Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Mai 2006
Aktenzeichen: 10 W (pat) 38/05
(BPatG: Beschluss v. 11.05.2006, Az.: 10 W (pat) 38/05)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Am 8. August 1997 reichte die Anmelderin unter der Beanspruchung der Priorität einer US-Anmeldung vom 13. November 1996 die internationale Anmeldung PCT/US97/14024 ein, die - nach erfolgtem Eintritt in die nationale Phase - beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 197 82 106.5-53 mit der Bezeichnung "Daten-Cache mit Datenspeicherung und Tag-Logik bei unterschiedlichen Takten" geführt wird.
Im Mai 1999 stellte sie Prüfungsantrag. Mit (erstem) Prüfungsbescheid vom 11. September 2000 wies die Prüfungsstelle für Klasse G 06 F, besetzt mit A..., u. a. darauf hin, Patentanspruch 1 sei nicht gewährbar, denn er gebe dem Fachmann - auch unter Hinzuziehung der übrigen Unterlagen - keine klare und vollständige Lehre zum technischen Handeln, was sinngemäß für den als Nebenanspruch abgefassten Patentanspruch 10 gelte. Aufgrund der unklaren Wirkungsweise des Gegenstands des Patentanspruchs 1 bzw. 10 sei derzeit eine Recherche nicht durchführbar. Das Patentbegehren sei im Hinblick auf die Patentansprüche 7 bis 9 auch uneinheitlich. Zum Stand der Technik werde vorsorglich auf eine Druckschrift hingewiesen. Die Anmelderin werde aufgefordert, die Wirkungsweise des Anmeldungsgegenstandes darzulegen. Geschehe dies nicht bzw. sei dieses im Rahmen des Offenbarten nicht möglich, so sei die Zurückweisung der Anmeldung zu erwarten. Die Anmelderin reichte hierauf im März 2001 neue Patentansprüche und zum Teil geänderte Beschreibungsseiten ein, stellte das Wesen der Erfindung dar und setzte sich mit dem entgegengehaltenen Stand der Technik auseinander, am Ende des Schriftsatzes bat sie u. a. um Anhörung.
Mit (zweitem) Prüfungsbescheid vom 14. Januar 2004 wies die Prüfungsstelle darauf hin, dass sie an der im Prüfungsbescheid vom 11. September 2000 vertretenen Auffassung bezüglich der Wirkungsweise des Anmeldungsgegenstandes festhalte, die aus den gesamten Unterlagen nicht hervorgehe. Ein Cache-Speicher werde allgemein so betrieben, dass möglichst schnell Daten zur Verfügung gestellt würden; dazu sei ein schneller Adressenvergleich im Tag und ein schnelles Liefern der Daten aus dem Cache erforderlich. Es mache daher keinen Sinn und die Beschreibung liefere hierzu keine Erklärung, den Adressenvergleich langsam durchzuführen und dann die Daten schnell vom Cache zu liefern. Am Ende des Bescheides heißt es in Abschnitt C: "Da der Anmeldungsgegenstand nunmehr ausreichend diskutiert worden ist, wird eine Anhörung nicht mehr für sachdienlich erachtet. Es ist die Zurückweisung der Anmeldung zu erwarten."
Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2004 hat die Anmelderin gebeten, den Prüfer der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F, A..., von der weiteren Prüfung der Pa- tentanmeldung wegen Besorgnis der Befangenheit gemäß § 27 PatG i. V. m. § 42 ZPO zu entbinden. Denn eine Vielzahl von Indizien in diesem und in parallelen Verfahren verdichteten sich zusammen mit den Ausführungen des vorliegenden zweiten Prüfungsbescheides zu einem die Ablehnung rechtfertigenden Grund. Zum Verhalten des Prüfers in parallelen Prüfungsverfahren verweise sie auf das Ablehnungsgesuch vom 6. Februar 2004 in der Patentanmeldung P 43 91 002.5-53 (diese ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens 10 W (pat) 15/05), deren Ausführungen zum allgemeinen Verhalten und zum Verhalten des Prüfers im dortigen Verfahren vollinhaltlich übernommen würden.
Im vorliegenden Verfahren gebe der zweite Prüfungsbescheid vom 14. Januar 2004 Anlass zur Annahme der Befangenheit. Nachdem die Anmelderin mit ihrer Eingabe vom März 2001 Patentansprüche eingereicht habe, die das Wesen der Erfindung deutlich herausstellten, und sie detailliert das Wesen der Erfindung und die Unterschiede zum entgegengehaltenen Stand der Technik erläutert habe, komme der Prüfer in dem sehr knappen zweiten Prüfungsbescheid lediglich zu der Feststellung, dass die Prüfungsstelle an der im ersten Prüfungsbescheid vertretenen Auffassung festhalte, ohne auf die detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Problematik in der Eingabe der Anmelderin einzugehen. Dies wäre aber innerhalb der drei Jahre nach Beantwortung des ersten Prüfungsbescheides zu erwarten gewesen. Offensichtlich sei der Prüfer nicht bereit, dies zu tun und die dafür erforderliche Zeit aufzuwenden. Dieses führe aber nicht allein zur Annahme der Befangenheit. Selbstverständlich sei es denkbar, dass ein Prüfer angesichts der ihm zur Verfügung stehenden geringen Zeit eine Erfindung und die Unterschiede zum Stand der Technik nicht vollständig verstanden habe. In diesem Fall sei aber die Ladung zu einer Anhörung sachgerecht, damit der Erfindungsgegenstand von der Anmelderin erläutert werden könne, was bereits nach Eingang der Eingabe im März 2001 hätte stattfinden können. Stattdessen werde festgestellt, dass der Anmeldungsgegenstand nunmehr ausreichend diskutiert sei und eine Anhörung nicht für sachdienlich erachtet werde. Ferner werde die Zurückweisung der Annmeldung angedroht. Dabei sei zu beachten, dass erst am 10. Dezember 2003 in der Patentanmeldung P 42 91 778.6-53 eine Anhörung vor diesem Prüfer stattgefunden habe, in deren Ergebnis erteilungsreife Unterlagen ausgearbeitet werden konnten. Diese Anhörung sei nicht unproblematisch gewesen und möglicherweise habe der Prüfer den Wunsch gehabt, Anhörungen mit dem unterzeichnenden Vertreter (Patentanwalt B...) zu vermeiden. In diesem Schriftsatz vom 27. Mai 2004 hat die Anmelderin auch inhaltlich auf den Prüfungsbescheid vom 14. Januar 2004 erwidert und darüber hinaus um beschleunigte Weiterprüfung der Patentanmeldung gebeten.
In der dienstlichen Äußerung des Prüfers vom 24. Juni 2004 hat der Prüfer erklärt, dass er sich nicht für befangen halte. Zur Begründung werde sinngemäß auf die dienstliche Äußerung zum Befangenheitsantrag in der Akte P 43 91 002.5-53 hingewiesen.
Auf die dienstliche Äußerung des Prüfers hat die Anmelderin vorgetragen, die Äußerung entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 27 Abs. 6 PatG i. V. m. § 44 Abs. 3 ZPO, wonach sich der Prüfer zu den Tatsachen zu äußern habe. Ausführungen zur Begründetheit des Ablehnungsgesuchs seien daher unangebracht, das gleiche gelte für die Feststellung, dass sich der Prüfer nicht für befangen halte. Die dienstliche Äußerung verweise zudem auf die Äußerung in einem Verfahren, in dem das Ablehnungsgesuch auf anderen Tatsachen basiere; die Äußerung in dem dortigen Verfahren enthalte wenig, was vorliegend relevant sein könne. Indem auf die dortige dienstliche Äußerung verwiesen werde, ergebe sich hier vielmehr eine in wesentlichen Punkten falsche Tatsachendarstellung, was als solches einen weiteren Ablehnungsgrund darstelle. Denn in der dortigen dienstlichen Äußerung werde behauptet, es treffe nicht zu, dass die Prüfungsstelle eine Anhörung nicht für sachdienlich erachtet habe, ferner werde behauptet, die Annahme, die Anhörung solle von vornherein lediglich der Zurückweisung der Anmeldung dienen, sei völlig abwegig. Im vorliegenden Verfahren sei aber im Prüfungsbescheid ausdrücklich festgestellt worden, dass eine Anhörung nicht für sachdienlich erachtet werde und die Zurückweisung der Anmeldung zu erwarten sei. Auch die Knappheit der dienstlichen Äußerung im vorliegenden Verfahren gebe Anlass zur Annahme der Befangenheit. Denn durch diese Art der dienstlichen Äußerung bringe der Prüfer lediglich zum Ausdruck, dass er das Ablehnungsgesuch nicht ernst nehme und inhaltlich nicht zur Kenntnis genommen habe.
Die Patentabteilung 53 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 3. Mai 2005 den Antrag auf Ablehnung wegen Befangenheit als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die von der Anmelderin vorgebrachten Gründe rechtfertigten bei vernünftiger Betrachtung nicht die Befürchtung, der Prüfer A... stehe der Anmeldung nicht unvoreingenom- men und unparteiisch gegenüber. Hinsichtlich des Inhalts des Prüfungsbescheides vom 14. Januar 2004 lasse die Anmelderin außer Acht, dass der Prüfer sich durchaus im Einzelnen mit ihrer Argumentation auseinandergesetzt haben und dennoch wieder zu der gleichen Bewertung wie beim ersten Prüfungsbescheid gelangt sein könne. Der Vorwurf, der Prüfer habe nicht die erforderliche Zeit aufgewendet, um sich mit dem Anmeldungsgegenstand auseinanderzusetzen, sei somit in keiner Weise gerechtfertigt, zumal Prüfungsgegenstand das Patentbegehren sei und die Beschreibung lediglich der Erläuterung des beanspruchten Gegenstands diene. Die Aussage im abschließenden Abschnitt C, wonach der Prüfer sinngemäß den Sachverhalt für ausdiskutiert und deshalb eine Anhörung nicht für sachdienlich halte und die Anmeldung auf eine Zurückweisung zulaufe, sei als vorläufige Auffassung zum Zeitpunkt der Erstellung des Prüfungsbescheides zu sehen. Im Übrigen solle eine Anhörung nur dann stattfinden, wenn sie sachdienlich sei, wobei insoweit der Prüfer einen Beurteilungsspielraum habe. Bei einer Sachlage, bei der sich bestimmte Auffassungen von Anmelderin und Prüfer unverrückbar gegenüber stünden, könne auch eine sofortige Entscheidung ohne Anhörungstermin eine sachgerechte Vorgehensweise darstellen, was aus Sicht des Prüfers offensichtlich der Fall gewesen sei. Der Hinweis auf eine mögliche Zurückweisung der Anmeldung sei bereits in dem einschlägigen Bescheidsvordruck des Patentamts vorgesehen und per Ankreuzung einzurücken. Jedenfalls könne weder ein Hinweis darauf erkannt werden, dass der Prüfer ohne sachlichen Grund ein Patent auf die Anmeldung nicht erteilen wolle noch darauf, dass er die Anmeldung aus sachfremden Gründen zurückweisen wolle. Für die Annahme, der Prüfer wolle wegen einer möglichen Verärgerung über den Ablauf einer Anhörung am 10. Dezember 2003 künftig Anhörungen mit dem Vertreter vermeiden, gebe es keinerlei Substantiierung.
Das Verhalten eines Prüfers in Parallelverfahren sei für die Frage der Befangenheit nur soweit beachtlich, als dieses den Rückschluss auf eine Voreingenommenheit des Prüfers in dem durch das Ablehnungsgesuch betroffenen Verfahren zulasse, was hier jedoch nicht der Fall sei. Aus dem vorgetragenen Verhalten in den anderen Verfahren sei nicht auf eine Voreingenommenheit zu schließen, stattdessen scheine dem ursächlich zugrunde zu liegen, dass der Prüfer die Patentanmeldungen fachlich anders bewerte als die Anmelderin.
Es sei auch nicht erkennbar, dass der Prüfer in seiner dienstlichen Äußerung Tatsachen falsch wiedergebe. Er greife vielmehr die Argumentationskette der Anmelderin auf, die ihrem Ablehnungsgesuch ausdrücklich das Ablehnungsgesuch in der Patentanmeldung P 43 91 002.5-53 als Anlage beigefügt und erklärt habe, wesentliche Teile seien vollinhaltlich zu übernehmen. Der Prüfer sei auch berechtigt gewesen, das ihm Wesentliche aufzugreifen und nicht verpflichtet, im Detail auf jeden einzelnen Vorwurf einzugehen. Die Kürze der Stellungnahme könne jedenfalls nicht so ausgelegt werden, dass der Prüfer den Vortrag der Anmelderin inhaltlich nicht zur Kenntnis oder nicht ernst nehme.
Schließlich erwecke das Verhalten des Prüfers in dem betroffenen sowie in anderen Verfahren auch nicht insgesamt den Eindruck, dass er der Patentanmeldung voreingenommen oder parteiisch gegenüberstehe; das Verhalten erscheine vielmehr insgesamt bestimmt durch seine fachliche Beurteilung der Patentanmeldung. Es müsse auch als gegeben angesehen werden, dass die Spruchpraxis des amerikanischen, britischen, europäischen und des deutschen Patentamts im Einzelfall durchaus unterschiedlich sein könne, auch wenn alle beteiligten Prüfer aller Patentämter nach bestem Wissen und Gewissen handelten.
Hiergegen wendet sich Anmelderin mit der Beschwerde und beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses dem Antrag auf Ablehnung des Prüfers wegen Befangenheit stattzugeben.
Zur Begründung nimmt sie auf das Ablehnungsgesuch und ihren weiteren Vortrag vor dem Patentamt Bezug und verweist darüber hinaus auf die Ablehnungsgesuche gegen denselben Prüfer in weiteren Verfahren (in den Patentanmeldungen P 43 91 002.5-53, P 42 13 073.5-53, 199 34 515.5-53, 197 82 177.4-53, die Gegenstand der Beschwerdeverfahren 10 W (pat) 15/05, 10 W (pat) 39/05, 10 W (pat) 41/05 und 10 W (pat) 54/05 sind). Das Ablehnungsgesuch stütze sich im Kern auf eine Kette von Indizien verbunden mit der Art der Sachbehandlung, die im zweiten Prüfungsbescheid in der Formulierung des Abschnitts C gipfle sowie auf Art und Inhalt der dienstlichen Äußerung.
So werde nicht schlechthin gerügt, dass der Prüfer im Prüfungsbescheid vom 14. Januar 2004 bei seiner im ersten Prüfungsbescheid geäußerten Meinung geblieben sei. Vielmehr bringe der Prüfer trotz des Umstands, dass ihm die Wirkungsweise des Anmeldungsgegenstandes unklar erscheine und trotz des Umstands, dass die Anmelderin diese in der Antwort auf den ersten Prüfungsbescheid detailliert erläutert habe, zum Ausdruck, dass er keine Anhörung möchte. Nun sei aber einem erfahrenen Prüfer wie A... zweifellos bekannt, dass in einem Fall, in dem Anmelderin und Prüfer unterschiedliche Auffassungen zur Wirkungsweise des Anmeldungsgegenstandes haben, eine Anhörung in jedem Fall sachdienlich sei, da in diesem Rahmen wohl am besten die Wirkungsweise des Anmeldungsgegenstandes und die Unterschiede zum Stand der Technik erörtert werden könnten. Dies bedeute, dass der Prüfer andere Gründe dafür haben müsse, dass er die Anhörung nicht mehr für sachdienlich erachte. Der Prüfer gehe aber noch einen Schritt weiter, indem er ohne wenn und aber feststelle, dass die Zurückweisung der Anmeldung zu erwarten sei. Die Patentabteilung versuche im angefochtenen Beschluss, das nicht akzeptable Verhalten des Prüfers mit Mutmaßungen über dessen Motive zu rechtfertigen. Tatsache bleibe aber, dass der Prüfer ganz offensichtlich den Gegenstand der Erfindung nicht verstanden habe und er dennoch die Anhörung nicht für sachdienlich erachtet habe. Darüber hinaus sei der Prüfungsbescheid so knapp gefasst, dass der Anmelderin nicht klar geworden sei, welche weiteren schriftlichen Erläuterungen zu einem Verständnis des Anmeldungsgegenstandes hätten führen können. Die einzige Möglichkeit wäre die Erläuterung in einer Anhörung gewesen, was der Prüfer aber abgelehnt habe. Die Ablehnung einer sachdienlichen Anhörung stelle einen Verfahrensfehler dar, der als solcher zwar noch nicht die Annahme der Befangenheit rechtfertige, hier sei dies jedoch in Verbindung mit der Vorgeschichte in anderen Prüfungsverfahren im Sinne einer Indizienkette ausschlaggebend.
Diese Auswirkungen der Indizienkette auf die Beurteilung des mit dem zweiten Prüfungsbescheid in Verbindung stehenden Sachverhalts ignoriere die Patentabteilung völlig; ebenso ignoriere sie auch, dass nicht lediglich Zweifel bestünden, dass der Prüfer der vorliegenden Patentanmeldung unvoreingenommen gegenüber stehe, vielmehr sei Grund für das Ablehnungsgesuch, dass berechtigte Zweifel an der Unbefangenheit des Prüfers gegenüber dem unterzeichnenden Vertreter bestünden. Dem Prüfer sei aus der Vorkorrespondenz in einer Reihe von Verfahren bekannt, dass seine Herangehensweise bei der Prüfung (bis zu drei Prüfungsbescheide im Abstand von jeweils mehr als zwei Jahren mit anschließender Anhörung) zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung (über das mit der Arbeitsbelastung der Prüfungsstelle verbundene Normalmaß hinaus) und zu erheblichen Mehrkosten führe. Ihm sei ebenfalls bekannt, dass dies wiederum das Verhältnis zwischen Mandant und anwaltlichem Vertreter belaste, da der Mandant aufgrund der unüblichen Dauer und der ungewöhnlichen Inhalte der Prüfungsbescheide annehmen müsse, dass diese auch zum Teil auf das Verhalten des Vertreters zurückzuführen seien. Zu den Indizien, die zur Annahme einer Befangenheit führten, gehöre - neben dem Verhalten des Prüfers in anderen Verfahren, wie es in den Ablehnungsgesuchen der genannten Parallelverfahren dargelegt worden sei - auch der Umstand, dass bei einer statistischen Analyse der von dem Prüfer behandelten Akten festgestellt worden sei, dass immer dann, wenn eine Patentanmeldung von diesem Prüfer zu einem anderen Prüfer übergegangen sei (durch Umklassifizierung oder Wechsel der Zuständigkeit) diese relativ zügig vom Nachfolge-Prüfer erteilt worden sei. Andererseits sei in der Patentanmeldung 197 82 177.4-53 bei der ein anderer Prüfer bereits die Erteilung mit Prüfungsbescheid vom November 2003 in Aussicht gestellt habe und bei der die Unterlagen im Februar 2004 in eine erteilungsreife Form gebracht worden seien, kein Erteilungsbeschluss ergangen, nachdem die Zuständigkeit zu dem Prüfer A... gewechselt habe. Nach mehreren Anfragen sei vielmehr mit Bescheid vom November 2004 nur geantwortet worden, dass sich die Anmeldung nicht im erteilungsreifen Zustand befinde (unter Hinweis auf BPatG "Mikroprozessor"), gegebenenfalls auch noch eine Nachrecherche erforderlich sei, was zu dem Ablehnungsgesuch in der dortigen Akte geführt habe. Da in dieser Patentanmeldung bereits zwei Prüfer (einer im internationalen Verfahren und der deutsche Vorgänger) recherchiert und geprüft hätten, stelle sich die Frage, was den Prüfer überhaupt veranlasst habe, eine Nachrecherche in Aussicht zu stellen. Zudem wisse der Prüfer, dass die Entscheidung des 17. Senats "Mikroprozessor", die im Übrigen kein anderer Prüfer so häufig zitiere, nicht rechtskräftig sei.
II Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 27 Abs. 6 Satz 1 PatG i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO ist ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Prüfers zu rechtfertigen. Nach ständiger Rechtsprechung gehören hierzu nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Prüfer stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 42 Rdn. 9; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 42 Rdn. 9). Hiervon ausgehend geben die von der Anmelderin geltend gemachten Gründe - weder hinsichtlich der genannten weiteren Verfahren noch hinsichtlich des hier zu entscheidenden Verfahrens selbst - bei objektiver Betrachtung auch aus ihrer Sicht keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit des Prüfers zu zweifeln.
1. Den im Ablehnungsgesuch - durch Bezugnahme auf das Ablehnungsgesuch vom 6. Februar 2004 in der Patentanmeldung P 43 91 002.5-53 - genannten weiteren Verfahren sind keine Gründe zu entnehmen, die im hier zu entscheidenden Verfahren eine Ablehnung wegen Befangenheit rechtfertigen können, zumal die Anmelderin selbst (in ihrem Ablehnungsgesuch vom 6. Februar 2004 in der Patentanmeldung P 43 91 002.5-53) eingeräumt hat, dass diese Verfahren nur ein bestimmtes Verhalten des Prüfers widerspiegeln sollen. Soweit diese Verfahren nicht schon im Ablehnungsgesuch, sei es unmittelbar oder durch Bezugnahme, sondern erstmals im Beschwerdeverfahren konkret genannt worden sind, wie etwa die Patentanmeldung 197 82 177.4-53, scheidet deren Berücksichtigung im Übrigen schon deshalb aus, weil im Rechtsmittelverfahren über das Ablehnungsgesuch keine neuen Ablehnungsgründe geltend gemacht werden dürfen (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 46 Rdn. 17). Dieses Verfahren ist aber Gegenstand des Beschwerdeverfahrens 10 W (pat) 54/05.
Wenn ein Richter bzw. Prüfer in mehreren gleichzeitig anhängigen Verfahren der Partei tätig ist, kann zwar ein in einem Verfahren gegebener Ablehnungsgrund auch auf andere fortwirken (vgl Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rdn. 19). Ein solcher Fall liegt aber ersichtlich nicht vor. Denn bei keinem der genannten anderen Verfahren, soweit sie im vorliegenden Beschwerdeverfahren Berücksichtigung finden können, ist der Prüfer mit Erfolg abgelehnt worden, überwiegend ist gar kein Ablehnungsgesuch gestellt worden. Ein Ablehnungsgesuch kann auch grundsätzlich nicht auf Rechts- und Verfahrensverstöße gestützt werden, die möglicherweise in einem Parallelverfahren unterlaufen sind, es sei denn, dass Gründe schlüssig dargetan sind, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Prüfers gegen den ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl. z. B. BFH, Beschluss vom 8. Dezember 1997, Az. I B 77/97, veröffentlicht in juris). Hierfür gibt es keinerlei Anhalt, weder aufgrund der Bearbeitungszeiten noch in sonstiger Hinsicht.
a. Eine ungebührliche Verfahrensverzögerung kann zwar unter Umständen die Annahme einer Befangenheit begründen (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rdn. 24; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 42 Rdn. 52 unter "Untätigkeit"). Die hier festzustellenden Bearbeitungszeiten fallen aber keineswegs aus dem Rahmen des Üblichen, wie die Patentabteilung im angefochtenen Beschluss dargetan hat und wie es den Verlautbarungen des Patentamts zu den Bearbeitungszeiten, etwa im Internet durch Veröffentlichung der Protokolle der sog. Industriebesprechungen, entspricht (vgl. insoweit auch Senatsbeschluss 10 W (pat) 25/02 vom 23. August 2005, BlPMZ 2005, 455 - Prüfungsantragsgebühr, zur Nichtrückzahlung der Prüfungsgebühr bei verzögerter Bearbeitung des Patentamts). Eine darüber hinausgehende, zusätzliche Verfahrensverzögerung, weil der Prüfer keine Anhörungen anberaumt habe, ist nicht feststellbar. Dass nicht nur ein Prüfungsbescheid, sondern mehrere Prüfungsbescheide im Laufe eines Prüfungsverfahrens erstellt werden, ist eine keineswegs unübliche Praxis. Zudem hat der Prüfer in der Frage, wann eine Anhörung sachdienlich ist, einen Beurteilungsspielraum (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl., § 46 Rdn. 13 ff.). Selbst wenn der Prüfer diesen Beurteilungsspielraum überschritten hätte und in dem einen oder anderen Verfahren entgegen der Auffassung des Prüfers die Sachdienlichkeit einer Anhörung zu bejahen gewesen wäre, folgt daraus nicht notwendigerweise die Annahme einer Voreingenommenheit des Prüfers. Denn es gilt, wie schon oben ausgeführt ist, der Grundsatz, dass selbst fehlerhafte Entscheidungen in der Regel kein Ablehnungsgrund sind, sondern nur, wenn dargetan ist, dass die Fehlerhaftigkeit auf Voreingenommenheit oder Willkür beruht (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rdn. 28). Nachdem es in einem der genannten weiteren Verfahren zu einer Anhörung gekommen ist, besteht auch kein Anhalt für die Annahme, der Prüfer verweigere sich immer und stur jeder Anhörung. Ob die Beurteilung des Prüfers zur Sachdienlichkeit einer Anhörung im Einzelnen Verfahren zutrifft oder nicht, ist im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens über die Zurückweisung der Patentanmeldung zu prüfen, wo die nicht durchgeführte, aber wegen Sachdienlichkeit gebotene Anhörung als Verfahrensmangel gerügt werden kann, der zur Zurückverweisung der Sache oder jedenfalls zur Zurückzahlung der Beschwerdegebühr führen kann (vgl. Busse, a. a. O., § 46 Rdn. 25, 26; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 46 Rdn. 15), nicht im Verfahren über das Ablehnungsgesuch.
b. Auch die Erfolglosigkeit der Anmelderin in anderen Verfahren rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme der Voreingenommenheit (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rdn. 19), mag dies auch, wie die Aufstellung in der Eingabe vom 25. Juli 2003 zum Verfahren P 42 91 778.6-53 zeigt, mehr als 30 Anmeldungen betreffen. Anhaltspunkte dafür, dass die Erfolglosigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Prüfers beruht, gibt es nämlich nicht. Der Prüfer hat in den Prüfungsbescheiden der genannten Verfahren jeweils patentrechtlich nachvollziehbare Gründe für die Nichtgewährbarkeit des jeweiligen Patentbegehrens angegeben, auch in einer sachlichen Ausdrucksweise. Ob die Beurteilung des Prüfers zutrifft oder nicht, ist in dem hierfür vorgesehenen Beschwerdeverfahren gemäß § 73 Abs. 1 PatG zu prüfen, nicht im Verfahren über das Ablehnungsgesuch.
2. Ebenso wenig ist dem hier zu entscheidenden Verfahren selbst ein Ablehnungsgrund zu entnehmen, insbesondere weder dem zweiten Prüfungsbescheid noch der dienstlichen Äußerung.
a. In dem Abschnitt B des Prüfungsbescheides vom 14. Januar 2004 setzt sich der Prüfer mit den mit Eingabe vom März 2001 neu eingereichten Patentansprüchen auseinander und gibt eine - wenn auch kurze - patentrechtlich nachvollziehbare Begründung an, warum er an seiner Auffassung zur Wirkungsweise des Anmeldungsgegenstandes festhalte. Bei aller Knappheit der Begründung ist nicht erkennbar, wie hieraus auf eine Voreingenommenheit geschlossen werden könnte. Dass auch ein geänderter Patentanspruch von der Prüfungsstelle für nicht gewährbar erachtet wird, kommt in der Praxis häufig vor. Ob die Beurteilung des Prüfers zutrifft oder nicht, ist in dem hierfür vorgesehenen Beschwerdeverfahren gemäß § 73 Abs. 1 PatG zu prüfen, nicht in einem Ablehnungsgesuch.
Der Abschnitt C enthält zunächst den Hinweis, dass eine Anhörung nicht mehr für sachdienlich erachtet werde, da der Anmeldungsgegenstand nunmehr ausreichend diskutiert worden sei. Der Prüfer hat, wie schon ausgeführt worden ist, bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit der Anhörung einen Beurteilungsspielraum. Selbst wenn er hier diesen Beurteilungsspielraum überschritten hätte, folgt daraus nicht notwendigerweise die Annahme einer Voreingenommenheit des Prüfers. Denn es gilt, wie ebenfalls schon ausgeführt worden ist, der Grundsatz, dass selbst fehlerhafte Entscheidungen in der Regel kein Ablehnungsgrund sind, sondern nur, wenn dargetan ist, dass die Fehlerhaftigkeit auf Voreingenommenheit oder Willkür beruht (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rdn. 28). Über die möglicherweise fehlerhafte Ablehnung der Anhörung hinaus besteht für eine solche Annahme kein Anhalt. Denn der Prüfer bedient sich einer sachlichen Ausdrucksweise; er hat mit den vorhergehenden Ausführungen im Prüfungsbescheid unter B mit nachvollziehbarer Begründung die aus seiner Sicht vorliegende Nichtgewährbarkeit des Patentbegehrens dargelegt, woraus aus Sicht des Prüfers unter C folgt, dass der Anmeldungsgegenstand ausdiskutiert und eine Anhörung nicht mehr sachdienlich sei. Die Ansicht der Anmelderin, die Ablehnung der Anhörung müsse aus anderen als den angegebenen Gründen erfolgt sein, weil ein erfahrener Prüfer doch wisse, dass eine Anhörung in einem solchen Fall sachdienlich sei, findet in den Formulierungen selbst keine hinreichende Stütze. Ob die Beurteilung des Prüfers zur Sachdienlichkeit der Anhörung zutrifft oder nicht, ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens über die Zurückweisung der Patentanmeldung zu prüfen, nicht im Verfahren über das Ablehnungsgesuch.
Der Abschnitt C schließt mit dem Hinweis, dass die Zurückweisung der Anmeldung zu erwarten sei. Hierzu ist anzumerken, dass Hinweise auf die Sach- und Rechtslage schon aufgrund der auch im patentamtlichen Verfahren geschuldeten Aufklärungs- und Hinweispflicht entsprechend § 139 ZPO (vgl. Schulte, a. a. O., Einl. Rdn. 99 ff.) sowie aufgrund des Anspruchs auf rechtliches Gehör erforderlich sind, wozu auch der Hinweis auf eine mögliche Zurückweisung einer Anmeldung gehört. Äußerungen zur Erfolgsaussicht eines Antrags oder zum möglichen Verfahrensausgang bilden dementsprechend keinen Ablehnungsgrund (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rdn. 26 m. w. N.; Busse, a. a. O., § 27 Rdn. 77 a. E.; Schulte, a. a. O., § 27 Rdn. 44 unter Nr. 5). Um einen solchen Hinweis handelt es sich hier. Bei Äußerungen zur Sach- und Rechtslage ist nur dann die Grenze zur Befangenheit überschritten, wenn eine vorzeitige, endgültige Festlegung in einer Form erfolgt, die erkennen lässt, sich nicht mit einer Gegenmeinung auseinander setzen zu wollen bzw. bei sturem Festhalten an einer Meinung, die jede Bereitschaft zu einer sachlichen Überprüfung vermissen lässt (vgl. Busse, a. a. O., § 27 Rdn. 76; Schulte, a. a. O., § 27 Rdn. 45 unter Nr. 5 u. 8, mit Hinweis auf BPatGE 24, 144, 148). Ein solcher Fall liegt ersichtlich nicht vor. Denn bei dem Hinweis auf die Zurückweisung der Anmeldung, wenn die Patenterteilung nicht in Aussicht gestellt werden kann, handelt es sich lediglich um den schon formularmäßig vorgegebenen Hinweis bei allen derartigen Prüfungsbescheiden, worauf im angefochtenen Beschluss zu Recht hingewiesen wird.
b. Nach der Rechtsprechung kann zwar auch eine dienstliche Äußerung einen (weiteren) Ablehnungsgrund darstellen, so etwa eine unzulängliche oder unsachliche Stellungnahme zu den zum Ablehnungsgesuch führenden Vorgängen oder eine in wesentlichen Punkten falsche Tatsachendarstellung in der dienstlichen Äußerung (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rdn. 24, S. 192; Thomas/Putzo, a. a. O., § 42 Rdn. 12). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor.
Der als Ablehnungsgrund angeführte Umstand, der Prüfungsbescheid vom 14. Januar 2004, steht als Tatsache unstreitig fest und diese wird als solche auch vom Prüfer nicht in Abrede gestellt. Es geht lediglich darum, wie Formulierungen im Prüfungsbescheid auszulegen und zu bewerten sind. Hier mag der Prüfer eine andere Ansicht vertreten als die Anmelderin, eine falsche Tatsachenbehauptung liegt hierin nicht. Auch daraus, dass die dienstliche Äußerung im Wesentlichen aus einer Bezugnahme auf die dienstliche Äußerung in der Patentanmeldung P 43 91 002.5-53 besteht, kann nicht auf eine Voreingenommenheit des Prüfers geschlossen werden. Denn die Anmelderin selbst hat, worauf im angefochtenen Beschluss zu Recht hingewiesen wird, auf das Ablehnungsgesuch in dieser anderen Patentanmeldung Bezug genommen.
3. Auch die Umstände zusammengenommen bieten keinen hinreichenden Anhalt für die Annahme einer Voreingenommenheit des Prüfers. Die in diesem Zusammenhang angeführte Vielzahl von Patentanmeldungen, die bisher ebenfalls nicht zum Erfolg geführt hätten, ändern ebenfalls nichts, da nicht dargetan ist, dass die Erfolglosigkeit auf einer unsachlichen, voreingenommenen Haltung des zuständigen Prüfers beruht.
BPatG:
Beschluss v. 11.05.2006
Az: 10 W (pat) 38/05
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