Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Januar 2005
Aktenzeichen: 6 W (pat) 704/02

(BPatG: Beschluss v. 13.01.2005, Az.: 6 W (pat) 704/02)

Tenor

Das Patent 37 45 195 wird widerrufen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I Das Patent 37 45 195, für das die Prioritäten der Voranmeldungen P 36 22 697.1 vom 5. Juli 1986, P 36 33 870.2 vom 4. Oktober 1986 und P 36 42 679.2 vom 13. Dezember 1986 in Anspruch genommen worden sind, ist durch Teilung aus der Anmeldung P 37 45 136.7 entstanden, die ihrerseits aus der Ursprungsanmeldung P 37 21 712.7 abgetrennt wurde. Die Erteilung des Patentes 37 45 195 wurde am 29. November 2001 veröffentlicht.

Gegen dieses Patent ist von zwei Einsprechenden (Herr Dr.-Ing. R..., Firma W...) Einspruch erhoben worden. Sie begründen den Widerruf des Patentes damit, dass der erteilte Patentanspruch 1 unzulässig erweitert worden sei und der Gegenstand dieses Anspruchs zudem nicht patentfähig sei. Der Einsprechende (Herr Dr.-Ing. R...) weist dazu auf die deutschen Offenlegungs- schriften 35 15 928 A1, 34 47 181 A1 und 34 12 961 A1, die europäische Offenlegungsschrift 0 170 950 A1 und auf die japanische Druckschrift 59-89850 hin, wobei die deutsche Offenlegungsschrift 35 15 928 A1 einen vorveröffentlichten Stand der Technik bilde, da die Prioritäten für das Streitpatent zu Unrecht in Anspruch worden seien. Der Einsprechende ist der Auffassung, dass der Gegenstand gegenüber der deutschen Offenlegungsschrift 35 15 928 A1 oder der deutschen Offenlegungsschrift 36 28 774 A1 nicht neu sei.

Der Einsprechende hat außerdem ausgeführt, dass die Teilungserklärung, die im Verfahren der Anmeldung P 37 45 136.7 abgegeben wurde und zur Trennanmeldung P 37 45 195.2 führte, unwirksam und das Patent schon aus diesem Grunde zu widerrufen sei. Denn der gemäß dieser Teilungserklärung abgetrennte Gegenstand sei identisch mit dem, der bereits gemäß Teilungserklärung aus der Ursprungsanmeldung P 37 21 712.7 abgetrennt wurde und zur Trennanmeldung P 37 45 136.7 führte, und erschöpfe sich zudem in einer unzulässigen Erweiterung.

Die Patentinhaberin trägt vor, der Einspruch des Einsprechenden Dr.-Ing. R... sei unzulässig. Gemäß § 59 Abs. 1 PatG sei der Einspruch schriftlich zu erklären. Dies bedeute, dass der Schriftsatz durch Namensunterschrift unterzeichnet sein müsse. Der Einspruch sei aber nur mit einer paraphenartigen Unterschrift unterschrieben, wobei in der Unterschriftenzeile zwei Namen wiedergegeben seien und somit auch nicht deutlich werde, welchem Namen die paraphenartige Unterschrift zugeordnet sein solle. Die Identität des Unterzeichnenden sei somit nicht feststellbar und der Einspruch somit nicht wirksam eingelegt worden.

Dem Vorbringen des Einsprechenden, dass die Teilungserklärung unzulässig sei, ist die Patentinhaberin entgegengetreten und hat dazu vorgetragen, dass Gegenstand der am 26. Mai 2000 abgegebenen Teilungserklärung der Patentanspruch 15 der Anmeldung P 37 45 136.7 sei, dieser in der dortigen Anmeldung gestrichen worden sei und somit ein deutlicher Unterschied zwischen dem abgetrennten und dem in der Stammanmeldung verbleibenden Gegenstand bestanden habe. Ansonsten hat sie ausgeführt, dass der erteilte Patentanspruch 1 zulässig und der Gegenstand dieses Anspruchs auch gegenüber dem von den Einsprechenden genannten Stand der Technik neu und erfinderisch sei.

Der Einsprechende hat mit Schreiben vom 6. März 2002 beantragt, dass der zuständige Senat des Bundespatentgerichtes über den Einspruch entscheiden solle.

Die Einsprechende (Firma W...) hat mit der Eingabe vom 12. Mai 2004 den Einspruch zurückgenommen und ist somit am Verfahren nicht mehr beteiligt.

Die Patentinhaberin verteidigt das Patent mit den erteilten Patentansprüchen 1 bis 12 (Hauptantrag), von denen der Patentanspruch 1 folgendermaßen lautet:

"Zwei-Massen-Schwungrad, umfassend eine zentrisch zu einer Drehachse an einer Welle einer Brennkraftmaschine befestigbare Primärmasse, eine relativ zur Primärmasse um die Drehachse drehbar gelagerte Sekundärmasse zur Befestigung einer Reibungskupplung, eine die Sekundärmasse drehelastisch mit der Primärmasse kuppelnde Torsionsdämpfereinrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass die Primärmasse (1003) zwei einen Federn (1045) aufnehmenden Raum (1051) begrenzende Bauteile (1031, 1032) besitzt, und die Primärmasse (1003) weiterhin im Bereich ihres Außenumfangs einen axial vorstehenden, zentrischen Masseringansatz (1031a, 1032a) aufweist, der unter Heranziehung des brennkraftmaschinenseitigen, als Blechformteil ausgebildeten Bauteils gebildet ist und in den die Sekundärmasse (1004) zumindest teilweise axial hineinreicht."

Dem Hilfsantrag 1 liegen ein abgeänderter Patentanspruch 1 sowie die erteilten Patentansprüche 2 bis 12 zugrunde. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hat folgenden Wortlaut:

"Zwei-Massen-Schwungrad, umfassend eine zentrisch zu einer Drehachse an einer Welle einer Brennkraftmaschine befestigbare Primärmasse, eine relativ zur Primärmasse um die Drehachse drehbar gelagerte Sekundärmasse zur Befestigung einer Reibungskupplung, eine die Sekundärmasse drehelastisch mit der Primärmasse kuppelnde, zur Dämpfung von Drehschwingungen vorgesehene Torsionsdämpfereinrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass die Primärmasse (1003) zwei einen Federn (1045) aufnehmenden Raum (1051) begrenzende Bauteile (1031, 1032) besitzt, und die Primärmasse (1003) weiterhin im Bereich ihres Außenumfangs einen axial vorstehenden, zentrischen Masseringansatz (1031a, 1032a) aufweist, der unter Heranziehung des ersten brennkraftmaschinenseitigen, als Blechformteil ausgebildeten Bauteils sowie des zweiten Bauteils gebildet ist, indem die beiden Bauteile an ihrem Außenumfang mit Verlängerungen versehen sind, wobei die Sekundärmasse (1004) zumindest teilweise axial in den Masseringansatz (1031a, 1032a) hineinreicht und wobei in dem Raum (1051) ein viskoses Medium bzw. ein Schmiermittel, wie z.B. Silikonöl oder Fett vorgesehen ist."

Gemäß Hilfsantrag 2 wird das Patent mit einem abgeänderten Patentanspruch 1 sowie mit den erteilten Patentansprüchen 2 bis 5, 7 bis 9 sowie 11 und 12 verteidigt. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet folgendermaßen:

"Zwei-Massen-Schwungrad, umfassend - eine zentrisch zu einer Drehachse an einer Welle einer Brennkraftmaschine befestigbare Primärmasse,

- eine relativ zur Primärmasse um die Drehachse drehbar gelagerte Sekundärmasse zur Befestigung einer Reibungskupplung,

- eine die Sekundärmasse drehelastisch mit der Primärmasse kuppelnde, zur Dämpfung von Drehschwingungen vorgesehene Torsionsdämpfereinrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass die Primärmasse (1003) zwei einen zumindest teilweise mit viskosem Medium gefüllten, Federn (1045) aufnehmenden ringförmigen Raum (1051) begrenzende Bauteile (1031, 1032) besitzt, und diebeiden Bauteile der Primärmasse (1003) weiterhin im Bereich ihres Außenumfangs zentrische, axial in Richtung auf die Sekundärmasse vorstehende, einen Masseringansatz bildende axiale Erstreckungen (1031a, 1032) aufweisen, in die die Sekundärmasse (1004) zumindest teilweise axial hineinragt, wobei eines der beiden Bauteile brennkraftmaschinenseitig angeordnet und als Blechformteil ausgebildet ist undwobei das viskose Medium ein Schmiermittel, wie z.B. Silikonöl oder Fett ist."

Der Einsprechende vertritt die Auffassung, dass sowohl der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag als auch die Anspruchsfassungen nach den Hilfsanträgen 1 und 2 unzulässig erweitert worden seien. Zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat der Einsprechende vor allem auf die unzureichende Offenbarung des Masseringansatzes und die fehlende hydraulische Dämpfung hingewiesen. Außerdem wird bei den Ansprüchen der Hilfsanträge 1 und 2 bemängelt, dass jeweils das letzte Merkmal dieser Ansprüche nicht hinreichend offenbart sei, da insbesondere beim Einsatz eines Schmiermittels der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 oder 2 eine hydraulische Dämpfung nicht zwingend vorschreibe und der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 oder 2 mit der Möglichkeit der bloßen Schmierung über die ursprüngliche Offenbarung hinausgehe.

Der Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Außerdem hat der Einsprechende Vertagung im Hinblick auf den im Termin übergebenen Hilfsantrag 1 beantragt.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent unverändert aufrechtzuerhalten, hilfsweise das Patent mit den Patentansprüchen gemäß Hilfsantrag 1 vom 16. Dezember 2004 aufrechtzuerhalten, weiter hilfsweise das Patent mit dem Hilfsantrag 2 vom 16. Dezember 2004 aufrechtzuerhalten.

Die Patentinhaberin ist der Ansicht, dass die Verfassungsmäßigkeit des § 147 Abs. 3 Nr. 2 PatG nicht gegeben sei, und regt an, hierzu die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die Patentinhaberin hat zum Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 und 2 die Auffassung vertreten, dass das letzte Merkmal dieser Ansprüche an mehreren Stellen der Beschreibung der Ursprungsanmeldung P 37 21 712.7 unmittelbar offenbart sei und es im Anspruch keiner weiteren Angaben zur Füllhöhe des Schmiermittels oder zur hydraulischen Dämpfung bedürfe. Außerdem sei beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 das Schmiermittel als Untergruppierung des viskosen Mediums angegeben, das mit der hydraulischen Dämpfung gleichzusetzen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1. Die Einsprüche sind zulässig.

1.1. Aufgrund des Antrags des Einsprechenden vom 6. März 2002 ist der Senat zur Entscheidung über den Einspruch zuständig. Nach § 147 Abs. 3 Nr. 2 PatG entscheidet in Abweichung von § 61 Abs. 1 Satz 1 PatG über den Einspruch nach § 59 PatG der Beschwerdesenat des Patentgerichts, wenn der Einspruch vor dem 1. Januar 2002 erhoben worden ist, ein Beteiligter dies bis zum 31. Dezember 2004 beantragt und die Patentabteilung eine Ladung zur mündlichen Anhörung oder die Entscheidung über den Einspruch innerhalb von zwei Monaten nach dem Zugang des Antrags auf patentgerichtliche Entscheidung auch nicht zugestellt hat.

Diese Voraussetzungen treffen hier zu. Dass der Antrag zunächst im Namen einer am Verfahren nicht beteiligten G... mbH & Co. KG gestellt worden ist (Schriftsatz vom 6.3.2002), ist unschädlich, denn mit Schriftsatz vom 23. April 2002 ist klargestellt worden, dass es sich hier um ein Versehen gehandelt hat und die Eingabe vom 6. März 2002 im Auftrag des Einsprechenden eingereicht worden ist. Somit ist spätestens mit der Eingabe vom 23. April 2002 die Entscheidung durch das Patentgericht wirksam beantragt worden.

Nach Art. 100 GG hat das Gericht das Einspruchsverfahren auszusetzen und die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, wenn es § 147 Abs. 3 Nr. 2 PatG für verfassungswidrig hält. Dabei muss das vorliegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit der Vorlagenorm überzeugt sein, bloße Zweifel genügen nicht (vgl. BVerfGE 1, 184 ff; 9, 237 ff; st.Rspr.).

Der Senat ist nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 147 Abs. 3 Nr. 2 PatG überzeugt. Er hält es vielmehr für mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn das Patentgericht wegen der Unterlassung der beantragten Amtshandlung der Verwaltungsbehörde Deutsches Patent- und Markenamt angerufen werden kann. Ein Rechtsbehelf gegen ein Untätigbleiben des Amtes ist nämlich bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. September 2001 im Gegensatz zu fast allen Verfahrensgesetzen nicht vorgesehen gewesen. Allerdings sieht das am 1. Januar 1995 in Kraft getretene Markengesetz in § 66 Abs. 3 eine Durchgriffsbeschwerde für den Fall vor, dass nicht innerhalb von 6 Monaten nach Einlegung über die Erinnerung entschieden worden ist. Auch der Bundesfinanzhof hat für seinen Zuständigkeitsbereich die "Untätigkeitsberufung" an das Finanzgericht unmittelbar aufgrund von Art. 19 Abs. 4 GG zugelassen.

Die Vereinbarkeit des § 147 Abs. 3 Nr. 2 PatG mit dem Gleichheitsgrundsatz kann somit nicht verneint werden.

Zweifel hat der Senat allenfalls wegen des baldigen Auslaufens der in § 147 PatG getroffenen Regelung. Diese Zweifel rechtfertigen aber die Annahme der Verfassungswidrigkeit der vorgenannten Norm (noch) nicht. Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG erscheint mit nur einer Tatsacheninstanz gewahrt, allerdings (Hövelmann in Mitt. 2002, 49 ff.) nur unter der Voraussetzung, dass es sich bei der Prüfung des Einspruchs durch das Bundespatentgericht nicht wie bisher um ein Verwaltungsverfahren, sondern um eine gerichtliche Überprüfung des Patents handelt.

Unter dieser Annahme liegt für den Senat kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung vor.

Die von der Patentinhaberin angeregte Rechtsbeschwerde wird deshalb zugelassen, weil der Senat die Verfassungsmäßigkeit des § 147 Abs. 3 Nr. 2 PatG nicht ohne jedwede Bedenken angenommen hat (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG).

1.2. Auch die Teilungserklärung, die zur Trennanmeldung P 37 45 195.2 und im weiteren zum Patent führte, kann nicht als unzulässig angesehen werden. Wie sich aus der "Sammelhefter"-Entscheidung des BGH (GRUR 2003, 47 ff.) ergibt, kann und muss der Gegenstand des in dem jeweiligen Verfahren erstrebten Patentschutzes erst am Ende des Erteilungsverfahrens und nicht schon bei Abgabe der Teilungserklärung feststehen.

1.3 Die von der Patentinhaberin geltend gemachte Unzulässigkeit des Einspruchs infolge mangelnder eigenhändiger Unterschrift ist nach Auffassung des Senats schon deshalb nicht gegeben, weil sich die zweifellos über ein bloßes Namenszeichen hinausgehende, wenn auch weitgehend unleserliche Unterschrift des anwaltlichen Vertreters des Einsprechenden im Einspruchsschriftsatz (und in allen folgenden Schriftsätzen) über dem maschinenschriftlichen "M. R1..." befindet und weil auch das Kürzel "RR" als Bestandteil des Aktenzeichens C00141/RR auf den Namen des Unterzeichners hinweist.

Lesbarkeit der Unterschrift ist ohnehin nicht erforderlich; es muss nur ein Schriftgebilde als gewollte Wiedergabe des vollen Namens wahrnehmbar sein (Schulte, PatG, 6. Aufl., vor § 34 Rdn. 255). Selbst ein objektiv unzureichendes Gebilde gilt als ausreichende Unterschrift, wenn dieses längere Zeit nicht beanstandet wurde (Schulte aaO Rdn. 260). Wie sich weiter u.a. aus der Entscheidung des 12. Senats des Bundespatentgerichts vom 19. Juli 1989 - 12 W (pat) 118/87 - (GRUR 1989, 908 f.) ergibt, schließt selbst das vollständige Fehlen einer Unterschrift trotz Schriftlichkeitserfordernisses die Formgerechtigkeit nicht aus, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Rechtsmittelschreiben in den Verkehr zu bringen, ergibt. Die oben genannten Umstände untermauern nach Auffassung des Senats sowohl die Ernsthaftigkeit der Einspruchserklärung als auch die Identifizierbarkeit des Urhebers.

2. Die sachliche Prüfung der Einsprüche hat ergeben, dass der erteilte Patentanspruch 1 sowie der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 und der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unzulässig sind und das Patent somit zu widerrufen war.

2.1. Zum Hauptantrag Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist nicht zulässig. Mit dem erteilten Patentanspruch 1 wird ein Zwei-Massen-Schwungrad ausgebildet, bei dem die Primärmasse zwei einen Federn aufnehmenden Raum begrenzende Bauteile besitzt und im Bereich ihres Außenumfanges einen axial vorstehenden, zentrischen Masseringansatz aufweist. Danach kann der die Federn aufnehmende Raum, wie sich auch im Hinblick auf den erteilten Patentanspruch 10 ergibt, entweder mit einem viskosem Medium oder auch ohne ein solches Mittel ausgebildet sein. Diese zuletzt angesprochene Variante ist in den ursprünglichen Unterlagen der Anmeldung P 37 21 712.7 nicht offenbart und der erteilte Patentanspruch 1 ist insoweit unzulässig erweitert.

In der Anmeldung P 37 21 712.7 sind die Ausführungsbeispiele durchgehend in einer solchen Weise beschrieben, dass der Raum bzw. der Ringkanal zumindest teilweise mit einem viskosen Medium oder Schmiermittel befüllt ist und dadurch eine hydraulische Dämpfung erreicht wird (vgl Sp. 30 Zeilen 26 bis 42, Sp. 33 Zeilen 5 bis 8, Spalte 36 Zeilen 38 bis 48, Sp. 38 Zeilen 3 bis 6, Sp. 43 Zeilen 62 bis 65, Sp. 45 Zeilen 13 bis 17, Sp. 50 Zeilen 44 bis 48 der DE-OS 37 21 712). Dies geht auch aus dem ursprünglichen Anspruch 1 und der Beschreibungseinleitung der Ursprungsanmeldung hervor, wo ausgeführt wird, dass die Dämpfungscharakteristik mechanisch arbeitender Dämpfungseinrichtungen unzureichend ist, diese gemäß der Aufgabenstellung verbessert werden soll und im weiteren die Wirkungen und besonderen Vorteile der erfindungsgemäßen hydraulischen Dämpfung ausführlich dargelegt werden (vgl. Sp. 11 Z. 39 bis Sp 12 Z. 49). Angaben oder Hinweise dahingehend, dass mit der Ursprungsanmeldung 37 21 712.7 auch eine Dämpfungskonzeption umfasst werden soll, bei der der Ringkanal ohne ein viskoses Medium bzw. ohne eine hydraulische Dämpfung ausgeführt ist, vermag der Fachmann - ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Dämpfungseinrichtungen, insbesondere in Verbindung mit Schwungrädern von Kraftfahrzeugen - den dortigen Unterlagen nicht zu entnehmen. Eine solche Ausführungsform erschließt sich dem Fachmann auch aufgrund der Konstruktion dieser Dämpfungseinrichtungen nicht ohne weiteres.

Das viskose Medium bzw. die damit bewirkte hydraulische Dämpfung bildet aufgrund der Gesamtoffenbarung der Anmeldung P 37 21 712.7 ein zur Erfindung gehöriges Merkmal und ist somit unverzichtbar. Schon wegen des Fehlens dieses Merkmals ist der erteilte Patentanspruch 1 unzulässig erweitert worden.

Darüber hinaus ist auch der Masseringansatz in der im erteilten Anspruch 1 angegebenen Weise nicht offenbart. Nach der Beschreibung der Anmeldung P 37 21 712.7 (vgl. Sp. 52 Zeilen 48 bis 59 der DE-OS 37 21 712) wird die massenträgheitserhöhende Wirkung ausschließlich durch die Ausbildung der axialen Erstreckungen der beiden Gehäusebauteile der Primärmasse erreicht und auf andere Ausführungsmöglichkeiten zur Bildung des Masseringansatzes wird dort nicht hingewiesen. Auch mit dem Weglassen der axialen Erstreckungen hat der erteilte Patentanspruch 1 eine unzulässige Erweiterung erfahren.

2.2. Zum Hilfsantrag 1 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 geht ebenfalls über die Offenbarung der Ursprungsanmeldung hinaus und ist somit nicht zulässig.

Der Senat hat schon insoweit offenbarungsmäßige Bedenken, als im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 allgemein von einem Raum und nicht wie ursprünglich offenbart von einer ringförmigen Kammer oder einem Ringkanal gesprochen wird (vgl. Sp. 52 Zeilen 15 bis 18, 44 bis 45 der DE-OS 37 21 712). Abgesehen davon ist der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hinsichtlich der Ausbildung des Masseringansatzes verallgemeinert worden und in dieser Weise den Unterlagen der Ursprungsanmeldung P 37 21 712 nicht zu entnehmen. Nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist vorgesehen, dass die Primärmasse im Bereich ihres Außenumfangs einen axial vorstehenden, zentrischen Masseringansatz aufweist, der unter Heranziehung des ersten brennkraftmaschinenseitigen, als Blechformteil ausgebildeten Bauteils sowie des zweiten Bauteils gebildet ist, indem die beiden Bauteile an ihrem Außenumfang mit Verlängerungen versehen sind. Danach erstreckt sich der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 auch auf die Möglichkeit, dass der Masseringansatz axial vorstehend ausgebildet ist und dabei die Bauteile beispielsweise radial oder schräg gerichtete Verlängerungen aufweisen. Solche Ausführungsformen sind aus den Unterlagen der Ursprungsanmeldung nicht herleitbar. Dort wird das Ausführungsbeispiel nach Figur 17 nur in einer derartigen Weise beschrieben, dass die Verlängerungen der Bauteile axial ausgeführt sind und dass die axialen Verlängerungen in einfacher Weise ermöglichen sollen, das Massenträgheitsmoment des Schwungradelementes zu erhöhen, ohne dass zusätzlicher Bauraum erforderlich ist (vgl. Sp. 52 Zeilen 48 bis 59 der DE-OS 37 21 712). Der diese Wirkung verkörpernde Masseringansatz wird somit ausschließlich von axialgerichteten Verlängerungen der beiden Bauteile gebildet und die ursprünglichen Unterlagen enthalten keine Hinweise, dass die Verlängerungen auch in anderer Weise ausgeführt sein können. Auch vermag der Fachmann aufgrund der Konstruktion nach Figur 17 solche Ausführungsvarianten nicht ohne weiteres zu erkennen.

Da die axialen Verlängerungen ein zur Erfindung gehöriges Merkmal bilden und deshalb unentbehrlich sind, ist der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unzulässig erweitert.

2.3. Zum Hilfsantrag 2 Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist gegenüber den Unterlagen der Ursprungsanmeldung P 37 21 712.7 unzulässig erweitert. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 sieht im Zusammenhang mit der Ausbildung des die Federn aufnehmenden ringförmigen Raumes vor, dass dieser zumindest teilweise mit einem viskosen Medium gefüllt ist und im weiteren, dass das viskose Medium ein Schmiermittel, wie z.B. Silikonöl oder Fett ist. Angaben, die ein Mindestniveau des Schmiermittels vorschreiben oder auf die Wirkungszusammenhänge des eingesetzten Schmiermittels hinweisen, sind im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 nicht enthalten. Für die sachgemäße Auslegung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist die Beschreibung der Patentschrift mit heranzuziehen und die zuvor angesprochenen Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 sind vor allem auch im Lichte der Beschreibungseinleitung und der dort angegebenen Wirkungen des Patentgegenstandes zu sehen. In der Beschreibungseinleitung Spalte 2 Zeilen 28 bis 31 der Patentschrift wird der Einsatz eines viskosen Mediums angesprochen und darauf hingewiesen, dass der die Federn aufnehmende Raum beispielsweise zur Vermeidung von Verschleiß oder zur Verbesserung des Geräuschverhaltens zumindest teilweise mit einem viskosen Medium wie beispielsweise Fett gefüllt sein kann. Hiermit wird die Möglichkeit aufgezeigt, das viskose Medium wie Fett allein zur Schmierung der Federn einzusetzen, denn im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Textstelle wird eine hydraulische Dämpfung des viskosen Mediums nicht erwähnt und ist auch nicht zwingend vorauszusetzen.

Diese Textstelle ist auch im Hinblick auf die weiteren Ausführungen der Patentschrift nicht anders zu beurteilen. In der Patentschrift Spalte 2 Absatz 0011 wird eine vorteilhafte Ausgestaltungsform der Erfindung beschrieben, bei der der Ringkanal näher ausgebildet wird und das viskose Medium, das den Ringkanal zumindest teilweise befüllt, eine hydraulische Dämpfung bewirkt. Hieraus geht jedoch nicht hervor, dass der Ringkanal soweit mit einem viskosen Medium befüllt ist, dass stets eine hydraulische Dämpfung erreicht werden soll und diese auch beim Einsatz eines den Verschleiß vermeidenden bzw. schmierenden Fettes unverzichtbar ist. Vielmehr versteht der Fachmann die Ausführungen in der Beschreibungseinleitung der Patentschrift dahingehend, dass dort auf mehrere verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten hingewiesen wird, nämlich auf einen trocken ausgeführten Ringraum (vgl. Sp. 1 Abs. 0005), einen Ringraum mit einem zur bloßen Schmierung der Federn vorgesehenen viskosen Medium, wie z.B. Fett (vgl. Sp. 2 Abs. 0009) und schließlich auf einen Ringkanal mit einem eine hydraulische Dämpfung bewirkenden viskosen Medium, das auch ein Fett oder ein Schmiermittel sein kann (vgl. Sp. 2 Abs. 0011). In dieser zuletzt genannten Weise werden auch die Ausführungsbeispiele der Patentschrift beschrieben, die lediglich bevorzugte Konstruktionen darstellen und denen angesichts des generellen Hinweises in der Beschreibungseinleitung, den Verschleiß beispielsweise mit einem viskosen Medium wie Fett zu vermeiden, für die Auslegung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 keine entscheidende Bedeutung zukommt. Infolgedessen umfasst der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 auch die Möglichkeit, dass das viskose Medium bzw. Schmiermittel nur als Schmierfilm oder mit einer solch geringen Füllhöhe im Ringkanal vorgesehen ist, dass nur eine bloße Schmierung der Federn bewirkt wird.

Eine solche Ausführungsform ist den Unterlagen der Ursprungsanmeldung nicht zu entnehmen, da die für die Auslegung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 relevante Textstelle in der Ursprungsanmeldung nicht enthalten ist. Dort wird das viskose Medium oder Schmiermittel durchgehend in einem untrennbaren Zusammenhang mit der hydraulischen Dämpfung beschrieben. Dies ergibt sich nicht nur aus der dortigen Beschreibung der Ausführungsbeispiele (vgl. Sp. 30 Zeilen 26 bis 42, Sp. 36 Zeilen 38 bis 48, Sp. 43 Zeilen 62 bis 65, Sp. 45 Zeilen 13 bis 17, Sp. 50, Zeilen 44 bis 48 der DE-OS 37 21 712) sondern auch aus dem ursprünglichen Anspruch 1 und der Beschreibungseinleitung der Ursprungsanmeldung, wo mit den angegebenen Nachteilen früherer mechanischer Dämpfer, der Aufgabenstellung und den Vorteilen der hydraulischen Dämpfung die erfindungsgemäße Weiterentwicklung aufgezeigt wird, bei der eine Verdrängung des viskosen Mediums oder Schmiermittels erreicht und damit eine hydraulische Dämpfung erzeugt wird. Hinweise dahingehend, dass das viskose Medium oder das Schmiermittel durch einen Schmierfilm oder durch eine geringe Füllhöhe nur eine schmierende Funktion für die Federn ausüben soll, sind der Ursprungsanmeldung nicht zu entnehmen und diese Möglichkeit erschließt sich dem Fachmann auch nicht durch die konstruktiven Ausführungen oder die funktionellen Zusammenhänge der einzelnen Bauteile. Da ursprünglich das viskose Medium und auch das Schmiermittel ausschließlich in einem hydraulisch dämpfenden Zusammenhang offenbart ist, ist der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unzulässig erweitert.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist somit nicht bestandsfähig.

2.4. Nachdem der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag als auch der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht bestandsfähig sind, fallen auch die erteilten Patentansprüche 2 bis 12, die sich jeweils an den Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag anschließen. Mit dem ebenfalls nicht bestandsfähigen Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 haben auch die sich an diesen Anspruch anschließenden erteilten Ansprüche 2 bis 5, 7 bis 9 sowie 11 und 12 keinen Bestand.

Dr. Lischke Schmidt-Kolbzugleich für den wegen Erkrankung an der Unterschriftsleistung gehinderten Vorsitzenden Richter Dr. Lischke Schmidt-Kolb Sperling Müller Cl






BPatG:
Beschluss v. 13.01.2005
Az: 6 W (pat) 704/02


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