Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 17. Mai 2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 46/03
(BGH: Beschluss v. 17.05.2004, Az.: AnwZ (B) 46/03)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 2. Senats des Sächsischen Anwaltsgerichtshofs bei dem Oberlandesgericht Dresden vom 9. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit 1994 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, zunächst bei dem Amtsgericht F. , nach Zulassungswechsel bei dem Amtsgericht H. und dem Landgericht Ch. , seit 1999 auch bei dem Oberlandesgericht D. . Mit Bescheid vom 30. Januar 2002 hat die Antragsgegnerin die Zulassung wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
1. Gerät der Rechtsanwalt in Vermögensverfall, ist seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Ein Vermögensverfall wird nach dieser Vorschrift vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht (§ 26 Abs. 2 InsO) oder vom Vollstreckungsgericht (§ 915 ZPO) zu führende Verzeichnis eingetragen ist. Im übrigen liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st.Rspr.; Senatsbeschluß vom 25. März 1991 -AnwZ (B) 80/90, NJW 1991, 2083 unter II 1 m.Nachw.).
Diese Voraussetzungen lagen bei Erlaß der Widerrufsverfügung vor. Der Antragsteller war in das bei dem Amtsgericht H. geführte Schuldnerverzeichnis mit jedenfalls zwei Haftbefehlen zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung eingetragen (Haftbefehl vom 24.8.2001 in der Sache 2 M 1545/01 sowie Haftbefehl vom 25.9.2001 in der Sache 2 M 1628/01), bei denen die zugrunde liegende Forderung noch bestand. In der Sache 2 M 1545/01 machte das S. Rechtsanwaltsversorgungswerk eine Forderung in Höhe von 110.982,73 DM geltend, auch wenn insoweit von der Gläubigerin beantragt worden war, das Vollstreckungsverfahren ruhen zu lassen, da eine außergerichtliche Einigung angestrebt wurde. In der Sache 2 M 1628/01 handelte es sich um Geldbußen in Höhe von noch 9.551,15 DM und 2.569,65 DM, die gegen den Antragsteller durch zwei anwaltsgerichtliche Urteile verhängt worden waren.
Die durch die Eintragungen begründete Vermutung des Vermögensverfalls hat der Antragsteller weder im Verwaltungsverfahren noch in der Folge widerlegt. Soweit er angegeben hatte, Ratenzahlungen auf die Geldbußen zu leisten, hat er dies trotz mehrfacher Aufforderungen nicht belegt. Vielmehr wurden während des anhängigen Verfahrens vier weitere Haftbefehle gegen ihn erlassen, von denen jedenfalls die in dem Verfahren 2 M 951/02 geltend gemachte Forderung des S. Versorgungswerks in Höhe von 26.039,82 Euro noch besteht. Ob damit die Forderung des S. Versorgungswerks in der Sache 2 M 1545/01 in Höhe von 110.982,73 DM "erledigt" ist, ist ungeklärt. Nachweise hat der Antragsteller bisher nicht vorgelegt. Zudem lassen die weiteren gegen den Antragsteller betriebenen Vollstreckungsverfahren, die zu den drei weiteren Haftbefehlen geführt haben, erkennen, daß der Antragsteller in angespannten finanziellen Verhältnissen lebt, auch wenn die diesen Haftbefehlen zugrunde liegenden Forderungen in der Folge gezahlt worden sind. Im Beschwerdeverfahren wurden zusätzlich zwei Haftbefehle gegen den Antragsteller erlassen. Das Finanzamt M. hat mitgeteilt, daß der Antragsteller seiner Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerund Einkommenssteuerjahreserklärungen seit geraumer Zeit nicht nachgekommen ist. Ein Antrag des Finanzamts auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde am 25. Juni 2003 mangels Masse abgewiesen.
Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall, in dem ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet gewesen wären, liegen nicht vor. Vielmehr sind gegen den Antragsteller wegen der verspäteten Weiterleitung von Fremdgeldern anwaltsgerichtliche Verfahren betrieben worden, die zu den erwähnten Geldbußen führten.
Dem Vertagungsantrag war nicht stattzugeben. Für eine Verlegung des Termins bestand kein Anlaß. Es ist nicht ersichtlich, daß die Ehefrau des Antragstellers am Terminstag der Betreuung durch den Antragsteller persönlich bedurft hätte.
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BGH:
Beschluss v. 17.05.2004
Az: AnwZ (B) 46/03
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