Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. März 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 132/00
(BPatG: Beschluss v. 20.03.2001, Az.: 33 W (pat) 132/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die Eintragung der am 20. Mai 1997 bekanntgemachten Wortmarke 397 05 394 UBIT hat die Widersprechende am 24. Juli 1997 aus der am 5. Juli 1989 für die Waren und Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Vergabe von Lizenzen für Datenverarbeitungsprogramme; Organisations-, Unternehmens- und betriebswirtschaftliche Beratung; mit Programmen versehene Datenträger" eingetragenen Wortmarke 1 142 439 (Schutzdauer bis 2008 verlängert)
UBIS Widerspruch eingelegt.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf "Hardware und Software auf dem Gebiet der Informationstechnologie im Bereich der Sicherheitstechnik (Gebäude, Gewerbeanlagen, Schiffe, Flugzeuge, Kraftfahrzeuge); Unternehmensberatungen auf dem Gebiet der Informationstechnologie im Bereich der Sicherheitstechnik (Gebäude, Gewerbeanlagen, Schiffe, Flugzeuge, Kraftfahrzeuge)" beschränkt und die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.
Zur Glaubhaftmachung der Benutzung hat die Widersprechende Broschüren und eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt. Danach werde die Widerspruchsmarke seit November 1988 ununterbrochen für die Dienstleistungen "Electronic Office, Electronic Commerce, Informationstechnologien, Business Architecture" auf allen Firmenbroschüren und in der gesamten Geschäftsausstattung benutzt. Die Umsätze der U... GmbH für die Jahre 1995 bis 1997 lägen bei ca. ... DM, ... DM bzw ... DM. Nach der Broschüre "Unternehmensberatung", die den Bildquellennachweis © 1997, aber keine Angaben zum Druckdatum aufweist, unterstützt die Widersprechende die Implementierung innovativer Technologien durch Information, Branchenwissen und Erfahrung mit moderner Informationstechnologie. Nach den undatierten Broschüren "Geschäftsprozessoptimierung" und "Commerce" implementiert die Widersprechende Geschäftsprozessoptimierung, Data Warehose-Anwendungen, Telekommunikation, IT-Sicherheit und SAP-Consulting.
In den vorgelegten Unterlagen finden sich die nachfolgenden Benutzungsformen:
siehe Abb. 1 am Ende Die Inhaberin der angegriffenen Marke hält eine Benutzung der Widerspruchsmarke nicht für glaubhaft gemacht. UBIS stehe in der verwendeten Form mit weißer Schrift in einem dunklen Rechteck. Dies sei keine rechtserhaltende Benutzung. Im Fließtext komme UBIS nur unternehmensbezogen vor. Die in den Broschüren genannten Geschäftsbereiche umfassten nicht das gesamte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis. Die Widersprechende betreibe nicht einmal Organisations- und Unternehmensberatung allgemein, sondern nur sehr spezifisch. Die Geschäftsbereiche der Widersprechenden hätten keinen Berührungspunkt zur Sicherheitstechnik der angegriffenen Marke.
Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 28. Februar 2000 zurückgewiesen, weil die Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht sei. Umfang der Markennutzung und Auflagenhöhe der Broschüren seien unklar. Die Umsätze seien nicht aufgeschlüsselt.
Am 28. März 2000 hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, man müsse berücksichtigen, dass sie UBIS auch als Name ihres eingetragenen Geschäftsbetriebs führe. Die Benutzungsform der Marke sei rechtserhaltend; es stehe ihr frei, die Marke graphisch auszugestalten. Glaubhaftmachung verlange im übrigen keinen Beweis im strengen Sinn. Die Dienstleistungen seien identisch; der Bereich "Sicherheit" sei als Geschäftszweck im Handelsregister ausdrücklich aufgeführt. Die Marken seien phonetisch und vom Schriftbild her sehr ähnlich. Der Unterschied liege lediglich in den nicht ins Gewicht fallenden Endkonsonanten.
Die Widersprechende hat weitere (undatierte) Broschüren und Geschäftspapiere sowie eine Aufschlüsselung der Umsätze für die Jahre 1997 bis 2000 vorgelegt. Ein Briefbogen ist auf das Jahr 2000 datiert.
Die Widersprechende beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und die Löschung der Anmeldemarke zu beschließen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat bereits im Verfahren vor dem Patentamt vorgetragen, sie verwende ihre Marke nur für Sicherheitstechnik im Zusammenhang mit Gebäuden, Flugzeugen, Schiffen und Kraftfahrzeugen, für Überwachungsanlagen und Kontrollmechanismen zur Sicherung von Türen und Fenstern, von Personen und Beförderungsgut sowie für die Ortung. Die Widersprechende erstelle Software für Computer, insbesondere für Vernetzungen. Beide Bereiche hätten nichts miteinander zu tun.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die angegriffene Marke - bei dem gegebenen großen Abstand der Dienstleistungen - der Widerspruchsmarke nicht so nahe kommt, dass eine Gefahr von Verwechslungen iSv § 9 Abs 1 MarkenG besteht.
Die Einrede mangelnder Benutzung durch die Inhaberin der angegriffenen Marke ist zulässig (§ 43 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG). Die Widerspruchsmarke war am 20. Mai 1997, dem Tag der Bekanntmachung der angegriffenen Marke, fast acht Jahre im Register eingetragen. Die Anmelderin konnte die Benutzung der Widerspruchsmarke im patentamtlichen Verfahren daher in zulässiger Weise nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG bestreiten.
Zudem konnte die Inhaberin der angegriffenen Marke auch die Einrede nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG erheben. Da es der Wortlaut der Erklärung offen lässt, ob sich das Bestreiten der Benutzung allein auf Satz 1 oder Satz 2 stützt, ist davon auszugehen, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke beide Möglichkeiten nutzen will.
Somit hatte die Widersprechende glaubhaft zu machen, dass die Widerspruchsmarke innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem 20. Mai 1997 sowie innerhalb der letzten fünf Jahre vor dieser Entscheidung benutzt wurde.
Die glaubhaft gemachte Benutzungsform erscheint dem Senat rechtserhaltend. Die zum Wort hinzugefügten unterschiedlich schraffierten und sich teilweise überlappenden Rechtecke verändern den kennzeichnenden Charakter der Wortmarke UBIS ebensowenig wie ein farbig und plastisch ausgestalteter i-Punkt (BGH GRUR 2000, 1038 - Kornkammer). Nach § 26 Abs 3 Satz 1 MarkenG sind Abweichungen von der eingetragenen Markenform unschädlich, wenn der angesprochene Verkehr, sofern er die Widerspruchsmarke in der eingetragenen Form kennt, in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (vgl BGH GRUR 1986, 892 - Gaucho; BGH aaO - Kornkammer) und den zugefügten Bestandteilen keine eigene maßgebende kennzeichnende Wirkung beimisst (BGH GRUR 1999, 54 - Holtkamp). Der Verbraucher ist heutzutage an graphische Ausgestaltungen gewöhnt. Der Bildbestandteil entfaltet keine eigenständige Wirkung. Deshalb wird der angesprochene Kunde UBIS auch in den oben wiedergegebenen verwendeten Formen als Benutzung der Widerspruchsmarke ansehen.
Nach den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen wurde die Widerspruchsmarke auch in erheblichem Umfang benutzt. Die 1997 erzielten Umsätze sind so hoch, dass die Lebenserfahrung dafür spricht, dass die Umsätze schon vor dem 20. Mai 1997 beträchtlich waren.
Der für 1997 aufgeschlüsselte und bereits in der eidesstattlichen Versicherung genannte Umsatz von ... DM bezieht sich aber nach den dazugehörigen Un- terlagen und dem unbestrittenen Vortrag der Widersprechenden nur auf Dienstleistungen im Bereich der Datenverarbeitung, Informationstechnologie, E-Commerce, Organisations-, Unternehmens- und betriebswirtschaftliche Beratung. Auch die Umsatzzahlen für den nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG relevanten Zeitraum 1996 bis 2000 beziehen sich hierauf.
Der im Handelsregister genannte Unternehmenszweck belegt eine weitergehende tatsächliche Benutzung ebensowenig wie der Wortlaut eines Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses. Außerdem geht es auch nach der dort gewählten Formulierung um Datensicherheit und nicht um Sicherheitstechnik.
Damit hat die Widersprechende eine Benutzung für Dienstleistungen glaubhaft gemacht, die zwar unter die weiten Oberbegriffe ihres Dienstleistungsverzeichnisses fallen. Grundsätzlich sind aber nur die konkreten Dienstleistungen maßgeblich (vgl BPatG GRUR 1991, 212 - Arran), wobei die Benutzung für eine spezielle Dienstleistung auch einen nicht zu breiten Oberbegriff umfassen kann. Der BGH spricht dabei vom "gleichen" Bereich, dem die unterschiedlichen Dienstleistungen eines Oberbegriffs angehören müssen, und stellt hierzu auf Verkehrsauffassung, Eigenschaften und Zweck ab (BGH GRUR 1978, 647 - TIGRESS; 1990, 39 - Taurus; 1994, 512 - Simmenthal). Danach umfassen die konkret angebotenen Dienstleistungen der Widersprechenden keinen so weiten Bereich, dass auch die Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke bestimmt ist, ohne weiteres in diesen Bereich fallen. Zu der glaubhaft gemachten Benutzung für Organisations-, Unternehmens- und betriebswirtschaftlichen Beratung gehört Beratung im Hinblick auf die IT-Sicherheit. IT-Sicherheit betrifft jedoch eine andere Sparte, weil es dort um die Systemsicherheit der eingesetzten Hard- und Softwarekomponenten in Netzen geht. Die Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke sind demgegenüber jedoch ausdrücklich beschränkt auf den Bereich der Sicherheitstechnik (Gebäude, Gewerbeanlagen, Schiffe, Flugzeuge, Kraftfahrzeuge).
Damit stehen sie den Dienstleistungen, für die eine Benutzung der Widerspruchsmarke konkret glaubhaft gemacht wurde, so fern, dass möglicherweise gar keine Warenähnlichkeit mehr gegeben ist. Jedenfalls aber ist die Warenferne so groß, dass selbst die Unterschiede in den Endbuchstaben ausreichen, die Annahme einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr zu verhindern.
UBIT und UBIS unterscheiden sich zwar nur im letzten Buchstaben, der im allgemeinen zur Unterscheidung nicht besonders beiträgt. Bei den relativ kurzen Vergleichszeichen reicht dies aber aus, bei Warenferne, eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Im Klang- und Schriftbild unterscheiden sich S und T (oder s und t) nämlich deutlich.
Winklerv. Zglinitzki Dr. Albrecht Cl Abb. 1
BPatG:
Beschluss v. 20.03.2001
Az: 33 W (pat) 132/00
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/1a695cc58a6d/BPatG_Beschluss_vom_20-Maerz-2001_Az_33-W-pat-132-00