Landgericht Freiburg:
Urteil vom 21. Mai 2010
Aktenzeichen: 12 O 184/09
(LG Freiburg: Urteil v. 21.05.2010, Az.: 12 O 184/09)
1. Zur verbotenen außergerichtlichen Erbschaftsberatung einer Bank.
2.. Zu erlaubten Rechtsdienstleistungen im Sinne von § 5 RDG im Rahmen der Vermögensplanung einer Bank.
Tenor
1. Die Beklagte hat es zu unterlassen, für von ihr im Einzelfall zu erbringende rechtsberatende Tätigkeit auf dem Gebiet des Erbrechts oder Familienrechts zu werben, indem sie anbietet, dass durch siea) Informationen über individuelle Gestaltungsmöglichkeiten beim Erbrechts erteilt werden,
b) Vorschläge für die Testamentsformulierung inklusive Pflichtteilsansprüchen beim Einzel- oder gemeinschaftlichen Testament unterbreitet werden oder
c) Gestaltungsmöglichkeiten bei Nießbrauch vorgestellt werden.2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 150 zu zahlen.
3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlas-sungsverpflichtung gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten tritt, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung, insgesamt jedoch nicht mehr als 2 Jahren, angedroht.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 3/4, die Beklagte 1/4.
6. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 15.000, für die Beklagte in Höhe des 1,1- fachen des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits sind wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche der Klägerin, einer Rechtsanwaltskammer. Die Klägerin beanstandet die aus Anlage K 1 ersichtliche Werbung der Beklagten, einer Bank, die unstreitig ursprünglich sowohl gegenüber Mitgliedern wie auch Nichtmitgliedern verwandt worden ist. Die Beklagte bewerbe damit eine rechtsberatende und rechtsbesorgende Tätigkeit. Die dort angekündigten Tätigkeiten würden auch ausgeübt. Die Auffassung der Beklagten, es handle sich um genehmigungsfreie Nebentätigkeiten bzw. um eine nach § 7 RDG erlaubte Tätigkeit, sei nicht zutreffend. Im übrigen seien die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 2 RDG nicht schlüssig dargetan.
Die Klägerin stellt folgenden Antrag:
1. Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,
a) es zu unterlassen, auf dem Gebiet des Erbrechts und/oder Familienrechts rechtsberatend und/oder rechtsbesorgend tätig zu werden, indem in Einzelfällen
- Vorsorgevollmachten erstellt werden, - Informationen über individuelle Gestaltungsmöglichkeiten beim Erbrecht erteilt werden, - die Berechnung der Erbschaftssteuer, z. B. für die gesetzliche Erbfolge oder das Berliner Testament, vorgenommen wird, - Vorschläge für die Testamentsformulierung inklusive Pflichtteilsansprüchen beim Einzel- oder Gemeinschaftlichen Testament unterbreitet werden, - Gestaltungsmöglichkeiten bei Nießbrauch vorgestellt werden, - eine vorweggenommene Erbschaftsauseinandersetzung gep1ant und getätigt wird, - Testamente mit Wiederverheiratungsklausel erörtert und/oder erstellt werden, - über den Abschluss eines Ehevertrags beraten und/oder inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt und/oder Entwürfe von Eheverträgen erstellt werden, - Regelungen einer modifizierten Zugewinngemeinschaft erörtert und/oder inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten diesbezüglich aufgezeigt und/oder Entwürfe einer solchen Regelung erstellt werden;
b) es des Weiteren zu unterlassen, für von ihr im Einzelfall zu erbringende rechtsberatende und/oder rechtsbesorgende Tätigkeiten auf dem Gebiet des Erbrechts und/oder Familienrechts zu werben, indem sie anbietet, dass durch sie
- Vorsorgevollmachten erstellt werden, - Informationen über individuelle Gestaltungsmöglichkeiten beim Erbrecht erteilt werden, - die Berechnung der Erbschaftssteuer, z. B. für die gesetzliche Erbfolge oder das Berliner Testament, vorgenommen wird, - Vorschläge für die Testamentsformulierung inklusive Pflichtteilsansprüchen beim Einzel- oder Gemeinschaftlichen Testament unterbreitet werden, - Gestaltungsmöglichkeiten bei Nießbrauch vorgestellt werden, - eine vorweggenommene Erbschaftsauseinandersetzung geplant und getätigt wird, - Testamente mit Wiederverheiratungsklausel erörtert und/oder erstellt werden, - über den Abschluss eines Ehevertrags beraten und/oder inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt und/oder Entwürfe von Eheverträgen erstellt werden, - Regelungen einer modifizierten Zugewinngemeinschaft erörtert und/oder inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten diesbezüglich aufgezeigt und/oder Entwürfe einer solchen Regelung erstellt werden.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 150,00 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt: Klagabweisung.
Die Beklagte bestreitet, rechtsbesorgend oder rechtsberatend tätig geworden zu sein. Auch mit der angegriffenen Werbung sei nicht eine nach dem Rechtdienstleistungsgesetz verbotene Werbung beworben worden. Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben, weil der ursprüngliche Prospekt nicht mehr verwandt werde. Die Leistungen würden nur noch Mitgliedern der Beklagten angeboten. Dies sei zulässig, schon weil die Beklagte als Genossenschaft die erbrechtliche Beratung ausdrücklich in ihre Satzung aufgenommen habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Z.. Wegen des Beweisergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 3. Mai 2010, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise nach §§ 4 Nr. 11, 8 Abs.1, 3 Nr. 2 UWG, 3 RDG begründet.
Zum Antrag auf Unterlassung der Werbung für eine rechtsbesorgende und rechtsberatende Tätigkeit :
1. Die im Rechtdienstleistungsgesetz verankerten Regelungen über die Zulässigkeit einer selbständigen Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen sind beachtliche Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Der Grundsatz der Vollharmonisierung steht dem nicht entgegen (vgl. zur Begründung BGH NJW 2009, 3242 - Finanz-Sanierung).
2. Fremde Rechtsangelegenheiten besorgt derjenige, der eine Tätigkeit ausübt, die das Ziel verfolgt und geeignet ist, konkrete fremde Rechte zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Eine Rechtsbesorgung ist jedoch nicht schon bei jeder Tätigkeit gegeben, die auf die Verwirklichung oder Gestaltung konkreter Rechte gerichtet ist. Das Rechtsdienstleistungsgesetz beruht nicht auf der Vorstellung, dass Streitigkeiten über die Durchsetzung von Forderungen und Verbraucherinteressen stets mit dem Schwerpunkt auf rechtlichem Gebiet und als Rechtsstreitigkeit geführt werden und damit diesem Gesetz unterliegen. In der täglichen Praxis gibt es auch andere Wege der Streitbewältigung. Zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung ist auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Richtet sich die entfaltete Tätigkeit auf Ermittlungen zum Sachverhalt oder die Einholung von Auskünften, handelt es sich noch nicht um die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Eine unterstützende Dienstleistungen für Dritte wird nicht allein deshalb zur Rechtsbesorgung, weil ohne Kenntnis des maßgeblichen Rechts jede sachangemessene und wirksame Hilfeleistung unmöglich ist (vgl. BVerfG NJW 2007, 2389; BGH GRUR 2003, 886 - Erbenermittler).
3. Vorliegend wendet sich die Klägerin nicht gegen den mit Verteilung des angegriffenen Prospekts begangenen konkreten Verstoß, vielmehr abstrahiert sie bewusst und macht den jeweils typischen Unrechtsgehalts der von ihr angegriffenen Werbung streitgegenständlich. Deshalb ist für jede der angegriffenen Werbeaussagen, die ersichtlich nicht kumulativ, sondern alternativ beanstandet werden, zu prüfen, ob das jeweils Charakteristische der konkret angegriffenen Verletzungshandlung erfasst ist (so genanntes Konkretisierungsgebot).
4. Dass die Beklagte eine rechtsbesorgende Tätigkeit bewirbt, ist nicht erkennbar. Die insoweit allenfalls in Betracht kommende Berechnung der Erbschaftssteuer fällt aus dem Regelungsbereich verbotener rechtsbesorgende Tätigkeit von vornherein heraus. Vielmehr handelt es sich dabei um eine untergeordnete Tätigkeit rechtsanwendender Art. Vergleichbares gilt bezüglich der ohnehin nur im Zusammenhang mit "Beratungsleistungen" beworbenen Vorsorgevollmacht. Eine Vorsorgevollmacht dient dazu, eine andere Person zu bevollmächtigen, im Namen und mit Wirkung für den Vollmachtgeber Erklärungen abzugeben, zu denen der Vollmachtgeber selbst infolge des Verlusts der Geschäftsfähigkeit nicht mehr in der Lage ist (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 69. Aufl. vor § 1896 Rdnr. 5). Hierbei handelt es sich um eine nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubten Nebenleistung. Die Beklagte macht zu Recht geltend, dass der Hinweis auf die Notwendigkeit einer Vorsorgevollmacht auch in ihrem Interesse notwendig ist und im übrigen durch verschiedene Behörden, unter anderem auch durch die verschiedenen Justizministerien beworben wird. Dass die Beklagte damit wirbt, Testamente mit Wiederverheiratungsklausel, Eheverträge oder Regelungen einer modifizierten Zugewinngemeinschaft zu erstellen, ist nicht ersichtlich. Insoweit geht der klägerische Unterlassungsantrag mangels Wiederholungsgefahr fehl. Für eine Erstbegehungsgefahr ist nichts vorgetragen.
5. Allerdings bewirbt die Beklagte entgegen ihrer Auffassung durchaus Beratungsleistungen im Bereich einer ihr verbotenen fremden Rechtsberatung. Aus Anlage K 1, die bis auf hier im konkreten Zusammenhang nicht interessierende Abweichungen identisch mit der vorgelegten Originalwerbung auf As. 125 ist, ergibt sich, dass der angesprochene Kreis zum einen kostenlose, zum anderen aber kostenpflichtige Beratungsleistungen erwartet, die gestaffelt angeboten und je nach Umfang der Beratung mit unterschiedlichen Gebühren verbunden sind. Bereits in dem Grundpaket werden Informationen über individuelle Gestaltungsmöglichkeiten beim Erbrecht angeboten. Nach dem Gesamtzusammenhang des Werbeflyers wird dem Kunden Beratung und Information zugeschnitten auf seine individuellen Bedürfnisse angeboten. Bei der Art der hier zu beurteilenden Werbung lässt sich zwischen Information und Beratung nicht unterscheiden. Dies ergibt sich nicht nur aus der auf der Vorderseite des Werbeprospekts ersichtlichen Sprechblase, wonach die dort konkret dargestellte Person sich ausführlich habe beraten lassen und frühzeitig die Weichen gestellt habe, sondern auch aus dem auf der Rückseite befindlichen Text und der Verwendung des Wortzusammenhangs "individuelle Gestaltungsmöglichkeit". Individuell heißt auf den jeweiligen Einzelfall bezogen. Abstrakte Informationen, wie das jeweilige rechtliche Regelungsbedürfnis befriedigt werden kann, würden dem Erwartungshorizont des mit den dargestellten Aussagen konfrontierten Verbrauchers nicht gerecht. Die beworbenen individuellen Gestaltungsmöglichkeiten beim Erbrecht sind damit im Sinne des Angebots der Rechtsberatung der Kunden in ihren jeweiligen Erbrechtsangelegenheiten zu verstehen.
Aus denselben Gründen erfasst der Klagantrag "Vorschläge für die Testamentsformulierung... " die in dem Prospekt angesprochenen "Ideen für Testamentsformulierung inklusive Pflichtteilsansprüche" zutreffend und umschreibt damit für dieses Gebiet die der Beklagten verbotene Rechtsberatung.
Dasselbe gilt bezüglich "Gestaltungsmöglichkeiten beim Nießbrauch". Auch hier wird einerseits individuelle Rechtsberatung beworben, andererseits greift die Klägerin mit ihrem Antrag genau eine solche auf. Das "Vorstellen von Gestaltungsmöglichkeiten bei Nießbrauch" mag isoliert gesehen eher vergleichbar zu allgemeiner, nicht verbotener Information über die abstrakte Rechtslage sein. Die Klägerin arbeitet mit der Einleitung ihres Verbotsantrags "für im Einzellfall zu erbringende ... Tätigkeit" das Charakteristische der Verletzung, nämlich die Rechtsberatung in einem konkreten Fall ausreichend heraus und wahrt damit (noch) das dargestellte Konkretisierungsgebot.
6. Demgegenüber können die in Klagantrag b) nachfolgend erfassten Handlungsalternativen im konkreten Zusammenhang der angegriffenen Werbung nicht als verbotene Rechtsberatung qualifiziert werden. Mangels Wiederholungsgefahr kann die Beklagte insoweit nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Diese Formulierungen stammen nämlich sämtlich aus den mit dem Komfortpaket angebotenen "zusätzlichen Leistungen", die durch Fettdruck als "Financial Planing" bezeichnet werden. Damit angesprochen ist die langfristige, teilweise über Generationen hinweg gedachte Vermögensplanung. Hierbei handelt es sich um eine wirtschaftliche Beratungstätigkeit, die zu dem Kerngebiet des Bankgeschäfts gehört. Ausweislich des vorgelegten Auszugs aus der Satzung der Beklagten ist Zweck der Genossenschaft die wirtschaftliche Förderung und Betreuung ihrer Mitglieder. Gegenstand des Unternehmens ist die Durchführung von banküblichen und ergänzenden Geschäften, unter anderem die Vermögensberatung, Vermögensvermittlung und Vermögensverwaltung. Der von der Werbung der Beklagten angesprochene Kundenkreis erwartet diesbezüglich eine im wesentlichen auf den wirtschaftlichen Gegebenheiten beruhende Beratung. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Bank sich insoweit als Begleiter bei Gesprächen mit Steuerberatern, Rechtsanwälten und Notaren aus ihrem Netzwerk im Zusammenhang mit dem angesprochenen "Financial Planing" anbietet. Die eigentliche rechtsberatende Tätigkeit wird hiernach von den jeweils nach ihren beruflichen Voraussetzungen kompetenten und in erlaubter Weise handelnden Personen erbracht. Eine unzulässige Rechtsberatung ist hiermit nicht beworben.
7. Die anhängig gemachten Anträge wären, auch soweit sie überhaupt nach den vorgestellten Überlegungen begründet sein könnten, von vornherein unbegründet, wären die nach dem klägerischen Antrag zu untersagenden Verhaltensweisen nicht schlechthin, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich wie von der Beklagten geltend gemacht, gegenüber Nichtmitgliedern wettbewerbswidrig, weil die Klägerin vorliegend bewusst davon abgesehen hat, den konkreten Wettbewerbsverstoß streitgegenständlich zu machen (vgl. im einzelnen Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG 27. Aufl. § 12 Rdnr. 2.44). Letzteres ist jedoch nicht der Fall.
8. Entgegen der Auffassung der Beklagten geht der klägerische Antrag nicht über das zulässige Maß hinaus. Mit Recht vertritt die Klägerin die Auffassung, dass nach der Formulierung ihres Unterlassungsantrags auch die Werbung gegenüber Mitgliedern der Beklagten verboten sein soll. Selbst nach Neufassung von § 2 Abs. 2 j) der Satzung, wonach zum Gegenstand des Unternehmens auch die Durchführung von Testamentsvollstreckungen und rechtsnaher Dienstleistungen sowie Beratungen im Bereich Erben, Vererben und Testamentserstellung im Rahmen des RDG gehören, ist die Beklagte zu einer derartigen Tätigkeit nicht befugt. Die Beklagte beruft sich insoweit zu Unrecht auf ihr Privileg nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr.2 RDG, wonach Rechtsdienstleistungen erlaubt sind, die Genossenschaften im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder erbringen, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind. Vorliegend ist es nicht erforderlich, grundsätzlich den Bereich erlaubter rechtsberatender Tätigkeit von Genossenschaften auszuloten. Die hier gebotene objektive Auslegung der Satzung ergibt, dass die Beklagte ihre Mitglieder im Bereich Erben, Vererben und Testamentserstellung beraten will. Dass damit eine über die von ihr in Anspruch genommene wirtschaftliche Beratung hinausgehende Rechtsberatung gemeint wäre, ist nicht erkennbar. Dementsprechend spricht sie in dem angesprochenen Absatz auch nur von rechtsnahen Dienstleistungen. Die Erwähnung des "RDG" lässt keinen Schluss darauf zu, dass die Beklagte damit gemeint haben könnte, sie wolle nun Rechtsberatung im Sinne dieses Gesetzes betreiben. Dementsprechend hat die Beklagte, wie in der mündlichen Verhandlung ausgiebig erörtert worden ist, keinerlei Versuche unternommen, den hohen Anforderungen nach § 7 Abs. 2 RDG gerecht zu werden: Dass der zuständige Mitarbeiter ein "zertifizierter Erbschaftsplaner" ist, ist ersichtlich ungenügend. Die Zusammenarbeit mit Notaren und Rechtsanwälten ersetzt eine Anleitung nicht, wie der Verweis auf § 6 Abs. 2 Satz 2 RDG belegt.
9. Auch das Anbieten und damit schon das Bewerben verbotener Rechtsdienstleistungen ist wettbewerbswidrig. Dass vorliegend der Schutz des Verbrauchers spürbar beeinträchtigt wird, stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.
10. An den Wegfall der Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen. Der im übrigen bestrittene Umstand, dass die Beklagte nunmehr einen leicht abgeänderten Werbeflyer verwendet, ändert an der Wiederholungsgefahr nichts. Der Beklagten hätte es freigestanden, sich strafbewehrt zu unterwerfen.
Zum Antrag auf Unterlassung einer rechtsberatenden und rechtsbesorgenden unerlaubten Tätigkeit
11. Dass die Beklagte tatsächlich in verbotener Weise rechtsbesorgend oder rechtsberatend tätig geworden wäre, wird von der Klägerin nicht konkret vorgetragen. Deshalb hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass es insoweit ausschließlich um einen Unterlassungsanspruch wegen Erstbegehungsgefahr gehe. Die soeben im einzelnen erörterte Werbung mit verbotener Rechtsberatung mag Anlass für die Annahme geben, dass die Beklagte entsprechend tätig werden wird (vgl. hierzu BGH GRUR 1989, 432 - Kachelofenbauer). Konkrete Anhaltspunkte für eine derartige Tätigkeit der Beklagten sind jedoch nicht gegeben. Die Beklagte hat ausführlich dargelegt, dass sie den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der vorbereitenden Informationssammlung und wirtschaftlichen Beratung sehe. Die konkrete rechtliche Beratung und Ausgestaltung werde dann jedoch durch den hierzu befugten Rechtsanwalt oder Notar vorgenommen. Im Rahmen der Informationssammlung stelle die Beklagte lediglich allgemein die rechtlichen Möglichkeiten der erbrechtlichen Gestaltung vor, ohne dass hier jedoch konkret der jeweilige Fall gestaltet werde. Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit der Beklagten tatsächlich auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und weder die Gestaltung fremder rechtlicher Verhältnisse noch eine diesbezügliche Beratung im Vordergrund stehen. Deshalb sind keinerlei Gründe dafür ersichtlich, dass die Beklagte sich unzulässiger Rechtsberatung schuldig machen wird.
12. Die vorgerichtlichen Abmahnkosten sind nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründet. Dass die klägerische Abmahnung nicht in vollem Umfang gerechtfertigt war, ändert an der Erstattungspflicht der Beklagten nichts.
13. Die Entscheidung beruht im übrigen auf den §§ 92, 709 ZPO.
LG Freiburg:
Urteil v. 21.05.2010
Az: 12 O 184/09
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