Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 25. Januar 2013
Aktenzeichen: 11 U 177/07

(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 25.01.2013, Az.: 11 U 177/07)

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 8. Oktober 2007 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam (12 O 555/06) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens (Aktenzeichen des Bundesgerichtshofs IX ZR 75/10) zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Als Sicherheit genügt die schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 195.569,19 €.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen einer von ihm behaupteten Verletzung anwaltlicher Pflichten in Anspruch.

Der Kläger schloss am 09.03.1998 mit der € Versicherungsgesellschaft a. G. einen Vertrag über eine Unfallversicherung ab, wonach ihm im Falle einer unfallbedingten Invalidität ab einem Invaliditätsgrad von 50 % eine monatliche Unfallrente in Höhe von 2.500,00 DM (1.278,23 €) zustehen sollte. Das Versicherungsverhältnis begann am 10.03.1998 um 12:00 Uhr.

Am 07.04.1998 kam es zu einer Verletzung des rechten Auges des Klägers, in deren Folge er auf diesem Auge nahezu vollständig erblindete; das Auge wurde am 22.07.1999 entfernt. Aus der Gliedertaxe der allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 97 folgt hieraus ein Invaliditätsgrad von 50 %.

Der Kläger hatte bei der D€ Versicherung AG und der V€ Versicherung AG weitere Unfallversicherungen abgeschlossen; die D€ Versicherung AG erbrachte die vereinbarten Versicherungsleistungen, die V€ Versicherung AG leistete erst aufgrund eines Urteils des Landgerichts Potsdam vom 09.08.2001, Az.: 13 0 515/99.

Nachdem der Kläger der € Versicherungsgesellschaft a. G. das Unfallereignis mit Schreiben vom 21.04.1998 angezeigt hatte, bat diese ihn zunächst mit Schreiben vom 27.04.1999 um die Angabe seiner Bankverbindung. Mit weiterem Schreiben vom 20.07.1999 lehnte sie ihre Einstandspflicht, mit der Begründung ab, es könne nicht von einer unfreiwilligen Gesundheitsschädigung ausgegangen werden.

Nachdem der Beklagte den Rechtsschutzversicherer des Klägers (€ Rechtsschutz-Service GmbH) mit Schreiben vom 15.02.1999 (Bl. 92 f. d. A.) hinsichtlich aller bestehenden Unfallversicherungen um Kostendeckung für eine gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche gebeten hatte, teilte der Rechtsschutzversicherer mit Schreiben vom 20.10.1999 (Bl. 94 d. A.) mit, lediglich eine alternative Deckungszusage für eine Klage entweder gegen die V€ Versicherung AG oder gegen die € Versicherung a. G. zu erteilen.

Mit Schreiben vom 23.11.1999 (Bl. 97 f. d. A.) wies die € Rechtsschutz-Service GmbH darauf hin, dass beide Unfallversicherungen (V€ Versicherung AG und € Versicherungsgesellschaft a. G.) sich aufgrund der identischen Anspruchsvoraussetzungen zu einer einheitlichen Vorgehensweise entschlossen hätten, und sich der eine Versicherer voraussichtlich dem Ausgang des Rechtsstreits mit dem anderen Versicherer anschließen werde. Der Rechtsschutzversicherer des Klägers riet diesem, vertreten durch den Beklagten, an, sich von der € Versicherungsgesellschaft a. G. eine Bindung an das abschließende Ergebnis des Rechtsstreits gegenüber der V€ Versicherung AG, verbunden mit einem Verzicht auf die Berufung auf Verjährungs- bzw. sonstige Verfallfristen, schriftlich bestätigen zu lassen. Sollte die € Versicherungsgesellschaft a. G. eine solche Bestätigung nicht erteilen wollen, stellte der Rechtsschutzversicherer des Klägers anheim, auf die Sache zurückzukommen. Der Kläger, vertreten durch den Beklagten, verfolgte daraufhin zunächst nur Ansprüche gegenüber der V€ Versicherung AG.

Mit Schreiben vom 13.08.2001 (Bl. 102) forderte der Beklagte die € Versicherungsgesellschaft a. G. auf, mitzuteilen, ob sie bereit sei ihre Einstandspflicht anzuerkennen, da das Urteil im Verfahren gegen die V€ Versicherung AG eindeutig zu Lasten jenes Versicherers ausgegangen sei.

Mit einem an den Beklagten adressierten Schreiben vom 15.08.2001 (Bl. 103 d. A.) erwiderte die € Versicherungsgesellschaft a. G. ihre Leistungspflicht zurzeit nicht anerkennen zu können, da ihr der für die Überprüfung des gegen die V€ Versicherung AG ergangenen Urteils benötigte prozessuale Schriftverkehr aus dem Parallelrechtsstreit nicht vorliege. Daraufhin erwiderte der Beklagten namens des Klägers mit Schreiben vom 20.08.2001 (Bl. 104 f. d. A.) u. a., er werde seinem Mandanten empfehlen, ohne weiteren Schriftwechsel Klage zu erheben. Die € Versicherungsgesellschaft a. G. erklärte mit Schreiben vom 10.09.2001 (Bl. 107 d. A.), dass der Ausgang des im Parallelverfahren von der V€ Versicherung AG beabsichtigten Rechtsmittels abgewartet werden solle. Mit Schreiben vom 11.08.2003 ( Bl. 109 d. A.) informierte der Beklagte die € Versicherungsgesellschaft a. G. darüber, dass die V€ Versicherung AG mit Schriftsatz vom 11.07.2003 die Berufung im Parallelverfahren zurückgenommen hatte und forderte den Versicherer auf, seine Einstandspflicht anzuerkennen, da dieser erklärt habe, sich einer rechtskräftigen Entscheidung im Parallelverfahren zu beugen.

Mit dem an den Beklagten gerichteten Antwortschreiben vom 19.08.2003/Bl. 110 d. A.) führte die € Versicherungsgesellschaft a. G. u. a. aus:

€€ Eine Erklärung mit dem Inhalt, dass wir einer rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren Ihres Mandanten gegen die V€ Versicherung bedingungslos folgen, ist von uns niemals abgegeben worden.

Wir haben mit Schreiben vom 20.07.99 eine Leistung aus der hier bestehenden Unfallversicherung definitiv abgelehnt. Nach dem erstinstanzlichen Urteil haben wir mit Schreiben vom 15.08.2001 eine Anerkennung dieses Urteils ausdrücklich abgelehnt. Wir hatten Sie gebeten, den prozessualen Schriftwechsel zugänglich zu machen, damit wir das Urteil des Landgerichtes eigenständig überprüfen können und gegebenenfalls eine Abänderung unserer Entscheidung vom 20.07.99 in Betracht ziehen können. Dieser Bitte sind Sie nicht nachgekommen und haben Klageerhebung angekündigt. €

Wir sind der Auffassung, dass der Unfallablauf von dem gerichtlich bestellten Gutachter völlig unzulänglich untersucht wurde. Der Gutachter hat sich lediglich mit biologischen Erwägungen befasst, die aber nur einen Teilaspekt der Problematik darstellen. Vorrangige physikalische Gesichtspunkte sind gar nicht erst in Erwägung gezogen worden. Aus unserer Sicht sind in der bisherigen Auseinandersetzung viele Fragen offen geblieben und es sind keine Umstände angesprochen worden, die zur Rücknahme unserer Entscheidung vom 20.07.2003 führen könnten. €€

Mit Schreiben vom 01.09.2003 (Bl. 111 d. A.) bat der Beklagte namens des Klägers dessen Rechtsschutzversicherer um Erteilung der Deckungszusage für einen beabsichtigten Rechtsstreit gegen die € Versicherungsgesellschaft a. G. Nachdem der Rechtschutzversicherer mit Schreiben vom 17.09.2003 (Bl. 113) den Beklagten zu einer Stellungnahme zu den Erfolgsaussichten für das klageweise Vorgehen unter besonderer Berücksichtigung der Verjährungsproblematik aufgefordert hatte, führte der Beklagte in dem an den Rechtsschutzversicherer gerichteten Schreiben vom 24.09.2003 (Bl. 114 f. d. A.) u. a. aus, der Lauf der Verjährungsfrist sei nicht einmal in Gang gesetzt worden. Es sei im Gegenteil so gewesen, dass die Unfallversicherung mit Schreiben vom 27.04.1999 ihre Einstandspflicht gegenüber seinem Mandanten anerkannt und um Bekanntgabe seiner (des Mandanten) Bankverbindung gebeten habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben verwiesen. Mit Schreiben vom 01.10.2003 (Bl. 117 d. A.) wies der Rechtsschutzversicherer den Beklagten darauf hin, eine Anerkenntniserklärung der € Versicherungsgesellschaft a. G. liege nicht vor, so dass zunächst der mögliche Verjährungseintritt zu klären sei.

Mit einem auf den 31.12.2003 datierten Schriftsatz, der bereits am 30.12.2003 bei Gericht einging, erhob der Beklagte als Prozessbevollmächtigter des Klägers sodann Klage gegen die € Versicherung a. G. auf Leistungen aus der Unfallversicherung vom 09.03.1998 (Az.: 10 O 3/04 Landgericht Potsdam) und machte geltend, dass diese ihre grundsätzliche Einstandspflicht bereits mit Schreiben vom 27.04.1999 und im Anschluss daran aufgrund einer telefonischen Zusage am 05.07.1999 anerkannt habe. Die Klage wurde der dortigen Beklagten am 19.02.2004 zugestellt; der erforderliche Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 2.041,20 € wurde mittels eines der Klageschrift beigefügten Schecks beglichen. Der Beklagte hatte den Scheck ausgestellt; das Geld wurde von seinem Konto abgebucht. Die damalige Beklagte erhob die Einrede der Verjährung nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 VVG. Mit Urteil vom 30.08.2004 (Bl. 109 ff. d. BA), wies das Landgericht Potsdam die Klage ab, da die Forderung verjährt sei. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Klägers wurde mit Urteil des 13. Zivilsenates des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18.01.2006, Az.: 13 U 170/04 (Bl 327 ff d. BA.) zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der jeweiligen Begründungen wird auf die Urteile des Landgerichts Potsdam vom 30.08.2004 (10 O 3/04: B1. 109 d. A.) und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18.01.2006 (10 0 3/04: Bl. 327 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei aufgrund des erteilten Mandats verpflichtet gewesen, den Lauf der Verjährungsfristen zu überwachen. Er (der Beklagte) habe die Klage daher trotz entsprechenden Hinweises seiner (des Klägers) Rechtsschutzversicherung schuldhaft erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erhoben.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass der Beklagte ihm lebenslang monatlich 1.278,23 €, beginnend ab dem 01.08.2007, zu zahlen habe,

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 141.883,53 € nebst Zinsen für das Jahr in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf monatlich jeweils 1.278,23 €€ beginnend ab dem 01.05.1998, zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen:

Der Kläger habe ihn zunächst nur mit der außergerichtlichen Interessenwahrnehmung gegenüber den drei Unfallversicherern sowie mit der Einholung von Kostendeckungszusagen für deren gerichtliche Durchsetzung bei seiner (des Klägers) Rechtsschutzversicherung mandatiert. Der Kläger habe jedoch dass in Rechnung gestellte Anwaltshonorar für die Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber der D€ Versicherung AG in Höhe von 2.109,53 € (4.125,88 DM) sowie den für die Erhebung der Klage gegen die € Versicherungsgesellschaft a. G. erforderlichen Gerichtskostenvorschuss nicht beglichen. Er habe den Kläger im Übrigen dahingehend beraten, Klage gegen beide Versicherungen zu erheben, der Kläger habe jedoch das hiermit verbundene Kostenrisiko gescheut. Anlässlich einer Besprechung in seinen Kanzleiräumen am 15.10.2003 sei sodann ein gerichtliches Vorgehen sowohl gegen die Rechtsschutzversicherung als auch gegen die € Versicherungsgesellschaft a. G. erörtert worden. Dabei sei eine Aufstellung der voraussichtlichen Kosten eines Rechtsstreits gegen den Unfallversicherer erstellt worden. Diese habe der Kläger nach seinen Angaben nicht tragen können. Einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe habe er (Beklagter) aufgrund eines im Eigentum des Klägers stehenden Einfamilienhauses keine Erfolgsaussicht eingeräumt. Letztlich habe er den Kläger daher aufgefordert, die ausstehende Rechnung sowie den Gerichtskostenvorschuss zu begleichen, weil er jedenfalls ohne Zahlung des Gerichtskostenvorschusses nicht tätig werden würde. In der Folge habe der Kläger ihm sodann noch mehrfach telefonisch mitgeteilt, zur Begleichung dieser Forderungen nicht in der Lage zu sein. Der Kläger sei sich des drohenden Eintritts der Verjährung bewusst gewesen. Diese Frage sei am 15.10.2003 Gesprächsgegenstand gewesen. Zudem habe der Kläger zuvor in einem an ihn (Beklagten) gerichteten Schreiben vom 08.10.2003 (Bl. 119 ff d. A.) seine rechtliche Auffassung zur Verjährungsfrage geäußert.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch aus einer positiven Forderungsverletzung des Anwaltsvertrages i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB zu, da es der Beklagte schuldhaft verabsäumt habe, den Eintritt der Verjährung des klägerischen Anspruchs gegenüber der € Versicherungsgesellschaft a. G. zu verhindern. Da die damalige Beklagte mit Schreiben vom 20.07.1999 mitgeteilt habe, eine unfreiwillige Gesundheitsschädigung könne nicht angenommen werden, die Voraussetzungen für eine Leistung aus der Unfallversicherung lägen damit nicht vor, sei der Beginn der Verjährung mit Ablauf des 31.12.1999 anzusetzen. Ein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis der € Versicherung AG liege nicht vor, da sowohl das Schreiben des Versicherers vom 27.04.1999 als auch das vom Beklagten behauptete Telefonat vom 05.07.1999 zeitlich vor dem Beginn der Verjährungsfrist gelegen und daher keinen Neubeginn der Verjährung nach § 208 BGB a. F. hätten auslösen können. Im Übrigen enthalte das Schreiben der € Versicherungsgesellschaft a. G. vom 27.04.1999 kein Anerkenntnis der Forderungen. Auch im Hinblick auf das behauptete Telefonat erscheine dies angesichts der vom Beklagten gefertigten Gesprächsnotiz zweifelhaft, da neben der Zusage einer Zahlungsanweisung in Höhe von 25.000,00 DM die Einholung weiterer ärztlicher Auskünfte begehrt worden sei.

Von einer Hemmung der Verjährung nach § 12 Abs. 2 VVG sei vorliegend nur in der Zeit vom 15.08.2001 bis zum 22.08.2001 sowie in der Zeit vom 11.09.2001 bis zum 25.08,2003 auszugehen, so dass die Verjährung kurz vor der Einreichung der Klage im Dezember 2003 eingetreten sei.

Da der Beklagte nicht rechtzeitig Klage erhoben oder anderweitig den Eintritt der Verjährung der Ansprüche des Klägers gegenüber der € Versicherungsgesellschaft a. G. verhindert habe, habe er die ihm aufgrund seines Mandats übernommenen Pflichten verletzt. Soweit der Beklagte einwende, mit dem Kläger anlässlich des Gesprächs am 15.10.2003 auch die Frage der Verjährung erörtert zu haben, sei sein Vortrag hierzu trotz entsprechenden Hinweises nicht hinreichend substanziiert. Insbesondere habe er die konkrete anlässlich dieses Gesprächs erörterte rechtliche Einschätzung der Verjährung nicht dargetan. Gleiches gelte soweit der Beklagte meine, eine Pflichtverletzung komme auch im Hinblick auf seinen, vom Kläger nicht beglichenen Honoraranspruch und wegen der Nichteinzahlung des Gerichtskostenvorschusses durch den Kläger nicht in Betracht. Zwar könne sich aus solchen Umständen grundsätzlich ein Mitverschulden des Mandanten eines Rechtsanwaltes ergeben. Dies gelte jedoch nur, wenn der Anwalt den Mandanten hinreichend deutlich auf die hiermit verbundenen Folgen hingewiesen habe. Gerade ein solch ausdrücklicher, konkreter Hinweis auf die Verjährungsproblematik sei seitens des insoweit sekundär darlegungsbelasteten Beklagten nicht dargetan worden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Klageerhebung letztlich erfolgt und der Gerichtskostenvorschuss mittels eines Schecks mit der Klageschrift eingereicht worden sei.

Gegen dieses Urteil auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (§ 540 Abs.1 S.1 Nr.1 ZPO), richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vorbringens - im Wesentlichen wiederholend - wie folgt ausführt:

Er sei nicht verpflichtet gewesen bis zum 31.12.2001 Klage zu erheben, da sich der Kläger damals entschieden habe, nur die V€ Versicherung zu verklagen, weil dessen Rechtsschutzversicherer Deckungszusage nur für ein Verfahren erteilt habe.

Sein erstinstanzliches Vorbringen zum Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Besprechung vom 15.10.2003 sei ausreichend gewesen: Der Termin habe zweieinhalb Stunden gedauert. Wesentlicher Gesprächsgegenstand sei die Verjährungsfrage gewesen. Selbstverständlich könne das Gericht von ihm nicht verlangen auszuführen, mit welchem Wortlaut er den Kläger über die drohende Verjährung beraten habe. Es reiche vollständig aus, dass er über die drohende Verjährung beraten und sofort zur Klageerhebung geraten habe. Er habe das rechtsanwaltliche Beratungsgespräch am 15.10. 2003 mit dem Thema €Anerkenntnis€ begonnen. Der Rechtsanspruch des Klägers gegenüber der € Versicherungsgesellschaft a. G. sei am 15.10.2003 nicht verjährt gewesen. Er habe sich seinerzeit auf das Schreiben der € Versicherungsgesellschaft a. G. vom 27.04.1999 (vgl. Bl. 133 d. A.) gestützt. Aus seiner Sicht habe dieses Schreiben ein Anerkenntnis dargestellt. Er habe den Kläger aber bei diesem Beratungsgespräch deutlich darauf hingewiesen, dass man dies rechtlich auch anders werten könne. Insbesondere habe er ihm gesagt, dass eine Verjährung drohen könne, wenn nicht €sofort€ gegen die € Versicherungsgesellschaft a. G. geklagt werde.

Er habe sein weiteres Tätigwerden allerdings von der Bezahlung ausstehender Rechnungen abhängig gemacht. Er habe zudem gesagt, der Kläger müsse den Gerichtskostenvorschuss einzahlen. Es sei eine klare Bedingung gewesen: Erst zahlen, dann klagen.

Der Kläger sei weder bereit gewesen, die Außenstände zu begleichen, noch den Gerichtskostenvorschuss zu zahlen, noch Prozesskostenhilfe zu beantragen, da er letzteres auf Grund seiner finanziellen Verhältnisse - zutreffend - für nicht aussichtsreich gehalten habe.

Für ihn (Beklagten) wäre es ein Einfaches gewesen, die Klageschrift gegen die € Versicherungsgesellschaft a. G. zu formulieren und fertig zu stellen, da insoweit quasi ein Vorstück mit der Klage gegen die V€ Versicherung vorgelegen habe.

Dass er (Beklagter) nachträglich mit eigenem Geld Klage erhoben habe, bedeute nicht, dass er hierzu verpflichtet gewesen sei.

Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Versicherer zu einem Verzicht auf die Verjährungseinrede zu bewegen.

Der Kläger verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil und führt im Wesentlichen ergänzend noch aus:

Der Beklagte habe sich allein auf das angebliche Anerkenntnis gestützt und es unterlassen, ihn auf die Verjährungsproblematik hinzuweisen. Es verwundere, dass der Beklagte nicht bereits in erster Instanz vorgetragen habe, ihn (Kläger) im Beratungsgespräch am 15.10.2003 auf die mögliche Verjährung hingewiesen zu haben. Dieser Umstand spreche dafür, dass ein solcher Hinweis nicht erfolgt sei. Da der Beklagte die anwaltliche Handakte nicht herausgegeben habe - dieser Umstand ist zwischen den Parteien unstreitig geblieben - sei ihm eine Beweisvereitelung vorzuwerfen.

Er habe sich nicht geweigert, Altschulden zu begleichen. Zwar habe der Beklagte Mandate möglicherweise nicht abgerechnet. Bevor es zum streitgegenständlichen Verfahren gekommen sei, habe der Beklagte aber keine Rechnung gestellt, so dass diesem keine fälligen Forderungen zugestanden hätten. Der Beklagte habe die Klageerhebung im Übrigen nicht aus diesem Grund verweigert bzw. nicht deshalb verspätet die Klage eingereicht. Der Beklagte habe für das Klageverfahren auch keinen Vorschuss verlangt. Er (Kläger) sei noch in der Rechtsmittelinstanz im Verfahren gegen die € Versicherung a. G. davon ausgegangen, dass sein Rechtsschutzversicherer die Verfahrenskosten trage. Erst im Revisionsverfahren habe er erfahren, das dies nicht der Fall sei. Der Beklagte habe ihm, nachdem in zweiter Instanz das Urteil zugunsten der € Versicherungsgesellschaft a. G. ergangen sei, ein Prozesskostenhilfeformular vorgelegt. Dies habe er (Kläger) nicht ausgefüllt, weil er gewusst habe, dass ihm angesichts seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden würde.

Der Beklagte lasse bewusst offen, weshalb er schließlich doch die Klage eingereicht habe.

Der Senat hat mit Urteil vom 23.02.2010 die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Beklagte mit Erfolg Beschwerde eingelegt. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 09.06.2011 die Entscheidung des Senats vom 23.02.2010 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - zurückverwiesen.

Danach hat der Beklagte im Berufungsverfahren wie folgt weiter schriftsätzlich vorgetragen, wobei der Senat das Vorbringen knapp zusammenfasst und im Übrigen wegen dessen weiterer Einzelheiten auf den betreffenden Akteninhalt Bezug nimmt:

Zunächst hat der Beklagte - insoweit bisherigen Sachvortrag wiederholend - zusammenfassend einen Teil seiner schriftlichen Korrespondenz mit der € Unfallversicherung, der € Rechtsschutzversicherung und dem Kläger geschildert.

Der mit dem Kläger für den 15.10.2003 vereinbarte Besprechungstermin, so der Beklagte, habe ca. zweieinhalb Stunden gedauert. Soweit erinnerlich sei zunächst das Schreiben der €€€ vom 27.04.1999 Gegenstand des Gesprächs gewesen. Dabei sei erörtert worden, ob es sich um eine rechtsgeschäftliche Erklärung handele oder nicht, ob es sich um ein deklaratorisches oder ein konstitutives Schuldanerkenntnis handele und es damit eine eigene Anspruchsgrundlage bilden könne, ob das Anerkenntnis verjährungsausschließend wirken könne oder zumindest dergestalt, dass sich die €€€ gemäß § 242 BGB nicht €auf das Gegenteil berufen könne€. Der Kläger habe Erörterungsbedarf - und erheblichen Beratungsbedarf - dahin gehend angemeldet, ob überhaupt ein wirksamer Versicherungsvertrag mit der €€€ geschlossen worden sei.

Einen weiteren erheblichen Besprechungszeitraum habe auch eingenommen, dass der Kläger Brillenträger gewesen sei und in der Literatur erörtert werde, dass das Tragen einer Brille mit einem Invaliditätszuschlag von 3 % zu bewerten sei und daher eine Vorschädigung von mindestens 3 % angenommen werden könne, was bei dem Kläger dazu führen könne, dass €er unter 50 % läge und damit gegebenenfalls keine Leistungen beanspruchen könne€.

Einen ganz umfangreichen Erörterungsgegenstand hätten die €Verjährungsproblematiken€ gebildet. Hierzu habe der Kläger vorab zahlreiche Entscheidungen und Aufsätze eingereicht, Stellung genommen und selbstverständlich hierzu Beratung verlangt.

Die in seiner Kanzlei für ihn damals tätig gewesene Zeugin K€ sei auf seine, des Beklagten, Aufforderung in den Besprechungsraum gekommen, in welchem er zusammen mit dem Kläger gesessen habe. Dort habe sie den Auftrag erhalten, eine Kostenberechnung für zwei Instanzen vorzunehmen, Kostenvorschussnoten zu erstellen und die €alten Rechnungen€ beizubringen. Dies habe die Zeugin, die unter anderem die Dauer der Besprechung, nämlich ca. zweieinhalb Stunden, bekunden könne, erledigt; sie habe die gewünschten Unterlagen in das Besprechungszimmer gebracht.

Von wesentlicher Bedeutung für die Beurteilung der Verjährungsproblematik sei nicht nur das Schreiben der €€€ vom 10.09.2001, sondern selbstverständlich auch deren Schreiben vom 19.08.2003, jeweils gerichtet an den Beklagten, gewesen. Selbstverständlich sei unmittelbar Eile geboten gewesen. Das €sei ja auch erfolgt€. Der Kläger indessen habe wochenlang nicht reagiert und erst zum 15.10.2003 einen Besprechungstermin vereinbart.

Im Ergebnis der Besprechung habe er, der Beklagte, dem Kläger empfohlen, €sofort€ Klage zu erheben, was völlig eindeutig sei; dies - selbstverständlich - nicht mit der Maßgabe, dass der Kläger ihn, den Beklagten, habe beauftragen müssen. Es habe ein Mandat zur außergerichtlichen Vertretung bestanden, und selbstverständlich sei der Kläger berechtigt gewesen, jeden beliebigen Anwalt mit der Interessenvertretung zu beauftragen. Ihm, dem Beklagten, allerdings wäre es möglich gewesen, die Klage sofort einzureichen. Eine Abänderung der Klage gegen die €V€€ in eine solche gegen die €€€ hätte angesichts der schreib- und computertechnischen Fähigkeiten der Zeugin K€ nur wenige Minuten gedauert. Der Kläger indessen sei nicht bereit gewesen, den €obligatorischen€ Gerichtskostenvorschuss, den ihm schriftlich €vorgelegten€ Anwaltsvorschuss und seine alten Rechnungen zu zahlen, sondern er sei der Meinung gewesen, er, der Beklagte, könne sich das Geld ja nach dem Prozess gegen die €€ Versicherung€ von dieser holen. Dies sei die erklärte Meinung des Klägers gewesen; dieser habe er, der Beklagte, einfach widersprochen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 8. Oktober 2007 verkündeten Urteils der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - Az.: 12 O 555/06 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat sich zur Verteidigung gegen das Rechtsmittel des Beklagten nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an den Senat durch den Bundesgerichtshof - zusammengefasst - wie folgt schriftsätzlich geäußert:

Seine bisherige Argumentation im Kern wiederholend macht der Kläger geltend, der Beklagte habe die Verjährungsfrist nach § 12 I 1 VVG in der rechtlichen Auseinandersetzung mit der €€ Versicherung€ verstreichen lassen, ohne seine, des Klägers, Ansprüche zu sichern, was indessen dem €sichersten Weg€ entsprochen hätte. Ebenso habe der Beklagte die Mehrzahl etwaiger Hemmungszeiträume verstreichen lassen, ohne dafür zu sorgen, dass eine Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung oder eine €Bindungszusage€ der €€ Versicherung€ vorgelegen habe. Offensichtlich sei dem Beklagten auch bis zu dem Zeitpunkt seiner Klageerhebung die Verjährung der Ansprüche des Klägers nicht €bekannt€ gewesen. Offenkundig sei die Verjährungsfrist auch nicht ordnungsgemäß in dem Fristenkalender und der Akte des Beklagten notiert worden.

Es stimme nicht, dass der Beklagte ihn, den Kläger, am 15.10.2003 zur sofortigen Klageer-hebung aufgefordert habe. Zwar sei in dem Termin an diesem Tag über Verjährung gesprochen worden. Allerdings habe der Beklagte ihm erklärt, es liege ein Anerkenntnis der €€ Versicherung€ vor, weshalb der Lauf der Verjährungsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei. Es sei nicht plausibel, dass der Beklagte zur sofortigen Klageerhebung aufgefordert haben solle.

Angesichts eigener gravierender Versäumnisse sei der Beklagte bereits am 15.10.2003 verpflichtet gewesen, alles zu tun und notfalls auch eigene Mittel einzusetzen, um einen Schaden von ihm, dem Kläger, abzuwenden. Der Rechtsschutzversicherer hätte, so der Kläger, am 15.10.2003 sicherlich bereits Deckungszusage erteilt, hätte der Beklagte €die Anfrage zur Verjährung€ beantwortet.

Die Begleichung der am 15.10.2003 überreichten Honorarrechnung für den gegen die D€ geführten Rechtsstreit habe nicht zur Voraussetzung für die Erhebung der Klage gegen die €€ Versicherung€ gemacht werden dürfen. Dies sei rechtsmissbräuchlich gewesen, denn die Angelegenheit sei schon länger als ein Jahr abgeschlossen gewesen.

Da der Beklagte ihm, dem Kläger, die Einsicht in seine Handakte verwehre, dürfte die €Beweislast€ für den Inhalt des Gesprächs vom 15.10.2003 bei dem Beklagten liegen.

Dass der Beklagte in der ersten Instanz stets die Auffassung vertreten habe, wegen eines Anerkenntnisses des Versicherers könne gar keine Verjährung eintreten, sei auch Inhalt des Beratungsgespräches gewesen sei. Darin habe er, der Kläger, ausdrücklich verlangt, dass die Verjährungsproblematik von dem Beklagten erläutert und auch mit dem Rechtsschutzver-sicherer geklärt werde. An die Erörterung weiterer Verjährungsproblematik könne er sich jedoch nicht erinnern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften des Landgerichts und des Senats ergänzend Bezug genommen. Das gilt, wie bereits ausgeführt, insbesondere für die Schriftsätze, die nach dem in der Revisionsinstanz ergangenen Urteil in dem weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens eingegangen sind.

Der Senat hat Beweis erhoben durch eine ergänzende Anhörung des Sachverständigen Dr. med. C€ zu dessen rechtsmedizinischem Gutachten vom 27.12.2002, eingeholt im Verfahren V€ Versicherungs AG ./. J€, Az.: 14 U 114/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht (Anlage K 2 zur Klageschrift). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.11.2009 (Bl. 360 ff. d. A.) und die ergänzende schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen vom 06.11.2009, die dem Inhalt seiner mündlichen Ausführungen vor dem Senat entspricht, Bezug genommen (Bl. 365 ff. d. A.).

Die Akten 10 O 3/04 Landgericht Potsdam (= 13 U 170/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht) und 12 O 515/99 Landgericht Potsdam (= 14 U 114/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht) lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Der Senat hat - nach Zurückverweisung der Sache an ihn durch das Urteil des Bundesgerichtshofs - beide Parteien nach § 141 ZPO zu dem Sachverhalt angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschriften vom 10.08.2012 (Bl.587 ff. d. A.) sowie vom 27.11.2012 (Bl. 620 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Senat hat außerdem weiteren Beweis erhoben durch die Vernehmung der von dem Beklagten benannten Zeugin G€ K€. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27.11.2012 (Bl. 628 ff. d. A.) Bezug genommen.

II.

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und in der verlängerten Frist des § 520 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß begründete Berufung des Beklagten ist zulässig.

III.

In der Sache führt das Rechtsmittel zur Abänderung des angefochtenen Urteils. Die Klage ist abzuweisen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts, welcher der Senat in seiner Entscheidung vom 23.02.2010 im Ergebnis noch gefolgt ist, steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch mangels einer dem Beklagten anzulastenden positiven Forderungsverlet-zung des Rechtsanwaltsvertrages der Parteien nicht zu. Eine Pflichtverletzung mit der Folge eines den Kläger belastenden Vermögensnachteils lässt sich nicht feststellen, insbesondere nicht, dass der Beklagte es unterlassen habe, seiner anwaltlichen Sorgfaltspflicht entsprechend den Kläger darüber aufzuklären, wann spätestens eine Klage gegen den Unfallversicherer einzulegen sei, um einen Verjährungseintritt zu verhindern.

Dies ist das Ergebnis der Anhörung beider Parteien in Anwendung des § 141 ZPO sowie der ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme.

Hinsichtlich der Verjährungsfrage schließt sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen allerdings den zutreffenden Ausführungen der Kammer an (Seite 6, letzter Absatz, bis Seite 8, Ende, des angefochtenen Urteils).

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten ist ein Anwaltsvertrag gem. §§ 675 I, 611 BGB zustande gekommen. Dessen Gegenstand war jedenfalls die außergerichtliche Interessenwahrnehmung der Rechte des Klägers u. a. gegenüber der € Versicherungsgesellschaft a. G. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts [Seite 9, Zeile 3 ab: €Dabei..€ bis Zeile 18: €€Rn. 292)€] wird verwiesen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrages verpflichtet, innerhalb der Grenzen des (auch beschränkten) Mandats die Interessen seines Auftraggebers nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen (BGH, Urt. v. 09.07.2009, Az.: ZR 88/08 m.w.N.). Dem Auftraggeber hat der Anwalt diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Dabei muss er den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Deshalb hat der Anwalt insbesondere auch darauf zu achten, ob dem Mandanten zwischenzeitlich wegen eines materiellrechtlichen oder prozessualen Fristablaufs ein Rechtsverlust droht, und dem durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2001, Az.: IX ZR 278/00; Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl., Rn. 1749 ff.).

In Rechtsstreitigkeiten wie der vorliegenden wird das berechtigte Interesse des Aufraggebers des Rechtsanwaltes, mit seiner Klage nicht infolge unerfüllbarer Beweisanforderungen zu scheitern, dadurch gewahrt, dass das Bestreiten des Anwaltes nur erheblich ist, wenn dieser konkret darlegt, wie die Beratung ausgesehen hat, die er erbracht haben will. Der Anwalt kann sich also nicht damit begnügen, den Vorwurf allgemein in Abrede zu stellen. Vielmehr muss er den Gang der Besprechung schildern, insbesondere konkrete Angaben darüber machen, welche Belehrungen und Ratschläge er erteilt und wie der Mandant darauf reagiert hat (BGH, Urt. v. 09.06.1994, Az.: IX ZR 125/93). Die Anforderungen an die Substanziierung richten sich nach den Umständen des Einzelfalles. Keinesfalls wird verlangt, dass der Rechtsanwalt die Gespräche mit dem Mandanten nach Ort und Zeit genau einordnet. Grundsätzlich genügt die nähere Erläuterung, wie er die von ihm jeweils geschuldete Pflicht erfüllt haben will (BGH, Urt. v. 09.06.1994, Az.: IX ZR 125/93; Fischer in Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn. 958f, S. 545 jeweils m.w.N.). Ist dies geschehen, muss der klagende Mandant die von seinem früheren Berater gegebene Schilderung widerlegen.

Eine Beweisvereitelung durch den Beklagten, die hier zu einer Umkehr der Beweislast zu seinem Nachteil führen könnte, ist zunächst nicht ersichtlich. Eine solche folgt entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte seine Handakte nicht an den Kläger zur Einsichtnahme herausgegeben hat. Handakten des Rechtsanwalts im Sinne von § 50 Abs. 2 und 3 BRAO sind nur Schriftstücke, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, nicht aber der Briefwechsel zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber und die Schriftstücke, die dieser bereits in Urschrift oder Abschrift erhalten hat (§ 50 Abs. 4 BRAO). Um Schriftstücke im Sinne dieser Regelung ging bzw. geht es dem Kläger bei seinem Herausgabe- bzw. Einsichtsnahmeverlangen indes nicht. Vielmehr will er aus dem - von ihm behaupteten - Schweigen der Handakte zu den hier streitigen Verjährungsfragen folgern, der Beklagte habe ihn nicht im ausreichenden Maße beraten. Auch wenn der Beklagte den von ihm behaupteten Beratungsgegenstand möglicherweise nicht dokumentiert hätte, führte dies aber nicht zu einer Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung zugunsten des Klägers, da eine solche Pflicht für Rechtsanwälte nicht besteht (vgl. BGH, Urt. v. 13.06.208, V ZR 114/07; Urt. v. 11.10.2007, IX ZR 105/06). Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich aus dem zwischen den Parteien bestehendem Anwaltsvertrag insoweit etwas anderes ergibt.

Vor dem Hintergrund der nach diesen Grundsätzen zu bewertenden, im Ergebnis den Kläger treffenden Darlegungs- und Beweisobliegenheit muss dem Klagebegehren der Erfolg versagt bleiben. Der Kläger hat eine ihm zum Nachteil gereichende Pflichtverletzung des Beklagten nicht bewiesen. Dies ist das Ergebnis der umfassenden Würdigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung (§ 286 ZPO).

Der Senat hat, insoweit den von dem Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 09.06.2011 gemachten verfahrensrechtlichen Vorgaben folgend, beide Parteien nach § 141 ZPO zu dem Inhalt ihres unstreitig am 15.10.2003 in den Kanzleiräumen des Beklagten geführten Gesprächs angehört, wobei es sich allerdings nicht - jedenfalls nicht vollständig - um ein Vieraugengespräch handelte, wie noch auszuführen sein wird. Hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Äußerungen der Parteien wird erneut auf die Sitzungsniederschriften des Senats vom 10.08.2012 (Bl. 587 ff. d. A.) und vom 27.11.2012 (Bl. 620 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entsprechend seiner sekundären Darlegungsobliegenheit hat der Beklagte den Gang der Besprechung geschildert, insbesondere - nunmehr mündlich - vorgetragen, welche Belehrungen und Ratschläge er dem Kläger erteilt und wie dieser darauf reagiert habe. Der Beklagte verbleibt bei seiner Behauptung, dem Kläger geraten zu haben, €sofort€ Klage gegen die € Unfallversicherung zu erheben, womit er nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs seinen anwaltlichen vertraglichen Pflichten - jedenfalls insoweit - grundsätzlich nachgekommen ist.

Der unstreitige Umstand, dass der Beklagte Ende Dezember 2003 die Klage erhob, ohne dass der Kläger den Kostenvorschuss aus eigenen Mitteln beitrug und die noch offenen Forderungen des Beklagten beglichen hatte, spricht entgegen der Auffassung des Klägers nicht ohne weitere Feststellungen, die in diesem Zusammenhang nicht zulasten des Beklagten getroffen werden konnten, gegen die Richtigkeit des Beklagtenvorbringens, nicht einmal zwingend gegen die Plausibilität des Verhaltens des Beklagten.

Denn dies indiziert allenfalls, dass der Beklagte sich auch zu diesem Zeitpunkt (Ende Dezember 2003) - noch - über den Ablauf der Verjährungsfrist im Unklaren war, ein Gesichtspunkt, auf welchen noch an anderer Stelle einzugehen sein wird. Der Beklagte mag sich ungeachtet dessen nachträglich dazu entschieden haben, nun doch noch ohne Beteiligung des Klägers Klage einzureichen, um - auf der Grundlage seiner subjektiven Beurteilung der Rechtslage zu jenem Zeitpunkt - im Interesse des Klägers €sicher€ zu gehen, ihn nämlich vor einem Rechtsnachteil zu schützen. Die Behauptung des Beklagten, dem Kläger zur sofortigen Klageerhebung bereits am 15.10.2003 geraten zu haben, wird damit nicht entkräftet.

Eine wesentliche Bedeutung bei der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes beider gegensätzlicher, in kaum einem Punkt miteinander in Einklang zu bringender Sachverhaltsschilderungen der Parteien kommt den zeitlichen Rahmenbedingungen der Unterredung vom 15.10.2003 zu, die ebenfalls konträr dargestellt werden. Während der Kläger behauptet, es habe sich um eine nur ganz kurze Unterredung von allenfalls 30 Minuten gehandelt, haben die Parteien dem Beklagtenvortrag zufolge ca. zweieinhalb Stunden miteinander gesprochen.

Der Beklagte hat sich - auch - unter diesem tatsächlichen Gesichtspunkt auf das Zeugnis seiner damaligen Mitarbeiterin K€ bezogen. Es war geboten, diesem Beweisantritt nachzugehen, weil er die Möglichkeit verschaffte, die Plausibilität des dem Beklagten - sekundär - obliegenden Sachvortrags zu überprüfen, wozu gerade angesichts der offenkundig angebrachten Zweifel an einer zutreffenden rechtlichen Beurteilung der Verjährungsfrage seitens des Beklagten Anlass gesehen werden konnte.

Die Zeugin K€ hat die Sachverhaltsschilderung des Beklagten in allen wesentlichen Punkten bestätigt, wie der Sitzungsniederschrift über ihre Vernehmung vom 27.11.2012 (Bl. 628 ff. d. A.), auf welche sich der Senat der Einzelheiten wegen erneut bezieht, entnommen werden kann. Sie hat insbesondere die von ihm behauptete - lange - Dauer der Unterredung der Parteien an diesem Tag bekundet, die nach ihrer Aussage den Terminplan des Beklagten weitere Mandantengespräche betreffend vollkommen €durcheinander€ brachte.

An der Glaubwürdigkeit der Zeugin hegt der Senat keine Zweifel; dies ungeachtet ihrer früheren persönlichen Beziehung zu dem Beklagten. Zum einen gründet sich diese Beurteilung auf den von der Zeugin gewonnenen persönlichen Eindruck, zum anderen auf die Vielzahl von Details, die sie zu dem Geschehen zu bekunden vermochte und die bei lebensnaher Betrachtung nur eigener Sachverhaltskenntnis entspringen können. Insbesondere bezieht sich dies auf die Umstände, anhand derer die Zeugin erklärt hat, weshalb sie sich an das Gespräch der Parteien, dessen Dauer, dessen sonstiges räumliches und zeitliches Umfeld so gut erinnern könne. Wegen der Einzelheiten der Zeugenaussage auch insoweit wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Es verbleiben angesichts des Inhalts sowohl der mündlichen Äußerungen beider Parteien nach § 141 ZPO als auch der Aussage der Zeugin K€ Zweifel an der Wahrheit der Darstellung des Klägers, der Beklagte habe ihm am 15.10.2003 nicht geraten, €sofort€ Klage gegen die € Unfallversicherung zu erheben. Diese Zweifel gehen zulasten des Klägers und führen zur Abänderung des angefochtenen landgerichtlichen Urteils.

Dies gälte auch dann, wenn man angesichts der mündlichen Äußerung des Klägers in dem Senatstermin vom 10.08.2012 (Seite 9 der Sitzungsniederschrift, Bl. 606 d. A.) annähme, der Schwerpunkt seines Belehrungs- und Beratungsbedarfs habe am 15.10.2003 nicht in der Berechnung der Verjährungsfrist gelegen, sondern darin, dass der Beklagte nun Klage erheben werde.

Auch insoweit hat der Beklagte nach den von dem Senat gewonnenen Erkenntnissen keine Pflichtverletzung begangen. Zum einen reichte grundsätzlich der dem Kläger erteilte Rat zur sofortigen Klageerhebung, denn er ermöglichte es dem Kläger, in eigener Verantwortung entsprechend zu verfahren, gleichviel, ob unter Mitwirkung des Beklagten oder eines anderen Rechtsanwaltes.

Zum anderen hat der Beklagte wiederholt vorgetragen, es sei zwischen den Parteien am Ende der Besprechung vom 15.10.2003 klar gewesen, dass er, der Beklagte, ohne Leistung des Kostenvorschusses seitens des Klägers - und ohne Begleichung seiner noch offenen Honorar-rechnungen - Klage nicht erheben werde. Auch hierzu hat die Zeugin K€ eindrücklich und detailreich bekundet, dass der Beklagte bei der gemeinsamen Verabschiedung des Klägers an jenem Tag in dessen Anwesenheit auf Frage der Zeugin erklärt habe, der Kläger wünsche eine Klageerhebung nicht, da er hierfür die Kosten nicht tragen wolle. Sie, so die Zeugin, habe daraufhin den Kläger gebeten, sich das €bitte€ zu überlegen, woraufhin dieser geantwortet habe, er habe sein Geld angelegt und könne frühestens im Januar 2004 darüber verfügen, er sei nicht bereit, Vorfälligkeitszinsen zu entrichten.

Es ist davon auszugehen, dass der Beklagte sich diese Aussage der Zeugin K€ auch insoweit als ihm günstig zu Eigen macht, als er selbst von ihr nunmehr bekundete Details des Geschehensablaufs - noch - nicht geschildert hatte.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis des Klägers auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Der Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die grundlegenden, das Urteil tragenden Erwägungen des Senats beruhen auf der Würdigung der tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles. Auch weicht der Senat weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch der eines anderen Oberlandesgerichts ab.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG i.V.m. § 9 Satz 1 ZPO auf 195.569,19 € festgesetzt, wovon 141.883,53 € auf den Klageantrag zu Ziffer 2. und 53.685,66 € auf den Klageantrag zu Ziffer 1. entfallen.






Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 25.01.2013
Az: 11 U 177/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/1a07a573a8a5/Brandenburgisches-OLG_Urteil_vom_25-Januar-2013_Az_11-U-177-07




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