Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Oktober 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 71/02
(BPatG: Beschluss v. 09.10.2002, Az.: 32 W (pat) 71/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Januar 2000 aufgehoben.
Die Löschung der Marke 398 38 865 wird angeordnet.
Gründe
I.
Gegen die am 19. November 1998 für die Waren Badausstattungen, nämlich Kälte- und Wärmekabinen, Regenerationsbäder, Dampfbäder, Therapiebäder, Duschbäder und -becken, Thermen; Planung und Errichtung von Bauwerken und Sanitäranlagen, insbesondere von Erlebnisbädern, Thermen und Sauneneingetragene Wortmarke KLEOPATRABAD ist Widerspruch erhoben aus der IR-Marke 479 061 CLEOPATRA die seit 1983 geschützt ist für:
6 Élements de construction en metal pour la fabrication des cabines de bain, de douche, de bain de vapeur et de sauna.
11 Appareils, dispositifs et installations d'eclairage, de chauffage, de production de vapeur, de refrigeration, de ventilation, de destribution d'eau et appareils, dispositifs et installations sanitaires, à utiliser dans des cabines de bain, de douche, de bain de vapeur et de sauna.
19 Élements de construction en matière synthetique et en verre pour la fabrication des cabines de bain, de douche, de bain de vapeur et de sauna.
Der Inhaber der angegriffenen Marke hat eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zunächst bestritten. Nach Vorlage von Mitteln zur Glaubhaftmachung durch die Widersprechende hat der Inhaber der angegriffenen Marke seinen Nichtbenutzungseinwand nicht mehr aufrechterhalten.
Die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 23. Januar 2002 wegen fehlender Warenähnlichkeit zurückgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, Dienstleistungen seien Waren nur ausnahmsweise ähnlich. Hier lägen keine Umstände vor, die eine Ähnlichkeit ergäben; es sei nicht üblich, dass Hersteller auch Planung und Errichtung durchführten. Die Waren der angegriffenen Marke (Badausstattungen) seien Sachgesamtheiten, die der Widerspruchsmarke jedoch Bauelemente.
Gegen diese Entscheidung hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung sie vor allem darauf abstellt, die wechselseitigen Waren seien teilweise identisch. Ihre Waren seien nicht auf den Einsatz in Saunen beschränkt, sondern auch zum Einsatz in Badezimmern gedacht (cabines de bain), wo auch die Waren der angegriffenen Marke aufgestellt würden. Ihre Waren seien nicht nur Bauelemente; sanitäre Anlagen und Einrichtungen seien Badausstattungen. Eine Badewanne, zum Einbau als "Bauelement" vorgesehen, sei kein Halbfabrikat. Die Dienstleistungen seien den Waren hochgradig ähnlich, weil im Sanitärbereich Hersteller oft auch Planung und Errichtung anböten.
In KLEOPATRABAD sei BAD glatt beschreibend. Der Verbraucher orientiere sich an KLEOPATRA; dem stehe die Marke CLEOPATRA verwechselbar gegenüber, zumal deren Kennzeichnungskraft durch intensive Bewerbung gesteigert sei.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und die Löschung der Marke 398 38 865 anzuordnen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke ist der Ansicht, die Widerspruchsmarke befasse sich mit Sanitärinstallationen zum Einsatz in Saunen, aber nicht mit Kälte- und Wärmekabinen. Die Dienstleistungen seien den Waren gar nicht ähnlich; es sei nicht üblich, dass Hersteller auch die Planung und Errichtung anböten.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, denn die angegriffene Marke ist wegen ihrer Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmarke zu löschen.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl. BGH GRUR 2000, 886 - Bayer/BeiChem; 2001, 158, 159 - Drei-Streifen-Kennzeichnung), so dass z.B. ein geringerer Grad an Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad an Markenähnlichkeit ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH MarkenR 1999, 236 - Lloyd/Loint's; BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA; 2000, 603 - Ketof/ETOP; 2000, 1040 - FRENORM/FRENON).
Nachdem Benutzungsfragen nicht mehr aufgeworfen sind, ist bei der Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit von der Registerlage auszugehen.
Die Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke sind den Waren der Widerspruchsmarke ähnlich. Die absolute Grenze der Ähnlichkeit liegt dort, wo trotz Identität der Marken und höchster Kennzeichnungskraft der älteren Marke angesichts des Abstands der Waren/Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG auszuschließen ist. Dies ist hier nicht der Fall, wobei es nicht darauf ankommt, ob Wannen Bauelemente sind und damit teilweise sogar identische Waren vorlegen. Jedenfalls die sanitären Anlagen zur Verwendung in Bädern bzw. Badezimmern, Duschen, Dampfbädern und Saunen der Widerspruchsmarke sind den Waren der angegriffenen Marke (Badausstattungen, nämlich Kälte- und Wärmekabinen, Regenerationsbäder, Dampfbäder, Therapiebäder, Duschbäder und -becken sowie Thermen) ähnlich. Der Verbraucher erwartet insoweit gleiche Hersteller, zumal Material und Bestimmungszweck übereinstimmen.
Auch die Dienstleistungen der angegriffenen Marke (Planung und Errichtung von Bauwerken und Sanitäranlagen) sind zu allen Waren der Widerspruchsmarke wenigstens entfernt ähnlich. Angesichts der Unkörperlichkeit einer Dienstleistung ist eine schematische Übernahme der Ähnlichkeitskriterien zwar nicht ohne weiteres möglich. Hier ist aber die branchenmäßige Nähe von wesentlicher Bedeutung. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, dass bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommen kann, Waren und Dienstleistungen unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, sei es, dass das Dienstleistungsunternehmen sich selbstständig mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb der Waren befasst, - sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch auf dem betreffenden Dienstleistungsbereich selbständig gewerblich betätigt. Der Verkehr kann hier auf Grund der Branchenverhältnisse zu der Auffassung gelangen, die miteinander in Berührung kommenden Waren und Leistungen beruhten auf einer selbstständigen gewerblichen Tätigkeit desselben oder eines wirtschaftlich verbundenen Unternehmens. Es ist gerichtsbekannt, dass Sanitäranbieter die Planung und Errichtung von Bädern übernehmen und dabei sowohl fremde als auch eigene Produkte anbieten - ebenso wie dies z.B. Küchenstudios tun. Die "Errichtung von Bauwerken" umfasst auch Bauwerke wie z.B. Hallen-Schwimmbäder, öffentliche Saunen, Sportpaläste, Schulen, Krankenhäuser, bei denen Sanitäranlagen wichtig sind und teilweise sogar im Vordergrund stehen. Bei dieser Sachlage ist nicht auszuschließen, dass der Verkehr die wechselseitigen Waren und Dienstleistungen einem Hersteller oder einem für die Produkte Verantwortlichen zuordnet.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Die glaubhaft gemachten Umsatzzahlen rechtfertigen die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft noch nicht.
Die Zeichen sind begrifflich verwechselbar ähnlich. Es handelt sich zwar vorliegend um Waren bzw. Dienstleistungen, die der Verbraucher nur nach längerer Überlegung mit besonderer Aufmerksamkeit erwirbt, aber wegen der begrifflichen Übereinstimmung der Marken besteht die Gefahr von Verwechslungen.
Die angegriffene Marke KLEOPATRABAD wird durch KLEOPATRA geprägt, weil BAD als beschreibende Warenbenennung bzw. beschreibende Benennung des Bereichs der angebotenen Dienstleistungen äußerst kennzeichnungsschwach ist (vgl. BGH GRUR 1996, 977 - DRANO/P3-drano). BAD ist eine Angabe, die der Verbraucher hier nicht als betriebliche Herkunftsangabe auffassen wird. KLEO-PATRA dagegen steht in keinerlei Beziehung zu den beanspruchten Waren oder anderen hier relevanten Umständen, so dass sich der Verbraucher an diesem Wortbestandteil als Aussage über den Hersteller orientieren wird. Im Gedächtnis bleibt in beiden Fällen daher nur KLEOPATRA.
Zu einer Kostenauferlegung besteht kein Anlass (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Winkler Sekretaruk Dr. Albrecht Hu/Na
BPatG:
Beschluss v. 09.10.2002
Az: 32 W (pat) 71/02
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