Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 12. April 2010
Aktenzeichen: 6 W 42/10

(OLG Köln: Beschluss v. 12.04.2010, Az.: 6 W 42/10)

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22.3.2010 abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, untersagt,

im geschäftlichen Verkehr für das Arzneimittel "B." in einem Fernsehwerbespot mit der Aussage :" Sagen Sie bitte meinen Arzttermin ab" und dem weiteren Inhalt:

Mann: "Frau C., sagen Sie bitten meinen Arzttermin ab."

Frau: "Aber Ihr Sodbrennen."

Mann: "Jetzt gibt es B. von C.. Rezeptfrei in der Apotheke."

Frau dreht sich um und geht weg.

Mann (hinter der Frau hergehend): "Wurde bereits millionenfach verschrieben. Das ist das einzige rezeptfreie Mittel mit patentier-ter N.-Tablette für schnelle Aufnahme. Damit bin in mein Sod-brennen los. Tag und Nacht."

Frau: "Das muss ich meinem Mann sagen."

Sprecher und bildliche Wiedergabe des Textes: "B. - Sodbrennen im Griff - neues Lebensgefühl.

Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker."

zu werben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Gegenstandswert: 30.000 €.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.

Die Antragsgegnerin hat mit der beanstandeten Werbung gegen § 3 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 2 a HWG und damit gegen eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG verstoßen. Der Kläger kann daher gemäß § 8 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 UWG die Unterlassung dieser Werbung verlangen.

1. Die beanstandete Werbung enthält nach dem Verständnis der beteiligten Verkehrskreise, zu denen auch der Senat gehört, das Versprechen, dass ein Erfolg, nämlich die Beseitigung der Beschwerden, mit Sicherheit erwartet werden kann. Dabei bedarf es nicht des ausdrücklichen Versprechens eines Erfolges oder einer "Erfolgsgarantie". Vielmehr kommt es darauf an, ob nach der subjektiven Wirkung, welche die fragliche Werbemaßnahme in den angesprochenen Verkehrskreisen erzielt, der Eindruck oder auch nur Anschein eines sicheren Erfolges erweckt wird (Senat, GRUR 2000, 156, 157 mwN).

So liegt es hier. Die Bitte, einen Arzttermin abzusagen, bedeutet, dass ursprünglich ein Arzttermin vereinbart war. Üblicherweise wird ein Arzttermin zur Behandlung solcher Beschwerden (hier: Sodbrennen) vereinbart, bei denen sich der Betroffene nicht selbst zu helfen weiß und deshalb ärztlicher Hilfe bedarf. Der Verkehr wird annehmen, dass eine solche Situation der in dem Fernsehspot gezeigten Szene vorangeht. Indem der Betroffene als Grund für die Absage des Arzttermins angibt, "Jetzt gibt es B. von C.", wird dem Zuschauer suggeriert, durch die Einnahme von B. könnten die Beschwerden so behandelt werden, dass es einer ärztlichen Beratung und Behandlung nicht bedürfe. Das bedeutet aber, dass diese Beschwerden rückhaltlos beseitigt werden können. Dabei wird der Verkehr nicht davon ausgehen, wie das Landgericht dies angenommen hat, dass es sich um die Darstellung der Entscheidung einer individuellen Person und eines individuellen Arzttermins handelt. Vielmehr wird der Zuschauer davon ausgehen, dass die in dem Fernsehspot gezeigte Situation verallgemeinerbar und auch auf ihn übertragbar ist; anderenfalls würde Werbung ihren Zweck nicht erreichen können. Der Einschätzung des Landgerichts steht zudem entgegen, dass auch die Frau in dem Werbespot die Aussage, der Arzttermin könne abgesagt werden, für verallgemeinerbar hält, denn sie kommt schließlich zu dem Ergebnis "Das muss ich meinem Mann sagen". Sie geht also davon aus, dass auch die offensichtlich vorhandenen Beschwerden ihres Mannes durch B. behoben werden können. Dem entspricht schließlich die allgemein gehaltene Schlussaussage: "B. - Sodbrennen im Griff".

Nach alledem wird der beschriebene Erfolg auch als sicher im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 1 a) HWG angepriesen. Denn - wie dargelegt - wird nicht ein Erfolg im Einzelfall beschrieben (so dass an § 11 Nr. 3 HWG zu denken gewesen wäre), vielmehr wird in allgemeiner Weise dargestellt, dass von Sodbrennen Betroffene ihr Leiden "in den Griff" bekommen werden. Das Risiko eines Fehlschlags, das der Verkehr bei Arzneimitteln niemals ganz ausschließen wird, wird dabei als so gering dargestellt, dass es ärztlicher Hilfe und Beratung nicht mehr bedarf. Das Mittel hilft also zumindest ebenso zuverlässig und wirksam wie ein Arztbesuch; es verbleibt lediglich das allgemeine Lebensrisiko, an einer unheilbaren Krankheit zu leiden, bei der auch ein Arzt nicht mehr helfen kann. Die Erfolgswahrscheinlichkeit wird damit als mindestens so hoch vermittelt wie bei einer Geldzurück-Garantie, bei der das Risiko eines Fehlschlags sogar ausdrücklich angesprochen, aber als unter kaufmännischen Gesichtspunkten vernachlässigenswert gering dargestellt wird. Für eine "Geldzurück-Garantie" ist es aber anerkannt, dass diese ein hinreichendes Erfolgsversprechen ist (vgl. Gröning, § 3 HWG Rdn. 31 mwN.).

Der Senat vermag nicht der Einschätzung des Landgerichts zu folgen, der Verkehr werde die Werbung lediglich als Hinweis darauf verstehen, dass die Verschreibungspflicht für B. entfallen ist. Denn zum einen ist eine Werbung, die allein darauf abstellt, dass ein Arzneimittel nicht mehr verschreibungspflichtig ist, recht ungewöhnlich; zum anderen wird in dem Werbespot im Übrigen der Umstand, dass B. rezeptfrei erhältlich ist, zwar zweimal erwähnt, das Schwergewicht der Aussage liegt aber auf der versprochenen Wirkung. So antwortet der Betroffene auf den Vorhalt "Aber Ihr Sodbrennen" mit dem Satz "Jetzt gibt es B. von C..". Dass die dann folgende Aussage "Rezeptfrei in der Apotheke" lediglich eine Zusatzinformation darstellt, ergibt sich dabei nicht nur daraus, dass der Betroffene zuvor kurz absetzt, sondern vor allem auch aus der Reaktion der Frau. Deren Misstrauen (sie räuspert sich kurz, wendet sich ab und geht weg) bezieht sich offensichtlich nicht auf die Rezeptfreiheit des Mittels, sondern auf dessen Wirksamkeit und die Einschätzung des Betroffenen, der Arzttermin könne daher abgesagt werden. Dem entspricht es, dass das Schlussbild der Anzeige "B. - Sodbrennen im Griff - neues Lebensgefühl" auf die Beseitigung der Beschwerden, nicht aber auf die freie Erhältlichkeit des Mittels abstellt. Bereits zuvor ergibt sich aus der Reaktion der Frau "Das muss ich meinem Mann sagen", dass die erwähnenswerte (nämlich des Weitererzählens würdige) Information darin liegt, dass der Betroffene sein Sodbrennen los ist - "Tag und Nacht".

Dem steht nicht die Erwähnung entgegen, dass das Mittel "bereits millionenfach verschrieben" ist. Zwar steht diese Aussage mit der Angabe "rezeptfrei" in einem gewissen Widerspruch, weil zwar auch nicht verschreibungspflichtige Mittel ebenfalls verschrieben werden können, der Verkehr dies aber eher als Ausnahmefall ansehen wird. Der Verkehr ist aber an eine Werbung mit dem Wegfall von Verschreibungspflichten nicht gewöhnt und wird daher einen derart versteckten, nämlich nur aus dem Zusammenhang zu erschließenden Hinweis auf den Wegfall der Verschreibungspflicht kaum bemerken, geschweige denn darin eine Hauptaussage der Werbung erkennen.

2. Der mit dem Erfolgsversprechen vermittelte Eindruck ist falsch. Wie die Antragsgegnerin in ihrem Antwortschreiben auf die Abmahnung selbst ausgeführt hat, ist B. vorwiegend für die Medikation von Sodbrennen als "alltägliches Problem" vorgesehen. Ein solcher Fall wird in dem angegriffenen Spot jedoch nicht dargestellt. Der Betroffene hat "Tag und Nacht" unter Sodbrennen gelitten und deshalb einen Arzttermin vereinbart. Dabei vermittelt der Darsteller aufgrund seiner Bildung und seiner sozialen Stellung (seine Mitarbeiterin/Sekretärin soll den Arzttermin absagen) nicht den Eindruck, vorschnell Arzttermine zu vereinbaren; vielmehr erscheint er als besonnene, viel beschäftigte Person, die nur dann einen Arzt aufsucht, wenn dies bei verständiger Würdigung medizinisch auch angeraten ist. Dass B. auch in solchen Fällen den angepriesenen Erfolg (dauerhaft) zu erreichen imstande ist, trifft - wie die Angaben in der Packungsbeilage belegen - nicht zu. So wird generell Personen über 55 Jahren angeraten, einen Arzt aufzusuchen, bevor B. gegen Sodbrennen eingenommen wird. Ebenso verhält es sich, wenn das Sodbrennen schon längere Zeit anhält und bisher mit anderen Mitteln (ohne ärztlichen Rat) nicht erfolgreich behandelt werden konnte. Gerade solche Personen, die mit anderen Mitteln keinen Erfolg hatten (wie möglicherweise der Ehemann der in dem Spot gezeigten Frau) werden aufgrund der Werbung aber annehmen, sie könnten B. als bessere Alternative zu dem bisher eingenommenen Präparat einnehmen, ohne dass eine ärztliche Konsultation erforderlich wäre.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.






OLG Köln:
Beschluss v. 12.04.2010
Az: 6 W 42/10


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