Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 29. Oktober 2010
Aktenzeichen: 6 U 119/10

(OLG Köln: Urteil v. 29.10.2010, Az.: 6 U 119/10)

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 08.06.2010 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 71/10 - abgeändert, die einstweilige Verfügung derselben Zivilkammer vom 18.03.2010 aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe

I.

Die Parteien konkurrieren als Hersteller von Lebensmittelverpackungen. Die Antragstellerin entwickelte Mitte der 1990er Jahre unter ihrer damaligen Firma T Packungen AG einen Becher für Milchprodukte aus drei Komponenten ("K3"), nämlich dünnwandigem Kunststoff, Kartonmantel und Aluminiumdeckel, dessen zahlreiche Varianten (beispielsweise die nachfolgend schwarzweiß wiedergegebene, im Jahr 2002 auf einer Fachmesse in Düsseldorf ausgestellte Gestaltung) sie seither erfolgreich vertreibt.

(Bild/Grafik nur in Originalentscheidung vorhanden)

Ende 2008 bewarben sich beide Parteien um den Auftrag eines deutschen Molkereiunternehmens zur Lieferung neuer Joghurtbecher; beauftragt wurde die Antragsgegnerin, deren Mitte 2009 als Verpackung in den Einzelhandel gelangtes Produkt nachfolgend schwarzweiß wiedergegeben ist.

(Bild/Grafik nur in Originalentscheidung vorhanden)

Mit ihrem am 26.02.2010 eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat die Antragstellerin geltend gemacht, einer ihrer Mitarbeiter habe am 29.01.2010 die vorstehend abgebildeten Joghurtbecher entdeckt und auf Grund des in dem Becherboden eingestanzten Kürzels "OPA" die Antragsgegnerin als Herstellerin identifiziert. Sie hält das Bechermodell der Antragsgegnerin (ohne den vom Besteller vorgegebenen Werbeaufdruck) für eine unlautere Nachahmung ihres K3-Bechers. Das Landgericht hat das beantragte Vertriebsverbot durch einstweilige Verfügung erlassen und nach Widerspruch mit dem angefochtenen Urteil bestätigt. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung unter verschiedenen, nachfolgend näher behandelten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten. Die Antragstellerin verteidigt die Entscheidungen des Landgerichts.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

1. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG hat das Landgericht allerdings zu Recht als nicht widerlegt angesehen. Dass Entscheidungsträger der Antragstellerin entgegen ihrem Vorbringen schon vor Ende Januar 2010 von der Gestaltung der gegnerischen Joghurtbecher wussten, ist nicht glaubhaft gemacht. Auch dass sie sich dieser Kenntnis bewusst verschlossen hätten (so dass sie zu behandeln wären, als hätten sie das angegriffene Produkt gekannt), ist nach den Darlegungen der Antragsgegnerin zum Verlauf der Ausschreibung und den von beiden Parteien eingereichten Unterlagen (Anlagen BK 1-5) nicht überwiegend wahrscheinlich. Zwar hat der Verpackungsentwickler des Molkereiunternehmens an Eides statt versichert (Anlage BK 2), nur an einem Becher in einer dem späteren Produkt entsprechenden Form interessiert gewesen zu sein; daraus folgt aber nicht, dass sich der Antragstellerin das Vorliegen eines als Nachahmung ihres K3-Bechers anzusehenden Konkurrenzangebots aufdrängen musste. Für eine solche Annahme genügt auch nicht die eidesstattliche Versicherung des Einkäufers (Anlage AG 9), sie Ende 2008 von der Auftragsvergabe an die Antragsgegnerin informiert zu haben, denn vom Inhalt des Angebots der Mitbewerberin erfuhr sie dadurch nichts und der Umstand, dass sie im Rahmen der Ausschreibung über die geplante Produkteinführung im Juni 2009 unterrichtet worden war, begründete keine Marktbeobachtungspflicht.

2. Es besteht jedoch kein Verfügungsanspruch. Mit ihrem auf §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und b, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG gestützten Begehren, es der Antragsgegnerin zu untersagen, Kunststoffbecher mit Kartonummantelung in der oben abgebildeten und/oder neutraler Form (ohne Werbeaufdruck) anzubieten und/oder zu in Verkehr zu bringen, macht die Antragstellerin ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz geltend, der nur gewährt werden kann, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei größerer wettbewerblicher Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.: BGH, GRUR 2009, 79 = WRP 2009, 76 [Rn. 27] - Gebäckpresse; GRUR 2009, 1073 = WRP 2009, 1372 [Rn. 10] - Ausbeinmesser; GRUR 2010, 80 = WRP 2010, 94 [Rn. 21] - LIKEaBIKE; Urteil vom 15.04. 2010 - I ZR 145/08 [Rn. 19] - Femur-Teil). Im Streitfall kann das K3-Becherprogramm der Antragstellerin zwar mit dem Landgericht als wettbewerblich eigenartig angesehen werden; nach abschließender Beratung vermag der Senat in diesem Verfahren jedoch keine besonderen unlauterkeitsbegründenden Umstände im Sinne einer vermeidbaren Herkunftstäuschung oder Rufausbeutung durch das Erzeugnis der Antragsgegnerin festzustellen.

a) Wettbewerbliche Eigenart hat ein Produkt oder Produktprogramm, das durch seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte wiederkehrende Merkmale geeignet ist, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 16] - Gartenliege; GRUR 2008, 793 = WRP 2008, 1196 [Rn.29] - Rillenkoffer; GRUR 2010, 80 = WRP 2010, 94 [Rn. 23] - LIKEaBIKE). Das gilt auch für funktionelle Merkmale. Technisch notwendige, bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend zu verwendende Merkmale können allerdings aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen und die Übernahme solcher Gestaltungselemente außerhalb eines bestehenden Sonderrechtsschutzes ist nicht zu beanstanden (BGH, GRUR 2008, 790 = WRP 2008, 1234 [Rn. 36] - Baugruppe). Handelt es sich dagegen um Merkmale, die technisch bedingt, aber frei wählbar und (ohne Qualitätseinbuße) austauschbar sind, so können sie wettbewerbliche Eigenart (mit-) begründen (BGH, GRUR 2003, 359 [360] = WRP 2003, 496 - Pflegebett; GRUR 2005, 600 [602] = WRP 2005, 878 - Handtuchhalter; GRUR 2009, 1073 = WRP 2009, 1372 [Rn. 10] - Ausbeinmesser; GRUR 2010, 80 = WRP 2010, 94 [Rn. 27] - LIKEaBIKE; Urteil vom 15.04.2010 - I ZR 145/08 [Rn. 22] - Femur-Teil).

Dem K3-Becher der Antragstellerin, den sie in verschiedenen, in der Berufungsverhandlung mit Anschauungstücken vorgestellten Größen und Varianten (darunter der oben und in Anlage rop B 1 wiedergegebenen Gestaltung) anbietet, kann in diesem Sinne - wenn auch schwache - wettbewerbliche Eigenart beigemessen werden. Dies kann der Senat ohne Rücksicht auf die von der Berufung unter Hinweis auf ein Gutachten des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung (Anlage BK 9) aufgeworfene Frage selbst beurteilen, wie die von den Parteien angesprochenen Fachkreise solche Becher ihrem jeweiligen Hersteller zuzuordnen pflegen; denn eine besondere Funktion des Erzeugnisses, auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen, ist ebenso wie die Bekanntheit des Produkts bei den angesprochenen Verkehrskreisen (BGH, GRUR 2005, 600 [602] = WRP 2005, 878 - Handtuchhalter) keine unabdingbare Voraussetzung der wettbewerblichen Eigenart (BGH, GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 24; 28] - Gartenliege). Insofern genügt es, dass sich die Becherform von anderen vergleichbaren Erzeugnissen abhebt und den Fachkreisen zumindest einen Anhaltspunkt für die Vorstellung bietet, der Becher stamme aus einem bestimmten Betrieb. Das ist der Fall.

Zwar gibt es zahlreiche konisch, fast zylindrisch geformte stapelbare Behälter für Milchprodukte mit einem Siegelflansch für den aufzubringenden Aluminiumdeckel. Auch die (preisgünstige und umweltschonende, stabile und durch Werbeaufdrucke vielfach variable) Kombination der Werkstoffe Kunststoff und Karton oder die Proportionen des 2002 auf der Messe "interpack" ausgestellten K3-Bechers der Antragstellerin, sind für sich genommen nicht so ungewöhnlich, dass sie als Alleinstellungsmerkmal ihres Produktprogramms in Frage kommen. Frei wählbar und in gewissen Grenzen austauschbar ist jedoch die den Gesamteindruck prägende Verbindung der vorgenannten Elemente mit der allen K3-Bechern der Antragstellerin gemeinsamen Gestaltung der Wulst am unteren Becherrand. Wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, dient diese Ausbuchtung des Kunststoffbehälters unterhalb des Kartonmantels zwar der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe, insofern sie einerseits ein Verrutschen und andererseits ein Durchfeuchten des Kartons verhindert, kann aber gerade in ihrer ausgesprochen schmalen und schmucklosen, von der Gestaltung anderer marktgängiger Joghurtbecher (Anlagen rop 4 und 5 und die in der Berufungsverhandlung vorgestellten Anschauungsstücke) deutlich abweichenden Ausführung zugleich als charakteristisch gelten. Wird darüber hinaus berücksichtigt, dass die seit Mitte der 1990er Jahre am Markt präsenten K3-Becher der Antragstellerin in der Molkereiwirtschaft unstreitig weite Verbreitung gefunden haben (vgl. das von der Antragsgegnerin vorgelegte Gutachten des Fraunhofer-Instituts Anlage BK 9, Seite 2) und ihre wiederkehrenden Merkmale daher den Fachkreisen in gewisser Weise bekannt sind (auch wenn die Antragstellerin für die Produktion nicht stets dieselben Werkzeuge verwenden kann, wie sie in den Auftragsverhandlungen Ende 2008 selbst mitgeteilt hat, vgl. Anlage BK 5), so kann die - von Hause aus nur geringe - wettbewerbliche Eigenart ihres Becherprogramms zwar mangels genauerer Angaben der Antragstellerin zu ihrem Umsatz, Marktanteil und Werbeaufwand nicht als erheblich gesteigert, aber doch als gefestigt angesehen werden.

b) Die Annahme des Landgerichts, dass es sich bei dem angegriffenen Bechermodell der Antragsgegnerin um eine Nachahmung des K3-Bechers der Antragstellerin handele, welche die charakteristische Wulst unterhalb des Kartonmantels (fast) identisch übernehme, ist nicht zu beanstanden. Der Augenschein bestätigt, dass in der Seitenansicht (bei Vernachlässigung der variablen Werbeaufdrucke auf dem Kartonmantel und der eingestanzten Buchstabenkombinationen auf dem Becherboden) die Unterschiede beider Gestaltungen marginal sind. Dass ihr die Becher der Antragstellerin bei der Entwicklung ihres eigenen Produkts unbekannt gewesen seien, so dass es schon begrifflich an einer Nachahmung fehle (vgl. BGH, GRUR 2008, 1115 = WRP 2008, 1510 [Rn. 24] - ICON m.w.N.), macht die Antragsgegnerin selbst nicht geltend.

c) Mit dem Anbieten und Inverkehrbringen ihres Joghurtbechers bewirkt die Antragsgegnerin jedoch keine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über seine betriebliche Herkunft (§ 4 Nr. 9 lit. a UWG). Insoweit ist bei an Fachkreise gerichteten Angeboten nicht auf eine möglicherweise gelegentlich vorkommende oberflächliche Prüfung durch die Erwerber abzustellen, sondern auf die Sicht durchschnittlich informierter und aufmerksamer Fachleute, die bei der Einkaufsentscheidung (und gegebenenfalls auch danach, wenn die Benutzung der Produkte eine sorgfältige Planung voraussetzt) mit der gebotenen Sorgfalt vorgehen und deshalb bei Kenntnis der verschiedenen Hersteller und deren jeweiliger Produktpalette sowie angesichts unterschiedlicher Herstellerkennzeichen auf den Produkten keiner Herkunftstäuschung unterliegen werden (BGH, Urteil vom 15.04.2010 - I ZR 145/08 - Femur-Teil [Rn. 32 ff.]). So liegt es hier:

Die Parteien bieten ihre Produkte nicht Endverbrauchern, sondern ausschließlich Fachkreisen, nämlich den Verpackungseinkäufern von Molkereien und anderer mit der Beschaffung von Behältern für Milchprodukte befassten Unternehmen an, wobei teilweise eine Vorauswahl durch die Mitarbeiter selbstständiger Einkaufsgesellschaften und anschließend der Erwerb durch die milchverarbeitenden Unternehmen erfolgt.

Soweit diese Fachleute ihre Kaufentscheidungen auf Grund genauer Abstimmung und Prüfung von zeichnerisch und schriftlich vorliegenden, an spezifischen Bestellerwünschen orientierten Angeboten verschiedener unter ihrer Firma handelnder Hersteller treffen, werden sie sich über die betriebliche Herkunft der bestellten Becher keine falschen Vorstellungen machen. Aber auch soweit von einer Erwerbssituation ausgegangen wird, in der dem Einkäufer allein das angegriffene Bechermodell vorliegt, scheidet eine unmittelbare Herkunftstäuschung aus. Denn die in den Becherboden eingestanzte Buchstabenkombination "OPA" oder "OPS" wird ein fachkundiger Abnehmer nicht etwa als Angabe über die Art des verwendeten Kunststoffs, sondern - wie der eigene Mitarbeiter der Antragstellerin, der die Joghurtbecher Ende Januar 2010 im Einzelhandel entdeckte (Anlage rop 12) - als Herstellerkürzel der Antragsgegnerin erkennen; dies bestätigen zusätzlich die mit der Berufung vorgelegten Erklärungen verschiedener Vertreter von Verpackungsunternehmen und Einkäufern von Molkerei-Unternehmen (Anlage BK 8) und das Gutachten des Fraunhofer-Instituts (Anlage BK 9).

Aber auch eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne, die bei identischer Leistungsübernahme trotz unterschiedlicher Herstellerkennzeichen auf den Produkten grundsätzlich in Betracht kommt, wenn die angesprochenen Verkehrskreise mit einer neuen Serie oder einer Zweitmarke des Originalherstellers rechnen oder annehmen, es bestünden lizenz- oder gesellschaftsvertragliche Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen (BGH, GRUR 2001, 251 [253f.] = WRP 2001, 153 - Messerkennzeichnung; GRUR 2001, 443 [GRUR 445f.] = WRP 2001, 534 - Viennetta; GRUR 2009, 1069 = WRP 2009, 1374 [Rn. 15] - Knoblauchwürste; GRUR 2009, 1073 = WRP 2009, 1372 [Rn. 15] - Ausbeinmesser), ist im Streitfall nicht glaubhaft gemacht. Auf Grund der vorgelegten Bestätigungen von Einkäufern mehrerer Molkerei-Unternehmen (Anlage BK 8) hat der Senat davon auszugehen, dass das Konkurrenzverhältnis zwischen den Parteien in der Branche ebenso bekannt ist wie die einschlägigen (eindeutigen) Herstellerkürzel, so dass für die Fachkreise die Herkunft von mit "OPA" oder "OPS" (statt "gpi") gekennzeichneten Joghurtbechern aus einem mit der Antragstellerin organisatorisch verbundenen Unternehmen fern liegt.

Wegen der bei den fachkundigen Abnehmern vorauszusetzenden Kenntnis der Marktverhältnisse und der Produktpaletten der verschiedenen Hersteller kann im Ergebnis auch keine Fehlvorstellung des Inhalts angenommen werden, dass die angegriffenen Erzeugnisse aus dem Unternehmen des Originalherstellers der seit Mitte der 1990er Jahre vertriebenen, über gewisse Bekanntheit verfügenden K3-Becher stammten. Bei identischen Produkten wird der interessierte Betrachter zwar oft annehmen, die beiden Produkte stammten von demselben, ihm nicht notwendig namentlich bekannten Hersteller (vgl. BGH, GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 36] - Gartenliege). Die im Streitfall angesprochenen Fachkreise haben aber keinen Anlass, die von ihnen in großer Stückzahl zu beschaffenden Joghurtbecher allein nach ihrer äußeren Gestaltung einem bestimmten Herstellerunternehmen zuzuordnen. Dass der Becher der Antragsgegnerin insbesondere wegen der identischen Ausgestaltung der Wulst Assoziationen an den K3-Becher der Antragstellerin wecken kann, genügt für die Annahme einer wettbewerbswidrigen Herkunftstäuschung nicht (vgl. BGH, GRUR 2005, 166 [170] = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen m.w.N.). Eine trotz alledem etwa noch verbleibende Gefahr der Herkunftstäuschung wäre für die Antragsgegnerin unvermeidbar. Denn eine solche Gefahr kann zum einen nicht mit der Übernahme von Gestaltungsmerkmalen begründet werden, die dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Erwartung der Abnehmer der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen (vgl. BGH, GRUR 2005, 600 [603] = WRP 2005, 878 - Handtuchhalter; GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 35] - Gartenliege; GRUR 2010, 80 = WRP 2010, 94 [Rn. 27] - LIKEaBIKE), was in Bezug auf die Ausgestaltung der streitbefangenen charakteristischen Wulst am unteren Becherrand - auch wenn sie in dieser Form technisch nicht notwendig war - durchaus bejaht werden kann; zum anderen hat die Antragsgegnerin aber auch mit Anbringung ihres eindeutigen Herstellerkürzels auf dem angegriffenen Produkt alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um eine Täuschung der Fachkreise über die betriebliche Herkunft auszuschließen.

d) Einer unangemessenen Ausnutzung der Wertschätzung des Leistungsergebnisses der Antragstellerin im Sinne von § 4 Nr. 9 b UWG steht entgegen, dass die Nachahmung eines - wie hier - nicht unter Sonderrechtsschutz stehenden Produkts im Allgemeinen keine unlautere Rufausbeutung darstellt, wenn auf Grund unterschiedlicher Kennzeichen die Gefahr einer Verwechslung des Originalerzeugnisses und der Nachahmung ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 15.04.2010 - I ZR 145/08 - Femur-Teil [Rn. 41 f.; Leitsatz c]). Insbesondere bei einem nur über geringe wettbewerbliche Eigenart verfügenden nachgeahmten Produkt - wie im Streitfall - reicht eine lediglich Assoziationen an das fremde Erzeugnis weckende Annäherung an charakteristische Merkmale für eine unangemessene Übertragung von Gütevorstellungen nicht aus. Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung - oder gar die Annahme einer unangemessenen Rufbeeinträchtigung durch relevante qualitative Abweichungen zwischen den Produkten der Parteien - rechtfertigen könnten, hat die Antragstellerin nicht dargetan; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.






OLG Köln:
Urteil v. 29.10.2010
Az: 6 U 119/10


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