Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Januar 2008
Aktenzeichen: 23 W (pat) 1/05

(BPatG: Beschluss v. 29.01.2008, Az.: 23 W (pat) 1/05)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Prüfungsstelle für Klasse G 09 B des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 7. November 2000 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verfahren zur Erzeugung einer Navigationskarte und Navigationskarte" durch Beschluss vom 12. Oktober 2004 zurückgewiesen.

Im vorausgegangenen einzigen Prüfungsbescheid vom 29. August 2001 sind zum Stand der Technik u. a. die Entgegenhaltungen:

- EP 789 225 A1 (Druckschrift 1) und - DE 41 24 654 A1 (Druckschrift 2)

in Betracht gezogen worden.

Im angefochtenen Beschluss ist u. a. ausgeführt worden, dass das Verfahren des Anspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach den Druckschriften 1 und 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Mit der Terminsladung vom 13. Dezember 2007 wurde die Anmelderin darauf hingewiesen, dass in der mündlichen Verhandlung auch die Druckschriften - DE 199 49 698 A1 (Druckschrift 3

- WO 95/14910 A1 (Druckschrift 4)

- EP 394 517 A1 (Druckschrift 5)

- JP 06-259567 Patent Abstract of Japan und englischsprachige Computerübersetzung (Druckschrift 6)

und - A. Krenz, H. Osterloh; Klothoiden-Taschenbuch für Entwurf und Absteckung; 13. Auflage; Seiten 27 bis 29; Bauverlag, Wiesbaden und Berlin, 1978 (Druckschrift 7)

zu diskutieren seien. Die Druckschrift 3 entspricht hierbei einer gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 PatG als Stand der Technik geltenden nachveröffentlichten nationalen Patentanmeldung mit älterem Zeitrang.

Auf die Terminsladung hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 9. Januar 2008 mitgeteilt, dass sie an der für den 29. Januar 2008 anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

Die ordnungsgemäß geladene, zur mündlichen Verhandlung - wie schriftsätzlich angekündigt - jedoch nicht erschienene Anmelderin beantragt mit ihrem o. g. Schriftsatz eine Entscheidung nach Lage der Akten, d. h. sie stellt den Antrag aus dem Beschwerdeschriftsatz vom 23. November 2004, das Patent im Umfang der ursprünglich eingereichten Ansprüche zu erteilen.

Der geltende ursprüngliche Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zur Erzeugung einer Navigationskarte für ein Navigationsgerät, dadurch gekennzeichnet, dass Strassen, Wege, Bahnlinien, Flüsse, Seen und ähnliche kartographische Parameter aus Klotoiden zusammengesetzt werden."

Wegen der weiteren Ansprüche 2 bis 10 sowie der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet; denn das Verfahren zur Erzeugung einer Navigationskarte für ein Navigationsgerät nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist nicht patentfähig.

1.) Die geltenden Ansprüche 1 bis 10 sind ursprünglich eingereicht und daher zulässig.

2.) Nach den Angaben der geltenden Beschreibung geht die Anmeldung von einem druckschriftlich nicht belegten Stand der Technik aus, bei welchem der Straßenverlauf einer Navigationskarte aus geraden Linien i. S. v. Polygonzügen zusammengesetzt sei (vgl. die ursprünglichen Unterlagen, Fig. 2 mit zugehöriger Beschreibung sowie Seite 1, 2. Absatz).

Diese Darstellung weise jedoch Nachteile dahingehend auf, dass die Genauigkeit dieser Navigationskarte zu wünschen übrig lasse bzw. eine genaue Navigationskarte einen hohen Speicherbedarf bedinge (vgl. Seite 1, dritter Absatz).

Als technisches Problem liegt der Anmeldung daher die Aufgabe zugrunde (vgl. die ursprüngliche Beschreibung, Seite 1, vierter Absatz),

"ein Verfahren zur Erzeugung einer Navigationskarte so zu gestalten, dass einerseits der Speicherbedarf zur Speicherung der Parameter der Navigationskarte reduziert wird und andererseits trotz geringerem Speicherbedarf die Genauigkeit der Navigationskarte wesentlich erhöht wird."

Sinngemäß beinhaltet die Aufgabenstellung der Anmelderin auch die Angabe einer entsprechenden Vorrichtung (Navigationskarte).

Diese Aufgabe soll mit dem Verfahren zur Erzeugung einer Navigationskarte nach dem geltenden Patentanspruch 1 gelöst werden. Erfindungswesentlich ist dabei, dass die kartografischen Parameter unter Angabe eines Anfangspunktes und einer Krümmung aus Klotoiden zusammengesetzt werden (vgl. hierzu auch Fig. 1 mit zugehöriger Beschreibung). Da in Deutschland und auch in anderen Ländern Straßen wegen der höheren Verkehrssicherheit als Klotoiden gebaut würden, sei diese Darstellung besonders wirklichkeitsgetreu (vgl. hierzu die ursprüngliche Beschreibung Seite 3, Zeilen 24 bis 28 und Seite 4, Zeilen 24 bis 29). Da weniger Parameter als beim genannten Stand der Technik zu speichern wären, sei darüber hinaus weniger Speicherplatz erforderlich (vgl. hierzu die ursprüngliche Beschreibung Seite 3, letzter Absatz).

3.) Da nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 von einem "Zusammensetzen" von kartografischen Parametern durch Klotoiden - mithin von einer mathematischen Methode - Gebrauch gemacht wird, stellt sich insoweit die Frage eines Ausschlusses vom Patentschutz nach § 1 Abs 3 und 4 PatG.

Im Fall der vorliegenden Patentansprüche greift diese Ausschlussregel jedoch insofern nicht, als das beanspruchte "Zusammensetzen" von kartografischen Parametern durch Klotoiden bei Navigationskarten der ersichtlich objektiven, technischen Aufgabe dient, den Speicherbedarf der Navigationskarte bei gleichzeitigem Erhöhen der Kartengenauigkeit zu reduzieren. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es nämlich nicht darauf an, ob der Patentanspruch bei der Problemlösung auch auf die Verwendung einer mathematischen Methode bzw eines Algorithmus abstellt, sofern - wie vorliegend - Anweisungen beansprucht werden, mit denen ein konkretes technisches Problem gelöst wird (vgl. hierzu GRUR 2005, 749-753, Leitsatz 2 und 3, - "Aufzeichnungsträger" sowie GRUR 2005, 143-145, Abschnitt III.4.a - "Rentabilitätsermittlung").

4.) Das im Anspruch 1 beanspruchte Verfahren zur Erzeugung einer Navigationskarte für ein Navigationsgerät ist nicht neu.

Druckschrift 3 ist die Lehre zur Erzeugung einer digitalen Fahrwege-Netzkarte, insbesondere einer Straßen- oder Schienennetzkarte, zu entnehmen, welche in Übereinstimmung mit der Lehre der vorliegenden Anmeldung vorsieht, die digitale Fahrwege-Netzkarte aus Kreisbögen zusammenzusetzen (Kreisbögen stetig miteinander zu vernetzen). Hierbei sind unter dem Begriff Kreisbogen auch Geraden und Klotoiden subsumiert (vgl. Druckschrift 3, Anspruch 1). Der Fachmann - hier ein berufserfahrener mit der Erzeugung von elektronischen Navigationskarten vertrauter Diplom-Informatiker mit Hochschulabschluss - liest im verwendeten allgemeinen Begriff "digitale Fahrwege-Netzkarte" selbstverständlich mit, dass dieser nicht nur Strassen und Bahnlinien sondern auch Wege, Flüsse, Seen - z. B. bei Fahrwegen für die Schifffahrt - und ähnliche kartografische Parameter umfasst.

Somit sind der Druckschrift 3 alle Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 1 zu entnehmen.

5.) Mit dem Patentanspruch 1 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die restlichen abhängigen und unabhängigen Ansprüche 2 bis 10 (vgl. BGH, GRUR 2007, 862 Leitsatz - "Informationsübermittlungsverfahren II", BGH, GRUR 1997, 120 Leitsatz - "elektrisches Speicherheizgerät").

Bei der dargelegten Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

Dr. Tauchert Lokys Dr. Hock Maile Pr






BPatG:
Beschluss v. 29.01.2008
Az: 23 W (pat) 1/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/1acf37902c36/BPatG_Beschluss_vom_29-Januar-2008_Az_23-W-pat-1-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share