG, Beschluss vom 18. September 2008 € 2 B 36/08 € Buchholz 237.8 § 102a RhPLBG Nr 1 [= juris, Rn. 6] und Urteil vom 27. Februar 2003 € BVerwG 2 C 10.02 € BVerwGE 118, 10 [= juris, Rn. 15]; Plog/Wiedow, BBG,, BBG 2009, § 106, Rn. 0.2 [Stand: Februar 2013] unter Verweis auf Plog/Wiedow, BBG (alt), vor § 90, Rn. 6 [Stand: Februar 2002]). Es besteht insbesondere kein Recht, die Entfernung zu verlangen, weil Unterlagen unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften in die Personalakte aufgenommen oder erstellt wurden. Auf die Frage, ob die streitbefangene Aufstellung unter Verstoß gegen § 85 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b PersVG Bln erfolgte, kommt es deshalb nicht an. Im Übrigen wäre ein solcher Verstoß aus den Gründen des Urteils der 7. Kammer vom 17. April 2013 € VG 7 K 7.13 € (a. a. O., Rn. 17) zu verneinen.
Da die Bestimmungen der §§ 84 ff. LBG abschließend sind, ergibt sich ein Entfernungsanspruch des Klägers auch nicht aus § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 1, wonach personenbezogene Daten zu löschen sind, wenn ihre Speicherung unzulässig ist bzw. sobald ihre Kenntnis für die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich ist, wenn sie für eigene Zwecke verarbeitet werden. Diese Bestimmungen gelten, wenn die Datenverarbeitung frühere, bestehende oder künftige dienst- oder arbeitsrechtliche Rechtsverhältnisse betrifft, gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 des Berliner Datenschutzgesetzes (BlnDSG) anstelle der §§ 9 bis17 BlnDSG nur, soweit nichts anderes geregelt ist. Hier aber ist in den §§ 84 ff. LBG etwas anderes gesetzlich geregelt. Ein Rückgriff auf die allgemeinen Datenschutzgesetze ist deshalb ausgeschlossen. Auch ein Rückgriff auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch kommt daher nicht in Betracht.
IV. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Kammer lässt die Berufung nach § 124 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zu, weil die genaue Bestimmung des Regelungsgehalts der Vorschriften des Landesbeamtengesetzes über die Entfernung von Personalaktendaten grundsätzliche Bedeutung hat und soweit ersichtlich obergerichtlich noch nicht erfolgt ist.
VG Berlin:
Urteil v. 26.06.2014
Az: 26 K 77.13
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