Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 13. Dezember 2007
Aktenzeichen: I-24 U 102/07
(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 13.12.2007, Az.: I-24 U 102/07)
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 11. Mai 2007 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf -Einzelrichter- wird auf seine Kosten zu-rückgewiesen.
2. Der Berufungsstreitwert wird auf 24.370,21 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat der Honorarklage (24.370,21 EUR nebst gesetzlicher Zinsen und vorgerichtlicher Kosten) zu Recht stattgegeben. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine günstigere Entscheidung. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 22. November 2007. Dort hat der Senat ausgeführt:
"1. Der hier umstrittene Vertrag vom 16. Juni 2005, der die rechtliche Beratung und Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten zum Gegenstand hat (§§ 611, 675 BGB, § 3 Abs. 1 BRAO, § 1 Abs. 1 RVG), ist zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits zustande gekommen, wovon das Landgericht zutreffend ausgeht. Die Klägerin ist deshalb (alleinige) Inhaberin der Honorarforderung. Daran ändert nichts die Tatsache, dass das Mandat nicht durch die klagende Rechtsanwältin persönlich, sondern durch deren juristischen Mitarbeiter, den Rechtsassessor L. (künftig: Rechtsassessor) angenommen worden ist und die Erfüllungshandlungen auch (allein) von diesem vorgenommen werden sollten.
a) Ein Anwaltsvertrag kommt, wie jeder sonstige Vertrag auch, nach den allgemein geltenden Regeln des bürgerlichen Rechts, nämlich durch Angebot und Annahme zustande (§§ 145ff BGB). Wie bei jedem sonstigen Vertragsschluss auch, können die dazu notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen auch konkludent abgegeben werden (vgl. BGH NJW 2003, 3564, 3565; NJW 2004, 3630, 3631). Es bleibt auch jedem Vertragspartner grundsätzlich unbenommen, sich dabei gemäß §§ 164ff BGB rechtsgeschäftlich vertreten zu lassen (vgl. BGH NJW-RR 1994, 516), was z. B. im Falle der Mandatsannahme durch einen einzelnen Berufsträger namens der Rechsanwaltssozietät ohnehin der Regelfall ist (vgl. BGH NJW 1996, 2859, 2860). Wer Auftragnehmer des Rechtsbesorgungsvertrags sein soll, hängt demnach von den Umständen ab. Dabei ist die Sichtweise eines objektiven, mit den Verhältnissen vertrauten Beobachters maßgeblich (§§ 133, 157, 164 BGB).
b) Unter Anlegung dieses Maßstabs herrscht kein vernünftiger Zweifel daran, dass (nur) die Klägerin Vertragspartnerin des Beklagten geworden ist. Das gilt selbst dann, wenn sich der Rechtsassessor gegenüber dem Beklagten wahrheitswidrig als "sachbearbeitender Rechtsanwalt" (statt nur als Sachbearbeiter der Rechtsangelegenheit) vorgestellt haben sollte.
aa) Gehen Berufsträger ihrer anwaltlichen Tätigkeit in einer Kanzlei nach, tritt aber nur einer von ihnen dem rechtssuchenden Publikum als Kanzleiinhaber entgegen (dokumentiert durch die äußeren Umstände, etwa durch Kanzleischilder, Briefköpfe, Stempel, Formulare, Einträge in Register und Verzeichnisse etc.), kommt das Mandat in der Regel nur mit dem Berufsträger zustande, der diese Stellung auch nach außen vertritt (vgl. BGH NJW 2000, 1333). Das beruht auf dem anerkannten Grundsatz, dass im Rechtsverkehr derjenige als der Vertragspartner angesehen wird, der sich dem interessierten Publikum als der Unternehmens- oder Berufsträger und damit eben als diejenige (natürliche oder juristische) Person vorstellt, die über die beanspruchte (Dienst)Leistung verfügt (so genanntes unternehmensbezogenes Geschäft; vgl. BGH NJW 1984, 1347, 1348; sh. auch Senat OLGR 2007, 540 m.w.N.).
bb) Die äußeren Umstände weisen nur die Klägerin als Kanzleiinhaberin und damit als alleinige Anbieterin der vom Beklagten nachgefragten Rechtsdienstleistung aus. Die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Rechtsassessors beziehen sich deshalb für jeden Rechtssuchenden erkennbar ohne Weiteres nur auf diese angebotene Dienstleistung, so dass sie, ohne dass das ausdrücklich hätte erklärt werden müssen, als namens der Klägerin abgegeben erscheinen. Das gilt auch dann, wenn sich der Rechtsassessor (wahrheitswidrig) als anwaltlicher Berufsträger ausgegeben haben sollte. Diese Mitteilung, sollte sie zutreffen, konnte der Beklagte nach den hier obwaltenden Umständen nicht als eine den Rechtsassessor persönlich bindende, auf einen Vertragsschluss (auch) mit ihm gerichtete rechtsgeschäftliche Erklärung auffassen, sondern war allenfalls ein (dann allerdings falscher) Hinweis auf dessen Kompetenz im Rahmen des rechtlich von der Klägerin zu erfüllenden Vertrags.
2. Der Anwaltsdienstvertrag ist entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten auch unter keinem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt unwirksam.
a) Der mit der Klägerin zustande gekommene Anwaltsvertrag ist insbesondere nicht wegen verbotener Rechtsberatung gemäß § 134 BGB, Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) nichtig. Diese Prüfung kann nicht, wie das Landgericht allerdings rechtsirrig meint, unter Hinweis auf § 5 RVG unterbleiben. Diese Bestimmung regelt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Assessor erlaubtermaßen rechtsbesorgend tätig sein darf - das regelt, wie noch aufzuzeigen sein wird, das Rechtsberatungsgesetz -, sondern sie regelt (u. a.) nur, wie die Tätigkeit eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu vergüten ist, wenn er durch einen Rechtsassessor erlaubtermaßen vertreten wird. § 5 RVG setzt demnach eine erlaubte Vertretung durch die dort genannten Personen voraus. Die hier umstrittene Vertretung der Klägerin bei der Erfüllung des Anwaltsdienstvertrags durch den Rechtsassessor war berufsrechtlich erlaubt.
aa) Gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1, § 3 Nr. 2 RBerG ist allerdings die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ohne besondere behördliche Erlaubnis nur den gemäß § 12 Abs. 3 BRAO zugelassenen Rechtsanwälten gestattet. Ein auf geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten gerichteter Vertrag durch einen nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Berater, der auch über keine behördliche Erlaubnis zur Rechtsbesorgung verfügt, führt zu dessen Nichtigkeit (vgl. BGH NJW 2006, 2260, 2261f m.w.N.) und löst auch keine vertraglichen Vergütungsansprüche aus (vgl. BGH NJW 2000, 1560, 1562).
bb) Geschäftsmäßiger Besorger der Rechtsangelegenheit des Beklagten ist hier aber nicht der (weder zur Rechtsanwaltschaft noch zur Rechtsbesorgung zugelassene) Rechtsassessor gewesen, sondern die zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Klägerin. Geschäftsmäßig im Sinne des Verbotsgesetzes handelt nämlich nur derjenige, der die Rechtsbesorgung selbständig betreibt (vgl. BGHZ 38, 71 = NJW 1963, 441; Erbs/Kohlhaas/Senge, Strafrechtliche Nebengesetze, R 55, § 1 RBerG Rn 22 m.w.N.). Tritt, wie hier, ein Kanzleimitarbeiter als Vertreter einer Rechtsanwältin auf, wird dadurch hinreichend dokumentiert, dass er nicht selbständig, sondern eben als Angestellter, also in formell abhängiger Rechtsstellung auftritt, so dass sein Handeln nicht tatbestandsmäßig im Sinne der Verbotsnorm ist (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 05.01.2000, Az. 2 Bs 280/99 und LSG Schleswig, Beschl. v. 10.12.1999, Az. L 8 B 91/99 Rechtsanwalt, beide zit nach juris).
Das wird im Übrigen durch Art. 1 § 6 Abs. 1 Nr. 2 RBerG klargestellt. Diese Bestimmung erlaubt es dem Rechtsanwalt berufsrechtlich, unbeschränkt beliebige fremde Rechtsangelegenheiten durch seine Kanzleiangestellten erledigen zu lassen (Art. 1 § 6 Abs. 1 Nr. 1 RBerG betrifft die Erledigung eigener Rechtsangelegenheiten des Rechtsanwalts durch seine Angestellten), wobei auch nicht vorausgesetzt wird, dass es sich um juristisch geschultes Personal handelt (Erbs/Kohlhaas/Senge, aaO, § 6 Rn 8; Henssler/Prütting/Weth, BRAO, 2. Aufl., Art. 1 § 6 RBerG Rn 7; Altenhoff/Busch/Chemnitz, RBerG, 10. Aufl., Rn 651 i.V.m. Rn 638ff). Beschränkungen ergeben sich im Einzelfall nur aus verfahrensrechtlichen (z. B. § 78 Abs. 1 ZPO iVm § 52 Abs. 1 BRAO und § 157 Abs. 2 S. 1 ZPO, vgl. BVerfG NJW 2005, 966 m.w.N.), haftungsrechtlichen (z. B. §§ 611, 613, 280 Abs. 1 BGB, vgl. BGH NJW 1981, 2741, 2743) oder standesrechtlichen Gründen (z. B. § 53 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 BRAO), die jedoch auf die hier zu prüfende Frage nach der Wirksamkeit des Vertrags ohne Einfluss sind.
cc) Schließlich ergibt sich auch keine Unwirksamkeit des Anwaltsvertrags aus Art. 1 § 6 Abs. 2 RBerG. Nach dieser Bestimmung liegt auch dann verbotene Rechtsberatung im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG mit der Folge der Nichtigkeit (§ 134 BGB) des darauf gerichteten Vertrags vor, wenn die Rechtsform des Angestelltenverhältnisses zur Umgehung des Erlaubniszwangs missbraucht wird.
(1) Es ist nicht ohne Weiteres missbräuchlich, einen juristisch geschulten Kanzleiangestellten, etwa einen Referendar oder wie hier einen Rechtsassessor, mit der Vertretung des Rechtsanwalts zu beauftragen, und zwar auch dann nicht, wenn dessen Tätigkeit auf Dauer angelegt ist (vgl. OVG Hamburg aaO; Altenhoff/Busch/Chemnitz aaO). Deshalb macht es keinen Unterschied, wie aber der Beklagte rechtsirrtümlich in anderem rechtlichen Zusammenhang annimmt, ob es sich dabei um einen noch nie zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen, aber seine Zulassung betreibenden Assessor handelt (vgl. § 12 Abs. 3 BRAO) oder um einen solchen, der wegen Erlöschens, Rücknahme oder Widerruf der Zulassung der Rechtsanwaltschaft schon einmal angehört hat (§ 17 Abs. 1 S. 1 BRAO). Eine unterschiedliche rechtliche Behandlung beider Bewerbergruppen ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (vgl. OVG Hamburg aaO). Beiden ist nur untersagt, die Bezeichnung Rechtsanwalt zu führen und geschäftsmäßige Rechtsbesorgung zu betreiben. Beide sind Assessoren, wobei es sich dabei nicht um eine Berufs-, sondern um eine Qualifikationsbezeichnung handelt. Denn Assessor ist, wer durch zwei juristische Staatsprüfungen die Befähigung zum Richteramt erlangt hat (vgl. z. B. §§ 1 S. 1, 61 JAG NW). Diese Qualifizierung ist u. a. Voraussetzung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 4 BRAO) und bleibt erhalten, wenn die Zulassung aus welchem Grund auch immer nicht mehr besteht. Im Übrigen bleibt es dem ehemaligen Rechtsanwalt (Assessor) unbenommen, nach dem Wegfall der Zulassung jederzeit seine Wiederzulassung zu betreiben, die auch zu bewilligen ist, wenn der Grund, der zum Verlust der Zulassung geführt hat, entfallen ist (vgl. BGH NJW-RR 1997, 1558); das Zulassungsverfahren richtet sich für beide Bewerbergruppen nach demselben Verfahren (§§ 6ff BRAO). Hinzu kommt, dass der Rechtsassessor auch und gerade nach dem Verlust der Anwaltszulassung künftig nur dann erfolgreich als wieder zugelassener Rechtsanwalt beruflich wirken kann, wenn er seine fachlichen Kenntnisse praktisch, wenn auch nicht mehr in selbständiger rechtsbesorgender Tätigkeit anwenden kann.
(2) Ob ein rechtsförmlicher Missbrauch eines Anstellungsvertrags vorliegt, richtet sich vielmehr allein nach den tatsächlichen Verhältnissen. Maßgeblich ist, ob der Rechtsassessor in Wahrheit, nämlich in der praktischen Umsetzung der Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht weisungsabhängig, sondern von ihr ganz unabhängig und damit der Sache nach völlig selbständig (und dann geschäftsmäßig) fremde Rechtsangelegenheiten besorgt (vgl. OLG Stuttgart NJW 1992, 3051; Erbs/Kohlhaas/Senge, aaO, § 1 Rn 22 und § 6 Rn 7; Henssler/Prütting/Weth, aaO Rn 13). Ausreichende Anhaltspunkte, die diesen Schluss zulassen, hat der Beklagte, der für sie darlegungs- und beweispflichtig ist als derjenige, der die Vorteile aus der beanspruchten Unwirksamkeit der Vergütungsabrede ziehen will, nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
(a) Auch in diesem Zusammenhang bedarf es entgegen der Auffassung des Beklagten keiner Aufklärung der umstrittenen Frage, ob sich der Rechtsassessor wahrheitswidrig als "sachbearbeitender Rechtsanwalt" ausgegeben hat, auch wenn es sich dabei um ein strafwürdiges (§ 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB) und deshalb erhebliches Fehlverhalten handeln würde. Einem solchen Einzelverstoß, wie er hier behauptet wird, kommt nämlich die gefragte Indizwirkung für eine verdeckte geschäftsmäßige Rechtsbesorgung nicht zu. Das Motiv für einen solchen Titelmissbrauch kann unter den Umständen, unter denen er hier behauptet wird, ganz persönlicher Natur gewesen sein (etwa Kompensation von Scham und Minderwertigkeitsgefühlen). Indizwirkung in dem hier erforderlichen Sinne könnte der Titelmissbrauch nur im Wiederholungsfall, der weder behauptet noch feststellbar ist, oder im Zusammenhang mit anderen Indizien entfalten, die in die gleiche Richtung weisen. An denen fehlt es indes.
(b) Ein solches Indiz ist insbesondere nicht die Tatsache, dass die Klägerin an der Mandantenberatung am 16. Juni 2005 nicht teilgenommen hatte. Allerdings kann die fehlende Durchführung von Kontrollen sowie Defizite an deren Dichte und Tiefe Indiz dafür sein, ob ein juristischer Mitarbeiter in weisungsabhängiger oder verdeckt selbständiger Stellung Rechtsbesorgung betreibt. Im Streitfall hat aber eine Kontrolltätigkeit stattgefunden. Die Klägerin hat nämlich dafür gesorgt, dass die von dem Rechtsassessor gefertigten Schriftsätze (nicht nur) in der Angelegenheit des Beklagten von dem Rechtsanwalt F., mit dem sie auf zivilrechtlichem Gebiet kooperiert, nicht nur gelesen, sondern (unstreitig) sogar mitunterzeichnet wurden. Die von Rechtsanwalt F. in der geschehenen Weise wahrgenommene Kontrollfunktion ist dem Beklagten anscheinend nicht in der erforderlichen Weise verdeutlicht worden und ist auch nicht den Schriftsätzen zu entnehmen. Bezeichnenderweise hat der namens des Beklagten angeschriebene Anspruchsgegner in seinem Antwortschreiben nicht die Klägerin oder den Rechtsassessor als ihren Vertreter, sondern Rechtsanwalt F. angesprochen (GA 42). Diese Handhabung mag zu standesrechtlichen Bedenken Anlass geben, zivilrechtlich bleibt sie ohne Belang. Ersichtlich weisen sämtliche in dieser Rechtsangelegenheit gefertigten Schriftsätze aus, dass der Rechtsassessor sie nicht in eigenem Namen, sondern - unter Hinzusetzung eines Vertretungszusatzes ("i. V.") - namens der Klägerin unterzeichnet hat. Dabei bezieht sich auch der verwendete Titel "Rechtsanwältin" unzweideutig nur auf die Klägerin. Zudem ist die vom Beklagten erteilte schriftliche Vollmacht (nur) auf die Klägerin ausgestellt worden. Damit weisen alle feststellbaren Indizien nicht auf eine verbotene Rechtsbesorgung des Rechtsassessors in verdeckter selbständiger, sondern (im Gegenteil) auf eine erlaubte Rechtsbesorgung in abhängiger Stellung hin. Mangels sonst vorgetragener oder ersichtlicher Indizien, die in die gegenteilige Richtung weisen, ist insgesamt eine Umgehung der Erlaubniszwangs im Sinne des Art. 1 § 6 Abs. 2 RBerG nicht feststellbar.
Zu einer gegenteiligen Rechtsauffassung veranlasst auch nicht das schon zitierte Urteil des OLG Stuttgart (NJW 1992, 3051). Jenes Urteil ist nicht im Zivil-, sondern im Ordnungswidrigkeitenverfahren gemäß Art. 1 § 8 RBerG ergangen, in welchem das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, also nach weiteren Indizien für eine Umgehung des Erlaubniszwangs zu forschen hatte. Im Zivilprozess gibt es eine solche Amtsermittlungspflicht nicht; der Sachvortrag obliegt vielmehr den Parteien.
b) Der vom Beklagten dem Rechtsassessor zur Last gelegte Titelmissbrauch (§ 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB) führt im Übrigen nicht zur Unwirksamkeit des Anwaltsvertrags mit der Klägerin, sondern allenfalls zu dessen Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB), und zwar auch ohne ein Wissen der Klägerin von der Täuschungshandlung. Denn der (angeblich täuschende) Rechtsassessor war als Erfüllungsgehilfe der Klägerin nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 S. 1 BGB gewesen. Die bloße Anfechtbarkeit eines Vertrags führt indes nicht zu dessen Nichtigkeit, sondern erst die Ausübung des Anfechtungsrechts, § 142 Abs. 1 BGB. Mangels Erklärung der Anfechtung, die wegen der inzwischen abgelaufenen Jahresfrist ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes (§ 124 BGB) auch nicht mehr nachgeholt werden kann, ist der Anwaltsvertrag wirksam (geblieben) und es kommt entgegen der Rechtsauffassung der Berufung auch in diesem rechtlichen Zusammenhang nicht mehr auf die Richtigkeit der Behauptung von der Täuschungshandlung an.
2. Die berufsrechtlich erlaubte Vertretung der Klägerin durch den Rechtsassessor ist in dem vom Landgericht erkannten Umfang auch zu vergüten.
a) Allerdings setzt die Anwendung des § 5 RVG auch eine - bezogen auf das konkrete Mandat - vertraglich erlaubte Vertretung des Rechtsanwalts voraus (vgl. Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 8. Aufl., § 5 Rn 2). Ob es der Klägerin im Verhältnis zum Beklagten erlaubt gewesen ist, den Rechtsassessor mit ihrer Vertretung zu beauftragen, hängt von den (notfalls durch Auslegung zu ermittelnden) rechtsgeschäftlichen Erklärungen bei Vertragsabschluss ab. Im Zweifel hatte die Klägerin gemäß § 613 BGB jedenfalls die Rechtsdiensthauptleistung persönlich zu erbringen (vgl. BGH NJW 1981, 2741, 2743). Offen bleiben kann, ob solche Zweifel bleiben, solange nicht die umstrittene Frage nach dem vom Beklagten behaupteten Titelmissbrauch geklärt ist. Diese Frage bedarf deshalb auch in diesem rechtlichen Zusammenhang keiner Beantwortung, weil der Beklagte schon durch das erste (von Rechtsanwalt F. mitunterzeichnete) Informationsschreiben der Klägerin vom 17. Juni 2005 nur einen Tag nach der Mandantenbesprechung darüber unterrichtet wurde, dass sie von dem Mitarbeiter L. zwar als Sachbearbeiter, nicht aber als Rechtsanwalt vertreten wird. Der Rechtsassessor hat dort nämlich nicht sich, sondern (nur) die Klägerin als anwaltliche Berufsträgerin bezeichnet. Der Beklagte hat durch die Rücksendung dieses Schreibens nebst dem entworfenen Anspruchsschreiben mit dem Vermerk "So in Ordnung" hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er mit der vorgeschlagenen Vorgehensweise sowohl förmlich als auch inhaltlich einverstanden ist, so dass auch Zweifel im Sinne des § 613 BGB an der vertraglich erlaubten Vertretung nicht mehr bestehen.
b) Die erstinstanzlich vorgebrachten Einwendungen zur Einforderbarkeit der Vergütung (§ 10 Abs. 1 RVG) und zur Angemessenheit der angesetzten 1,3-Rahmengebühr (Nr. 2400 VV RVG), die das Landgericht nach Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf für nicht durchgreifend erachtet hat, werden vom Beklagten im Berufungsrechtszug nicht angegriffen; diesbezügliche Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich."
II. Dagegen hat der Beklagte innerhalb der ihm gewährten Frist keine Einwendungen mehr vorgebracht, solche sind auch nicht ersichtlich.
III. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren liegen vor. Die Rechtssache hat nämlich weder eine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
Z. T. S.
Vors. Richter am OLG Richter am OLG Richter am OLG
OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 13.12.2007
Az: I-24 U 102/07
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