Kammergericht:
Beschluss vom 13. Juli 2007
Aktenzeichen: 5 W 173/07
(KG: Beschluss v. 13.07.2007, Az.: 5 W 173/07)
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 21. Juni2007 wird der Beschluss der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlinvom 1. Juni 2007 € 16 O 409/07 geändert:
Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht fürjeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes biszu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaftbis zu sechs Monaten untersagt,
ohne Einwilligung des Antragstellers die nachfolgendwiedergegebene Grafik €Zelle€ zu vervielfältigenund/oder öffentlich zugänglich zu machen:
...
...
2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens nach einemWert von 20.000,- € zu tragen.
Gründe
I.
Die nach den § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.
A.
Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht gegeben ist.
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO und aus Art. 31 EuGVVO i.V.m. § 32 ZPO.
Der Ort des schädigenden Ereignisses im Sinne des Art.. 5 Nr. 3 EuGVVO wie auch der Ort der unerlaubten Handlung im Sinne des § 32 ZPO umfassen neben dem Handlungsort auch den Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist ( vgl. BGH NJW 2005 1435, 1436 € Hotel Maritime; NJW 2006, 2630, 2632 € Arzneimittelwerbung im Internet; Geimer in: Zöller, ZPO, 26. Auflage, Art 5 EuGVVO, Rn 26; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 26. Auflage, § 32, Rn 16 ).
Der Erfolgsort der dem Antragsgegner vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung liegt auch in Deutschland.
Bei unerlaubten Handlungen im Internet ist der Erfolgsort dann im Deutschland belegen, wenn der Internet-Auftritt sich hier bestimmungsgemäß auswirken soll (BGH a.a.O.).
Es war anzunehmen, dass die auf der Homepage des Antragsgegners veröffentlichten Informationen auch zum Abruf in Deutschland bestimmt waren, dass also Internetnutzer in Deutschland zu dem Kreis der Personen gehörten, die der Antragsgegner mit seiner Homepage erreichen wollte oder mit deren Zugriff auf seine Homepage der Antragsgegner zumindest rechnen musste (vgl. BGH GRUR 1978, 194 € profil).
Anderes mag für einen in Wien ansässigen Facharzt für Frauenheilkunde, Ernährungsmedizin und Naturheilkunde gelten, der auf seiner Homepage ausschließlich Informationen veröffentlicht, die nur für die erfahrungsgemäß im näheren Umkreis seiner Praxis wohnenden Patienten oder potentiellen Patienten interessant sind, wie etwa Hinweise auf Öffnungszeiten, Anfahrtswege mit privaten oder öffentlichen Verkehrsmitteln, Parkmöglichkeiten sowie die Vorstellung des Arztes und seiner Mitarbeiter etc.
So stellt sich die Homepage des Antragsgegners aber gerade nicht dar.
Nach den vom Antragsteller vorgelegten Ausdrucken der Seite veröffentlicht der Antragsgegner dort eine Vielzahl von Informationen, die offenbar aus seiner Sicht von allgemeinem Interesse sind, wie etwa Pressetexte über Impfungen gegen Papillomviren sowie eine umfangreiche Darstellung des sogenannten €N.€- oder €N.€-Tests.
Dementsprechend konnte der Antragsteller auch darlegen und durch Vorlage von Suchergebnissen der deutschen Version der Suchmaschine €google€ glaubhaft machen, dass die Eingabe der Suchbegriffe €N. T.€ und €...-Medizin€ zu einem Verweis auf die Seite des Antragsgegners an erster bzw. vorderer Stelle der Trefferliste führt.
Da die Seite des Antragsgegners gerade nicht so angelegt ist, dass ein etwa in Berlin lebender Internet-Nutzer, der sich auf die Homepage €verirrt€ hat, diese alsbald wieder verlassen wird, weil sie nur für Patienten des Antragsgegners relevante Informationen enthält, sondern so, dass eine gezielte Internet-Recherche nach bestimmten Begriffen, die für einen weitaus größeren Personenkreis von Interesse sind, zu dieser Seite führt, war davon auszugehen, dass sie sich an Internetnutzer im gesamten deutschsprachigen Raum richtet.
Bereits die Tatsache, dass der Antragsgegner außer der deutschen Fassung seiner Seite auch noch eine englische und eines russische Version der Seite bereit hält, zeigt, dass der Antragsgegner sich nicht nur an seine Patienten oder seine Nachbarschaft, sondern an eine breite Öffentlichkeit, auch im Ausland, wenden wollte.
Diese Intention kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass der Antragsgegner hinter der Frage €Sie leben nicht in Österreich€€ Informationen zu €N. Test in anderen Ländern€ vorhält.
Aus dieser Frage wie auch aus dem Umstand, dass der Antragsteller im Zusammenhang mit den von ihm gelegten Links auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg hinweist, ist zu entnehmen, dass der Antragsgegner sich Gedanken darüber gemacht hat, dass seine Seite von Internetnutzern aus dem Ausland, insbesondere von Nutzern aus Deutschland, aufgerufen wird.
Wenn der Antragsgegner sogar das erwähnte Urteil des Landgerichts Hamburg zum Anlass nimmt, sich vom Inhalt der Seiten, zu denen die Links führen, zu distanzieren, wird noch deutlicher, dass der Antragsgegner sich auch an Internetnutzer in Deutschland richten wollte. Aus welchen Gründen sollte er den Inhalt der Seite sonst an den Vorgaben eines deutschen Gerichts orientieren.
Eine ausdrückliche Ausrichtung der Seite auch auf interessierte Kreise in Deutschland, etwa im Sinne einer Ansprache, war nicht erforderlich. Die Ausrichtung auch auf Personen in Deutschland ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Seite.
Die Frage, ob es für einen in Wien niedergelassenen Arzt sinnvoll ist, um Patienten aus Deutschland zu werben, stellt sich hier schon deshalb nicht, weil die Seite des Antragsgegners zumindest auch darauf ausgerichtet ist, für den €N.€- oder €N.€-Test zu werben.
B.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Berlin ergibt sich nach den obigen Ausführungen aus § 32 ZPO.
II.
A.
Der Unterlassungsanspruch des Antragstellers beruht auf den §§ 97 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 7, 16, 17, 19 a UrhG.
Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er die im Tenor wiedergegebene Grafik entworfen und gezeichnet hat.
B.
Ein Verfügungsgrund war gegeben.
Effektiver Rechtsschutz bei der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs des Antragstellers kann angesichts der drohenden fortdauernden Verletzung der Rechte des Antragstellers nur durch eine einstweilige Verfügung gewährt werden (vgl. Kefferpütz in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 2. Aufl., vor §§ 97 ff, Rn 100).
Auf das außergerichtliche Bemühen des Antragstellers, die Angelegenheit zu klären, hat der Antragsgegner nicht reagiert.
III.
Bei der Formulierung des Beschlusstenors hat das Gericht von § 938 Abs. 1 ZPO Gebrauch gemacht.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über den Wert auf § 3 ZPO.
KG:
Beschluss v. 13.07.2007
Az: 5 W 173/07
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