Verwaltungsgericht Augsburg:
Beschluss vom 22. September 2010
Aktenzeichen: Au 7 S 10.1308

(VG Augsburg: Beschluss v. 22.09.2010, Az.: Au 7 S 10.1308)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

III. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Untersagung, das Radioprogramm "€" auf der UKW-Hörfunkfrequenz 96,6 MHz über die Grenze des Sendestandortgrundstückes hinaus zu verbreiten.

Der Antragsteller sendet Inhalte des Webradios "€" auf dem Grundstück € in € auf der Frequenz 96,6 MHz. Das Internetradio "€" wird von Herrn € veranstaltet.

1. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2004 teilte der Antragsteller Daten und Umfang des geplanten Projektes mit. Zweck des Projektes sei das Monitoring für einen Webstream als ortsfeste nichtöffentliche Tonübertragung. Als Inhalt der Ausstrahlung war "Nonstop Musik" genannt. Das Musikprogramm würde lediglich mit einem stündlichen Zeitzeichen und Jingles zur Streamerkennung unterbrochen. Nachrichten und andere Beiträge seien nicht vorgesehen.

In einer E-Mail vom 12. April 2005 teilte der Antragsteller mit, dass er für die technische Abwicklung eines Webradios zuständig sei. Ein ständiges Überprüfen der Funktion und Qualität des produzierten Signals sei dabei unerlässlich. Da aufgrund der räumlichen Gegebenheiten keine kabelgebundene Lösung in Frage komme, sei eine Frequenznutzung der einfachste und deutlich billigste Weg. Aufgrund der abgestrahlten Sendeleistung von 0,050 Watt sowie den räumlichen Gegebenheiten sei ein Empfang der Ausstrahlung außerhalb seines Grundstückes nicht möglich. Das Signal diene lediglich zu seinem privaten Zweck.

Mit Schreiben vom 12. August 2005 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass es sich bei dem beschriebenen Vorhaben nicht um Rundfunk im Sinne des BayMG handle. Eine Verbreitung in einem Privathaus ohne Publikumsverkehr richte sich nicht an die Allgemeinheit. Unter den angegebenen Voraussetzungen könne das Vorhaben daher ohne medienrechtliche Genehmigung umgesetzt werden. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass der Antragsteller versichert habe, dass durch den Sender keine Mitbewohner gestört würden, da die Ausstrahlung nur innerhalb seines Grundstückes stattfinde. Außerhalb sei der Empfang technisch nicht möglich.

Mit Bescheid der Landesanstalt für Kommunikation € vom 22. Januar 2008 wurde Herr € auf seinen Antrag zur Veranstaltung des bundesweiten Hörfunk-Vollprogramms "€" zugelassen. Die Zulassung gelte nur für den Antragsteller selbst und nicht für etwaige Franchisenehmer.

Mit Bescheid der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 3. April 2008 wurde dem Antragsteller die Frequenz 96,60 MHz zur eigenen Nutzung für nicht grundstücksüberschreitende Funkanwendungen für den Sender €, € Straße vom 3. April 2008 bis 31. Dezember 2015 zugeteilt. Als zusätzliche Auflage für nicht grundstücksüberschreitende Tonübertragungen wurde in Nummer sechs angeordnet, dass die Frequenzzuteilung nur für nichtöffentliche, ortsfeste Tonübertragungen mit Rundfunktechnik innerhalb eines Grundstücks gelte. Unter der Überschrift "Hinweise" wurde der Antragsteller in Ziffer 4. darauf hingewiesen, dass die Frequenzzuteilung nicht rechtliche Verpflichtungen berühre, die sich für die Frequenznutzer aus anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften telekommunikationsrechtlicher Art oder Verpflichtungen privatrechtlicher Art ergeben würden.

Mit Schreiben vom 23. September 2008 teilte die Antragsgegnerin Herrn € mit, dass die zeitgleiche und unveränderte Weiterverbreitung des Programms "€" in bayerischen Kabelanlagen zulässig sei.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2010 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass messtechnische Untersuchungen ergeben hätten, dass das Programm in € und weit über die Grenzen des Stadtteils € in teilweise sehr guter Qualität empfangbar sei. Es sei davon auszugehen, dass das Programm auch innerhalb der Stadt € und im Bundesland € zu hören sei. Das Programm sei nicht identisch mit dem über das Internet verbreiteten Programm. Für die Verbreitung über die UKW-Hörfunkfrequenz werbe der Veranstalter auf der Internetseite. Zu dem Vorwurf, Rundfunk ohne die notwendige Genehmigung zu verbreiten, wurde dem Antragsteller Gelegenheit zu Stellungnahme eingeräumt.

Nach einer Stellungnahme der € vom Januar 2010 sei das UKW Programm "€" weit über die Grenzen des Stadtteils von € hinweg teilweise mit sehr guter Qualität empfangbar. Da alle Messungen mobil stattgefunden hätten, könne davon ausgegangen werden, dass mit einer gerichteten Antenne in 10 m Höhe über Grund dieser Sender auch noch innerhalb der Stadt € sowie im angrenzenden Bundesland € hörbar sei. Ob die abgestrahlte Leistung der Sendeanlage unterhalb der Grenzwerte von 50 mW liege, habe aus den gemessenen Feldstärken nicht eindeutig ermittelt werden können. Eine Untersuchung am 14. Dezember 2009 habe gezeigt, dass das terrestrisch ausgestrahlte Programm nicht mit dem Internetstream des Anbieters identisch sei. Das empfangene UKW-Programm im Bereich € ziele programmlich eindeutig auf das Gebiet von € mit Hinweisen und Werbung.

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Juli 2010 wurde dem Antragsteller untersagt, auf der UKW-Hörfunkfrequenz 96,6 MHz das Programm "€" über die Grenze des Sendestandortgrundstücks in €, € Straße € hinaus zu verbreiten (Ziffer 1. des Bescheides). In Ziffer 2. des Bescheides wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR angedroht, falls das Programm "€" nach dem 4. August 2010 weiterhin über die Grundstücksgrenzen des Sendestandortgrundstücks verbreitet würde. Die sofortige Vollziehung von Nr. 1 wurde angeordnet (Ziffer 3. des Bescheides).

2. Der Antragsteller hat Klage erhoben mit dem Antrag, die Untersagungsverfügung vom 28. Juli 2010 aufzuheben. Über die Klage, die unter dem Aktenzeichen Au 7 K 10.1307 geführt wird, ist bislang nicht entschieden.

Gleichzeitig hat der Antragsteller einen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellt und beantragt,

festzustellen, dass die Klage vom heutigen Tage gegen die Untersagungsverfügung von 28. Juli 2010 aufschiebende Wirkung habe.

Gerügt werde zunächst die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für den Erlass der Untersagungsverfügung. Der Antragsteller sei nur als Dienstleister anzusehen. Bei der genehmigten Sendeleistung von 50 mW liege kein Rundfunk vor. Das primäre Ziel sei die Versorgung eines Grundstücksgebietes. Dem Antragsteller sei mit Bescheid der Bundesnetzagentur vom 3. April 2010 eine Lizenz für nichtgrundstücksüberschreitende Funkanwendungen erteilt worden. Die vom Antragsteller betriebene Antenne stehe auf dem Wohnblock Nummer €. Der Antragsteller selbst wohne jedoch in dem Wohnblock mit der Hausnummer €. Dies würde bedeuten, dass der Antragsteller das als Grundstücksfunk verbreitete Programm in seiner eigenen Wohnung nicht hören könnte. Die von der Antragsgegnerin verfügte Untersagungsverfügung für die Hörfunkfrequenz 96,6 MHz habe zur Folge, dass bei Abschaltung der Frequenz fast sämtliche Kabelnetze nicht mit dem Programm "€" bedient werden könnten.

3. Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag auf Feststellung beziehungsweise Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage abzuweisen.

Nach den Feststellungen der Antragsgegnerin handle es sich bei dem verbreiteten Rundfunkprogramm nicht um ein mit dem über das Internet bundesweit verbreiteten Programm "€" identischen Programm, zumal es inhaltlich auf das Gebiet um den Ortsteil € in € abziele.

4. Im Übrigen wird bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag war nach § 88 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dahingehend auszulegen, dass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 1. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 28. Juli 2010 wiederhergestellt und gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Ziffer 2. des Bescheides (Art. 21 a des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes) angeordnet werden soll.

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Antragsgegnerin hat bei der Anordnung des Sofortvollzugs den in § 80 Abs. 3 VwGO normierten Begründungsanforderungen noch in ausreichender Weise Rechnung getragen. Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, dass die unerlaubte Veranstaltung von Rundfunk den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfülle. Es liege im öffentlichen Interesse, Ordnungswidrigkeiten sofort zu unterbinden. Außerdem könnte die wirtschaftliche Tragfähigkeit eines für das Sendegebiet genehmigten Anbieters gefährdet werden, wenn Sender ohne Genehmigung in Betrieb genommen würden und so in Konkurrenz mit den genehmigten Sendern treten würden. Die sofortige Untersagung sei daher notwendig, um Wettbewerbsbeeinträchtigungen für andere Anbieter einzugrenzen. Die Antragsgegnerin hat den Sofortvollzug mit diesen Ausführungen dezidiert und einzelfallbezogen begründet und den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO in noch ausreichender Weise Rechnung getragen.

2. Bei der Entscheidung über den vorliegenden Antrag hat das Gericht eine eigenständige Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Hierbei ist insbesondere auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen. Ist der Rechtsbehelf in der Hauptsache im Rahmen einer summarischen Prüfung offensichtlich erfolgreich, kann kein überwiegendes öffentliches Interesse am Vollzug eines rechtswidrigen Bescheides bestehen. Andererseits kann der Bürger kein schutzwürdiges privates Interesse daran haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben. Insoweit ist eine summarische Prüfung der Rechtslage geboten, aber auch ausreichend.

Die Klage erweist sich im Rahmen einer summarischen Prüfung als unbegründet, da der Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Juli 2010 rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sowohl die Untersagung der Verbreitung eines Radioprogramms auf der UKW-Hörfunkfrequenz 96,6 MHz über die Grenzen des Sendestandortgrundstückes hinaus (dazu a), als auch die Zwangsgeldandrohung (dazu b) sind rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Rechtgrundlage für das Verbot, das Radioprogramm "€" über die Grenzen des Sendestandortgrundstückes auf der UKW-Hörfunkfrequenz 96,6 MHz zu verbreiten (Ziffer 1. des Bescheides) ist Art. 16 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Mediengesetzes (BayMG) in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayMG.

(1) Der streitgegenständliche Bescheid ist formell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin ist für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides zuständig. Nach Art. 1 Abs. 2 BayMG gelten die Begriffsbestimmungen des § 2 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV). Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV ist Rundfunk ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen. Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayMG fallen nicht unter den Rundfunkbegriff im Sinn des Rundfunkstaatsvertrags Angebote, die sich auf ein Gebäude oder einen zusammengehörenden Gebäudekomplex beschränken und in einem funktionellen Zusammenhang mit den dort zu erfüllenden Aufgaben stehen.

Der Begriff "Allgemeinheit" im Sinne des Staatsvertrages bezieht sich nicht auf den Hörerkreis, sondern auf den Kreis der Empfänger; "Rundfunk" bedeutet schon seinem Wortlaut nach ein "Rundum"-Funken, also eine Übermittlung nicht gezielt an bestimmte Empfänger wie etwa beim Richtfunk, sondern flächendeckend im Verbreitungsbereich an eine verstreute unbestimmte und beliebige Vielzahl von Empfängern (OVG NRW vom 13.9.2004 - 4 A 772/98). Das Kriterium der Allgemeinheit ist mit Blick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistungsaufgabe ebenso weit auszulegen wie beim verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff (Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Auflage 2008, § 2 RStV Rn. 40). Richtigerweise wird man das auf den bestimmungsgemäßen Empfängerkreis bezogene Merkmal der Allgemeinheit weiter auslegen und darauf abstellen, ob die Kommunikation als "öffentlich" angesehen werden kann (Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Auflage 2008, § 2 RStV Rn. 16 zu Art. 5 GG). Öffentlichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Kommunikator die Empfänger nicht mehr individuell "präsent" hat, also nicht mehr auf die Persönlichkeit jedes Angesprochenen eingehen kann (Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Auflage 2008, § 2 RStV Rn. 16 zu Art. 5 GG). Die Veranstaltungen müssen sich an einen unbestimmten Personenkreis richten, sich also technisch nicht nur an bestimmte, im Vorhinein festgelegte Personen wenden (Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 10. Auflage 2009, Art. 5 Rn. 36).

Im Rahmen einer summarischen Prüfung ist nach der vorliegenden Stellungnahme der € vom Januar 2010 davon auszugehen, dass das vom Antragsteller ausgestrahlte Radioprogramm im gesamten Gebiet von € in guter Qualität auch mobil empfangen werden kann und sich daher an die Allgemeinheit in diesem Sinne richtet. Anhaltspunkte, die gegen die inhaltliche Richtigkeit dieser Stellungnahme sprechen, sind weder substantiiert vorgetragen, noch anderweitig erkennbar. Das ausgestrahlte Programm wendet sich technisch nicht nur an einen bestimmten, im Vorhinein festgelegten Personenkreis.

Da es sich demnach bei dem Radioprogramm um Rundfunk im Sinne des Art. 1 Abs. 2 BayMG handelt, ist der Anwendungsbereich des Bayerischen Mediengesetzes eröffnet. Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG, Art. 11 Satz 1 Nr. 1 BayMG ist demnach die Antragsgegnerin zum Erlass des streitgegenständlichen Verwaltungsaktes zuständig.

(2) Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist auch materiell rechtmäßig.

Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG kann die Landeszentrale gegenüber Anbietern, Betreibern von Kabelanlagen, Netzbetreibern und sonstigen technischen Dienstleistern zur Einhaltung der Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags, des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags, dieses Gesetzes und der nach diesem Gesetz erlassenen Satzungsbestimmungen, Richtlinien und Bescheide die erforderlichen Anordnungen treffen.

Nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayMG bedarf die Verbreitung von Rundfunkangeboten der Genehmigung der Landeszentrale. Der Antragsteller verbreitet Rundfunkangebote im Sinne des Bayerischen Mediengesetzes. Insoweit kann auf obige Ausführungen (II. 2. a 1) verwiesen werden.

Der Antragsteller verfügt nicht über die erforderliche Genehmigung der Landeszentrale. Die Verbreitung des Rundfunkprogramms durch den Antragsteller erfolgt demnach formell illegal und kann von der Antragsgegnerin untersagt werden.

Die vom Antragsteller angeführten Bescheide und Mitteilungen beinhalten keine medienrechtliche Genehmigung im Sinne des Art. 25 Abs. 1 BayMG.

Insbesondere folgt eine derartige medienrechtliche Genehmigung nicht aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 12. August 2005. Denn die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller darin mit, dass es sich bei dem beschriebenen Vorhaben nicht um Rundfunk im Sinne des BayMG handle. Eine Verbreitung in einem Privathaus ohne Publikumsverkehr richte sich nicht an die Allgemeinheit. Unter den angegebenen Voraussetzungen könne das Vorhaben daher ohne medienrechtliche Genehmigung umgesetzt werden. Schon nach dem Inhalt dieses Schreiben ging die Antragsgegnerin davon aus, dass durch den Sender keine Mitbewohner gestört würden, da die Ausstrahlung nur innerhalb seines Grundstückes stattfinde und der Empfang außerhalb nicht möglich sei. Ein Wille der Antragsgegnerin, ein von dem mitgeteilten Sachverhalt abweichendes Vorhaben zu prüfen oder gar zu genehmigen, ist nicht erkennbar.

Etwas anderes kann der Antragsteller auch nicht aus den übrigen Bescheiden und Mitteilungen herleiten. Die Frequenzzuteilung durch Bescheid der Bundesnetzagentur vom 3. April 2008 bezieht sich ausschließlich auf die nichtgrundstücksüberschreitende Funkanwendung. Aus der zusätzlichen Auflage für nicht grundstücksübergreifende Tonübertragungen (Nr. 6) folgt ausdrücklich, dass die Frequenzzuteilung nur für nichtöffentliche, ortfeste Tonübertragungen mit Rundfunktechnik innerhalb eines Grundstückes gilt. Da der Antragsteller - wie oben dargelegt - Rundfunk verbreitet, der dagegen im gesamten Gebiet von Ludwigsfeld in guter Qualität auch mobil empfangen werden kann, kann er aus dem Bescheid der Bundesnetzagentur keine Rechtspositionen herleiten.

Das Schreiben vom 23. September 2008, in dem die Antragsgegnerin mitteilte, dass die zeitgleiche und unveränderte Weiterverbreitung des Programms "€" in bayerischen Kabelanlagen zulässig sei, betrifft nicht den Antragsteller, sondern Herrn €. Im Übrigen verbreitet der Antragsteller das Programm gerade nicht in bayerischen Kabelanlagen.

Auch der Bescheid der Landesanstalt für Kommunikation € vom 22. Januar 2008 betrifft nicht den Antragsteller, sondern Herrn €. In Ziffer 2. dieses Bescheides ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Zulassung nur für Herrn € gilt.

(3) Der Bescheid ist nicht etwa deshalb materiell rechtswidrig, weil er dem Antragsteller verbietet, das Radioprogramm über die Grenze des Sendestandortgrundstückes in €, € Straße € hinaus zu verbreiten. Es mag zwar zutreffend sein, dass der Antragsteller selbst in einer anderen Hausnummer der Straße wohnt. Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayMG fallen nicht unter den Rundfunkbegriff im Sinn des Rundfunkstaatsvertrags Angebote, die sich auf ein Gebäude oder einen zusammengehörenden Gebäudekomplex beschränken und in einem funktionellen Zusammenhang mit den dort zu erfüllenden Aufgaben stehen. Das Gesetz stellt demnach für den Rundfunkbegriff auf ein Gebäude und nicht auf ein Grundstück ab. Sobald das ausgestrahlte Programm auch in einem anderen Gebäude oder Gebäudekomplex empfangen werden kann, liegt demnach genehmigungspflichtiger Rundfunk im Sinne des Bayerischen Mediengesetzes vor. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den Gebäuden in der € Straße € und € um einen zusammengehörenden Gebäudekomplex handelt und das Rundfunkangebot in einem funktionellen Zusammenhang gerade mit den dort zu erfüllenden Aufgaben steht, sind im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht erkennbar.

(4) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat in dem Bescheid zu erkennen gegeben, dass sie sich des eingeräumten Ermessens bewusst war und es nach Abwägung aller Gesichtspunkte für notwendig erachtet hat, den ungenehmigten Sendebetrieb zu untersagen.

b) Auch die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2. des Bescheides - insbesondere die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes - ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist ausreichend bestimmt, da die Auslegung ergibt, dass das Zwangsgeld fällig wird, sobald der Antragsteller nach dem 4. August 2008 (einmalig) das Programm "€" über die Grundstücksgrenzen des Sendestandortgrundstückes hinaus verbreitet.

3. Schließlich führt auch eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige umfangreiche Abwägung der widerstreitenden Interessen zu keinem anderen Ergebnis. Im Rahmen dieser Abwägung ist insbesondere zu beachten, dass der Antragsteller mit der Verbreitung des Radiosenders nach eigenen, in den Akten enthaltenen Angaben nicht ein lokales Rundfunkangebot bezweckt, sondern die technische Qualitätssicherung des Internetradios. Im Rahmen einer summarischen Prüfung ist aber nicht erkennbar, wieso dieser Zweck eine für die Allgemeinheit zugängliche Verbreitung erfordert.

Nach alledem war der Antrag abzulehnen.

4. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG); im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes wurde die Hälfte des Streitwertes angesetzt (Abschnitt II Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327 ff.).






VG Augsburg:
Beschluss v. 22.09.2010
Az: Au 7 S 10.1308


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