Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 28. Juni 2007
Aktenzeichen: I-2 U 18/05
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 28.06.2007, Az.: I-2 U 18/05)
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 2. März 2007
verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düs-
seldorf wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Berufungsrechts-
zuges zu tragen.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf € 150.000,00
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet von Medizinprodukten. Die Antragsgegnerin vertreibt u. a. Medizinprodukte der A Medical AG. Die Antragstellerin macht als ausschließliche Lizenznehmerin für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gegen die Antragsgegnerin Unterlassungsansprüche wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 0 991 xxx (Anlage Ast 1; nachfolgend: Verfü-
gungspatent) geltend. Eingetragene Inhaberin des Verfügungspatents ist die B Holding S. A. mit Sitz in, Schweiz.
Gegen das Verfügungspatent haben die A Medical AG und die C AG Einsprüche eingelegt, über die durch Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes vom 31. Oktober 2006 entschieden worden ist. Die Entscheidung lautet wie folgt:
"Es wird festgestellt, dass unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfin- dung, die es zu Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen."
Aus den Entscheidungsgründen dieser Entscheidung (vgl. Anlage Ast 3) ergibt sich, dass die Einspruchsabteilung den Anspruch 1 des erteilten Patents als nicht neu gegenüber der PCT-Anmeldung WO-A-94/17 771 (Anlage E 9) angesehen hat, jedoch den Patentanspruch 1 eines der Entscheidung beigefügten Hilfsantrages der Patentinhaberin als den Erfordernissen des Übereinkommens genügend beurteilt und das Patent in geändertem Umfang auf diesen Antrag hin aufrechterhalten hat.
Der Patentanspruch 1 in der aufrecht erhalten Fassung lautet wie folgt:
"Medizinisches Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe, mit ei- ner Einrichtung zum extrakorporalen Erzeugen von Druckwellen und mit ei- nem Übertragungselement (2) zum Einkoppeln der Druckwellen in den Körper von Lebewesen, wobei
- das Übertragungselement (2) aus einer metallischen Sonde besteht, die eine stumpfe, auf der Körperoberfläche anzuordnende Sondenspitze (22) mit ei- ner flachen oder gekrümmten Austrittsgrenzfläche (24) aufweist, die eine unfokussierte, mechanisch erzeugte Druckwelle in das biologische Gewebe einkoppelt, die von einem auf eine hohe Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s beschleunigten und auf das Übertragungselement (2) auftreffenden hinund her bewegbaren Schlagteil (10) erzeugbar ist, dessen Schlagfrequenz ca. 1
bis 30 Hz, vorzugsweise 6 bis 20 Hz, beträgt,
- die Einrichtung zum Erzeugen von Druckwellen aus einem in einem Gehäuse (4) geführten mit Hilfe eines Antriebmittels (14) hin- und herbewegbaren Schlagteil (10) besteht, das auf das Übertragungselement (2) einen oder mehrere Kraftstöße ausübt, wobei das Schlagteil (10) infolge des Kraftsto- ßes eine Druckwelle in das Übertragungselement (2) induziert, die sich bis zu der Austrittsgrenzfläche (24) der stumpfen Sondenspitze (22) des Übertra gungselementes (2) fortpflanzt."
Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende A Medical AG Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 26. März 2007 begründet hat (vgl. Anlage L 21). Eine Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes über diese Beschwerde liegt bisher nicht vor.
Zu dem Verfügungspatent gibt es ein daraus abgezweigtes paralleles deutsches Gebrauchsmuster mit der Nummer 298 24 xxx. Im Rahmen eines von der A Medical AG dagegen angestrengten Löschungsverfahrens ist es durch Entscheidung der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 24. April 2006 (Anlage L 5) zu einer Teillöschung gekommen. Ein im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung von der Schutzrechtsinhaberin zunächst vorgelegter Hilfsantrag 3 mit einem Schutzanspruch 1, der dem von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 des Verfügungspatent entspricht, wurde von der Schutzrechtsinhaberin zurückgenommen, nachdem die Gebrauchsmusterabteilung diesen Anspruch für nicht schutzfähig angesehen hat. Dagegen wurde der mit einem Hilfsantrag 4 geltend gemachte Schutzanspruch 1 für schutzfähig angesehen und insoweit das Gebrauchsmuster aufrechterhalten (vgl. Anlagen L 3 und L 4). Der aufrechterhaltene Schutzanspruch 1 des Gebrauchsmusters lautet wie folgt:
"Medizinisches Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe, mit ei- ner Einrichtung zum extrakorporalen Erzeugen von Druckwellen und mit ei- nem Übertragungselement (2) zum Einkoppeln der Druckwellen in den Körper
von Lebewesen, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t,
dass das Übertragungselement (2) aus einer metallischen Sonde besteht, die
eine stumpfe, auf der Körperoberfläche anzuordnende Sondenspitze (22) mit
einer flachen Austrittsgrenzfläche (24) aufweist, die eine unfokussierte, me-
chanisch erzeugte Druckwelle in das biologische Gewebe einkoppelt, die von einem auf eine hohe Endgeschwindigkeit beschleunigten und auf das Übertragungselement (2) auftreffenden Schlagteil (10) erzeugbar ist, des- sen Schlagfrequenz ca. 1 bis 30 Hz, vorzugsweise 6 bis 20 Hz, beträgt, wobei die Einrichtung zum Erzeugen von Druckwellen aus einem in ei- nem Gehäuse (4) geführten mit Hilfe eines Antriebmittels (14) hin- und her- bewegbaren Schlagteil (10) besteht, das auf das Übertragungselement (2) einen oder mehrere Kraftstöße ausübt, wobei das Schlagteil (10) infolge des Kraftstoßes eine Druckwelle in das Übertragungselement (2) induziert, die sich bis zu der Austrittsgrenzfläche (24) der stumpfen Sondenspitze (22) des Übertragungselementes (2) fortpflanzt, wobei das Schlagteil (10) auf eine hohe Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s beschleunigbar ist und das Durch- messerverhältnis der Austrittsgrenzfläche (24) zu der Eintrittsgrenzfläche (26) ca. 2 bis 3 beträgt."
Das die Priorität des Verfügungspatentes begründende deutsche Patent 197 25 477 (Anlage L 6) wurde auf den Einspruch der A Medical AG mit Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 16. Dezember 2004 wegen unzulässiger Erweiterung widerrufen (vgl. Anlage L 7). Gegen diese Entscheidung legte die Patentinhaberin Beschwerde ein, wobei sie u. a. einen Hilfsantrag einreichte, der die vermeintlich unzulässige Erweiterung beseitigte. Die A Medical AG begründete ihren Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin auch damit, dass die Erfindung durch den Stand der Technik nahegelegt sei (vgl. Anlage L 9). Über die Beschwerde der Patentinhaberin ist am 25. Januar dieses Jahres vor dem 21. Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts mündlich verhandelt worden. Im Laufe der mündlichen Verhandlung stellte die Patentinhaberin mehrere Hilfsanträge, wobei ein mit diesen Hilfsanträgen begehrter Anspruch mit Ausnahme des Merkmals "metallische Sonde" auch sämtliche Merkmale des von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes aufrecht
erhaltenen Patentanspruches umfasste (vgl. Anlage L 10). Nach Erörterung des Sach- und Streitstandes mit dem Senat nahm die Patentinhaberin jedoch schließlich ihre Beschwerde gegen die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes zurück.
Die A Medical AG war auf Klage der Antragstellerin vom Landgericht Düsseldorf mit Urteilen vom 1. Juni 2006 im Hinblick auf ein von ihr unter der Bezeichnung "MP MP 100" in den Verkehr gebrachtes medizinisches Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe wegen Verletzung des oben genannten, zum Verfügungspatent parallelen deutschen Gebrauchsmusters und im Umfang dieses Gebrauchsmusters auch wegen Verletzung des deutschen Teils des Verfügungspatents verurteilt worden, wobei die Verurteilungen entsprechend der im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren erfolgten Beschränkung nur eine Vorrichtung erfasste, bei der das Durchmesserverhältnis der Austrittsgrenzfläche zur Eintrittsgrenzfläche ca. 2 bis 3 beträgt. - Die A Medical AG ist darauf hin dazu übergegangen, derartige medizinische Geräte in den Verkehr zu bringen, die von diesem Durchmesserverhältnis keinen Gebrauch mehr machen. Sie vertreibt sie unter der Bezeichnung "MP Akust",
Das medizinische Instrument "MP Akust" der A Medical AG ist nach der Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes vom 31. Oktober 2006 betreffend das Verfügungspatent auch von der Beklagten Anfang Dezember 2006 angeboten worden (vgl. Anlage Ast 6).
Im Hinblick darauf erwirkte die Antragstellerin unter Berufung auf den zwischenzeitlich durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes vom 31. Oktober 2006 aufrecht erhaltenen Patentanspruch 1 des Verfügungspatents am 10. Januar 2007 bei der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin, durch die es dieser unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt worden ist, medizinische Instrumente zur Behandlung von biologischem Gewebe, mit einer Einrichtung zum extrakorporalen Erzeugen von Druckwellen und mit einem Übertragungselement zum Einkoppeln der Druckwellen in den Körper von Lebewesen, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen das Übertragungselement
aus einer metallischen Sonde besteht, die eine stumpfe, auf der Körperoberfläche anzuordnende Sondenspitze mit einer flachen oder gekrümmten Austrittsgrenzfläche aufweist, die eine unfokussierte, mechanisch erzeugte Druckwelle in das biologische Gewebe einkoppelt, die von einem auf eine hohe Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s beschleunigten und auf das Übertragungselement auftreffenden hin- und herbewegbaren Schlagteil erzeugt wird , wobei das Schlagteil infolge des Kraftstoßes eine Druckwelle in das Übertragungselement induziert, die sich bis zu der Austrittsgrenzfläche der stumpfen Sondenspitze des Übertragungselementes fortpflanzt und die Schlagfrequenz des Schlagteils ca, 1 bis 30 Hz, vorzugsweise 6 bis 20 Hz beträgt (vgl.. Bl. 13 - 15 GA).
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat die 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf durch Urteil vom 2. März 2007 die einstweilige Verfügung vom 10. Januar 2007 aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag vom 10. Januar 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für den Rechtsbestand des Verfügungspatents, die den Erlass bzw. die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung vom 10. Januar 2007 unter Berücksichtigung auch der Interessen der Antragsgegnerin rechtfertigen könnte, nicht zu erkennen sei.
Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz wiederholen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzen es.
Die Antragstellerin macht geltend, als ausschließliche Lizenznehmerin an dem Verfügungspatent zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen Verletzung des Verfügungspatents befugt zu sein. Sie trägt überdies vor, die beanstandete Ausführungsform "MP Akust" mache von dem Patentanspruch 1 des Verfügungspatents in seiner durch Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes aufrecht erhaltenen Fassung wortsinngemäß Gebrauch. Die Antragsgegnerin könne sich ihrem Begehren gegenüber nicht mit Erfolg auf den Einwand widerrechtlicher Entnahme berufen. Ihre Lizenzgeberin und zugleich Inhaberin des Verfügungspatents habe die Rechte an dem Verfügungspatent nämlich auch insoweit wirksam erhalten, als es um die Miterfinderrechte von Prof. Dr. D gehe. Dieser habe seine Miter
finderrechte , und zwar auch soweit es um das Verfügungspatent und die Rechte daraus für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gehe, mit "Assignment" vom 26. Oktober 1999 (Anlage Ast 7) wirksam auf die Patentinhaberin übertragen. Der Einhaltung der Formvorschrift des Art. 72 EPÜ habe es insoweit nicht bedurft. Die spätere Übertragungsvereinbarung zwischen Prof. Dr. D und der A Medical AG vom 26. Oktober 2006 sei daher ins Leere gegangen. Der Rechtsbestand des Verfügungspatents sei durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes hinreichend gesichert, auch wenn hinsichtlich des parallelen deutschen Patents und hinsichtlich des parallelen deutschen Gebrauchsmusters nationale Behörden und Gerichte andere Auffassungen, die aber unzutreffend seien, vertreten haben sollten. - Die Dringlichkeit sei gegeben, da die Antragsgegnerin die angegriffene Ausführungsform fortlaufend benutze. Sie die Antragstellerin, habe erstmals am 3. Januar 2007 durch die Übersendung des schriftlichen Angebots gemäß Anlage Ast 6 davon Kenntnis erhalten, dass die Antragsgegnerin die angegriffene Ausführungsform anbiete.
Die Antragstellerin beantragt,
auf ihre Berufung das angefochtene Urteil aufzuheben und die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düs- seldorf vom 10. Januar 2007 zu bestätigen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 2. März 2007 (Aktenzei- chen 4a 5/07) zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin macht geltend, dass trotz der Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes, gegen die die A Medical AG Beschwerde eingelegt habe, der Rechtsbestand des Verfügungspatents durchgreifenden Zweifeln be-
gegne, wie dies das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zu Recht auch so gesehen habe. Sie mache sich diese Ausführungen des Landgerichts zu eigen. Der Gegen- stand des geltend gemachten Patentanspruches sei insbesondere ausgehend von der als Anlage E 8 überreichten Schrift dem Fachmann nahe gelegt gewesen. Dass das Verfügungspatent mit dem von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Patentan
spruch 1 letztlich nicht rechtsbeständig sein werde, zeigten auch die Entscheidungen der nationalen Behörden und Gerichte betreffend die parallelen deutschen Schutzrechte. - Aber es fehle dem Begehren der Antragstellerin nicht nur an einem glaubhaft gemachten Verfügungsgrund, sondern auch an einem glaubhaft gemachten Verfügungsanspruch. Dem Unterlassungsbegehren der Antragstellerin stehe nämlich der Einwand widerrechtlicher Entnahme entgegen. Der Miterfinder der Erfindung, die Gegenstand des Verfügungspatents sei, nämlich Prof. Dr. D, habe seine Miterfinderrechte, soweit es um das Verfügungspatent und die Rechte daraus für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gehe, nicht wirksam auf die Patentinhaberin übertragen, so dass diese Rechte durch Übertragung vom 26. Oktober 2006 auf die A Medical AG hätten übergehen können und übergegangen seien. Das "Assignment" vom 26. Oktober 1999, auf welches sich die Antragstellerin berufe, habe zu keinem wirksamen Übergang dieser Rechte auf die Patentinhaberin geführt. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil es gemäß §§ 142 Abs. 1, 143 BGB wegen Anfechtung von Anfang an nichtig sei. Prof. Dr. D habe das "Assignment" in dem Bewusstsein unterzeichnet, damit eine ausschließlich für das US-Anmeldeverfahren relevante Erklärung zu unterzeichnen. Überdies habe die Antragstellerin bei ihm damals arglistig die unrichtige Vorstellung erweckt, lediglich Unterlagen in Bezug auf das US - Anmeldeverfahren zu unterzeichnen. Schließlich sei die Klausel "any and all foreign countries" gemäß Art. 229 § 5 EGBGB, § 1 Abs. 1, 3 AGBG nicht Vertragsbestandteil geworden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts und des Senats verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Unbeschadet der Frage, ob der Antragstellerin ein Verfügungsanspruch zusteht, hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil zu Recht die einstweilige Verfügung vom 10. Januar 2007 aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag mangels Verfügungsgrundes zurückgewiesen. Der Rechtsbestand des Patentanspruches 1 des Verfügungspatents in der durch Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen
Patentamts vom 31. Oktober 2006 aufrecht erhaltenen Fassung ist, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, zu unsicher und es fehlt deshalb an einem Verfügungsgrund (vgl. dazu Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 143 Rdnr. 328; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl. , § 139 Rdn. 153 b; Schulte/Kühnen, PatG, 7. Aufl. , § 139 Rdnr. 301 und 303).
1.
Die technische Lehre des Patentanspruches 1 des Verfügungspatents betrifft ein medizinisches Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe mittels einer Einrichtung zum Erzeugen extrakorporaler Druckwellen und eines Übertragungselements zum Einkoppeln der Druckwellen in den Körper von Lebewesen und damit ein Instrument für jegliche Behandlung von biologischem Gewebe mittels der genannten Einrichtung und mittels des genannten Elements, und zwar ganz gleich, welchen Zwecken es dient, also ob es zum Beispiel der Schmerztherapie dient oder der Massage oder ganz allgemein der Beeinflussung des vegetativen Nervensystems oder auch zu anderen Zwecken.
Nach der Beschreibung der Verfügungspatentschrift dienen Instrumente zur Behandlung von biologischem Gewebe dazu, mittels Druck- oder Stoßwellen den Heilungsprozess bei Knochenbrüchen, Enthesiopathien, Tendopathien oder Parodontose zu beschleunigen. Wie die Verfügungspatentschrift ausführt, wird vermutet, dass mit Hilfe der Druckwellen Mikrobeschädigungen im biologischen Gewebe erzeugt werden, die den Körper zu Regenerationsmaßnahmen veranlassen (Anlage Ast 1, Spalte 1 Zeilen 17 - 20). Nach der Beschreibung der Verfügungspatentschrift verwendeten bekannte Druckimpulsquellen fokussierte Stoßwellen und konnten lediglich im eng begrenzten Fokusbereich eine Wirkung erzielen (vgl. Anlage Ast 1, Spalte 1 Zeilen 21 - 29) . Da jedoch - so die Verfügungspatentschrift weiter - für ein befriedigendes Behandlungsergebnis der gesamte zu beschallende Bereich gleichmäßig beschallt werden müsse, sei ein aufwändiger Bewegungsmechanismus für die Druckimpulsquelle erforderlich und das wiederholte Aufsuchen der Behandlungspositionen sei sehr zeitintensiv.
In Abschnitt 0006 = Spalte 1 Zeilen 46 -50 nennt die Verfügungspatentschrift (Anlage Ast 1) die Entgegenhaltungen US-A 4,549,535 (vgl. Anlage E 8) und die US-A 4,716,890
(vgl. Anlage E 10) als Druckschriften, aus denen entsprechende Geräte, allerdings ohne Angabe der konkreten Endgeschwindigkeit, mit der das Schlagteil auf das Übertragungselement auftrifft, bekannt seien.
Die Verfügungspatentschrift formuliert die Aufgabe bzw. das technische Problem der Erfindung dahin, einen Druckwellengenerator so auszubilden, dass er auf eine einfache und kostengünstige Weise eine gleichmäßige Energieverteilung der Druckwellen auf einen großflächigen Wirkungsbereich ermöglicht (Anlage Ast 1, Spalte 2, Zeilen 1 - 5).
Zur Lösung dieser Aufgabe wird nach dem erteilten Patentanspruch 1 (vgl. die Verfügungspatentschrift gemäß Anlage Ast 1) ein Gegenstand vorgeschlagen, der sich merkmalsmäßig gegliedert wie folgt darstellt:
Medizinisches Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe 1.1 mit einer Einrichtung zum extrakorporalen Erzeugen von Druckwellen und 1.2 mit einem Übertragungselement (2) zum Einkoppeln der Druckwellen in den Kör- per von Lebewesen das Übertragungselement (2) besteht aus einer Sonde; die Sonde weist eine stumpfe Sondenspitze (22) mit einer flachen oder gekrümmten Austrittsgrenzfläche (24) auf; die flache oder gekrümmte Austrittsgrenzfläche (24) koppelt eine unfokussierte, mechanisch erzeugte Druckwelle in das biologische Gewebe ein; die Druckwelle wird von einem auf eine Endgeschwindigkeit von 5 m/s bis 20 m/s beschleunigten und auf das Übertragselement (2) auftreffenden hin und her bewegbaren Schlagteil (10) erzeugt.
Nach dem durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Patentanspruch 1 (vgl. Anlage Ast 3) wird die oben genannte Aufgabe dagegen durch einen Gegenstand gelöst, der sich merkmalsmäßig wie folgt gliedert
Medizinisches Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe 1.1 mit einer Einrichtung zum extrakorporalen Erzeugen von Druckwellen und 1.2 mit einem Übertragungselement (2) zum Einkoppeln der Druckwellen in den Kör- per von Lebewesen das Übertragungselement (2) besteht aus einer metallischen Sonde; die Sonde weist eine stumpfe auf der Körperoberfläche anzuordnende Sondenspitze (22) mit einer flachen oder gekrümmten Austrittsgrenzfläche (24) auf; die flache oder gekrümmte Austrittsgrenzfläche (24) koppelt eine unfokussierte, mechanisch erzeugte Druckwelle in das biologische Gewebe ein; die Druckwelle ist von einem auf eine Endgeschwindigkeit von 5 m/s bis 20 m/s beschleunigten und auf das Übertragungselement (2) auftreffenden hin- und her bewegbaren Schlagteil (10) erzeugbar, dessen Schlagfrequenz ca. 1 bis 30 Hz, vorzugsweise 6 bis 20 Hz, beträgt; die Einrichtung zum Erzeugen von Druckwellen besteht aus einem in einem Gehäuse (4) geführten mit Hilfe eines Antriebsmittels (14) hin- und her bewegbaren Schlagteil (10), das auf das Übertragungselement (2) einen oder mehrere Kraftstöße ausübt, wobei das Schlagteil (10) infolge des Kraftstoßes eine Druckwelle in das Übertragungselement (2) induziert, die sich bis zu der Austrittsgrenzfläche (24) der stumpfen Sondenspitze (22) des Übertragselementes (2) fortpflanzt.
Die Merkmale 1 bis 5 des erteilten und des aufrecht erhaltenen Patentanspruches 1 stimmen somit mit Ausnahme des Teilmerkmals "metallisch" in Merkmal 2 im Wesentlichen überein, wobei die in Merkmal 3 des aufrecht erhaltenen Patentanspruches aufgenommenen Worte "auf der Körperoberfläche anzuordnende" eine bloße Zweckangabe darstellen, mit der die Eignung der Sondenspitze (22) als eine solche, die auf der Körperoberfläche angeordnet werden kann, beschrieben wird.. Das Teilmerkmal "metallisch" in Merkmal 2 ist dem erteilten Unteranspruch 2 entnommen. Mit den Merkmalen 6, 7 und 8 sind Ausgestaltungen entsprechend den erteilten Unteransprüchen 6 (Merkmal 6) und 4 (Merkmale 7 und 8) in den von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes aufrecht erhaltenen Patentanspruch 1 aufgenommen worden.
2. Ob diese Lösung patentfähig ist, d. h. ob sie gegenüber dem Stand der Technik am Prioritätstage des Verfügungspatents nicht nur neu war, sondern auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte (Art. 52 Abs. 1 EPÜ) - letzteres wäre nicht der Fall, wenn sich die genannte Lösung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben hätte (vgl. Art 56 EPÜ) - erscheint dem Senat so zweifelhaft, dass er in
einem Hauptsacheverfahren die Verhandlung bis zur Entscheidung im Einspruchsbeschwerdeverfahren aussetzen würde. Wenn Zweifel an der Schutzfähigkeit des Verfügungspatents in einem Hauptsacheverfahren jedoch zur Aussetzung der Verhandlung führen müssten, ist ein Verfügungsgrund stets zu verneinen (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rdn. 153 b).
Allein der Umstand, dass das Verfügungspatent im Einspruchsverfahren erstinstanzlich durch eine Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts aufrecht erhalten worden ist, und zwar Anspruch 1 in der derzeit geltend gemachten beschränkten Fassung, würde einer Aussetzung in einem Hauptsacheverfahren nicht zwingend entgegenstehen. Die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts muss im Ergebnis und in der Begründung plausibel und nachvollziehbar sein. Allein der Umstand , dass die Einspruchsabteilung den Rechtsbestand des Verfügungspatents in der hier geltend gemachten beschränkten Fassung bejaht hat, rechtfertigt als solcher nicht die Annahme, der Rechtsbestand sei hinreichend gesichert. Vielmehr darf sich auch in solchen Fällen das Verletzungsgericht nicht der ernsthaften Prüfung der Erfolgsaussichten der Beschwerde entziehen (vgl. Rogge, GRUR Int. 1996, 386, 388; Benkard aaO § 139 Rdn. 107). Der Senat hat wiederholt trotz einer entgegenstehenden erstinstanzlichen Entscheidung im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren aufgrund eigener Sachprüfung angesichts bestehender erheblicher Zweifel an der Schutzfähigkeit die Verhandlung ausgesetzt bzw. eine einstweilige Verfügung nicht erlassen bzw. einer erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben (vgl. zum Beispiel die Entscheidung "Steinknacker" Mitt. 1997, 257-261 sowie das im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ergangene Urteil vom 20.10.2005 - I 2 U 80/04).
Grundsätzlich ist allerdings die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 31. Oktober 2006 als eine sachkundige bzw. wie eine sachverständige Beurteilung zu berücksichtigen. Dies gilt allerdings auch für den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes betreffend das parallele deutsche Gebrauchsmuster (Anlage L 5) und auch für den Bescheid des Europäischen Patentamtes vom 8. März 2007(Anlage L 27) und auch für die im Einspruchsverfahren betreffend das die Priorität des Verfügungspatents ergangene Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes, die ebenfalls sämtlich als andere sachverständige Äußerun-
gen durchaus heranzuziehen und zu berücksichtigen sind.
Die Einspruchsabteilung hat unter Nr. 2 seiner Entscheidungsgründe im einzelnen begründet, dass der erteilte Patentanspruch 1, der wie oben ausgeführt mit Ausnahme des Teilmerkmals "metallisch" in Merkmal 2 im Wesentlichen sämtliche Merkmale 1 bis 5 des aufrecht erhaltenen Patentanspuches 1 umfasst, nicht neu gegenüber der als Anlage E 9 vorliegenden PCT - Anmeldung WO - 9 94/17 771 sei. Der insoweit gegebenen Begründung wird in vollem Umfang gefolgt, und zwar auch im Hinblick auf die Offenbarung des Endgeschwindigkeitsbereiches des Merkmals 5. So offenbart dieses Dokument im Beispiel der Figur 4 ein Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe mit einer Einrichtung zum extrakorporalen Erzeugen von Druckwellen und mit einem Übertragungselement zum Einkoppeln der Druckwellen in den Körper von Lebewesen, wobei das Übertragungselement eine stumpfe (auf der Körperoberfläche anzuordnende) Sondenspitze mit einer flachen Austrittsgrenzfläche (Koppelkörper 27) aufweist, die ein unfokussierte, mechanisch erzeugte Druckwelle in das biologische Gewebe einkoppelt , die von einem beschleunigten und auf das Überragungselement auftreffenden hin und herbewegbaren Schlagteil (Stößel 12) erzeugt wird, wobei die Geschwindigkeit des Schlagteils beim Auftreffen mindestens 3 m/s beträgt (vgl. Seite 18, Zeilen 11 bis 31 dieses Dokuments). Damit ist auch der Teilbereich von 5 bis 20 m/s , wie die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes zutreffend ausführt, dort offenbart.
Neben diesem somit einschlägigen Stand der Technik, den der Fachmann bei der Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe berücksichtigt, findet er in der US-PS 4.549. 535 (Anlage E 8) ein Dokument, welches wie das zuvor gewürdigte Dokument gemäß Anlage E 8 ebenfalls die Merkmale 1 bis 4 des erteilten Patentanspruches 1 und darüber hinaus auch das Teilmerkmal "metallisch" und damit in vollem Umfang die Merkmale 1 und 4 des aufrecht erhaltenen Patentanspruches 1 und darüber hinaus auch die Merkmale 7 und 8 dieses Patentanspruches offenbart, zumindest aber dem Fachmann unmittelbar nahe legt, wie dies die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts unter den Ziffern 7.1 und 7.2 seiner Entscheidungsgründe überzeugend dargelegt hat. Dabei steht die Würdigung des vorgenannten Dokuments durch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes in Einklang mit der Würdigung dieser
Literaturstelle in der Beschreibung der Verfügungspatentschrift (Abschnitt 0006), die - wovon man ausgehen kann - von sachkundiger Stelle formuliert worden ist. Nachdem nämlich im Abschnitt 0005 ein Instrument bis auf eine abweichende Endgeschwindigkeit des Schlagteils mit Merkmalen des ursprünglich erteilten Patentanspruches 1 beschrieben worden ist, wird in Abschnitt 0006 dargelegt, auch aus der US-A- 4.549.535 sei ein entsprechendes Gerät bekannt, "allerdings ohne Angabe der besagten Endgeschwindigkeit" (von bis zu 2,5 m/s).
Dem Merkmal 2, wonach das Übertragungselement aus einer metallischen Sonde besteht, misst die Einspruchsabteilung ersichtlich nicht die Bedeutung zu, dass andere Materialien an der Spitze ausgeschlossen sind. Diese Auffassung steht im Einklang mit dem Unteranspruch 13 der Verfügungspatentschrift und dem Abschnitt 0038 der Verfügungspatentschrift, der nach Auffassung der Einspruchsabteilung nicht im Widerspruch zur eingeschränkten Fassung des Patentanspruches 1 des Verfügungspatents steht (vgl. Entscheidungsgründe Ziffer 8 a. E. /S.10unten/11 oben).
Insbesondere erscheint die Auffassung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes zutreffend, dass der insoweit denkbar weit gefasste Anspruch 1 in der beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung hinsichtlich der "mechanisch erzeugten und in das biologische Gewebe eingekoppelten Druckwelle" nichts zeigt, was über den Stand
der Technik hinausgeht.
In der Beschreibung des Verfügungspatents werden in die Einzelheiten gehende Ausführungen über die Art der Druckwelle gemacht. So wird unterschieden zwischen Druckwellen aufgrund Längenänderung des Übertragungselementes und Druckwellen aufgrund Verlagerung des Übertragungselements. Zwar heißt es in Spalte 5, Zeilen 41 bis 45 der Verfügungspatentschrift, für die Einkoppelung der Druckwelle in das biologische Gewebe sei eine Verlagerung nicht notwendig und sogar unerwünscht (ähnlich in Spalte 3, Zeilen 31 - 34 der Verfügungspatentschrift), doch ist den Unteransprüchen 3 und 7, 8 der Verfügungspatentschrift nebst zugehöriger Beschreibung zu entnehmen, dass Anspruch 1 beide Ursachen einer mechanisch erzeugten Druckwelle einschließt, zumal es sich kaum vermeiden lässt - jedenfalls nicht bei federgelagerten Übertragungselementen wie in Anspruch 7, 8 (vgl. Beschreibung Spalte 5, Zeilen 32 ff der Ver
fügungspatentschrift) vorgesehen -, dass Kompressions- und Verlagerungswellen gleichzeitig auftreten und sich überlagern. Bestimmte Eigenschaften der Druckwelle, wie die in Spalte 2, Zeilen 39 bis 41 der Verfügungspatentschrift genannten hohen Druckspitzenwerte, sind eher unbestimmt und haben ersichtlich auch nach Auffassung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts keinen Niederschlag in den Merkmalen des - neu gefassten - Patentanspruchs 1 des Verfügungspatents gefunden (vgl. auch die durchaus überzeugenden Ausführungen des Prüfers zu diesem Thema in dem Bescheid vom 8. März 2007/Anlage L 27).
Der Einspruchsabteilung ist daher darin zu folgen, dass die US-PS 4.549.535 (Anlage E 8) nur hinsichtlich der Parameter gemäß Merkmalen 5 und 6 keine ausdrücklichen Hinweise gibt. - Dies gilt auch angesichts der von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Versuche, die Würdigung der vorgenannten US-PS durch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes als unrichtig darzustellen. Ausgehend von der Figurendarstellung in der US-PS hat die Antragstellerin gemeint, die Abstände zwischen Stößel und "Übertragungselement" seien zu gering, um Endgeschwindigkeiten nach Anspruch 1 zu erreichen und damit Kompressionswellen zu erzeugen. Außerdem bestehe das Material des Stößels aus relativ weichen Metallen; es komme daher dort zu Verbiegungen, wenn hohe Endgeschwindigkeiten aufträten. Die dort offenbarte Federlagerung des Elements zeige, dass es praktisch nur zu Verzögerungseffekten komme. Die Antragstellerin hat weiter den Standpunkt vertreten, die Batterie , die im Anmeldezeitpunkt der US-PS zur Verfügung gestanden habe, sei zu schwach, um Leistungen zu erbringen, wie sie das Verfügungspatent ermögliche. Von der Antragstellerin ist im Hinblick auf das Verfügungspatent weiter geltend gemacht worden, Merkmal 2 setze ersichtlich voraus, dass auch die Sondenspitze aus Metall sei; Abschnitt 0038 der Verfügungspatentschrift sei dahin zu lesen, dass es sich bei den unterschiedlichen Materialien um verschiedene Metalle handele.
Mit diesen Argumenten kann die Antragstellerin keinen Erfolg haben, da mit ihnen der Offenbarungsgehalt der US-PS unzutreffend auf die Figurendarstellung dieser Schrift reduziert wird und da mit ihnen überdies die Lehre von Patentanspruch 1 des Verfügungspatents auf Besonderheiten der Beschreibung zurückgeführt wird. Es kann zur Begründung auf die zuvor gemachten Ausführungen verwiesen werden. Die Ein-
spruchsabteilung des Europäischen Patentamtes hat dies alles auch durchaus richtig gesehen und abgehandelt.
Der Fachmann , der sich dafür interessiert, mit welchen Geschwindigkeiten das Schlagteil der Vorrichtung nach der vorgenannten US-PS vorteilhaft zu betreiben ist, wird, falls ihm nicht schon naheliegende Versuche zu den Angaben des Merkmals 5 führen, nach anderen, gattungsgemäße Vorrichtungen betreffenden Literaturstellen suchen. Dabei wird er auf die eingangs genannte PCT - Anmeldung mit der Veröffentlichungsnummer WO 94/17771 (Anlage E 9) stoßen, die, wie bereits oben im einzelnen ausgeführt, von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes zutreffend gewürdigt, für ein gattungsgemäße Vorrichtung einen Geschwindigkeitsbereich von 5 bis 20 m/s offenbart, jedenfalls aber dem Fachmann nahe legt. Der Durchschnittsfachmann, der sich dessen bewusst ist, dass der Stößel der US-PS gemäß Anlage E 8 mit irgendeiner Endgeschwindigkeit auf den "Anvil" , also das Übertragungselement, stoßen muss, um eine Druckwelle in das Gewebe einzukoppeln, wird sich ferner in anderen Literaturstellen umsehen, wenn er nicht schon durch naheliegende Experimente zu entsprechenden Ergebnissen gelangt. Insoweit wäre es nicht verständlich, wenn er an der PCT - Anmeldung gemäß Anlage E 8 völlig vorbeisehen würde. Im Übrigen ist auch keineswegs die US-PS 4.265.228 (Anlage L 28) von der Betrachtung auszunehmen. Es mag ja ein Schlaggewicht von 250g mit 5 Joule (Anspruch 5) = 20 m/s praktisch vom Patienten nicht zu ertragen sein. Die vorgenannte US-PS setzt aber nicht zwingend eine solches Schlaggewicht voraus, sondern dieses kann auch geringer sein, wie ja auch das Schlagteil des Verfügungspatents kein bestimmtes Gewicht bzw. bestimmte Masse angibt. Bei niedrigeren Gewicht-Größen und bei niedrigeren Joule-Beträgen sind Endgeschwindigkeiten möglich, die im patentgemäßen Bereich liegen und für den Patienten durchaus erträglich sind. - Dass der Geschwindigkeitsbereich des Merkmals 5 dem Fachmann durch den Stand der Technik nahe gelegt ist, wird auch durch den Bescheid der sachkundigen Gebrauchsmusterabteilung vom 24. April 2006 betreffend das parallele Gebrauchsmuster 298 24 xxx belegt (vgl. Anlage L 5)
Der Senat hat nun aber erhebliche Zweifel daran, dass es für den Fachmann nicht nahe gelegt ist, eine Vorrichtung mit sämtlichen vorgenannten Merkmalen entsprechend dem Merkmal 6 so auszugestalten, dass die Schlagfrequenz des Schlagteils ca. 1 bis
30 Hz , vorzugsweise 6 bis 20 Hz , beträgt. Sollte man die Annahme verwerfen, die zum Beispiel im Prüferbescheid vom 8. März 2007 zum Ausdruck kommt, derartiges ergebe sich für den Durchschnittsfachmann durch schlichtes handwerkliches Ausprobieren, so stellt sich die Frage, ob sich nicht übliche Schlagfrequenzen in dem Stand der Technik finden, der sich in des Patentanspruches 1 weitestem Sinne mit der Erzeugung mechanischer Druckwellen und deren Einkoppeln zur Behandlung biologischen Gewebes befasst, wie etwa die von der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes herangezogene EP-PS 0 317 507 (Anlage E 4) oder die auf dem Deckblatt der US-PS gemäß Anlage E 8 erwähnte US-PS 4.265 228 (Anlage L 28), auf die der Durchschnittsfachmann zwangsläufig stößt, wenn er die US-PS 4.549 535 (Anlage E 8) heranzieht und nach Hinweisen für eine geeignete Schlagfrequenz sucht. Wenn der Durchschnittsfachmann schließlich nach geeigneten Schlagfrequenzen sucht, wozu ihn die US-PS gemäß Anlage E 8 in Spalte 1 anregt, wird er eine Fülle von Anregungen in gattungsgemäße Geräte betreffenden Literaturstellen finden, und zwar unter anderem auch in der US-PS gemäß Anlage L 28.
Soweit dagegen die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes die Kombination der Vorrichtung nach Anlage E 8 mit den in Ziffer 7.3 genannten Stellen verwirft, vermag dem Senat ihr nicht zu folgen, weil dabei der Anwendungsbereich des beschränkt aufrecht erhaltenen Patentanspruches 1 des Verfügungspatents unzulässigerweise verengt wird.
Der Senat würde daher, wenn es sich vorliegend um ein Hauptsacheverfahren handeln würde, die Verhandlung gemäß § 148 ZPO aussetzen. Da eine solche Aussetzung mit dem Wesen des Verfahrens der einstweiligen Verfügung als eines Eilverfahrens nicht vereinbar ist, also nicht in Betracht kommt, führen die dargelegten Zweifel am Rechtsbestand des Verfügungspatents dazu, dass das Vorliegen eines Verfügungsgrundes zu verneinen ist, weil dem Interesse der Antragsgegnerin, nicht aus einem Patent in Anspruch genommen zu werden, das sich später möglicherweise als nicht rechtsbeständig erweisen wird, der Vorrang zu geben ist vor dem Interesse der Antragstellerin, bereits im Eilverfahren ein auf das Verfügungspatent gestütztes Verbot zu erlangen.
3. Die Berufung der Antragstellerin war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit war nicht zu treffen, weil das vorliegende Urteil als zweitinstanzliche Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Verfügung einem Rechtsmittel nicht mehr unterliegt (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und daher ohne besonderen Ausspruch nicht nur vorläufig, sondern endgültig vollstreckbar ist .
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 28.06.2007
Az: I-2 U 18/05
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