Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht:
Beschluss vom 14. April 2008
Aktenzeichen: 5 KO 16/08

(Schleswig-Holsteinisches FG: Beschluss v. 14.04.2008, Az.: 5 KO 16/08)

Tatbestand

I. Die Erinnerungsführerin erhob am 26. März 2007 unter dem Aktenzeichen 5 K 74/07 Klage gegen die Erinnerungsgegnerin. Mit der Klage begehrte die Klägerin, einen Aufhebungs- - und Rückforderungsbescheid der Erinnerungsgegnerin, mit dem die Festsetzung von Kindergeld für die Monate Februar bis April 2006 aufgehoben und das für diesen Zeitraum gezahlte Kindergeld zurückgefordert wurde, aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2007 gab der Berichterstatter den Beteiligten rechtliche Hinweise und verband dies mit einem Verständigungsvorschlag, der dahin ging, dass die Erinnerungsgegnerin sich verpflichten sollte, den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben, soweit er die Monate Februar und März 2006 betraf, die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklären und anregten, die Kosten des Verfahrens zu 1/3 der Erinnerungsführerin und zu 2/3 der Erinnerungsgegnerin aufzuerlegen.

Mit diesem Verständigungsvorschlag erklärten sich beide Beteiligten einverstanden und erklärten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Daraufhin traf der Berichterstatter mit Beschluss vom 23. Oktober 2007 eine Kostenentscheidung, wonach die Kosten des Verfahrens zu 1/3 der Erinnerungsführerin und zu 2/3 der Erinnerungsgegnerin auferlegt wurden.

In dem daraufhin beim Gericht eingereichten Kostenfestsetzungsantrag der Erinnerungsführerin setzte der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin u. a. eine 1,6-Verfahrensgebühr, eine 1,2-Terminsgebühr sowie eine 1,0-Einigungsgebühr an.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. Februar 2008 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die an die Erinnerungsführerin zu erstattenden Kosten auf 222,68 EUR fest, wobei sie bei der Berechnung des zu erstattenden Betrages die von der Erinnerungsführerin begehrte Terminsgebühr nicht berücksichtigte. Zur Begründung verwies sie darauf, dass eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs.1 Ziff. 1 Vergütungsverzeichnis-Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) nicht in Betracht komme, da im finanzgerichtlichen Verfahren die Beendigung des Rechtsstreits durch einen Vergleich nicht vorgesehen sei; das vorliegende Verfahren sei ohne Termin durch Hauptsacheerledigung zum Abschluss gebracht worden.

Mit ihrer Erinnerung vom 11. Februar 2008, der die Urkundsbeamtin nicht abgeholfen hat, hat die Erinnerungsführerin geltend gemacht, dass ihr eine Terminsgebühr gemäß Vergütungsverzeichnis VV-Nr. 3202 in Höhe von 102,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer zustehe. Eine Terminsgebühr entstehe auf Seiten des Anwalts auch dann, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen werde. Im vorliegenden Fall sei sowohl ein Vergleich abgeschlossen als auch ein Beschluss vom 23. Oktober 2007 verkündet worden. Es sei daher nicht einzusehen, dass die Terminsgebühr abgesetzt worden sei, nachdem eine Einigungsgebühr zu Recht anerkannt worden sei. Es gäbe auch einen rechtskräftigen Beschluss des Gerichts vom 7. Februar 2008, der einen Termin entbehrlich gemacht habe.

Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß, den Beschluss vom 7. Februar 2008 im Verfahren 5 K 74/07 dahingehend zu ändern, dass zu ihren Gunsten eine Terminsgebühr festgesetzt wird.

Die Erinnerungsgegnerin beantragt sinngemäß, die Erinnerung zurückzuweisen.

Sie ist der Erinnerung entgegengetreten und macht geltend, eine Terminsgebühr entstehe allenfalls, wenn das Gericht im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheide. Eine Entscheidung des Gerichts liege aber nicht vor. Das Gericht habe den Beteiligten lediglich einen Verständigungsvorschlag unterbreitet, der von beiden Seiten angenommen worden sei. Es werde auf den Beschluss vom 23. Oktober 2007 hingewiesen, aus dem hervorgehe, dass das Gericht keine Entscheidung in der Sache, sondern lediglich über die Kosten getroffen habe.

Gründe

II. Die gemäß § 149 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Erinnerung ist unbegründet.

Im Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 07. Februar 2008 wurde zu Recht bei der Berechnung der der Erinnerungsführerin zu erstattenden Kosten keine Terminsgebühr berücksichtigt.

Gemäß § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO sind die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt ist, stets erstattungsfähig. Da die Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin Rechtsanwälte sind und daher nach § 3 Nr. 1 Steuerberatungsgesetz (StBerG) unbeschränkt zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind, sind ihre Gebühren grundsätzlich erstattungsfähig.

Die Gebühren und Auslagen von Rechtsanwälten bemessen sich nach Maßgabe des RVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG). Die Höhe der Vergütung bestimmt sich dabei nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG (VV-RVG, § 2 Abs. 2 RVG).

Gemäß Nr. 3202 VV-RVG entsteht in Verfahren vor dem Finanzgericht eine Terminsgebühr in Höhe von 1,2. Gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG, die als allgemeine Vorschrift auch für die Terminsgebühr im finanzgerichtlichen Verfahren gilt, entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber. Für das finanzgerichtliche Verfahren bestimmt Nr. 3202 Anm. Abs. 2 VV-RVG darüber hinaus, dass die Terminsgebühr auch dann entsteht, wenn gemäß § 79 a Abs. 2, § 90 a oder § 94 a FGO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Ferner gilt nach Nr. 3202 Anm. Abs. 1 VV-RVG die Anmerkung zu Nr. 3104 VV-RVG entsprechend. Nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Ziff. 1. 1 VV-RVG entsteht die Terminsgebühr unter anderem auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gemäß § 307 Abs. 2 oder § 495 a Zivilprozessordnung (ZPO) ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird.

Hiervon ausgehend steht den Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin aber nach keiner der im Streitfall in Betracht kommenden Alternativen eine Terminsgebühr zu.

Allerdings ergibt sich der fehlende Anspruch auf eine Terminsgebühr noch nicht daraus, dass den Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin bereits eine Einigungsgebühr im Kostenfestsetzungsbeschluss zugesprochen wurde. Denn der Anspruch auf eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1003 VV-RVG schließt das gleichzeitige Entstehen einer Terminsgebühr - auch etwa durch den Abschluss eines schriftlichen Vergleichs nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Ziff. 1 letzte Alternative VV-RVG - nicht aus. Ebensowenig schließt der Anspruch auf eine Erledigungsgebühr nach Nr.1002 VV-RVG eine gleichzeitige Terminsgebühr aus (vgl. auch Saarländisches Finanzgericht, Beschluss vom 14. November 2005 2 S 335/05, EFG 2006, 926 ff., Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 25. Oktober 2006 8 OA 119/06, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungsreport -NVwZ -RR- 2007, 205; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3. Juli 2006 II ZB 31/05, Anwaltsblatt -AnwBl- 2006, 76 f.). Letztere tritt in der Regel im finanzgerichtlichen Verfahren an die Stelle der Einigungsgebühr (vgl. Gräber/Stapperfend, FGO, 6. Auf. § 139 Rz. 76 f.; Finanzgericht des Saarlandes, Beschluss vom 14. November 2005 2 S 335/05, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2006, 926) und dürfte auch im vorliegenden Verfahren eher einschlägig sein als die geltend gemachte Einigungsgebühr, was jedoch angesichts der Beschränkung der Erinnerung auf die Frage der Erstattung der Terminsgebühr dahinstehen kann. Die Voraussetzungen für die Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr sind nicht deckungsgleich mit denen der Terminsgebühr. Die Gebühren haben jeweils auch eine andere Zweckrichtung. Die Erledigungsgebühr ist ebenso wie die Einigungsgebühr eine Erfolgsgebühr, die die Entlastung des Gerichts und das erfolgreiche anwaltliche Bemühen um eine möglichst weit gehende Herstellung des Rechtsfriedens honoriert und daher zusätzlich zu den in anderen Teilen des VV-RVG bestimmten Gebühren, also zusätzlich zu den dort geregelten Tätigkeitsgebühren - u. a. der Terminsgebühr - entstehen (vgl. Niedersächsisches OVG, NVwZ-RR 2007, 215).

Eine Terminsgebühr ist den Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin jedoch mangels Vorliegen der Voraussetzungen der oben zitierten Vorschriften des VV-RVG nicht entstanden.

Die Voraussetzungen des Teils 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG liegen nicht vor. Im vorliegenden Fall hat weder ein Verhandlungs-, Erörterungs- noch ein Beweisaufnahmetermin stattgefunden. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts - etwa mit der Erinnerungsgegnerin - teilgenommen hätte. Ausdrücklich normiert Vorbemerkung 3 Abs. 3 2. Halbsatz, dass die Terminsgebühr nicht allein für Besprechungen mit dem Auftraggeber entsteht.

Auch die Voraussetzungen der Nr. 3202 Anm. Abs. 2 VV-RVG liegen nicht vor. Vorliegend ist, nachdem die Beteiligten des Ursprungsverfahrens sich mit dem Verständigungsvorschlag des Gerichts einverstanden erklärt haben, das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Daraufhin ist durch den Berichterstatter gemäß § 79 a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 i.V.m. § 138 Abs. 1 FGO ein Kostenbeschluss nach Hauptsacheerledigung ergangen. Dieser fällt jedoch nicht unter Nr. 3202 Anm. Abs. 2 bzw. Abs. 1 i. V. m. Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG (vgl. Finanzgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 14. August 2006 1 KO 817/06, EFG 2006, 1786; auch bereits Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss vom 24. März 2006 3 KO 68/06 n.v.; zur alten Rechtslage nach BRAGO: Bundesfinanzhof -BFH-, Beschluss vom 27. September 1968 VII B 96/67, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1968, 826; Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 11. März 1987 2 KO 39/87, EFG 1987, 375). Denn mit der Kostenentscheidung nach Hauptsacheerledigung ist weder ein Gerichtsbescheid nach § 79 a Abs. 2 FGO bzw. § 90 a FGO noch eine Entscheidung nach § 94 a FGO ohne mündliche Verhandlung ergangen. Auch eine Entscheidung nach § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung im Einverständnis der Beteiligten, die bereits nach Nr. 3202 Anm. Abs. 1 i. V. m. Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Ziff. 1 VV-RVG die Terminsgebühr auslösen würde (vgl.Riedel/Sußbauer/Keller, RVG, Kommentar, 9. Aufl., VV Teil 3 Abschn. 2 Rz. 39), ist nicht getroffen worden. Zwar erfolgt auch die Kostenentscheidung nach Hauptsacheerledigung ohne mündliche Verhandlung. Nr. 3202 Anm. Abs. 2 VV-RVG meint jedoch ebenso wie Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Ziff. 1 VV-RVG den Fall, dass in der Sache nach den dort für das finanzgerichtliche Verfahren näher genannten Normen bzw. im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. In diesem Fall soll den Rechtsanwälten auch eine Terminsgebühr zustehen; sie sollen keine Gebührennachteile dadurch erleiden, dass die Sache schriftsätzlich so vorbereitet wird, dass ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (vgl. Riedel/Sußbauer/Keller, a.a.O., VV Teil 3 Abschn. 1 Rz. 45). Dies ist jedoch nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar, da hier nach Erledigung in der Hauptsache nicht mehr in der Sache, sondern lediglich noch über die Kosten gemäß § 79 a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 i.V.m. § 138 FGO entschieden worden ist. Der Kostenbeschluss erging im Streitfall auch nach bereits eingetretener Beendigung des Verfahrens durch übereinstimmende Erledigungserklärungen. Für die erst nach Beendigung des Verfahrens zu treffende Kostenentscheidung ist aber eine mündliche Verhandlung - wie es Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG voraussetzt - nicht vorgeschrieben (vgl. Hess.FG, EFG 1987, 375; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, Komm., 17. Aufl., VV 3104 Rz. 23).

Den Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin steht schließlich auch keine Terminsgebühr nach Nr. 3202 Anm. Abs. 1 i.V.m. Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Ziff. 1, letzte Alternative VV-RVG zu. Nach der letztgenannten Vorschrift, die über Nr. 3202 Anm. Abs. 1 VV-RVG entsprechend anwendbar ist, entsteht die Terminsgebühr zwar auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Der Entstehung einer Gebühr in diesem Fall steht jedoch entgegen, dass im Streitfall kein schriftlicher Vergleich im Sinne der Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Ziff. 1 VV-RVG geschlossen wurde. Anders als die VwGO (§ 106 VwGO), das SGG (§ 101 SGG) oder die ZPO (§ 794 Abs. 1 Nr.1 ZPO, § 278 Abs. 6 ZPO) sieht die FGO die Möglichkeit einer Verfahrensbeendigung durch Vergleich, etwa auch in der Form, dass das Gericht den Parteien schriftlich einen Vergleich vorschlägt, der durch die beiderseitige Annahme - ggfs. nach entsprechender Feststellung durch Beschluss des Gerichts - zu Stande kommt und das Verfahren beendet (vgl. § 106 Satz 2 VwGO, § 278 Abs. 6 ZPO), nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind (auch im finanzgerichtlichen Verfahren) Vergleiche über Steueransprüche vielmehr wegen der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung überhaupt nicht möglich (vgl. BFH, Urteil vom 20. September 2007, IV R 20/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2008, 532; BFH, Urteil vom 28. Juni 2001, IV R 40/00, BFHE 196, 87, BStBl II 2001, 714 unter 2.b) der Gründe). Dies muss aufgrund der formalen Einordnung des Kindergeldes als monatlich gezahlte Steuervergütung (vgl. § 31 Satz 3 EStG) auch für die hier streitgegenständliche Rückforderung von Kindergeld gelten. Der Wortlaut der Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG, der - anders als bspw. in Nr. 1000, 1003 VV-RVG (€Einigung€) - den dem Wortsinn nach engeren Begriff des €Vergleichs€ wählt, spricht daher bereits dagegen, im finanzgerichtlichen Verfahren eine Terminsgebühr nach dieser Alternative entstehen zu lassen. Der BFH hat zwar im finanzgerichtlichen Verfahren die Zulässigkeit tatsächlicher Verständigungen grundsätzlich anerkannt (vgl. Gräber/Stapperfend, FGO, 6. Aufl., § 76 Rz. 4 m. w. N. zur Rspr. des BFH). Zweck der tatsächlichen Verständigung ist es dabei, zu jedem Zeitpunkt des Besteuerungsverfahrens hinsichtlich bestimmter Sachverhalte, deren Klärung schwierig, aber zur Festsetzung der Steuer notwendig ist, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt im Sinne des § 88 der Abgabenordnung (AO) einvernehmlich festzulegen (vgl. BFH, Urteil vom 20. September 2007 IV R 20/05. BFH/NV 2008, 532). Insoweit könnte somit allenfalls erwogen werden, ob im Fall des Abschlusses einer zur Verfahrensbeendigung durch Erledigung oder Klagrücknahme führenden schriftlichen tatsächlichen Verständigung außerhalb eines Termins - etwa auf schriftlichen Vorschlag des Gerichts oder durch schriftliche Verständigung der Beteiligten - in entsprechender Anwendung dieser Alternative der Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Ziff. 1 VV-RVG eine Terminsgebühr entsteht. Hierfür könnte - trotz der fehlenden Möglichkeit, das Verfahren allein durch eine tatsächliche Verständigung zu beenden - etwa der grundsätzlich auch auf das finanzgerichtliche Verfahren übertragbare Zweck dieser Alternative sprechen. Denn dieser besteht darin, es zu fördern, dass der Rechtsanwalt in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen soll, und zu verhindern, dass allein wegen des Entstehens der Terminsgebühr die Prozessbevollmächtigten auf einer Protokollierung eines bereits ausgehandelten Vergleichs in einem Erörterungstermin bestehen (vgl. BGH, Beschluss vom 03. Juli 2006 II ZB 31/05, AnwBl. 2006, 676 unter Hinweis auf BT-Drucks. 15/1971, S. 209). Ob eine entsprechende Anwendung der Vorschrift bei schriftlicher tatsächlicher Verständigung außerhalb eines Termins in Betracht kommt, kann jedoch vorliegend offenbleiben. Denn im Streitfall handelt es sich auch nicht um eine tatsächliche Verständigung, da kein Einvernehmen über schwierig zu klärende Sachverhaltsfragen erzielt wurde. Vielmehr sind nach den rechtlichen Hinweisen des Gerichts die Erinnerungsgegnerin und die Erinnerungsführerin mit der Zustimmung zur (teilweisen) Rücknahme des Aufhebungsbescheides sowie den nachfolgenden Erledigungserklärungen nur von ihren bisher jeweils vertretenen Rechtspositionen teilweise abgerückt. Eine tatsächliche Verständigung über reine Rechtsfragen ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. Urteil vom 31. März 2004 I R 71/03; Beschluss vom 15. März 2000 IV B 44/99, BFH/NV, 1073) jedoch nicht möglich. Die Verfahrensbeendigung ist vorliegend allein durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen zu Stande gekommen. Der Vorschlag des Gerichts hat den Beteiligten dabei einen verfahrensrechtlichen Weg aufgezeigt, auf welche Weise - nämlich durch teilweise Aufhebung des Bescheides und übereinstimmende Erledigungserklärung trotz Teilerledigung, was hinsichtlich des nicht aufgehobenen Teils des Bescheides faktisch einer Teilrücknahme entspricht - eine einvernehmliche Beendigung der Verfahrens unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts erreicht werden kann. In der Zustimmung der Beteiligten zu dieser Vorgehensweise ist vor diesem Hintergrund weder ein Vergleich noch eine tatsächliche Verständigung zu erblicken.

Die Kosten der erfolglosen Erinnerung hat die Erinnerungsführerin zu tragen (§ 135 Abs. 1 FGO). Gerichtskosten werden mangels eines entsprechenden Gebührentatbestandes im Gerichtskostengesetz (GKG) nicht erhoben (vgl. Finanzgericht Thüringen, Beschluss vom 31. März 2000 II 10/99 KO, EFG 2000, 653; Gräber/Stapperfend, FGO, 6. Aufl., § 149 Rz. 18).

Das Gericht konnte über die Erinnerung gemäß § 149 Abs. 4 FGO durch Beschluss des Berichterstatters entscheiden. Der Anwendungsbereich des § 79 a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 FGO schließt die Kostenerinnerung nach § 149 Abs. 2 FGO ein (so auch Finanzgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. August 2007 8 KO 1/07, EFG 2007, 1972).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 4 Satz 1 FGO).






Schleswig-Holsteinisches FG:
Beschluss v. 14.04.2008
Az: 5 KO 16/08


Link zum Urteil:
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