Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. März 2011
Aktenzeichen: 25 W (pat) 50/10

(BPatG: Beschluss v. 03.03.2011, Az.: 25 W (pat) 50/10)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 29. Mai 2008 angemeldete Wortmarke Wellslimist am 20. August 2009 für zahlreiche Waren der Klassen 5, 29, 30 und 32 u. a. für

"pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Diätnahrungsmittel für medizinische Zwecke, insbesondere Speisen wie Diätspeisen, Diätsuppen, Diätgetränke, Diätmüsli, diätetische Substanzen für medizinische Zwecke, diätetische Nahrungsmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Eiweiß, Fetten, Aminosäuren und Kohlenhydraten, entweder einzeln oder in Kombination."

in das Markenregister unter der Nummer 30 2008 034 808 eingetragen worden.

Dagegen hat die Inhaberin der für Waren der Klassen 3, 5, 29, 30 und 32, u. a.

"pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, Vitamine, Magnesiumpräparate, Brausetabletten für medizinische Zwecke,"

seit dem 10. Juli 2002 in das Markenregister unter der Nummer 302 02 034 eingetragenen Wortmarke Well & Slim Widerspruch erhoben.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat hierzu im Verfahren vor dem Markenamt vorgetragen, dass die Marke im Rahmen von Aktionen im Discount-Bereich des Lebensmitteleinzelhandels in den Monaten Februar 2005 und März 2007 rechtserhaltend benutzt worden sei und weitere Aktionen dieser Art geplant seien. Zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende Fotos von für die Verkaufsaktionen gestalteten Produktverpackungen vorgelegt (Bl. 22 -24 d.Patentamtsakten).

Die Markenstelle der Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamtes hat den Widerspruch mit Beschluss durch eine Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken bestehe. Die angegriffene Marke halte gegenüber der Widerspruchsmarke, die über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfüge, den gebotenen Abstand ein, selbst wenn die beiden Marken sich auf identischen Waren begegneten und damit erhöhte Anforderungen an den Markenabstand zu stellen seien. Die beiden Wortmarken seien in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht nicht verwechselbar. Sie würden sich bereits auffällig durch ihre Wortlänge unterscheiden, wobei entgegen der Auffassung der Widersprechenden der Verkehr das "&" in der Wortfolge der Widerspruchsmarke beachte. Eine schriftbildliche Ähnlichkeit sei aufgrund der typischen Umrisscharakteristik des kaufmännischen "&", über das nur die Widerspruchsmarke verfügt, ausgeschlossen. Auf die Frage der von der Inhaberin der angegriffenen Marke bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke komme es bei dieser Sachlage nicht an.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie meint, dass die Vergleichsmarken nahezu identisch und deshalb verwechselbar ähnlich seien, weil sie sich lediglich durch das nicht prägende "&" in der Mitte der Wortkombination der Widerspruchsmarke unterscheiden. Die Bedeutung dieses allein die Vergleichsmarken unterscheidenden Elements habe die Markenstelle überbewertet. Da der Verkehr im täglichen Sprachgebrauch geneigt sei, ein Füllwort wie das "und" wegzulassen, seien nämlich beide Marken phonetisch identisch. Im Hinblick auf die Warenidentität halte die angegriffene Marke daher bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke keinen ausreichenden Abstand zu der Widerspruchsmarke ein.

Die Widersprechende hält die von der Inhaberin der angegriffenen Marke erhobenene Nichtbenutzungseinrede für rechtsmißbräuchlich, da diese selbst Produkte herstelle, die unter der Marke der Widersprechendenn intensiv vertrieben würden, ihr mithin die Benutzung der Widerspruchsmarke bekannt sei.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamtes vom 5. Juli 2010 die Löschung der angegriffenen Marke 30 2008 034 808 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 302 02 034 anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht weiter geäußert und lediglich auf ihr Vorbringen im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt verwiesen. Sie hatte dort vorgetragen, dass mit den von der Inhaberin der Widerspruchsmarke vorgelegten Unterlagen eine rechtserhaltenden Benutzung nicht nachgewiesen sei. Jedenfalls sei eine Verwechslungsgefahr der beiden Marken zu verneinen. Im Hinblick auf den beschreibenden Anklang der Elemente "Well" und "Slim" und dem damit gegebenen geringen Schutzumfang der Widerspruchsmarke sowie dem teilweise erheblichen Warenabstand zwischen den Vergleichsmarken genüge bereits ein geringer Zeichenabstand, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.

Mit der Ladungsverfügung ist die Widersprechende darauf hingewiesen worden, dass eine ausreichende Benutzung der Widerspruchsmarke nach den bislang im Verfahren befindlichen Unterlagen nicht ansatzweise glaubhaft gemacht sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, da die Widersprechende auf die in zulässiger Weise erhobene Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 26 Abs. 1 MarkenG im maßgeblichen Benutzungszeitraum weder vor der Markenstelle noch im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens glaubhaft gemacht hat. Die Markenstelle hat daher im Ergebnis zu Recht den nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erhobenen Widerspruch gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.

1. Die Markeninhaberin hat im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt mit Schriftsatz vom 18. März 2009 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Sie hat die Nichtbenutzungseinrede nicht zurückgenommen und auch nicht auf sie verzichtet oder die Benutzung der Widerspruchsmarke zugestanden. Dafür, dass die Markeninhaberin entgegen ihrem Bestreiten Kenntnis von einer ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke hat, sind keine Anhaltspunkte gegeben, zumal die Widersprechende selbst keine konkreten Tatsachen für den behaupteten intensiven Vertrieb von Produkten unter der Widerspruchsmarke, die die Markeninhaberin hergestellt haben soll, vorgebracht hat. Dagegen spricht im übrigen der Sachvortrag, dass die Widerspruchsmarke im Rahmen von Aktionen im Disount-Bereich lediglich in den Monaten Februar 2005 und März 2007 benutzt worden sei.

Die Nichtbenutzungseinrede erstreckt sich mangels Differenzierung auf beide Benutzungszeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG (vgl. dazu Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 43 Rn. 19 m. w. N.). Da die am 10. Juli 2002 eingetragene Widerspruchsmarke 302 02 034 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 19. September 2008 auch bereits mehr als fünf Jahre eingetragen war, oblag es der Widersprechenden somit, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke sowohl in den letzten fünf Jahren vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke, § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, als auch in den letzten fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch, § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, nach Art, Zeit, Ort und Umfang glaubhaft zu machen. Mithin hatte die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die Zeiträume vom 19. September 2003 bis 19. September 2008 und vom 3. März 2006 bis 3. März 2011 glaubhaft zu machen. Dies ist aber nicht geschehen.

Die von der Widersprechenden mit Schriftsatz vom 21. April 2009 vorgelegten Unterlagen sind nicht geeignet, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren ".pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, Vitamine, Magnesiumpräparate, Brausetabletten für medizinische Zwecke" oder andere registrierte Waren glaubhaft zu machen. Aus den zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung vorgelegten Unterlagen muss sich eindeutig ergeben, in welcher Form, in welchem Zeitraum, in welchem Gebiet und in welchem Umfang die Benutzung erfolgt ist. Diese Erfordernisse müssen insgesamt erfüllt sein, fehlen z. B. Angaben über Zeit oder Umfang der Benutzung liegt keine ausreichende Glaubhaftmachung vor (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 43 Rn. 52 m. w. Nachw.).

Den vorgelegten Unterlagen lässt sich mangels Vortrages schon nicht entnehmen, in welchem Umfang die Widerspruchsmarke benutzt worden sein soll. Es fehlen jegliche Angaben dazu, welche Umsätze in den relevanten Zeiträumen mit den Waren erzielt wurden, die unter dieser Marke vertrieben worden sein sollen. Eine insoweit zur Glaubhaftmachung geeignete eidesstattliche Versicherung wurde von der Widersprechenden nicht vorgelegt.

Aber selbst wenn zugunsten der Widersprechenden unterstellt wird, dass die Widerspruchsmarke in den Monaten Februar 2005 und März 2007 benutzt worden ist, liegt damit keine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarkei. S. d. § 26 Abs. 1 MarkenG vor. Denn die Marke muss, auch wenn Benutzungshandlungen innerhalb der maßgeblichen Benutzungszeiträume nicht über den gesamten Zeitraum der fünf Jahre erfolgen müssen, in Abgrenzung zur Scheinbenutzung tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent sein (vgl. EuGH GRUR 2008, 343, 346 (Nr. 74) -Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 26 Rn. 51, 53). Diesen Anforderungen genügt die Widerspruchsmarke nicht. Denn eine stetige, stabile Marktpräsenz ist mit einem Warenverkauf für einen Zeitraum von nur jeweils einen Monat in einem Abstand von über zwei Jahren nicht gegeben.

Soweit die Widersprechende ausführt, dass die Widerspruchsmarke in den Monaten Februar 2005 und März 2007 rechtserhaltend benutzt worden sei, stellt dies eine bloße unbeachtliche Rechtsfolgenbehauptung ohne die hierfür erforderliche tatsächliche Substanz dar.

Auf die fehlende Glaubhaftmachung der Benutzung hat der Senat die Widersprechende in der Terminsladung hingewiesen, ohne dass die Widersprechende insoweit bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung nachgebessert hätte.

Mangels berücksichtigungsfähiger Waren auf Seiten der Widerspruchsmarkei. S. d. § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG kann der Widerspruch daher keinen Erfolg haben. Die Frage der Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Vergleichsmarken kann daher als nicht mehr entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

2. Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

Knoll Metternich Grote-Bittner Hu






BPatG:
Beschluss v. 03.03.2011
Az: 25 W (pat) 50/10


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